Urteil des LAG Hessen vom 14.07.2006

LAG Frankfurt: auflage, aufrechnung, klagerücknahme, arbeitsgericht, zustellung, form, post, telekommunikation, verzinsung, prozesskosten

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
13. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 Ta 254/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 106 ZPO
(Kostenfestsetzung - kein Kostenausgleich zwischen den
Instanzen)
Leitsatz
Eine Kostenausgleichung "zwischen den Instanzen" findet nicht statt.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss
des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2006 - 15 Ca 10081/05 - wird
zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Kläger erhob am 19. August 2005 vor dem Landgericht Frankfurt am Main
Klage gegen die Beklagte auf Zahlung von 10.778,44 Euro nebst Zinsen, hilfsweise
von weiteren 10.778,44 Euro nebst Zinsen. Das Landgericht verwies den
Rechtsstreit durch Beschluss vom 29. November 2005 an das Arbeitsgericht
Frankfurt am Main. Die von der Beklagten hiergegen erhobene sofortige
Beschwerde blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wies die
sofortige Beschwerde der Beklagten am 30. Dezember 2005 auf deren Kosten
zurück (AZ.: 2 W 86/05). Das Arbeitsgericht bewilligte dem Kläger sodann auf
dessen Antrag am 17. Januar 2006 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines
Prozessbevollmächtigten. Am 01. Februar 2006 nahm der Kläger dann die Klage
zurück. Der Beschluss, der dem Kläger die entsprechenden Kosten für das
Klageverfahren aufgab, erging am 20. Juni 2006.
Am 19. Januar 2006, eingegangen am 26. Januar 2006, hatte der Kläger bereits für
das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt Kostenfestsetzung
gegen die Beklagte wie folgt beantragt:
Gegenstandswert: 10.778,44 Euro
Verfahrensgebühr für Verfahren über Beschwerde § 13, Nr. 3500 VV
RVG 0,5
263,00
Euro
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG
20,00 Euro
Zwischensumme netto
283,00
Euro
16. % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG
45,28 Euro
zu zahlender Betrag
328,28
Euro
Zugleich beantragte er die Verzinsung mit 5 % über den Basiszinssatz.
Dieser Antrag wurde den Beklagtenvertretern am 22. März 2006 formlos
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Dieser Antrag wurde den Beklagtenvertretern am 22. März 2006 formlos
übersandt. Mit Schriftsatz vom 04. April 2006 beantragte die Beklagte sodann
Kostenausgleichung mit den ihr vor dem Landgericht Frankfurt am Main
angefallenen und aus ihrer Sicht erstattungsfähigen Kosten des Klageverfahrens,
die nach Klagerücknahme der Kläger zu tragen habe. Die Beklagte bezifferte ihren
Ausgleichsbetrag auf 816,41 Euro (Bl. 87 d. A.).
Durch Beschluss vom 24. April 2006 (Bl. 88 d. A.) setzte der Rechtspfleger die
Kosten nach Antrag des Klägers in voller Höhe nebst Zinsen seit 26. Januar 2006
fest, allerdings ohne Berücksichtigung des Kostenfestsetzungsantrags der
Beklagten vom 04. April 2006 unter Hinweis darauf, dass ein Fall der
Kostenausgleichung nicht vorliege.
Nach Zustellung dieses Beschlusses am 05. Mai 2006 legte die Beklagte
hiergegen, eingegangen am 08. Mai 2006, sofortige Beschwerde ein mit der
Ansicht, die beantragte Kostenausgleichung sei entgegen der Ansicht des
Rechtspflegers geboten. Vorsorglich sei die Aufrechnung mit diesseitigen
Erstattungsansprüchen erklärt worden.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde am 09. Mai 2005 nicht
abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung
vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf
den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2
ZPO; 11 Abs. 1 RPflG; 78 ArbGG statthaft, der Beschwerdewert von mehr als 200
Euro ist erreicht. Auch im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, insbesondere ist sie
form- und fristgerecht eingelegt.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 1
ZPO).
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Der Kläger kann von der Beklagten die Erstattung der begehrten Kosten
verlangen. Der Rechtspfleger hat die Kosten nach Grund und Höhe zutreffend
festgesetzt. Der Erstattungsanspruch des Klägers für das Beschwerdeverfahren
beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main folgt aus den §§ 103 ff ZPO und ist als
solcher nicht im Streit. §12 a ArbGG ist nicht einschlägig, da die Kosten in der
ordentlichen Gerichtsbarkeit angefallen sind.
Der Rechtspfleger hat den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten dabei zu
Recht unberücksichtigt gelassen und eine Kostenausgleichung abgelehnt. Dies ist
gemäß § 106 ZPO nur möglich, wenn „die Prozesskosten ganz oder teilweise nach
Quoten verteilt“ sind. Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Die
Beklagten begehrt vielmehr die Ausgleichung der von ihr zu tragenden Kosten des
Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit den vom
Kläger nach Klagerücknahme (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO) zu erstattenden Kosten,
die der Beklagten für das Klageverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main
entstanden sind.
Eine solche Kostenausgleichung zwischen den Instanzen sieht das Gesetz nicht
vor. Sie wird dem gemäß auch von der ganz herrschenden Meinung, der die
Beschwerdekammer folgt, abgelehnt. Dies gilt jedenfalls für den vorliegenden Fall,
in dem jede Partei die Kosten einer Instanz voll zu erstatten hat (Thomas/Putzo,
ZPO, 27. Auflage 2005, § 106 Randziffer 2 a; Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage 2005,
§ 106 Randziffer 1; von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die
Kostenfestsetzung, 19. Auflage 2006, Seite 72; OLG Hamburg vom 10. Juni 1979,
MDR 1979, 942; LG Berlin, JurBüro 1979, 1857 mit zustimmender Anmerkung
Mümmler; a. A. Musielak, ZPO, 4. Auflage 2005, § 106 Randziffer 2 unter Hinweis
auf LG Berlin vom 07. Oktober 1997, NZA-RR 1998, Seite 215, das allerdings
verlangt, dass in der Kostengrundentscheidung wenigstens ein Teil der Kosten
nach Quoten verteilt ist).
Damit bleibt die Beklagte auf ein besonderes Kostenfestsetzungsverfahren
verwiesen. Ihr Hinweis auf die erklärte Aufrechnung ist im
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verwiesen. Ihr Hinweis auf die erklärte Aufrechnung ist im
Kostenfestsetzungsverfahren als materiell-rechtliche Einwendung ebenfalls fehl am
Platz. Es mag dahinstehen, ob die Aufrechnung ausnahmsweise aus
prozessökonomischen Gründen hier Berücksichtigung finden könnte, wenn die
tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, z. B. durch rechtskräftige
Entscheidung oder ein Zugeständnis (so z. B. Zöller/Herget, a. a. O., §§ 103, 104,
Stichwort: Materiell-rechtliche Einwendungen, m. w. N.). Diese Voraussetzungen
sind im vorliegenden Fall nämlich nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung für die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 97 Abs. 1
ZPO. Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus Nr. 8613 der Anlage 1 zu
§ 34 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.