Urteil des LAG Hessen vom 18.02.2008

LAG Frankfurt: ungerechtfertigte bereicherung, gemeinsame einrichtung, baugewerbe, form, arbeitsgericht, verrechnung, beitragsschuld, verbindlichkeit, zuwendung, herausgabe

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
16. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 Sa 1426/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 TVG, § 812 Abs 1 BGB, §
667 BGB, § 1 Abs 3 BauRTV,
§ 818 Abs 2 BGB
(Baugewerbe - ungerechtfertigte Bereicherung)
Leitsatz
1. Macht ein baugewerblicher Arbeitgeber gegenüber der Urlaubs- und
Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) Urlaubs- und
Lohnausgleichserstattungs¬ansprüche geltend und überweist die ULAK diese Beträge
auf das von der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK) geführte
Beitragskonto zum Ausgleich von Beitragsschulden des Arbeitgebers, wird der
baugewerbliche Arbeitgeber in dieser Höhe von seinen zu diesem Zeitpunkt fälligen
Verpflichtungen zur Zahlung von Sozialkassenbeträgen befreit, wenn er zum Zeitpunkt
der Überweisung sämtlichen fälligen Beitragsmeldeverpflichtungen nachgekommen ist.
2. Stellt sich später heraus, dass Urlaubs- und Lohnausgleichsersattungsansprüche des
Arbeitgebers teilweise nicht bestanden haben (hier: ein Arbeitnehmer war kein
gewerblicher Arbeitnehmer sondern Angestellter), so kann die ULAK vom Arbeitgeber
nach § 812 BGB Zahlung des insoweit auf das Beitragskonto überwiesenen Betrages
verlangen.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom
19. Juni 2007 – 8 Ca 816/06 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte Erstattungsleistungen an den Kläger
zurückzuzahlen hat.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des
Baugewerbes. Er hat nach den tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes
(Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau] iVm den Vorschriften
des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren [VTV]) insbesondere die
Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu
sichern. Nach den tarifvertraglichen Vorschriften, die sämtlich für
allgemeinverbindlich erklärt sind, haben die baugewerblichen Arbeitgeber die
erforderlichen Mittel zur Erfüllung der tariflich vorgesehenen Leistungen durch
Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der monatlichen
Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer aufzubringen.
Diese Beiträge sind nach näherer tariflicher Maßgabe der Zusatzversorgungskasse
des Baugewerbes (ZVK) AG (früher VVaG) als der tarifvertraglich bestimmte
Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes monatlich zu
melden und zu zahlen. Nach den tariflichen Bestimmungen erstattet der Kläger
den baugewerblichen Arbeitgebern die von diesen an ihre gewerblichen
Arbeitnehmer gezahlten Urlaubsvergütungen sowie den tariflichen gezahlten
Lohnausgleich. Außerdem haben die baugewerblichen Arbeitnehmer für die bei
ihnen beschäftigten Angestellten einen monatlichen, zur Aufbringung der
Leistungen für die tarifliche Zusatzversorgung bestimmten, Beitrag an die ZVK zu
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Leistungen für die tarifliche Zusatzversorgung bestimmten, Beitrag an die ZVK zu
entrichten.
Der Beklagte unterhält ein Bauunternehmen und nimmt derzeit am bautariflichen
Sozialkassenverfahren teil. In einem vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden geführten
Rechtsstreit (Az 7 Ca 2017/04) stritten die ZVK und der Beklagte um die
Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von seitens des Beklagten gemeldeter
Sozialkassenbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Mai 2000 bis
April 2002. Gemeldet hatte der Beklagte dabei auch die auf den als Angestellten
beschäftigten Arbeitnehmer ... ... entfallenen Bruttolöhne. Für diesen hatte der
Beklagte für den Zeitraum von Juni 2000 bis August 2003 insgesamt € 15.256,74
gemeldet.
Gegenüber dem Kläger machte der Beklagte Anfang 2004 Erstattungsbeträge für
gezahlte Urlaubsvergütung und verauslagten Lohnausgleich im Zeitraum von
Dezember 2000 bis Januar 2004 in Höhe von insgesamt € 14.021,92 geltend. In
diesem Betrag sind Erstattungsansprüche für den Arbeitnehmer ... in Höhe von
insgesamt € 7.417,98 enthalten. Die Erstattungsbeträge zahlte der Kläger nicht an
den Beklagten aus, sondern veranlasste gegenüber der ZVK, dass die
Erstattungsbeträge auf dem von der ZVK geführten Beitragskonto des Beklagten
diesem gutgeschrieben wurden. Dies teilte der Kläger dem Beklagten mit (Bl. 12
bis 63 d.A.).
Nachdem in dem vorbezeichneten arbeitsgerichtlichen Verfahren nach
Durchführung einer Beweisaufnahme unstreitig geworden war, dass es sich bei
dem Arbeitnehmer ... um einen Angestellten und nicht um einen gewerblichen
Arbeitnehmer handelte, stornierte die ZVK die auf diesen Arbeitnehmer
entfallenen Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer auf dem Beitragskonto des
Beklagten und buchte gleichzeitig die auf diesen Arbeitnehmer entfallenen
Angestelltenbeiträge in Höhe von € 1.471,41 ins Soll. Danach betrug die
Beitragsschuld des Beklagten für den Zeitraum Juni 2000 bis Januar 2004 für
gewerbliche Arbeitnehmer statt der gemeldeten € 28.526,50 tatsächlich €
13.269,76 und für Angestellte statt der gemeldeten € 0,00 tatsächlich € 1.471,41.
Die Erstattungsgutschriften wurden mit den Beitragsverbindlichkeiten verrechnet.
In dem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit 7 Ca 2017/04 verminderte der Kläger die
Klageforderung auf € 818,96. Nachdem der Beklagte diesen Betrag gezahlt hatte,
schlossen die ZVK und der Beklagte in diesem Verfahren einen am 26. April 2006
gerichtlich festgestellten Vergleich, wonach die Parteien darüber einig waren, dass
der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist (Bl. 118 der Beiakten 7 Ca 2017/04)
Nachdem der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 23. Februar 2006 erfolglos
zur Zahlung der auf den Arbeitnehmer ... entfallenen, dem Beitragskonto
gutgeschriebenen Erstattungsbeträge in Höhe von € 7.417,98 aufgefordert hatte,
verlangt er diesen Betrag nunmehr vom Beklagten im Klagewege.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe dadurch, dass ihm
Erstattungsbeträge in Höhe von € 7.417,98 auf dem Beitragskonto gutgeschrieben
worden seien, eine Leistung erlangt, die ihm nicht zugestanden habe.
Erstattungsbeträge für den Arbeitnehmer ... habe der Beklagte nicht zu
beanspruchen gehabt, weil es sich bei diesem Arbeitnehmer um einen
Angestellten gehandelt habe. Durch die gleichwohl im Wege der Gutschrift
gewährte Erstattung habe der Beklagte rechtsgrundlos etwas erlangt, nämlich eine
Befreiung von Beitragsschulden in entsprechender Höhe.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 7.417,98 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04. Mai 2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Er hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe lediglich eine interne Buchung
vorgenommen, aus der sich kein Anspruch gegen ihn ergebe. Verlangen könne
der Kläger daher nur eine Rückbuchung von der ZVK. Von einer Bereicherung
seinerseits könne keine Rede sein.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19. Juni 2007 der Klage stattgegeben.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des
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Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils (Bl. 96 bis 102 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die
Berufungsverhandlung am 18. Februar 2008 festgestellten und dort ersichtlichen
Fristen Berufung eingelegt.
Er verfolgt sein auf umfassende Klageabweisung gerichtetes Begehren in vollem
Umfang weiter und trägt vor, er sei nicht auf Kosten des Klägers bereichert, weil er
nicht an anderer Stelle von Beiträgen entlastet worden sei. Bei den Beiträgen, um
die er vorgeblich entlastet worden sei, habe es sich um solche gehandelt, die
unberechtigt eingebucht und anschließend storniert worden seien. Im übrigen sei
das Rechenwerk des Klägers nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt Zurückweisung, verteidigt das angefochtene Urteil,
wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, die auf den
Arbeitnehmer ... entfallenen, dem Beitragskonto des Beklagten gutgeschriebenen
Beträge hätten zusammen mit den anderen Erstattungsbeträgen dazu geführt,
dass die Beitragsschuld für Angestellte in Höhe von € 1.471,41 vollständig und die
Beitragsverbindlichkeit für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von € 12.550,51
ausgeglichen worden sei.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf
den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die
Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 24. Januar 2005 Bezug
genommen. Die Akten des zwischen der ZVK und dem Beklagten geführten
Rechtsstreits 7 Ca 2017/04 Arbeitsgericht Wiesbaden waren beigezogen und
Gegenstand der Berufungsverhandlung.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet
hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG)
keinerlei Bedenken. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und
ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit
insgesamt zulässig.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten
zu Recht zur Zahlung von € 7.417,98 verurteilt. Denn diesen Betrag schuldet der
Beklagte dem Kläger.
Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers ist § 812 Abs.1 S. 1
BGB. Nach dieser Bestimmung ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen
oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt
hat, diesem zur Herausgabe verpflichtet; ist die Herausgabe nicht möglich, so hat
der Empfänger den Wert zu ersetzen (§ 818 Abs.2 BGB). So ist es hier. Denn der
Beklagte hat dadurch, dass vom Kläger ein Betrag in Höhe der Klageforderung der
ZVK zur Verrechnung mit Beitragsschulden des Beklagten zur Verfügung gestellt
worden ist, ohne rechtlichen Grund einen vermögenswerten Vorteil in dieser Höhe
durch Leistung des Klägers ohne rechtlichen Grund erlangt.
Im Einzelnen gilt:
Dadurch, dass der Kläger die Gutschrift von Erstattungsbeträgen auf dem
Beitragskonto des Beklagten veranlasste, hat dieser in Höhe der
Erstattungsbeträge einen Vermögensvorteil und damit „etwas“ im Sinne von §
812 Abs.1 BGB erlangt. Denn mit den vom Kläger veranlassten und auch erfolgten
Gutschriften auf dem Beitragskonto des Beklagten in Höhe der vom Beklagten
beantragten Erstattungen ist der Beklagte in dieser Höhe von seiner
Verbindlichkeit zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen nach §§ 18,19 VTV befreit
worden.
Zur „Überweisung“ von Erstattungsbeträgen auf das bei der ZVK geführte
Sozialkassenbeitragskonto war der Kläger befugt. Nach § 18 Abs.5 VTV sind
nämlich Erstattungsforderungen des baugewerblichen Arbeitgebers mit der
Maßgabe zweckgebunden sind, dass der Arbeitgeber nur über sie verfügen kann,
wenn er seinen Meldepflichten entsprochen hat und das Beitragskonto keinen
Debetsaldo aufweist. Das ändert zwar nichts daran, dass Erstattungsansprüche,
soweit die tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind, auch bei einer Nichterfüllung
von Meldepflichten und einem Debetsaldo fällig sind (vgl. BAG 05. November 2002
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von Meldepflichten und einem Debetsaldo fällig sind (vgl. BAG 05. November 2002
AP Nr. 256 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; unklar BAG 21. November 2007 – 10
AZR 481/06). § 18 Abs.5 VTV normiert jedoch mit der Verfügungsbeschränkung ein
Einziehungshindernis für den Arbeitgeber. Damit kann der Kläger, soweit
Meldepflichten nicht erfüllt sind und/oder der Arbeitgeber mit Beitragszahlungen in
Rückstand ist, Erstattungsbeträge des Arbeitgebers gegen Beitragsrückstände
verrechnen, indem er insoweit Zahlungen auf das von der ZVK geführte
Beitragskonto erbringt (vgl. BAG 11. Januar 1990 AP Nr. 11 zu § 4 TVG
Gemeinsame Einrichtungen). Informiert der Kläger den baugewerblichen
Arbeitgeber und die ZVK darüber, dass Erstattungsbeträge dem Beitragskonto in
Form einer Gutschrift zugeleitet werden, räumt er der ZVK als kontoführender
Stelle die Befugnis ein, mit diesen Gutschriften Beitragsschulden auszugleichen
(vgl. Kammerurteile v. 10. August 1992 – 16 Sa 109/92 und v. 24. Juli 1995 – 16 Sa
2207/94). Darüber hinaus kann die ZVK, soweit Beitragsmeldungen und
Beitragsforderungen fällig sind, der Arbeitgeber die tariflich geschuldeten
Auskünfte jedoch (noch) nicht erteilt hat, die teilweise Anrechnung von
Gutschriften auf der Höhe nach feststehende, aber der Höhe nach ihm noch nicht
bekannte Forderungen verweigern (§ 273 BGB; vgl. BAG 13. Mai 2004 AP Nr. 265
zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Kammerurteil v. 30. Oktober 2000 – 16 Sa 759/00 –
LAGE § 4 TVG Bauindustrie Nr.5).
Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Fällige Beitragsforderungen nach den §§ 18,19 VTV bestanden im Zeitpunkt der
Erstattungen gegenüber dem Beklagten für den Zeitraum Juni 2000 bis Januar
2004 nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers – unter
Berücksichtigung des Umstandes, dass für den Arbeitnehmer ... keine Beiträge für
gewerbliche Arbeitnehmer, wohl aber für Angestellte, zu entrichten waren - in der
Gesamthöhe von € 14.741,17 (€ 13.269,76 für gewerbliche Arbeitnehmer, €
1.471,41 für Angestellte). Das stellt der Beklagte nicht in Abrede. Da der Beklagte
insoweit, wie unstreitig ist, bis auf den im Verfahren 7 Ca 2017/04 gezahlten
Betrag selbst keinerlei Zahlungen leistete, also Beitragsschulden bestanden und
damit ein Debetsaldovorhanden war, konnte ein Ausgleich der
Beitragsforderungen (nur) durch die Verrechnung mit Erstattungsbeträgen
erfolgen und ist auch in dieser Weise erfolgt. Verrechnet wurden, wie der Kläger
ebenfalls unbestritten vorgetragen hat, unter Einbeziehung der für den
Arbeitnehmer ... errechneten Erstattungen, Erstattungsbeträge in der
Gesamthöhe von € 14.021,92.
In dieser Höhe wurde der Beklagte von der Verpflichtung zur Zahlung von
Beitragsschulden an die ZVK durch Leistung des Klägers befreit.
Unter Leistung iSv § 812 Abs. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtet
Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (vgl. BGH 04. Februar 1999 NJW
1999,1393,1394). Dabei kommt es in erster Linie auf die mit der Zuwendung
gegebene Zweckbestimmung an. Leistender kann damit nur derjenige sein, der
die Vermögensverschiebung entweder selbst oder mit Hilfe eines Leistungsmittlers
erbringt. Zur Bestimmung der Leistung ist dabei darauf abzustellen, welchen
Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gebrachten Willen verfolgt haben.
Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist eine objektive
Betrachtung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten (vgl BGHZ
105,365,369). Dabei sind auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der
Risikoverteilung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung verbietet sich bei
der Behandlung von bereicherungsrechtlichen Vorgängen, an denen mehr als zwei
Personen beteiligt sind, jede schematische Lösung. Vielmehr sind in erster Linie
die Besonderheiten des einzelnen Falles für die sachgerechte
bereicherungsrechtliche Abwicklung zu beachten (vgl. BGH 04. Februar 1999 aaO
m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben hat der Kläger mit der Überweisung von
Erstattungsbeträgen auf dessen Beitragskonto eine Leistung an den Beklagten
erbracht. Denn sämtliche Beteiligte sind davon ausgegangen, dass der Kläger
durch die Veranlassung von Gutschriften auf dem Beitragskonto des Beklagten
dessen auf dem Beitragskonto erfasste Sozialkassenbeitragsschulden ausgleichen
wollte. Entsprechende Benachrichtigungen des Klägers hat der Beklagte ebenso
wie die ZVK erhalten. Für den Beklagten war diese Form der Erstattung die einzige
Möglichkeit, einer Verpflichtung zur Eigenzahlung von Beiträgen an die ZVK zu
entgehen. Damit mussten sämtliche Beteiligte, Kläger, Beklagter und ZVK, davon
ausgehen, dass mit den Gutschriften Verbindlichkeiten des Beklagten getilgt
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ausgehen, dass mit den Gutschriften Verbindlichkeiten des Beklagten getilgt
werden sollten. Davon sind sämtliche Beteiligte auch ausgegangen. Die ZVK hat
die Erstattungsbeträge, wie vom Kläger gewünscht, zugunsten des Beitragskontos
des Beklagten verbucht, der Beklagte hat die Verminderung seiner Beitragsschuld
ohne weiteres akzeptiert. Damit handelte es sich bei den vom Kläger veranlassten
Gutschriften auf dem von der ZVK geführten Beitragskonto des Beklagten um
nichts anderes als um zweckgerichtete, nämlich dem Ausgleich von
Beitragsverbindlichkeiten des Beklagten dienende Zuwendung und damit um eine
Leistung des Klägers an den Beklagten.
Dem steht nicht entgegen, dass nach den tarifvertraglichen Bestimmungen die
ZVK nur Gläubiger des auf die tarifliche Zusatzversorgung entfallenden
Sozialkassenbeitragsanteils ist (§ 13 Abs.1 des Tarifvertrages über eine
zusätzliche Alters- und Invalidenhilfe im Baugewerbe [TVA], § 11 des Tarifvertrages
über ein Ergänzungsbeihilfe im Baugewerbe [TVE]; §13 Abs.1 des Tarifvertrages
über Rentenbeihilfen im Baugewerbe [TVR]), der Kläger dagegen Gläubiger der
Beitragsanteile für das Urlaubsverfahren, den Lohnausgleich und die berufliche
Bildung (§ 8.15.1 BRTV/Bau; § 12 des Tarifvertrages zur Förderung der
Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Baugewerbe während der
Winterperiode [TV Lohnausgleich]; § 32 Abs.1 des Tarifvertrages über die
Berufsbildung im Baugewerbe [BBTV]).
Bei Zahlungen, die der baugewerbliche Arbeitgeber selbst zwecks Erfüllung seiner
Verpflichtungen zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen an die ZVK erbringt,
handelt es sich zumindest bereicherungsrechtlich um Leistungen an die ZVK. Die
ZVK steht nämlich im Rahmen des Beitragseinzugs einem Vollrechtsinhaber
gleich. Sie ist für die Durchsetzung aller Beitragsforderungen des bautariflichen
Systems Prozessstandschafter (§ 3 Abs.3 VTV), Titelgläubiger und
Klauselberechtigter iSv § 725 ZPO. Im Verhältnis zum Kläger ist sie freilich nach §
667 BGB verpflichtet, die fremdnützig, nämlich für den Kläger eingezogenen
Beiträge an diesen herauszugeben (vgl. BGH 12. Februar 2004 NJW 2004,2163).
Damit ist allein die ZVK im Verhältnis zum baugewerblichen Arbeitgeber im
Rahmen des Beitragseinzugs im Sinne des Bereicherungsrechts
Leistungsempfänger, so dass ein baugewerblicher Arbeitgeber bei
rechtsgrundloser Beitragszahlung die ZVK für den Gesamtbetrag in Anspruch
nehmen kann (vgl. LAG Berlin 13. September 2006 – 9 Sa 2023/05). An ihre
frühere Ansicht, wonach Bereicherungsschuldner in derartigen Fällen beide Kassen
jeweils in Höhe des auf sie entfallenen Beitragsanteils sind (vgl. Kammerurteil v.
24. Januar 1994 – 16 Sa 1018/93), hält die Berufungskammer, die insoweit bereits
Bedenken hiergegen geäußert hatte (vgl. Kammerurteil v. 26. November 2007 –
16 Sa 877/07) nicht fest.
Nichts anderes kann gelten, soweit Sozialkassenbeiträge nicht durch den
Arbeitgeber selbst sondern durch Zahlung an die ZVK in der Form der
Veranlassung entsprechender Gutschriften durch den Kläger auf dem
Beitragskonto ausgeglichen werden. Bereicherungsrechtlich handelt es sich bei
derartigen Zahlungen (Gutschriften) um nichts anderes als um eine Leistung des
Klägers an den baugewerblichen Arbeitgeber in der Form der Befreiung des
Arbeitgebers von einer, diesen gegenüber der ZVK treffenden, Verbindlichkeit.
Das Gesamtsystem des tarifvertraglich normierten Verfahrens des
Beitragseinzugs und der Erstattung bestätigt diese Sicht.
Erstattungsbeträge, die zugunsten eines baugewerblichen Arbeitgebers auf
dessen bei der ZVK geführten Beitragskonto zum Zwecke der Verrechnung mit
Beitragsforderungen, wie hier, vom Kläger überwiesen werden, muss die ZVK,
soweit der baugewerbliche Arbeitgeber seinen Meldepflichten Genüge geleistet
hat, zur Tilgung von Beitragsschulden verwenden. Denn die Gutschriften sind, wie
die entsprechenden Mitteilungen des Klägers ergeben, dazu bestimmt, durch
Verrechnung bestehende Beitragsforderungen auszugleichen (vgl. Kammerurteil v.
23. März 1992 – 16 Sa 1291/91). Selbst festlegen kann die ZVK lediglich, welche
Beitragsforderungen für welche Zeiträume insoweit getilgt werden sollen. Will die
ZVK den baugewerblichen Arbeitgeber daher wegen Beitragsschulden erfolgreich
in Anspruch nehmen, muss sie Erstattungsleistungen des Klägers in Form von
Gutschriften auf dem Beitragskonto beachten. Genau das geschieht in der Praxis
auch, wie der Berufungskammer aus einer Unzahl von Rechtsstreitigkeiten
bekannt ist. Sind im Zeitpunkt des Eingangs von Erstattungsleistungen nur bereits
rechtshängige Beitragsforderungen zur Zahlung fällig, erklärt die ZVK – zutreffend
– insoweit die Hauptsache für erledigt.
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Dieses gerade auch den wirtschaftlichen Interessen der Arbeitgeber dienende
System (Vermeidung der Notwendigkeit des Ausgleichs sämtlicher
Beitragsschulden durch Zahlung vor wirtschaftlicher Nutzung von Erstattungen)
kann freilich nur funktionieren, wenn das Beitragseinzugsverfahren, also das
Verhältnis zwischen ZVK und Arbeitgeber, nicht mit der Frage belastet wird, ob
Erstattungsleistungen des Klägers in der Form von Gutschriften auf dem
Beitragskonto zu Recht oder zu Unrecht erfolgten. Die ZVK kann derartiges nicht
erkennen, weil sie allein für den Beitragseinzug, nicht aber für
Erstattungsleistungen zuständig ist. Sie muss sich daher auf die Angaben des
Klägers darüber, ob Erstattungsansprüche des baugewerblichen Arbeitgebers
bestehen, im Rahmen des ihr obliegenden Beitragseinzugs verlassen. Für
Arbeitgeber und Kläger ist es risiko- und interessengerecht, einen etwaigen Streit
um Erstattungsleistungen in dem Verhältnis auszutragen, in dem
Erstattungsleistungen in Rede stehen können. Das ist nur zwischen Kläger und
Arbeitgeber der Fall.
In Höhe der auf den Arbeitnehmer ... entfallenen Erstattungsbeträge von €
7.417,98 erfolgte die in der Veranlassung einer entsprechenden Gutschrift
liegende, das Vermögen des Beklagten wegen eines Ausgleichs von
Beitragsforderungen der ZVK gegen ihn in dieser Höhe vermehrende Leistung des
Klägers ohne rechtlichen Grund. Denn gutzuschreibende Erstattungsforderungen
des Beklagten bestanden insoweit nicht.
Für den Arbeitnehmer ... konnte der Beklagte weder die Erstattung von
Urlaubsvergütung noch die Erstattung von Lohnausgleich verlangen.
Erstattungsforderungen bestehen insoweit nämlich nur dann, wenn es sich bei
dem betreffenden Arbeitnehmer um einen gewerblichen Arbeitnehmer handelt.
Denn der BRTV/Bau, der den materiellen Urlaubsvergütungsanspruch normiert gilt
ebenso wie der TV Lohnausgleich persönlich nur für gewerbliche Arbeitnehmer (§ 1
Abs.3 3 BRTV/Bau; § 1 Abs.3 Lohnausgleich TV)
Da der Beklagte mithin ohne rechtlichen Grund durch Leistung des Klägers von
ihrer Verbindlichkeit zu Zahlung von Sozialkassenbeiträgen in Höhe der für den
Arbeitnehmer ... gutgeschriebenen Erstattungsbeträge auf dem Beitragskonto
befreit worden ist, schuldet er dem Kläger einen Betrag in dieser Höhe (§ 818
Abs.2 BGB).
Ob sich darüber hinaus die Klageforderung auch, wie im Berufungstermin erörtert,
aus § 29 VTV ergibt, kann dahinstehen. Dagegen könnte sprechen, dass diese
tarifliche Norm von einer Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen spricht.
Das deutet u.U. in die Richtung, dass insoweit lediglich Zahlungen gemeint sind,
die ohne tarifvertragliche Grundlage unmittelbar an den Arbeitgeber ausgezahlt
worden sind.
Der Zinsausspruch resultiert aus §§ 288, 286 BGB. Aufgrund der Mahnung des
Klägers befand sich der Beklagte spätestens ab 04. Mai 2006 in Verzug.
Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97
Abs.1 ZPO).
Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht
ersichtlich.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.