Urteil des LAG Hessen vom 10.05.2007

LAG Frankfurt: arbeitsgericht, labor, hilfskraft, form, unterlassen, vertrauensschutz, arbeitsbedingungen, vergütung, arbeitskraft, gespräch

1
2
3
4
5
6
Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
11. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11/19 Sa 1217/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 2 KSchG, § 2 KSchG,
§ 615 S 1 BGB, § 615 S 2
BGB
Annahmeverzug - Beschäftigungsmöglichkeit
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom
04. April 2006 – 1 Ca 1041/05 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen krankheitsbedingten
Beendigungskündigung und in diesem Zusammenhang über Zahlungsansprüche
der Klägerin gegen die Beklagte.
Die Beklagte betreibt eine Molkerei und beschäftigt mehr als 50 Arbeitnehmer. Ein
Betriebsrat ist gebildet.
Die 49-jährige (geboren am 28. Oktober 1957), geschiedene Klägerin ist
ausgebildete Lageristin und Molkereifachfrau. Sie wurde bei der Beklagten ab dem
19. September 1989 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 6.
September 1989, hinsichtlich dessen nähere Einzelheiten auf Bl. 24 u. 25 d. A.
verwiesen wird, als Kommissioniererin beschäftigt. Unter dem Datum des 27.
Oktober 1997 schlossen die Parteien eine ergänzende Vereinbarung (Bl. 26 d. A.),
wonach die Klägerin ab dem 31. Oktober 1997 oder dem 3. November 1997 als
Maschinenführerin beschäftigt werden sollte. Streitig ist zwischen den Parteien, ob
und ggf. aufgrund welcher Umstände diese Vereinbarung vom 27. Oktober 1997
durch die Parteien in der Folge wieder aufgehoben wurde. Jedenfalls wurde die
Klägerin tatsächlich ab dem 2. März 1998 nicht mehr als Maschinenführerin bei der
Beklagten beschäftigt. Stattdessen wurde die Klägerin bei der Beklagten zuletzt in
der Abteilung Frischdienst und Export als Schichtleiterin mit einer Vergütung in
Höhe von € 2.061,03 brutto im Monat beschäftigt. Hierzu existiert eine interne
Mitteilung der Beklagten vom 9. Mai 1998 (Bl. 65 d. A.).
Ab Januar 2004 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig.
Am 14. Dezember 2004 fand zwischen der Klägerin und dem Verwaltungsleiter und
Personalleiter der Beklagten A im Beisein des Produktionsleiters Herrn B ein
Personalgespräch über die Frage eines so genannten "leidensgerechten" Einsatzes
der Klägerin bei der Beklagten statt. Die näheren Einzelheiten dieses
Personalgesprächs sind zwischen den Parteien streitig. Insbesondere ist streitig,
ob bei diesem Personalgespräch auch der Betriebsratsvorsitzende der Beklagten
C teilnahm und ob die Beklagte der Klägerin in diesem Gespräch die – zu diesem
Zeitpunkt unstreitig freie – Stelle einer Hilfskraft im Labor anbot und ob die
Klägerin dies ablehnte.
Nach Beendigung ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bot die Klägerin am
6. Juni 2005 bei der Beklagten ihre Arbeitsleistung an und wurde wieder nach
Hause geschickt.
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Mit Schreiben vom 28. Juni 2005 (Bl. 644 d. A.) kündigte die Beklagte das
Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich und fristgerecht zum 31. Dezember
2005.
Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen, des Vorbringens der
Parteien und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils (Seite 2 - 6 des angefochtenen Urteils, Bl. 528 - 532 d. A.)
Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit einem am 4. April 2006 verkündeten, der
Beklagten am 4. Juli 2006 zugestellten Urteil – 1 Ca 1041/05 (Bl. 527 - 538 d. A.) –
festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung
der Beklagten vom 28. Juni 2005 nicht zum 31. Dezember 2005 aufgelöst worden
ist. Daneben hat das Arbeitsgericht Wiesbaden die Beklagte verurteilt, an die
Klägerin an Arbeitsentgelt für den Zeitraum Juni 2005 bis einschließlich März 2006
€ 16.751,45 brutto abzüglich an Arbeitslosengeld in dieser Zeit erhaltener €
3.589,04 netto nebst Zinsen sowie an zusätzlichem Urlaubsgeld für 30
Urlaubstage im Urlaubsjahr 2005 € 368,70 brutto nebst Zinsen sowie an
Weihnachtsgeld für das Jahr 2005 € 2.061,03 brutto nebst Zinsen zu zahlen. Zur
Begründung hat das Arbeitsgericht Wiesbaden im Wesentlichen ausgeführt, das
Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Juni
2005 nicht beendet worden, da die Beklagte unter Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verpflichtet gewesen sei, der Klägerin im Wege
der Änderungskündigung den zuvor freien Arbeitsplatz als Hilfskraft im Labor
anzubieten. Daher sei die Beklagte für den Zeitraum Juni 2005 bis einschließlich
März 2006 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zur Zahlung der
geltend gemachten Vergütungsansprüche verpflichtet, denn die Klägerin habe ab
Juni 2005 der Beklagten ordnungsgemäß ihre Arbeitskraft angeboten. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils
verwiesen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 24. Juli 2006 Berufung
eingelegt und diese am 3. August 2006 begründet.
Die Beklagte ist der Ansicht, hinsichtlich der geänderten Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zur Notwendigkeit einer Änderungskündigung sei ihr
Vertrauensschutz zu gewähren. Im Übrigen habe die Klägerin, so behauptet die
Beklagte, die Stelle der Hilfskraft im Labor im Personalgespräch am 14. Dezember
2004 endgültig abgelehnt. So habe die Klägerin geäußert: "... darüber brauchen wir
ja gar nicht weiter zu reden, das brauchen sie mir gar nicht mehr anzubieten, das
kommt gar nicht in Frage ..." (Beweis: Zeugnis der Herren A und B). Unabhängig
davon sei diese Stelle als Hilfskraft im Labor zum Zeitpunkt der Kündigung bereits
seit dem Monatswechsel Februar/März 2005 mit dem seit dem Jahre 1979 im
Betrieb der Beklagten tätigen 61 Jahre alten Arbeitnehmer D besetzt gewesen.
Dieser habe aus gesundheitlichen Gründen nicht weiter in der Produktion der
Beklagten arbeiten können. Schließlich ist die Beklagte der Ansicht, die
Voraussetzungen des Annahmeverzugs seien nicht gegeben, da die Klägerin die
vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Kommissioniererin aufgrund ihrer
gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr habe erbringen können. Hinsichtlich
des weiteren Vortrags der Beklagten in der Berufung wird auf die
Berufungsbegründung vom 1. August 2006 (Bl. 549 - 556 d. A.) und auf die
Schriftsätze der Beklagten vom 4. Oktober 2006 (Bl. 573 u. 574 d. A.), 1. April
2007 (Bl. 584 - 593 d. A.) und 7. Mai 2007 (Bl. 614 - 616 d. A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 4. April 2006 – 1 Ca 1041/05 –
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung
ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
17
18
19
20
21
22
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom
4. April 2006 – 1 Ca 1041/05 – ist als Berufung in einem Rechtsstreit über die
Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG und
im Übrigen gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG nach dem Wert des
Beschwerdegegenstandes statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig,
insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1
ArbGG; 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.
II.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist. Zu Recht hat
das Arbeitsgericht auf die Kündigungsschutzklage der Klägerin festgestellt, dass
das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Juni
2005 nicht zum 31. Dezember 2005 aufgelöst worden ist. Des Weiteren hat das
Arbeitsgericht die Beklagte rechtsfehlerfrei zur Zahlung der Vergütung für den
Zeitraum Juni 2005 bis einschließlich März 2006, des zusätzlichen Urlaubsgeldes
für das Jahr 2005 und des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2005 nebst Zinsen
verurteilt. Das Berufungsgericht folgt dem angefochtenen Urteil uneingeschränkt,
macht sich dessen Gründe zu Eigen und verweist zur Vermeidung von
Wiederholungen auf diese (S. 7 - 11 des angefochtenen Urteils, Bl. 533 - 537 d.
A.).
Auf das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz ist ergänzend wie folgt
einzugehen:
1.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht seiner Begründung die neuere Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts
zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
für die Änderungskündigung im Hinblick auf die Notwendigkeit eines
Änderungsangebots zugrunde gelegt und die Kündigung unter diesem Aspekt
gemäß § 1 Abs. 1 KSchG für unwirksam erachtet. Der Beklagten steht in diesem
Zusammenhang – entgegen ihrer Ansicht – kein Vertrauensschutz zu. Auch hat
die von der Beklagten im Streitfalle behauptete klägerische Ablehnung der –
leidensgerechten – Beschäftigung als Hilfskraft im Labor die Beklagte nach dieser
neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht von ihrer Verpflichtung
entbunden, der Klägerin diese geänderten Arbeitsbedingungen in Form einer
Änderungskündigung gleichwohl noch einmal anzubieten. Im Einzelnen:
Die Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Bedingungen und in welcher Form
ein Arbeitgeber verpflichtet ist, vor Ausspruch einer Beendigungskündigung dem
Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten
Bedingungen anzubieten, ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips, das für
den gesamten arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz gilt. So hat der Arbeitgeber
vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer
eine beiden Parteien objektiv mögliche und zumutbare Beschäftigung auf einem
freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen anzubieten. Dies entsprach
auch schon vor der jetzigen Änderung der ständigen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts
.
Wenn im Rahmen dieser Prüfung nunmehr der zuständige zweite Senat des
Bundesarbeitsgerichts in der angezogenen Entscheidung
seine bisherige Rechtsprechung neu konturiert, begründet dies
keinen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung.
Zudem galt, wie aufgezeigt, schon immer das Prinzip, wonach ein Arbeitgeber vor
dem Ausspruch einer Beendigungskündigung die mögliche Weiterbeschäftigung
unter geänderten Bedingungen von sich aus anbieten musste. Eine Änderung ist
dabei nur insofern eingetreten, als das Änderungsangebot grundsätzlich immer in
Form der Änderungskündigung ausgesprochen werden muss und es Sache des
Arbeitnehmers ist, zu entscheiden, ob er die angebotene Änderung als zumutbar
ansieht. Hingegen durfte der Arbeitgeber die Änderungskündigung früher in den
Fällen unterlassen, in denen seine eigene Prüfung zu dem Ergebnis kam, dass der
Arbeitnehmer das Angebot im Falle der Änderungskündigung nicht annehmen
würde.
23
24
25
26
27
28
29
Dabei ist auch das Bundesarbeitsgericht selbst in der angezogenen neueren
Entscheidung nicht von einem
Vertrauenstatbestand ausgegangen, sondern hat seine neue Rechtsprechung
ohne Übergangsregelung oder Ankündigung einer Änderung unmittelbar
angewandt.
Dass die Stelle der Hilfskraft im Labor zum Zeitpunkt des Ausspruchs der
Beendigungskündigung der Beklagten vom 28. Juni 2005 nach den eigenen
Behauptungen der Beklagten bereits (wieder) besetzt gewesen sein soll, spielt
dabei keine Rolle. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese – leidensgerechte
– Tätigkeit der Klägerin spätestens im Zusammenhang mit dem Personalgespräch
der Parteien vom 14. Dezember 2004 im Wege der Änderungskündigung
anzubieten. Die Beklagte kann hingegen nicht anschließend zuwarten, die Stelle
anderweitig besetzen und erst dann die streitgegenständliche (Beendigungs-
)Kündigung vom 28. Juni 2005 aussprechen (§ 162 BGB analog).
Auch kann dahinstehen, ob die Klägerin, wie von der Beklagten behauptet, in
dem Personalgespräch am 14. Dezember 2004 die angeblich angebotene Stelle
der Hilfskraft im Labor endgültig abgelehnt hat. Zwar hat die Beklagte unter
Beweisantritt behauptet, die Klägerin habe sich in diesem Gespräch zur
angebotenen Tätigkeit einer Laborhilfskraft wie folgt geäußert: "... darüber
brauchen wir ja gar nicht weiter zu reden, das brauchen sie mir gar nicht mehr
anzubieten, das kommt gar nicht in Frage ...". Für eine vorbehaltlose und
endgültige Ablehnung ist es hingegen erforderlich, dass der Arbeitnehmer bei der
Ablehnung des Änderungsangebots unmissverständlich zu erkennen gibt, dass er
unter keinen Umständen bereits ist, zu den geänderten Arbeitsbedingungen zu
arbeiten. Allein die Ablehnung eines der Kündigung vorangegangenen Angebots
auf einvernehmliche Abänderung des Arbeitsverhältnisses durch den
Arbeitnehmer enthebt den Arbeitgeber grundsätzlich nicht von der Verpflichtung,
das Änderungsangebot mit einer nachfolgenden Beendigungskündigung erneut zu
verbinden. Denn die Ablehnung der einverständlichen Abänderung schließt nicht
aus, dass der Arbeitnehmer bereits ist, zu den geänderten Bedingungen
weiterzuarbeiten, wenn sich in einem arbeitsgerichtlichen
Änderungsschutzverfahren die Berechtigung der Änderung herausstellt. Deshalb
ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, trotz der Ablehnung einer freiwilligen
Änderung eine Änderungskündigung auszusprechen. Anderenfalls trägt er im
Kündigungsschutzverfahren die Darlegungs- und Beweislast, dass der
Arbeitnehmer definitiv und endgültig das Änderungsangebot abgelehnt hat, das
heißt, dass dieser weder einvernehmlich noch unter dem Vorbehalt der Prüfung
der sozialen Rechtfertigung iSd. § 2 KSchG bereit war, zu den geänderten
Bedingungen zu arbeiten . Eine
dahingehende Ablehnung der Klägerin hat die Beklagte, soweit es die Rechte des §
2 KSchG betrifft, hingegen selbst nicht behauptet.
Nach alledem hat die ordentliche fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 28.
Juni 2005 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 31. Dezember 2005
aufgelöst.
2.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht der Klägerin weiterhin gegen die Beklagte
Vergütungsansprüche für die Zeit von Juni 2005 bis einschließlich März 2006 in –
von der Beklagten nicht bestrittener – Höhe von insgesamt € 16.751,45 brutto
abzüglich in dieser Zeit an Arbeitslosengeld erhaltene € 3.589,04 nebst Zinsen
zugesprochen. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte beruht auf §§ 611
Abs. 1, 615 Satz 1 BGB.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand, wie oben ausgeführt, im Zeitraum
Juni 2005 bis einschließlich März 2006 unverändert. Die Klägerin leistete zwar keine
Arbeit. Sie hat die Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten aber so, wie sie zu
bewirken war, am 6. Juni 2005 tatsächlich angeboten, § 294 BGB. Hingegen hat die
Beklagte die angebotene Leistung nicht angenommen, § 293 BGB.
Damit befand sich die Beklagte mit Wirkung ab dem 6. Juni 2005 in
Annahmeverzug. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin auch in der Lage war,
die ggf. nach dem Arbeitsvertrag der Parteien geschuldete Leistung als
Kommissioniererin zu bewirken, § 297 BGB. Die Beklagte muss sich insoweit daran
festhalten lassen, dass jedenfalls im Zeitpunkt des Personalgesprächs am 14.
30
31
32
33
34
35
festhalten lassen, dass jedenfalls im Zeitpunkt des Personalgesprächs am 14.
Dezember 2004 – unstreitig – eine leidensgerechte Beschäftigung der Klägerin auf
dem damals freien Arbeitsplatz einer Hilfskraft im Labor möglich gewesen wäre.
Diese Tätigkeit hätte die Beklagte, wozu sie, wie oben ausgeführt, rechtlich
verpflichtet gewesen war, der Klägerin im Wege einer Änderungskündigung
anbieten müssen. Und diese Leistung hätte wiederum die Klägerin, was zwischen
den Parteien ebenfalls nicht in Streit steht, trotz ihrer etwaigen gesundheitlichen
Einschränkungen erbringen können.
Aus den gleichen Gründen hat die Klägerin einen Erwerb durch anderweitige
Verwendung ihrer Arbeitskraft auch nicht böswillig unterlassen, § 615 Satz 2 BGB.
Böswillig handelt der Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden
kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven
Umstände vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst
verhindert (
). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Klägerin hat die Beklagte durch das tatsächliche Angebot ihrer Arbeitsleistung
am 6. Juni 2005 mit der Annahme ihrer Dienste in Verzug gesetzt, §§ 293, 294
BGB. Zu diesem Zeitpunkt war nach dem eigenen Vortrag D besetzt und damit
nicht mehr frei. Demzufolge kann ein böswilliges Unterlassen anderweitigen
Verdienstes iSv. § 615 Satz 2 BGB – auf einer nicht mehr freien Stelle – bereits aus
diesem Grunde nicht in Betracht kommen. Vielmehr wäre die Beklagte, wie oben
ausgeführt, rechtlich verpflichtet gewesen, der Klägerin diese Stelle als Hilfskraft
im Labor zuvor im Wege einer Änderungskündigung anzubieten.
3.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht der Klägerin ebenfalls das zusätzliche
Urlaubsgeld in Höhe von € 12,29 brutto urlaubstäglich für 30 Urlaubstage im
Urlaubsjahr 2005 gemäß § 3 Ziffer 2. b) des Arbeitsvertrages der Parteien vom 6.
September 1989 zugesprochen. Die Beklagte ist diesem Anspruch in der Berufung
auch nicht entgegengetreten.
4.
Schließlich zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klägerin gegen die Beklagte auch
den Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2005 in Höhe eines
Bruttomonatsgehalts zuerkannt. Gemäß § 2 Ziffer 2. c) des Arbeitsvertrages der
Parteien vom 6. September 1989 hat die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch
auf Weihnachtsgeld in Höhe von 65% von einem Bruttolohn ohne Überstunden. Es
steht zwischen den Parteien jedoch nicht im Streit, dass die Beklagte der Klägerin
in den letzten Jahren als Weihnachtsgeld ohne Vorbehalt jeweils 100% eines
Bruttomonatslohnes gezahlt hat. Insoweit hat das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei
erkannt, dass hinsichtlich der Höhe des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2005 aus
dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung ein volles Bruttomonatsgehalt
anzusetzen ist.
5.
Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
III.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen
Erfolg hat, § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Dem Rechtsstreit liegt keine
entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde, §
72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.