Urteil des LAG Köln vom 15.05.2008
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Landesarbeitsgericht Köln, 7 Ta 114/08
Datum:
15.05.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7 Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 Ta 114/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 8 BV 42/08
Schlagworte:
Beschlussverfahren; Mitbestimmung; Einstellung; Streitwert
Normen:
§§ 23 RVG, 42 GKG, 99 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Der Streitwert eines Beschlussverfahrens auf Ersetzung der Zustimmung
des Betriebsrats zur Einstellung eines Arbeitnehmers richtet sich nicht
nach dem Vierteljahresverdienst des Einzustellenden, sondern nach den
Regeln über nicht-vermögensrechtliche Streitigkeiten, entspricht im
Zweifel also dem Hilfswert von 4.000,-- €
Tenor:
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 2
wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 19.03.2008
abgeändert:
Der Streitwert für das Beschlussverfahren Arbeitsgericht Köln 8 BV
42/08 wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e
1
Die zulässige Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beteiligten zu 2
ist begründet. Der Streitwert für die anwaltlichen Gebühren im vorliegenden
Beschlussverfahren war entsprechend § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Hs. RVG nach dem sog.
Hilfswert mit 4.000,00 € zu bemessen.
2
Die Beschwerdekammer folgt der neueren Bezirksrechtsprechung des
Landesarbeitsgerichts Köln, wonach es sich bei Mitbestimmungsangelegenheiten des §
99 BetrVG grundsätzlich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten handelt (LAG Köln,
7 (9) Ta 479/06 = NZA-RR 2008, 43 f.; LAG Köln vom 17.04.2007, 11 Ta 66/07; LAG
Köln vom 20.07.2005, 4 Ta 255/05; LAG Köln vom 04.08.2005, 13 Ta 252/05; LAG Köln
vom 21.06.2006, 2 Ta 195/06; LAG Köln vom 24.01.2007, 3 Ta 461/06). Diese
Rechtsprechung steht überdies auch im Einklang mit der überwiegenden Meinung der
anderen Landesarbeitsgerichte.
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Die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Köln ist in dem angegriffenen Streitwertbeschluss
stattdessen in Anlehnung an § 42 Abs. 4 S. 1 GKG von dem geschätzten
Vierteljahresverdienst des einzustellenden Arbeitnehmers ausgegangen. Dies erscheint
letztendlich nicht sachgerecht. Der Streitwert eines Gerichtsverfahrens kann nicht an der
Interessenlage eines nicht am Verfahren beteiligten Dritten – hier des einzustellenden
Arbeitnehmers – ausgerichtet werden. Maßgeblich ist vielmehr das Interesse der das
Gerichtsverfahren betreibenden Partei, also in einem regulären Klageverfahren das
Interesse der Klagepartei, in einem Beschlussverfahren wie dem vorliegenden das
Interesse der Antragstellerin. Das Interesse der antragstellenden Arbeitgeberin, die nach
§ 99 BetrVG erforderliche Zustimmung ihres Betriebsrats zu der Einstellung eines
bestimmten Arbeitnehmers zu erlangen, ist seiner Wesensart nach
betriebsverfassungsrechtlicher Natur. Mitbestimmungsangelegenheiten haben als
solche nichtvermögensrechtlichen Charakter.
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Nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG kann der Streitwert nach billigem Ermessen "nach Lage des
Falles" auch niedriger oder höher als der Regelwert von 4.000,00 € bemessen werden.
Hinreichende Anhaltspunkte, die es danach rechtfertigen könnten, nur ein Drittel des
Regelwertes von 4.000,00 € als Streitwert anzusetzen, sind aber nicht erkennbar.
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Für die Bewertung einer mitbestimmungsrechtlichen Angelegenheit erscheint es nicht
von ausschlaggebender Bedeutung, ob es im Sinne von § 99 BetrVG bei der
Mitbestimmung zur Einstellung um einen Leiharbeitnehmer oder einen eigenen
Vertragsarbeitnehmer des Arbeitgeber-Unternehmens geht.
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Auch die beabsichtigte Tätigkeitsdauer des einzustellenden Arbeitnehmers rechtfertigt
jedenfalls im vorliegenden Fall keine Abstriche vom Regelstreitwert nach unten. Der
einzustellende Leiharbeitnehmer soll vorliegend für anderthalb Jahre im Unternehmen
tätig sein.
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Hinzukommt, dass nach der eigenen Darstellung der Antragstellerin in ihrer
Antragsschrift der hier streitgegenständlichen Angelegenheit zwischen den streitenden
Betriebspartnern in gewisser Weise exemplarische Bedeutung zukam.
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Der Ansatz des Regelwerts von 4.000,00 € erscheint bei alledem gerechtfertigt.
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Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
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Dr. Czinczoll
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