Urteil des LAG Köln vom 03.01.2007
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Landesarbeitsgericht Köln, 8 (10) Ta 429/06
Datum:
03.01.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 (10) Ta 429/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 4 BV 138/06
Schlagworte:
Einstellung; vorläufige personelle Einzelmaßnahme; Streitwert
Normen:
§ 23 RVG; 99, 100 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Bewertung personeller Einzelmaßnahmen ausgehend vom Hilfswert
nach § 23 Abs. 3 RVG mit einer Anhebung des Streitwertes für weitere
personelle Einzelmaßnahmen in Anlehnung an die Staffelung der
Arbeitnehmerzahlen in § 9 BetrVG.
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Köln vom 02.10.2006 wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 23.100,00 €.
I.
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Die Beteiligte zu 1) hat in dem dem Beschwerdeverfahren vorangegangenen
arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur
Einstellung von 110 Leih- und Zeitarbeitnehmern begehrt und zugleich die Feststellung
geltend gemacht, dass deren vorläufige Einstellung als Callcenteragenten aus
sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
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Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem sich das Verfahren aufgrund Zeitablaufs der
verfahrensgegenständlichen Einstellungen erledigt hatte.
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Das Arbeitsgericht hat den Wert des Verfahrensgegenstandes durch Beschluss vom
02.10.2006 auf 40.000,00 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit
ihrer Beschwerde vom 18.10.2006 mit welcher eine Herabsetzung des
Verfahrensgegenstandes auf 16.900,00 € begehrt wird. In seiner Bewertung hält es die
Beteiligte zu 1) für angemessen, die Bewertung des Verfahrensgegenstandes bezogen
auf den Zustimmungsantrag zur Einstellung mit 4.000,00 € und im Hinblick auf den
Feststellungsantrag mit 2.000,00 € zu bewerten und sodann im Hinblick auf insgesamt
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110 betroffene Arbeitnehmer für die weiteren 109 personellen Einzelmaßnahmen eine
Bewertung mit jeweils 100,00 € vorzunehmen. Hieraus ergibt sich rechnerisch die
begehrte Herabsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes.
Die Beteiligte zu 1) beantragt,
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unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bonn – 4 BV 138/06 –
den Wert des Verfahrensgegenstandes auf 16.900,00 € festzusetzen.
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Die Beteiligte zu 2) beantragt,
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die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.
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Eine Erhöhung des in § 23 Abs. 3 RVG genannten Hilfswertes für den geltend
gemachten Antrag auf Zustimmungsersetzung sowie weiter für den Antrag auf
Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der personellen Einzelmaßnahmen
rechtfertige sich schon allein deshalb, weil es um eine Vielzahl von personellen
Einzelmaßnahmen im vorliegenden Verfahren gehe und mit erheblichen administrativen
Aufwand personellem Einzelmaßnahmen, die nahezu sämtliche Standorte des
Beteiligten zu 1) betroffen hätten, zu beurteilen gewesen seien.
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Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und in seinem
Nichtabhilfebeschluss vom 20.10.2005 u. a. ausgeführt, bei der Bewertung des
Verfahrensgegenstandes, die gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen
vorzunehmen sei, sei bezogen auf jede einzelne personelle Einzelmaßnahme eine
Herabsetzung des anzunehmenden Wertes erforderlich, da vorliegend die personellen
Einzelmaßnahmen auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung
zurückzuführen seien. In Anlehnung an die Staffelung der Arbeitnehmerzahlen in § 9
BetrVG sei danach eine Bewertung dahin vorzunehmen, dass die erste personelle
Maßnahme mit dem vollen Wert und die weiteren Maßnahmen jeweils nur mit
prozentualen Anteilen des Ausgangswertes zu berücksichtigen.
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In Anbetracht dieser Grundsätze sei die Bewertung mit 10 % des Auffangstreitwerts für
jeden Arbeitnehmer nicht anzugreifen.
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Ergänzend wird auf den Nichtabhilfebeschluss (Bl. 81 und 82 d. A.) Bezug genommen.
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II.
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1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.
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Der Wert des Verfahrensgegenstandes ist auf die Beschwerde hin nicht abzuändern.
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Der Streit der Beteiligten zu 1) und des Beteiligten zu 2) über die Zustimmung des
Betriebsrats zu personellen Einzelmaßnahmen der Einstellung die in der Antragsschrift
benannten 110 Arbeitnehmer betreffend einerseits, sowie die Feststellung, dass deren
Einsatz als Callcenteragenten aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, stellt
eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit dar, die gemäß § 23 Abs. 3 RVG zu
bewerten ist.
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Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Umfang und die
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Bedeutung der Sache zu berücksichtigen.
Sind mehrere personelle Einzelmaßnahmen i. S. d. §§ 99, 100 BetrVG Gegenstand des
arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens, so ist grundsätzlich jede personelle
Einzelmaßnahme zu bewerten und anschließend ein Gesamtwert zu bilden.
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Zunächst teilt die Beschwerdekammer die Einschätzung des Arbeitsgerichts, für die
Streitanträge des Verfahrens bezogen auf die erste Maßnahme vom Hilfswert in § 23
Abs. 3 RVG auszugehen und hiernach für den Antrag auf Zustimmungsersetzung
4.000,00 € und den weiteren Antrag auf Feststellung, dass der Einsatz als
Callcenteragenten aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, weitere 2.000,00
€ anzusetzen.
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Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese personellen Einzelmaßnahmen
Gegenstand des Rechtsstreits waren für insgesamt 110 Arbeitnehmer hat allerdings ein
Wertabschlag vorgenommen zu werden.
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Da die personellen Einzelmaßnahmen auf einheitlichen unternehmerischen
Entscheidungen beruhen ist insoweit eine angemessene Herabsetzung geboten.
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Dabei erscheint es in der Regel sachgerecht, den Wert einer Einzelmaßnahme bzw.
Feststellung ungekürzt zu ermitteln und die weiteren Maßnahmen lediglich mit einem
Bruchteil dieses Wertes anzusetzen (LAG Berlin vom 19.09.2002 – 17 Ta 6081/02
[Kost]; LAG vom 09.01.2003 – 17 Ta 6118/02 – [Kost]; LAG Berlin Beschluss vom
18.03.2003 – 17 Ta (Kost) 6016/03 - , 437, 438).
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Die erkennende Beschwerdekammer schließt sich den Grundsätzen der vorstehend
zitierten Entscheidungen des LAG Berlin an, eine Bewertung hierbei in Anlehnung an
die Staffelung der Arbeitnehmerzahl in § 9 BetrVG jeweils in Orientierung an den
Hilfswert in § 23 Abs. 3 RVG wie folgt vorzunehmen:
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2. – 20. personelle Einzelmaßnahme 1/4
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21. – 50. personelle Einzelmaßnahme 1/8
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51. – 100. personelle Einzelmaßnahme 1/10
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101. – 110. personelle Einzelmaßnahme 3/40.
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Hiernach ergibt sich eine Berechnung des Wertes des Verfahrensgegenstandes des
vorliegenden Verfahrens wie folgt:
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1. personelle Einzelmaßnahme Zustimmungsersetzung
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zur beantragten Eingruppierung und Feststellung
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der dringenden Erforderlichkeit der
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vorläufigen Einzelmaßnahme 6.000,00 €
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2. – 20. personelle Einzelmaßnahme
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1/4 des Ausgangswertes entsprechend 19 x 1.500,00 € 28.500,00 €
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21. – 50. personelle Einzelmaßnahme
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1/8 des Ausgangswertes entsprechend 30 x 750,00 € 22.500,00 €
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51. – 100. personelle Einzelmaßnahme
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1/10 des Hilfswertes entsprechend 50 x 600,00 € 30.000,00 €
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101. 110. personelle Einzelmaßnahme
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3/40 des Ausgangswertes entsprechend10 x 450,00 € 4.500,00 €.
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Hieraus ermittelt sich rechnerisch ein Gesamtverfahrenswert mit
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91.500,00 €.
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2. Ungeachtet dessen hat es bei der Festsetzung des erstinstanzlichen Beschlusses mit
40.000,00 € zu verbleiben.
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Dies ergibt sich aus dem im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigenden Grundsatz
des Verbots der reformatio in peius.
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§ 23 Abs. 3 RVG enthält selbst zwar keine ausdrückliche Regelung des sogenannten
Verschlechterungsverbots.
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Allerdings ist § 528 S. 2 ZPO ein allgemeines Verschlechterungsverbot zu entnehmen,
sofern das Gesetz eine Verschlechterungsmöglichkeit nicht ausdrücklich einräumt
(ebenso noch zu § 10 Abs. 3 BRAGO LAG Köln Beschluss vom 25.10.2002 – 8 Ta
48/02 – m. w. N.).
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3. Die Kosten- bzw. Gebührenpflicht für die Beschwerde ergibt sich aus der
entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. dem Gebührenverzeichnis.
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Die Beteiligte zu 1) ist mit ihrer Beschwerde unterlegen.
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Der Gebührenpflicht steht die Kostenfreiheit des betriebsverfassungsrechtlichen
Beschlussverfahrens nicht entgegen, sie umfasst nicht das Beschwerdeverfahren im
Zusammenhang mit der Festsetzung des Verfahrensgegenstandes zur Berechnung der
Anwaltsgebühren gemäß § 23 Abs. 3 ZPO.
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In diesem Nebenverfahren werden keine betriebsverfassungsrechtlichen Ansprüche,
sondern eigenständige Ansprüche des Verfahrensbevollmächtigten verfolgt.
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Diese haben allein ihren Ursprung im RVG bzw. den anzuwendenden
Kostenbestimmungen.
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Wenn der vom Beteiligten beauftragte Verfahrensbevollmächtigte erfolglos Beschwerde
gegen die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes für die anwaltliche
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Tätigkeit einlegt, betrifft dies nicht die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der
Beteiligten, sondern allein die gebührenrechtliche Stellung der im Verfahren
mandatierten Rechtsanwälte, sodass die unterlegene Partei die Kostentragungspflicht
für das Beschwerdeverfahren trifft (ebenso noch zu § 10 Abs. 3 BRAGO LAG Köln,
Beschluss vom 19.05.2004 – 10 Ta 79/04 - ).
Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus § 33 Abs. 7 S. 2 2. HS, der sich
lediglich auf Satz 2 1. HS nicht aber auf § 33 Abs. 9 S. 1 bezieht.
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4. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO.
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5. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.
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(Jüngst)
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