Urteil des LAG Köln vom 30.01.2002

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Landesarbeitsgericht Köln, 7 Ta 220/01
Datum:
30.01.2002
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 Ta 220/01
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Siegburg, 1 Ca 2452/00
Schlagworte:
PKH; Abfindung; Eigenbeitrag
Normen:
§ 115 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Eine vergleichsweise erzielte Abfindung, deren Höhe das sog.
Schonvermögen i. S. v. § 88 BSHG übersteigt (hier: 20.000,00 DM brutto
= 19.129,80 DM netto), kann regelmäßig in den Grenzen der
Zumutbarkeit als einzusetzendes Vermögen i. S. v. § 115 Abs. 2 ZPO
zur Deckung der Prozesskosten mit herangezogen werden. Die Grenze
der Zumutbarkeit liegt im Regelfall bei 10 % der Abfindung. Dies
bedeutet jedoch nicht, dass stets schematisch ein Betrag in Höhe von 10
% der Netto-Abfindung als Unkostenbeitrag festzusetzen ist. Zu
berücksichtigen sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Bestätigung
der bisherigen Bezirksrechtsprechung, z. B. LAG Köln 10 Ta 200/95 v.
17.11.95).
Tenor:
In Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Siegburg vom
26.04.2001 wird der vom Kläger aus der von ihm erlangten Abfindung zu
zahlende Beitrag zu den Prozesskosten auf 582,00 EUR neu
festgesetzt, wobei dem Kläger nachgelassen bleibt, diesen Betrag in
sechs monatlichen Raten zu je 97,00 EUR zu zahlen, beginnend mit
dem Monat März 2002. Die weitergehende Beschwerde wird
zurückgewiesen. Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
G r ü n d e :
1
Der Kläger hat in dem Kündigungsschutzverfahren Arbeitsgericht Siegburg - 1 Ca
2452/00 - vergleichsweise eine Abfindung in Höhe von 20.000,00 DM brutto, bzw.
19.129,80 DM netto erlangt. Die Höhe dieser Abfindung überschreitet das sog.
Schonvermögen im Sinne von § 88 BSHG bei weitem. Der das sog. Schonvermögen
übersteigende Teil einer Abfindung kann regelmäßig in den Grenzen der Zumutbarkeit
als einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 2 ZPO zur Deckung der
Prozesskosten mit heran gezogen werden. Die Obergrenze der Zumutbarkeit liegt im
Regelfall bei 10 % der Abfindung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass stets schematisch
ein Betrag in Höhe von 10 % der vom Arbeitnehmer realisierten Nettoabfindung als
Unkostenbeitrag festzusetzen ist. Zu berücksichtigen sind die Umstände des Einzelfalls
2
(zum Ganzen: z. B. LAG Köln - 10 Ta 200/95 - vom 17.11.1995, AnwBl. 1997, 238; LAG
Köln - 10 Ta 201/97 - vom 22.08.1997).
Nach eigenen Angaben hat der Kläger vorliegend einen Teil seiner Abfindung in Höhe
von 8.170,11 DM (19.129,80 DM abzüglich 10.959,69 DM) dazu verwandt, die
Überziehung seines Girokontos auszugleichen, die in der Zeit nach der streitigen
Kündigung durch Wegfall der laufenden Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis
zustande gekommen war. Darüber hinaus hat der Kläger im Umfang von 9.165,51 DM
Altschulden getilgt. Entgegen den Behauptungen des Klägers im Beschwerdeverfahren
trifft es nicht zu, dass es sich auch hierbei um die Tilgung eines Kredits handelte,
dessen Aufnahme im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung gestanden
hätte. Vielmehr handelte es sich um die Tilgung des bereits in der Erklärung über die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers erwähnten
Anschaffungskredits vom 15.12.1996, der zur Finanzierung von Möbeln und eines Kfz
gedient hatte. Dies ergibt sich aus der in der Bescheinigung der K K vom 25.06.2001
angegebenen Darlehensnummer (vgl. PKH Bl. 35 und PKH Bl. 69). Durch die Tilgung
dieser Altschuld hat der Kläger eine nachhaltige Verbesserung seiner laufenden
Einnahmesituation für die Zeit bis Dezember 2002 bewirkt, da dadurch die monatlichen
Kreditraten in Höhe von 446,00 DM in Wegfall geraten sind.
3
Auf der anderen Seite war der Kläger nach seinen Angaben noch im Mai 2001 weiterhin
arbeitslos, ohne dass die baldige Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses absehbar
gewesen wäre, das dem Kläger vergleichbare laufende Einnahmen wie in der Zeit vor
der streitigen Kündigung hätte verschaffen können.
4
Ausweislich des Schreibens der Rechtspflegerin an den Kläger vom 12.04.2001 (Bl. 58
d. A.) hat die Staatskasse im vorliegenden Verfahren im Rahmen der
Prozesskostenhilfebewilligung für den Kläger insgesamt 2.278,39 DM an
Rechtsanwalts- und Gerichtskosten verauslagt. In Anbetracht der obigen Verhältnisse
erscheint es angemessen, den Kläger auf der Grundlage der ihm zugeflossenen
Abfindung mit ca. 50 % an diesen Kosten zu beteiligen. Dies entspricht der in diesem
Beschluss (gerundet) festgesetzten Summe von 582,00 EUR. Um die laufende Liquidität
des Klägers nicht zu gefährden, erscheint es ferner angemessen, dem Kläger
nachzulassen, die Beitragssumme in sechs monatlichen Raten zu erbringen.
5
Den Kläger gänzlich von der Verpflichtung zu entbinden, aus der ihm zugeflossenen
Abfindungssumme zu den Gerichtskosten beizutragen, erscheint jedoch nicht
angemessen und auch durch das Kriterium der Zumutbarkeit keineswegs geboten.
6
Da die Beschwerde - unter Berücksichtigung auch der Ratenzahlungsanordnung - in
etwa zu 50 % Erfolg hatte, erscheint es ferner angemessen, von der Möglichkeit
Gebrauch zu machen, die gerichtliche Beschwerdegebühr auf die Hälfte zu ermäßigen.
7
Gegen diese Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben.
8
(Dr. Czinczoll)
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