Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 27.09.2004

LArbG Mainz: wichtiger grund, ablauf der frist, fristlose kündigung, ordentliche kündigung, arbeitsgericht, arbeitsunfähigkeit, interessenabwägung, auflage, briefkasten, ausbildung

LAG
Mainz
27.09.2004
7 Sa 565/04
Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses
Aktenzeichen:
7 Sa 565/04
7 Ca 2111/03
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Verkündet am: 27.09.2004
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern
Neuwied - vom 29.04.2004 - 7 Ca 2111/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien des vorliegenden Berufungsverfahrens streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende
Ausbildungsverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.05.2003 beendet
wurde.
Der am 12.12.1982 geborene Kläger ist seit dem 01.11.2001 bei der Beklagten als Auszubildender zum
Elektroinstallateur beschäftigt. Die Ausbildungsvergütung beträgt im 2. Ausbildungsjahr 403,92 EUR pro
Monat.
Mit Schreiben vom 27.09.2002 hat die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung erteilt, weil er nachdem er
sich am 23.09.2002 telefonisch krank gemeldet hatte, der Beklagten bis zum 27.09.2002 keine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hatte. Wegen des genauen Inhalts der Abmahnung wird auf
Bl. 30 der Akte Bezug genommen.
Am 19.05.2003, dem Tag der Zwischenprüfung, meldete sich der Kläger gegen 6:50 Uhr bei Herrn X.,
einem Mitarbeiter der Beklagten telefonisch krank. Dieser wies den Kläger darauf hin, dass er wegen der
anstehenden Zwischenprüfung unverzüglich ein ärztliches Attest vorlegen müsse. Am Abend des
19.05.2003 sprach der Kläger um 22:31 Uhr auf den Anrufbeantworter der Beklagten und teilte mit, dass
er auch noch am darauf folgenden Tag krank sei. Am Mittwoch, den 21.05.2003 rief der Kläger um 22:50
Uhr bei der Beklagten an und sprach wiederum auf den Anrufbeantworter, dass er immer noch krank sei.
Mit Schreiben vom 23.05.2003 kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis des Klägers fristlos. Die
Beklagte begründet die Kündigung damit, dass der Kläger bis zum 23.05.2003 keine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe.
Nachdem die vom Kläger angerufene Kreishandwerkerschaft mit Schreiben vom 24.07.2003 festgestellt
hat, dass das Schlichtungsverfahren gescheitert ist, hat der Kläger am 31.07.2003 Klage beim
Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – gegen die außerordentliche Kündigung seines
Ausbildungsverhältnisses erhoben.
Dr. med. W., Facharzt für Allgemeinmedizin, hat dem Kläger Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 19.05.2003
bis 21.05.2003, festgestellt am 19.05.2003 sowie bis zum 02.06.2003, festgestellt am 23.05.2003 attestiert.
Für den 22.05.2003 lag für den erstinstanzlichen Rechtszug keine ausdrücklich auf diesen Tag bezogene
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor.
Der Kläger hat vorgetragen,
die Beklagte sei nicht berechtigt, das Ausbildungsverhältnis durch Kündigung zu beenden, da er sich
keine Vertragsverstöße habe zu Schulden haben kommen lasse, die eine solche Maßnahme zu
rechtfertigten geeignet wären. Er habe die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Beklagten im Original
sofort übermittelt, d.h. in den Briefkasten der Beklagten geworfen. Es sei zwar richtig, dass für den
22.05.2003 die Arbeitsunfähigkeit nicht ausdrücklich bestätigt worden sei. Ganz offensichtlich habe der
ausstellende Arzt diesen Tag aber lediglich übersehen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der
Beklagten vom 23.05.2003 nicht beendet worden ist
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
bis zum Ausspruch der Kündigung sei eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers nicht bei ihr
eingegangen. Erst am 24.05.2003 habe sie eine Folgebescheinigung für den Zeitraum vom 23.05. bis
02.06.2003 in ihrem Briefkasten vorgefunden. Erst nach dem Schlichtungstermin bei der
Kreishandwerkerschaft habe der Kläger dann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom
19.05.2003 bis 21.05.2003 vorgelegt. Da aber für den 22.05.2003 - jedenfalls aus ihrer Sicht - unstreitig
immer noch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliege und der Kläger im September 2002
eindeutig verständlich vom Geschäftsführer der Beklagten wegen Nichtvorlage einer
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgemahnt worden sei, sei die Kündigung gerechtfertigt. Da der
Kläger, wie sich aus der schriftlichen Mitteilung der Kreishandwerkerschaft Koblenz vom 22.05.2003
ergebe, eine überaus desinteressierte Einstellung zu seiner Ausbildung habe, sei sie nicht in der Lage, an
dem Ausbildungsverhältnis mit dem Kläger festzuhalten.
Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat daraufhin durch Urteil vom 29.04.2004 -
7 Ca 2111/03 - festgestellt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der
Beklagten vom 23.05.2003 nicht beendet worden ist.
Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 45 bis 50 d.A. Bezug
genommen.
Gegen das ihr am 07.07.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 13.07.2004 beim
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich
begründet.
Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, bei dem Kläger
handelt es sich nicht um einen geistig, charakterlich und körperlich noch in der Entwicklung befindlichen
Jugendlichen. Der Kläger sei am 19.05.2003 20 Jahre und 5 Monate alt gewesen. Das Fehlverhalten des
Klägers sei nach Auffassung der Beklagten nicht allein auf die Interessenlosigkeit an dem zu erlernenden
Beruf gegenüber zu sehen, sondern in der Interessenlosigkeit der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit
überhaupt. Dies belege sein Verhalten in der Vergangenheit. Auch bestehe hinsichtlich des Zeitraums Mai
2003 eine Diskrepanz zwischen den telefonisch angegebenen Entschuldigungsgründen "ich muss mich
übergeben" und dem vom Arzt diagnostizierten "Karpaltunnelsyndroms".
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 29.04.2004 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige
Kammern Neuwied - zum Az.: 7 Ca 2111/03 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen
Vorbringens und hebt insbesondere hervor, ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des
Berufsausbildungsverhältnisses sie nicht gegeben.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren eine Bescheinigung von Herrn Dr. W. (Folgebescheinigung) vom
27.07.2004 vorgelegt, die sich auf den Zeitraum 22. bis 23.05.2003 bezieht. Die Bescheinigung,
hinsichtlich deren Inhalt auf Bl. 88 d.A. im Übrigen Bezug genommen wird, hat unter anderem folgenden
Wortlaut:
"Nachträglich ausgestellt, um deutlich zu machen, dass der Pat. am 22.05.2003 arbeitsunfähig war, u. von
mir arbeitsbefreit wurde, wie bereits in der vorliegenden AU-Besch, (Folgebesch.) dokumentiert."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten
gereichten Schriftstücke verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64
Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden.
II.
Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Denn das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche
außerordentliche Kündigung das Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet hat. Das
Arbeitsgericht ist zutreffend vom Prüfungsmaßstab des § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ausgegangen, wonach ein
Berufsausbildungsverhältnis nur aus einem wichtigen Grund unter Einhaltung einer Kündigungsfrist
gekündigt werden kann. Dabei ist die Bestimmung des wichtigen Grundes in Anlehnung an § 626 Abs. 1
BGB zu sehen.
Ein wichtiger Grund im Sinne der Generalklausel der § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche
Kündigung liegt dann vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und in der Abwägung der Interessen beider
Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche
Kündigung nicht zugemutet werden kann. Damit wird der wichtige Grund zunächst durch die objektiv
vorliegenden Tatsachen bestimmt, die an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist deshalb jeder Sachverhalt,
der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet (vgl. BAG AP-Nr. 4,
42, 63 zu § 626 BGB). Entscheidend ist nicht der subjektive Kenntnisstand des Kündigenden, sondern der
objektiv vorliegende Sachverhalt, der objektive Anlass. Berücksichtigt werden können nur die bis zum
Ausspruch der Kündigung eingetretenen Umstände bei der Überprüfung der Frage, ob sie als
Kündigungsgrund an sich geeignet sind Ascheid/Preis/Schmidt Großkommentar Kündigungsrecht 1.
Auflage 2004 (APS-Dörner), § 626 BGB Rz. 42 ff.; Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch Arbeitsrecht
(DLW-Dörner), 4. Auflage 2004, D Rz. 656 ff.).
Die danach zu berücksichtigenden Umstände müssen nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen (BAG AP-Nr. 4 zu § 626 BGB). Bei der Bewertung
des Kündigungsgrundes und bei der nachfolgenden Interessenabwägung ist ein objektiver Maßstab
anzulegen, so dass subjektive Umstände, die sich aus den Verhältnissen der Beteiligten ergeben, nur
aufgrund einer objektiven Betrachtung zu berücksichtigen sind. Die danach maßgeblichen Umstände
müssen sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken; da der Kündigungsgrund
zukunftsbezogen ist und die Kündigung keine Sanktion für das Verhalten in der Vergangenheit darstellt,
kommt es auf seine Auswirkungen auf die Zukunft an. Da es um den zukünftigen Bestand des
Arbeitsverhältnisses geht, muss dessen Fortsetzung durch objektive Umstände oder die Einstellung oder
das Verhalten des Gekündigten im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller
Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich (der Vertragspartner) oder im Unternehmensbereich
konkret beeinträchtigt sein (BAG EzA § 626 BGB Nr. 11, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 7).
Die erforderliche Überprüfung gem. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich folglich zweistufig:
Zum einen muss ein Grund vorliegen, der unter Berücksichtigung der oben skizzierten Kriterien überhaupt
an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit handelt es sich um einen
Negativfilter, d. h., dass bestimmte Kündigungsgründe eine außerordentliche Kündigung von vornherein
nicht rechtfertigen können.
Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips
zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der - in der Regel - vorzeitigen
Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. ausführlich APS-Dörner, § 626 BGB a.a.O.; DLW-Dörner
a.a.O.).
Entscheidender Zeitpunkt ist der des Ausspruchs der Kündigung.
Die in den aufgehobenen gesetzlichen Vorschriften der §§ 123, 124 Gewerbeordnung, 71, 72 HGB nach
altem Recht genannten Beispiele für wechselseitige wichtige Gründe (z. B. Arbeitsvertragsbruch,
beharrliche Arbeitsverweigerung) sind als wichtige Hinweise für typische Sachverhalte anzuerkennen, die
an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu bilden und die
Kündigung in der Regel auch zu rechtfertigen, wenn keine besonderen Umstände zugunsten des
Gekündigten sprechen (vgl. BAG AP-Nr. 99 zu § 626 BGB). "Absolute Kündigungsgründe", die ohne eine
besondere Interessenabwägung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, bestehen andererseits
jedoch nicht (BAG SAE 1986, S. 5).
Systematisch kann nach Störungen im Leistungsbereich, im betrieblichen Bereich der Verbundenheit aller
Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich der Vertragspartner und im Unternehmensbereich
unterschieden werden (APS-Dörner, a.a.O.; DLW-Dörner a.a.O.)
Ob daneben generell oder auch nur vorliegend an das Vorliegen eines wichtigen Grundes strengere
Anforderungen zu stellen sind, weil es sich bei einem Auszubildenden in der Regel um einen in der
geistigen, charakterlichen und körperlichen Entwicklung befindlichen Jugendlichen handelt, so dass
Pflichtverletzungen und Fehlverhalten nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen, solange der
Ausbildende nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Erziehungsmittel erschöpfend
angewendet hat, kann vorliegend dahinstehen. Die Kammer hat insoweit für den hier zu entscheidenden
Einzelfall deshalb erhebliche Bedenken, weil der Kläger zum Zeitpunkt der fraglichen Vorfälle älter als 20
Jahre war, so dass fraglich ist, wo ein Anknüpfungspunkt für eine verminderte geistige Reife insoweit sein
könnte.
Gleichwohl erweist sich die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung des
Ausbildungsverhältnisses, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, als rechtsunwirksam.
Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger anlässlich seiner Erkrankung im Mai 2003
seine Nachweispflicht verletzt hat, weil er der Beklagten für den 22.05.2003 keine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hat. Zur Begründung der Auffassung des Arbeitsgerichts wird
auf S. 7, 8 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 49, 50 d.A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug
genommen.
Ob sich den vom Kläger im erstinstanzlichen Rechtszug vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen
tatsächlich entnehmen lässt, dass der behandelnde Arzt für den 22.05.2003 keine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erstellt hatte, begegnet Bedenken, weil die zweite
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausdrücklich als Folgebescheinigung ausgestellt ist und von daher
nach Auffassung der Kammer auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren hinreichende Anhaltspunkte
dafür bestanden, dass der objektive Erklärungsgehalt der beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im
Zusammenhang gesehen nur den Schluss zulässt, dass der behandelnde Arzt von einer durchgängigen
Arbeitsunfähigkeit ausgegangen ist. Dafür spricht auch die Lebenserfahrung, die es als in ganz
besonderem Maße ungewöhnlich und ohne besondere Erläuterungen unverständlich erscheinen lässt,
dass ein Arbeitnehmer ebenso wie ein Auszubildender gerade für einen Tag zwischen zwei attestierten
Fehlzeiten arbeitsfähig gewesen sein soll.
Zudem hat der Kläger im Berufungsverfahren eine weitere ärztliche Bescheinigung des ihn behandelnden
Arztes vorgelegt, die auch von diesem persönlich unterzeichnet ist, wonach dieser behandelnde Arzt auch
für den streitgegenständlichen Tag ausdrücklich Arbeitsunfähigkeit schriftlich festgestellt und bestätigt hat.
Von daher fehlt es nach dem Kenntnisstand der Kammer zum Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung der Tatsacheninstanz überhaupt an einem schuldhaften Fehlverhalten des Klägers, so dass
eine außerordentliche Kündigung erst Recht nicht in Betracht kommt.
Die nach dem Verlauf des Ausbildungsverhältnisses von der Beklagten ergänzend herangeführte
Begründung der Interessenlosigkeit als Basis für den Kündigungsentschluss alleine vermag gleichfalls die
außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen. Es ist der Beklagten zuzugeben, dass das Verhalten
des Klägers, soweit zwischen den Parteien unstreitig, im Hinblick auf die hohe Massenarbeitslosigkeit und
den in vielen Ausbildungsjahren nicht gedeckten Bedarf an Ausbildungsplätzen völlig unverständlich ist,
weil an sich zu erwarten wäre, dass junge Menschen mit einem Ausbildungsplatz in besonderem Maße
bemüht sind, den an sie gestellten Anforderungen zu genügen, um später in das Erwerbsleben integriert
zu werden. Andererseits ist das Ausbildungsverhältnis bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung
befristet und es im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen jedem Auszubildenden selbst
eigenverantwortlich zu überlassen, sich um den Fortgang der Ausbildung und sein späteres Erwerbsleben
zu bemühen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine
Veranlassung gegeben.