Urteil des LAG Hamm vom 16.11.2004

LArbG Hamm: treu und glauben, vergütung, angemessene entschädigung, grobe fahrlässigkeit, agb, fälligkeit, arbeitsrecht, reduktion, unternehmen, kontrolle

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Nachinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Landesarbeitsgericht Hamm, 19 Sa 1424/04
16.11.2004
Landesarbeitsgericht Hamm
19. Kammer
Urteil
19 Sa 1424/04
Arbeitsgericht Bielefeld, 4 Ca 3984/03
Bundesarbeitsgericht, 5 AZR 52/05 Revision zurückgewiesen 28.09.2005
Unwirksamkeit einer im Formulararbeitsvertrag vereinbarten
zweimonatigen Ausschlussfrist; keine geltungserhaltende Reduktion;
AGB-Kontrolle von Verfallfristen
§ 307 BGB
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld
vom 02.06.2004 – 4 Ca 3984/03 - abgeändert und die Beklagte verurteilt,
an den Kläger 754,31 € brutto zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger zu 45 % und
die Beklagte zu 55 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 30 % und die
Beklagte zu 70 % zu tragen.
Streitwert: 1.075,00 €
T a t b e s t a n d
Mit der bei Gericht am 21.11.2003 eingegangenen Klage begehrt der Kläger eine
Überstundenvergütung für die Monate Juli und August 2003.
Der Kläger war bei der Beklagten seit Juli 2003 als Fleischermeister zu einem monatlichen
Bruttogehalt in Höhe von 2.100,-- € bis zum 14.11.2003 aufgrund eines von der Beklagten
bei zahlreichen Arbeitnehmern verwandten Formulararbeitsvertrags beschäftigt.
In dem Arbeitsvertrag heißt es in § 2, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40
Stunden beträgt, in § 3, dass Über- und Mehrstunden durch das gezahlte Bruttogehalt
abgegolten sind und in § 8, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht
auf einer strafbaren oder unerlaubten Handlung beruhen, mit Ablauf von zwei Monaten ab
Fälligkeit verfallen, sofern sie nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht
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worden sind.
Die Beklagte überwies den sich aus 2.100,-- € brutto ergebenden Nettobetrag jeweils zum
Ende eines Monats auf das Konto des Klägers.
Mit Fax vom 03.11.2003 machte der Kläger gegenüber der Beklagten eine
Überstundenvergütung für die Monte Juli und August in Höhe von insgesamt 1.075,-- €
brutto geltend.
Der Kläger hat, unter Vorlage einer von ihm gefertigten Aufstellung über den Beginn und
Ende der Arbeitszeit an den einzelnen Tagen, behauptet, dass er im Monat Juli 2003 235
Stunden und im August 2003 273 Stunden gearbeitet habe bei Berücksichtigung einer
Pause pro Arbeitsschicht von einer Stunde bzw. von eineinhalb Stunden bei der
Arbeitsschicht vom 15.08. bis 16.08.2003.
Die Stunden seien jeweils von seinem Vorgesetzen, dem Schichtleiter D4xxxxxx,
angeordnet worden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, trotz der Vereinbarung im Arbeitsvertrag, dass Über-
und Mehrstunden mit dem vereinbarten Bruttogehalt abgegolten seien, habe er einen
Anspruch auf zusätzliche Vergütung für die Stunden, die er über die gesetzliche Arbeitszeit
von 48 Stunden pro Woche bzw. 8 Stunden pro Werktag gearbeitet habe. So müsse die
Beklagte für Juli 2003 bei 27 Werktagen und somit 216 Stunden gesetzlicher Arbeitszeit
noch 19 Stunden und für August 2003 bei 26 Werktagen und somit 208 Stunden
gesetzlicher Arbeitszeit noch 67 Stunden vergüten. Bei einer vereinbarten 40-Stunden-
Woche errechne sich ein Stundenlohn von 12,50 €, so dass sich ein Zahlungsanspruch
von 1.075,-- € ergebe.
Seine Ansprüche auf Überstundenvergütung für die Monate Juli und August 2003 seien
auch noch nicht verfallen, da er die Gehaltsabrechnungen verspätet erhalten habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. an ihn 1.075,-- € brutto zu zahlen,
2. ihm eine Abrechnung für die seinerseits in den Monaten Juli und August
2003 geleisteten Überstunden zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Kläger habe nicht nur eine Stunde, sondern jeweils zwei Stunden
Pause gemacht. Im Übrigen werde die Stundenaufstellung von ihr überprüft und müsse
weiterer Sachvortrag vorbehalten bleiben.
Mit weiterem Schriftsatz hat sie ihr diesbezügliches Vorbringen jedoch nicht ergänzt.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass sofern der Kläger tatsächlich angeordnete Überstunden
geleistet haben sollte, diese durch den vereinbarten Pauschallohn in Höhe von 2.100,-- €
abgegolten seien.
Jedenfalls sei der Kläger mit eventuellen Ansprüchen auf Überstundenvergütung für die
Monate Juli und August 2003 aufgrund der vereinbarten zweimonatigen Verfallfrist
ausgeschlossen.
Der Kläger habe auch jeweils mit Auszahlung der Nettovergütung Ende des Monats wissen
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Der Kläger habe auch jeweils mit Auszahlung der Nettovergütung Ende des Monats wissen
können, dass von ihr keine Überstundenvergütung gezahlt werde.
Im Übrigen hat sie behauptet, dass die Gehaltsabrechnungen jeweils Ende des Monats im
Lohnbüro zur Abholung bereit gelegen hätten.
Mit Urteil vom 02.06.2004 hat das Arbeitsgericht Bielefeld die Klage abgewiesen mit der
Begründung, dass ein eventueller Vergütungsanspruch des Klägers für die Monate Juli und
August 2003 gemäß § 8 des Arbeitsvertrages verfallen sei. Der Kläger habe auch ohne das
Vorliegen einer Abrechnung anhand der am Monatsende erfolgten Überweisung feststellen
können, dass die Beklagte Überstunden nicht vergütet hätte.
Die vereinbarte zweimonatige Ausschlussfrist sei auch nicht unwirksam, da sie weder
überraschend noch eine unangemessene Benachteiligung darstelle.
Der Kläger hat gegen das ihm am 30.06.2004 zugestellte Urteil am 27.07.2004 Berufung
eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.09.2004
am 09.09.2004 begründet.
Er vertritt die Ansicht, dass der Lauf der vereinbarten Verfallfrist erst mit Kenntnisnahme der
Gehaltsabrechnungen beginne. Erst aufgrund der Gehaltsabrechnungen sei zu klären, wie
das überwiesene Nettogehalt berechnet worden sei.
Er behauptet, er habe die Gehaltsabrechnung für den Monat Juli in der Zeit vom 10. bis 15.
August erhalten und festgestellt, dass keine Überstundenvergütung von der Beklagten
abgerechnet worden sei. Die Gehaltsabrechnung für den Monat August sei ihm dann Mitte
Oktober 2003 zugesandt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 02.06.2004 – 4 Ca 3984/03 –
teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige
Arbeitsvergütung für die Monate Juli und August 2003 in Höhe von 1.075,-- € brutto zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, dass der Kläger nicht erst anhand der Gehaltsabrechnungen habe
erkennen können, dass sie ihm keine Mehrarbeitsvergütung gezahlt habe. Dies habe
bereits aufgrund der gleichlautenden Überweisungsbeträge festgestanden.
Sie behauptet, dass es im Übrigen bei ihr üblich sei, dass die monatlichen
Lohnabrechnungen dem Arbeitnehmer nicht zugesandt würden, sondern sie jeweils zum
Ende eines jeden Monats abholbereit im Lohnbüro auslägen. Wenn der Kläger sich die
Lohnabrechnungen nicht abgeholt und sich so keine Kenntnis über den Inhalt der
Abrechnungen verschafft habe, gehe dies – so ihre Ansicht – nicht zu ihren Lasten.
Die in den Formulararbeitsvertrag aufgenommene Ausschlussfrist von zwei Monaten sei
auch nicht gemäß § 307 BGB unwirksam, weil sie nicht unangemessen kurz sei.
Sie bestreite die vom Kläger behaupteten Überstunden. Sie seien weder gebilligt noch
geduldet oder zur Erledigung der übertragenen Arbeiten notwendig gewesen.
Wie in der letzten mündlichen Verhandlung nach Antragstellung unstreitig geworden ist, hat
der Kläger täglich Pausen von insgesamt 1 ½ Stunden gemacht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen und
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die Sitzungsniederschrift vom 16.11.2004 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Berufung ist in Höhe von 754,31 € begründet, im Übrigen unbegründet.
I
Dem Kläger ist gemäß § 612 BGB ein Anspruch auf eine Vergütung für im Juli 2003
geleistete 8,5 Überstunden und im August 2003 geleistete 54 Überstunden zu je 12,07 €
entstanden, so dass sich ein Betrag in Höhe von 754,31 € ergibt.
1. Der Kläger hat trotz der Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, dass ber- und Mehrstunden
durch das gezahlte Bruttogehalt abgegolten sind, einen Anspruch auf Vergütung der
Überstunden, die er über die gemäß § 3 Arbeitszeitgesetz zulässige durchschnittliche
werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinaus geleistet hat.
a) Die Vereinbarung der Parteien, dass mit dem monatlichen Gehalt Über- und
Mehrstunden abgegolten sind, ist dahingehend auszulegen, dass die Parteien damit nur
die gesetzlich zulässigen Überstunden erfassen wollten, weil keine Anhaltspunkte dafür
vorliegen, dass die Parteien bei Vertragsabschluss bereits davon ausgingen, dass auch
Überstunden anfallen könnten, zu denen der Kläger nicht nur nicht verpflichtet war, sondern
die zudem nicht zulässig sind.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass mit der Grundvergütung eine unbeschränkte Zahl von
Überstunden mitvergütet sein sollte.
b) Zudem dürfte selbst eine Vergütungsvereinbarung, wonach die im gesetzlichen Rahmen
anfallenden Überstunden durch die Grundvergütung mit ausgeglichen sein sollen, gemäß §
307 BGB unwirksam sein, da sie Bestandteil eines Formulararbeitsvertrages ist und
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen den Kläger benachteiligt.
Sie ermöglicht der Beklagten bei gleichbleibender Vergütung, vom Kläger über die
vereinbarte Regelarbeitszeit hinaus in erheblichem Umfang Mehrarbeit zu verlangen. Eine
unangemessene Benachteiligung wird man nur verneinen können, soweit eine zumindest
durchschnittlich nur geringfügige Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit mit dem
vereinbarten Gehalt abgegolten ist (vgl. Erf. Komm./Preis, §§ 305 – 310, Rdnr. 89 und
Hümmerich, NZA 2003, 753, 756 ff.). Letztlich kann dies hier jedoch dahingestellt bleiben,
da der Kläger nur eine Überstundenvergütung begehrt für die Stunden, die die gemäß § 3
Abs 1 Satz 1 AZO zulässige Arbeitszeit überschreiten.
c) Gemäß § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die
Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, wobei
gemäß § 612 Abs. 2 BGB bezüglich der Höhe der Vergütung, sofern sie nicht bestimmt ist,
die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist.
Die Vereinbarung einer Monatsvergütung bei gleichzeitiger Festlegung der Höhe der
regelmäßigen Arbeitszeit rechtfertigt den Schluss, dass sich die Monatsvergütung
grundsätzlich auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit bezieht und Überstunden mit
dem auf eine Arbeitsstunde entfallenden Anteil des Monatsentgelts zu vergüten sind (vgl.
Reinicke in Küttner, Personalhandbuch 2004, Rdnr. 11 zum Stichwort Überstunden und
Schaub/Link, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 69 Rdnr. 9). Bei der zwischen den
Parteien in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit
von 40 Stunden beträgt die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit 174 Stunden, so dass
für jede zu vergütende Überstunde ein Vergütungsanspruch in Höhe von 12,07 € (2.100,-- €
: 174 Stunden) besteht.
2. Der Kläger hat unter Zugrundelegung seines Vorbringens ohne die in der in der letzten
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mündlichen Verhandlung noch unstreitig gestellten Pausenzeiten von 1 ½ Stunden täglich
im Juli 224,5 Stunden statt der gemäß § 3 Abs.1 Satz 1 ArbZG zulässigen 216 Stunden und
im August 262 Stunden statt der zulässigen 208 Stunden auf Anordnung seines
Vorgesetzten, des Schichtführers D4xxxxxxx, gearbeitet.
Dies ist gemäß § 138 Abs. 2 ZPO als unstreitig anzusehen. Der Kläger hat substantiiert
dargelegt, zu welchen Zeiten er auf Anordnung des Schichtleiters an den einzelnen Tagen
im Juli und August gearbeitet hat, indem er Beginn und Ende der Arbeitsschichten jeweils
aufgeführt hat. Die Beklagte hat jedoch lediglich pauschal bestritten, dass Überstunden
angefallen und diese angeordnet worden sind ohne anzugeben, zu welchen vom Kläger
angegebenen Zeiten der Kläger nicht gearbeitet hat oder jedenfalls nicht auf ihre
Anordnung gearbeitet hat. Insofern ist nicht ersichtlich, welche Arbeitszeiten nach dem
Vorbringen der Beklagten nicht als unstreitig zugrunde gelegt werden können und hätte
bezüglich aller Arbeitszeiten Beweis erhoben werden müssen, obwohl die Beklagte
letztlich nicht bestreitet, dass der Kläger 40 Stunden pro Woche gearbeitet hat.
Die Erklärungspflicht des Gegners gemäß § 138 Abs. 2 ZPO soll jedoch ermöglichen,
festzustellen, welche Teile des Vorbringens einer Partei streitig und beweisbedürftig sind
und darüber hinaus der Partei ermöglichen, eventuell noch ergänzend zu diesen Teilen
vorzutragen und gezielt Beweis anzutreten.
Nur dann, wenn die Beklagte genau angegeben hätte, zu welchen Zeiten der Kläger nach
ihrer Kenntnis nicht oder zumindest nicht auf ihre Anordnung gearbeitet hat, hätte der
Kläger ergänzend die Tätigkeiten, ihre Anordnung bzw. ihre Notwendigkeit zu diesen
Zeiten beschreiben und Zeugen benennen können, die gerade zu diesen Zeiten anwesend
waren.
So hat auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 17.04.2002 – 5 AZR 644/00 –
(AP Nr. 40 zu § 611 BGB Mehrarbeitvergütung) ausgeführt, dass der Arbeitnehmer im
Einzelnen darlegen müsse, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er gearbeitet
hat und es dann dem Arbeitgeber obliege, dem Vortrag substantiiert entgegenzutreten. Erst
anhand des konkreten Sachvortrags des Arbeitgebers könne das Gericht feststellen,
welche Tatsachen streitig sind und erst anschließend habe der Arbeitnehmer im Einzelnen
Beweis anzutreten.
Die Beklagte hat diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auch selbst zitiert und,
nachdem sie zunächst die vom Kläger behaupteten Überstunden nur pauschal bestritten
hatte, nach weiterer Substantiierung durch den Kläger mit Vorlage der Aufstellung der
einzelnen Arbeitszeiten auf die längeren Pausen hingewiesen und im Übrigen vorgetragen,
dass sie die Aufstellung des Klägers überprüfe und sich weiteren Sachvortrag vorbehalte.
Sie ist dann in der Berufungsinstanz aber lediglich wieder zu ihrem pauschalen Bestreiten
zurückgekehrt, ohne anzugeben, inwieweit die vom Kläger vorgelegte Aufstellung der
Arbeitszeit ihrer Überprüfung nicht standgehalten hat.
II
Die vom Kläger am 03.11.2003 per Fax gegenüber der Beklagten geltend gemachten
Überstunden, die er in den Monaten Juli und August 2003 über die gesetzlich zulässige
Arbeitszeit hinaus geleistet hat, sind auch nicht gemäß § 8 des Formulararbeitsvertrages
ausgeschlossen, wonach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit Ablauf von zwei
Monaten ab Fälligkeit verfallen, sofern sie nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend
gemacht worden sind.
1. Die von der Beklagten im Formulararbeitsvertrag vorgesehene Ausschlussfrist von zwei
Monaten für alle nicht deliktischen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ist gemäß § 307
BGB unwirksam.
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a) Allerdings hat das BAG noch mit Urteil vom 13.12.2000 – 10 AZR 168/00 – (AP Nr. 2 zu
§ 241 BGB) entschieden, dass eine arbeitsvertragliche Verfallklausel, welche die
schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb eines
Monats nach ihrer Fälligkeit verlangt, jedenfalls soweit sie sich nicht auf gesetzlich
unabdingbare Ansprüche des Arbeitnehmers bezieht, nicht gegen die Grundsätze von Treu
und Glauben, § 242 BGB, verstößt und insbesondere nicht sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1
BGB ist, weil sie insofern ausgewogen und nicht nur die Rechte des Arbeitnehmers
beschneiden würde.
Nachdem aber aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
Formulararbeitsverträge jedenfalls ab dem 01.01.2003 einer Inhaltskontrolle gemäß § 307
BGB zu unterziehen sind und gemäß § 307 Abs. 2 BGB eine unangemessene
Benachteiligung im Zweifel anzunehmen ist, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu
vereinbaren ist, ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Regelung keine Verfallfristen
und nur Verjährungsfristen vorsieht, die zudem mit dem
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch verlängert wurden und nicht immer bereits mit
Fälligkeit beginnen. So beträgt nun die regelmäßige Verjährungsfrist mindestens drei Jahre
und beginnt erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der
Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne
grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.
Bei Schadensersatzansprüchen beträgt die Verjährungsfrist sogar bis zu 30 Jahren und
kann gemäß § 202 bei Vorsatz nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2000 war nach den
Gesetzgebungsmaterialien (Bundestagsdrucksache 14/6857, S. 59) auch mit ein Anlass für
die Ausweitung der AGB-Kontrolle auf vorformulierte Vereinbarungen im Arbeitsrecht.
Dies zeigt, dass der Gesetzgeber eine Überprüfung der Angemessenheit von
Ausschlussfristen durch einen Vergleich mit in einzelnen Tarifverträgen und gesetzlichen
Bestimmungen geregelten Geltendmachungsfristen, wie vom Bundesarbeitsgericht
vorgenommen, nicht für ausreichend hielt, sondern eine Orientierung an den gesetzlichen
Verjährungsvorschriften und dem dort gefundenen Interessenausgleich zwischen
Gläubiger und Schuldner befürwortete, wie sie bereits zuvor vom Bundesgerichtshof
insbesondere im Rahmen der AGB-Kontrolle vorgenommen wurde. Der Bundesgerichtshof
hat aber mehrfach AGB-Klauseln mit dreimonatigen Verjährungs- und Ausschlussfristen mit
§ 9 AGBG unvereinbar erklärt (BGH, Urt. vom 20.03.1978, NJW 1978, 1314 = BGHZ 71,
167; Urt. v. 24.9.1979 - II ZR 38/78, MDR 1980, 207 = VersR 1980, 40; Urt. v. 17.11.1980 - II
ZR 248/79, MDR 1981, 385 = VersR 1981, 229; Urt. v. 9.4.1981 - VII ZR 194/80, NJW 1981,
1510 = BB 1981, 935 und insbesondere; Urt. vom 19.05.88, NJW 1988, 2888)
So wird auch überwiegend in der Literatur die Ansicht vertreten, dass jedenfalls nach der
neuen Rechtslage Verfallfristen unter drei Monaten nicht mehr als angemessen im Sinne
des § 307 BGB angesehen werden können (vgl. Reinicke, Sonderbeilage zu NZA-Heft
18/2004, 27, 29 ff.; Lakies, NZA 2004, 569, 570 ff.; Erf. Komm. – Preis, 5. Aufl., §§ 194 – 218
BGB Rdnr. 49 ff.; Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, 2003, Rdnr. 311;
anderer Ansicht: Schrader, NZA 2003, 345 und Lingemann, NZA 2002, 181, 189 ff.).
b) Auch wenn man unter Berücksichtigung der Besonderheiten im Arbeitsrecht
Verfallfristen für sinnvoll hält, rechtfertigt dies nicht, Verfallfristen vorzusehen, die noch
wesentlich kürzer als 10 % der gesetzlichen Verjährungsfristen sind. Dem Arbeitnehmer
sollte genügend Zeit bleiben, abzuwarten, ob der Arbeitgeber seine Verpflichtung noch
erfüllt, bevor er seine Ansprüche schriftlich geltend machen muss.
aa) Die Besonderheiten des Arbeitsrechts, bezieht man die tatsächlichen Besonderheiten
im Arbeitsrecht mit ein, bestehen auch darin, dass im Regelfall der Arbeitnehmer als
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im Arbeitsrecht mit ein, bestehen auch darin, dass im Regelfall der Arbeitnehmer als
Vorleistungspflichtiger von Verfallfristen betroffen ist, für den Arbeitnehmer anders als für
viele Gläubiger in anderen Vertragsverhältnissen das Fortbestehen des
Vertragsverhältnisses und das Wohlwollen seines Vertragspartners, des Arbeitgebers, von
besonderer Bedeutung ist, und er deshalb verständlicherweise, insbesondere wenn er wie
hier keinen Kündigungsschutz genießt, häufig davon absieht, seine Ansprüche sofort
geltend zu machen, wenn der Arbeitgeber mit der Erfüllung eines Anspruches in Verzug
gerät. weil er befürchtet.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein solches Verhalten grundsätzlich
nicht im Interesse des Arbeitgebers ist und dieser immer ein Interesse daran hat, sofort auf
eine eventuelle Säumnis hingewiesen zu werden. Davon kann selbst dann nicht
ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber einen Anspruch des Arbeitnehmers nur
übersehen hat. Auch dann wird er es häufig als unangemessen empfinden, wenn der
Arbeitnehmer seinen Anspruch sofort schriftlich geltend macht, bevor er Gelegenheit hatte,
sein Versehen zu korrigieren. Die Geltendmachung eines fälligen aber noch nicht erfüllten
Anspruchs stellt eine Mahnung wegen einer Pflichtverletzung dar, und führt dazu, dass wie
bei einer Abmahnung ein Vorwurf zwischen den Vertragsparteien im Raum steht und
dokumentiert ist, der das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien beeinflussen kann, weil
der Arbeitnehmer damit, zumal wenn er den Arbeitgeber bereits mündlich um Erfüllung
seines Anspruches gebeten hatte, zum Ausdruck bringt, dass er sich der
Leistungsbereitschaft des Arbeitgebers nicht sicher ist und befürchtet, dass der Arbeitgeber
sich durch die Berufung auf die Verfallfristen seiner Leistungsverpflichtung entzieht.
Die Erfahrung zeigt auch, dass eine Geltendmachung nicht selten als Affront empfunden
wird und in Einzelfällen sogar zu brüsken Trotzreaktionen wie z.B. einer Kündigung oder
für den Arbeitnehmer eventuell noch nachteiliger, zu einem nachtragenden Verhalten des
Arbeitgebers führt.
Dies gilt insbesondere für die schriftliche Geltendmachung, zumal diese dem
durchschnittlichen Arbeitnehmer häufig nicht nur aus den oben genannten Erwägungen
schwer fällt, sondern auch weil er keine Übung darin hat, mit seinem Arbeitgeber schriftlich
zu korrespondieren und aus diesem Grund dem Arbeitgeber bei einer schriftlichen
Geltendmachung umso mehr bewusst wird, dass der beim Arbeitnehmer eingetretene
Vertrauensverlust schon erheblich sein muss, da er die Unannehmlichkeiten einer
schriftlichen Geltendmachung auf sich genommen hat. Durch die Einhaltung von Formalien
gibt der Arbeitnehmer auch zu erkennen, dass er die Notwendigkeit einer gerichtlichen
Durchsetzung nicht ausschließt. Die schriftliche Geltendmachung führt damit häufig, wenn
auch nicht beabsichtigt, zu einer für beide Seiten unangenehmen Störung des
Arbeitsverhältnisses.
Auch kann nicht geleugnet werden, dass um so länger ein Arbeitnehmer mit der
Geltendmachung von Ansprüchen abwartet, der Arbeitgeber sie um so später erfüllen
muss, was für ihn gerade auch dann, wenn er auf Kredite angewiesen ist, bereits vorteilhaft
sein dürfte. Um so mehr besteht auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitnehmer die
Ansprüche überhaupt nicht mehr geltend macht.
Insofern besteht ein Interesse an kurzen Ausschlussfristen in der Regel nicht, um zur
sofortigen Geltendmachung anzuhalten, sondern weil durch sie erfahrungsgemäß mehr
Ansprüche verfallen und dies dem Anspruchsgegner zumindest die Möglichkeit gibt, die
Erfüllung des Anspruchs zu verweigern.
bb) Wenn kurze Verfallfristen in Formulararbeitsverträgen häufig vereinbart werden, dann
geschieht dies nichtmals so sehr auf unmittelbare Veranlassung des Arbeitgebers, sondern
weil diese Verträge für Arbeitgeber gefertigt wurden in dem Bestreben, - zumindest solange
noch die Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion bestand - die für den
Arbeitgeber günstigsten Klauseln, die vom Arbeitnehmer nicht von vorneherein als
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empfunden werden und ihn in der Regel nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung
führen dürfte, in den Vertrag aufzunehmen, zumal der Arbeitgeber immer noch die
Möglichkeit hat, sich auf diese Klausel nicht zu berufen.
Ein verständiger Arbeitgeber wird sich auch in der Regel bei vereinbarter kurzer Verfallfrist
und ungestörtem Arbeitsverhältnis auf diese nicht berufen bzw. dennoch die dem
Arbeitnehmer entstandenen Ansprüche erfüllen. Dies kann aber zu einer ungerechtfertigten
Ungleichbehandlung führen, die der betroffene Arbeitnehmer zudem schwer nachweisen
kann.
cc) Kurze einzelvertraglich vereinbarte Verfallfristen entsprechen auch nicht dem
allgemeinen Rechtsempfinden.
Der Gesetzgeber scheint sogar Zweifel daran zu haben, ob die im Vergleich zu den in der
Regel vereinbarten Verfallfristen langen Verjährungsfristen allgemein als gerecht
empfunden werden, weil er ihrem Ablauf keine rechtsvernichtende Wirkung beimisst,
sondern sie erst dann zu beachten sind, wenn der Schuldner sich hierauf ausdrücklich
beruft. So geht er davon aus, dass selbst bei einer erst drei bis vier Jahre nach Fälligkeit
eines streitigen Anspruches erhobenen Klage der Beklagte ein berechtigtes Interesse
daran haben kann, nicht als jemand zu gelten, der nur wegen der Verjährungsfristen nicht
verurteilt wird, oder aber dass ein unstreitig säumiger aber zahlungsunfähiger Schuldner
sich aufgrund des allgemeinen Rechtsempfindens verpflichtet fühlen könnte, auf die
Einrede der Verjährung zu verzichten und sich einem Gerichtsverfahren zu unterziehen.
Dieses gesetzgeberische Vorgehen ist insbesondere deshalb aufschlussreich, weil es im
Allgemeinen, wie § 256 ZPO zeigt, nicht als Aufgabe der Gerichte angesehen wird, eine
Rechtslage zu klären, wenn daran nur noch ein ideelles Interesse besteht, ohne dass sich
aus ihr noch zwingende Rechtsfolgen ergeben. Es kann nur bedeuten, das der
Gesetzgeber der Auffassung ist, dass selbst den langen Verjährungsfristen ein erheblicher
Makel anhaftet.
ee) Besonders kurze Verfallfristen sind auch nicht deshalb mit wesentlichen
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar, weil das Gesetz keine Verfallfristen
bei fehlender schriftlicher Geltendmachung kennt und die Verjährungsfristen die
gerichtliche Geltendmachung regeln. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber in Kenntnis
der Problematik und der widerstreitenden Interessen nur Verjährungsfristen vorgesehen hat
und auf zusätzlich einzuhaltende Verfallfristen verzichtet hat, stellt eine gesetzliche
Regelung dar.
dd) Nicht vergleichbar sind die kurzen gesetzlichen Fristen im Arbeitsrecht, die der
unverzüglichen Klärung der Frage dienen, ob das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht. Im
Hinblick darauf, dass es sich bei einem Arbeitsverhältnis um ein Dauerschuldverhältnis
handelt und bei Fortbestehen ständig neue Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
erwachsen, haben diese kurzen Fristen allein den Zweck, möglichst umgehend im
Interesse beider Vertragsparteien Klarheit darüber zu schaffen, ob und welche Pflichten sie
weiterhin haben und wie sie sich deshalb verhalten müssen, um möglichst keinen Schaden
zu erleiden. Es droht durch sie nicht der Verlust bereits entstandener Ansprüche, für die der
Arbeitnehmer bereits in Vorleistung getreten ist.
Weil in diesen Fällen bereits besonders kurze gesetzliche Fristen vorgesehen sind, bedarf
es für diese Fälle auch kurzer einzelvertraglich vereinbarter Verfallfristen nicht.
ee) Die wesentlichen Grundgedanken der für Ausschlussfristen maßgeblichen
gesetzlichen Regelung lassen sich nicht aus der gesetzlichen Bestimmung des § 611 a
Abs. 4 BGB herleiten, der für den Anspruch eines Bewerbers auf eine angemessene
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Entschädigung wegen seiner Benachteiligung auch bei einer im angestrebten
Arbeitsverhältnis vorgesehenen kürzeren Ausschlussfrist mindestens eine
Geltendmachungsfrist von zwei Monaten vorsieht.
Diese Bestimmung deutet lediglich darauf hin, dass der Gesetzgeber bei ihrem Erlass nicht
davon ausging, dass eine kürzere Frist für die Geltendmachung von Schadensansprüchen
bereits aus anderen Gründen unwirksam sein muss.
Zum damaligen Zeitpunkt fand das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz jedoch noch keine
Anwendung und insbesondere können auch nach dem
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch kürzere Verfallfristen ausgehandelt werden,
insbesondere auch in Tarifverträgen, weil diese der AGB-Kontrolle nicht unterliegen.
Darüber hinaus betrifft auch diese gesetzliche Regelung keinen Anspruch auf eine
Gegenleistung für eine bereits erbrachte Leistung, sondern einen Anspruch auf ein
Surrogat/einen Ersatz für die unterlassene Einstellung und zukünftige Beschäftigung.
Bestünde in diesen Fällen ein weitergehender Anspruch auf Schadensersatz in Form einer
Naturalrestitution bzw. ein unmittelbarer Anspruch auf Einstellung, müsste dieser Anspruch
auch kurzfristig geltend gemacht werden, da wie oben gezeigt, die Frage des Bestehens
eines Dauerschuldverhältnisses im Interesse der Parteien keinen Schwebezustand duldet.
Dieser Umstand kann ähnlich kurze Verfallfristen rechtfertigen, selbst wenn er sie nicht
erzwingt.
ff) Bei der Frage der Angemessenheit von Ausschlussfristen in Formulararbeitsverträgen
kann auch nur sehr eingeschränkt auf tarifliche Verfallfristen als Leitbild abgestellt werden.
Die tariflichen Verfallfristen sind von den Tarifpartnern ausgehandelt worden.
Da die Arbeitnehmer mit ihrer Arbeitsleistung in Vorleistung treten und sie deshalb von der
Verfallfrist überwiegend betroffen sind, würden die Gewerkschaften kurze Verfallfristen
nicht vereinbaren, wenn sie den Tarifvertrag im Übrigen nicht für so vorteilhaft ansehen
würden, dass er die Nachteile einer kurzen Verfallfrist aufwiegt.
Im Übrigen mussten sie vor Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes davon
ausgehen, dass der Arbeitgeber bei Nichtbestehen einer tariflichen Regelung über
Ausschlussfristen die Möglichkeit hatte, im Rahmen vorformulierter Arbeitsverträge
entsprechende Fristen vorzusehen. Insofern ist fraglich, ob nach Einführung des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auch weiterhin von den Tarifvertragsparteien so
kurze Verfallfristen vereinbart werden, wie dies in der Vergangenheit teilweise der Fall war.
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Gewerkschaften bei Abschluss der
Tarifverträge ausschließlich die Interessen ihrer Gewerkschaftsmitglieder wahrzunehmen
haben, die in tarifgebundenen Unternehmen beschäftigt sind.
In diesen Unternehmen ist der Arbeitgeber schon aufgrund seiner Mitgliedschaft zum
Arbeitgeberverband diesem gegenüber gehalten, die tariflichen Leistungen für alle
Arbeitnehmer im Unternehmen zu erbringen und steht der Arbeitnehmer, da für alle
Arbeitnehmer die tariflichen Bestimmungen gelten, auch in der Regel nicht allein, wenn es
um die Durchsetzung der tariflichen Rechte geht.
Schließlich muss die Gewerkschaft auch nicht so leicht befürchten, dass ihre Mitglieder
nicht an die rechtzeitige Geltendmachung ihrer Ansprüche denken oder die Mühen einer
schriftlichen Geltendmachung scheuen, da sie von ihr über die tariflichen Regelungen
informiert werden und wegen der einheitlichen Geltung der tariflichen Verfallfristen im
Betrieb diese auch allgemein bekannt sein werden. Zudem hat ein Gewerkschaftsmitglied
die Möglichkeit und wird diese in der Regel auch nutzen, sich, wenn der Arbeitgeber
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seinen Verpflichtungen nicht bei Fälligkeit nachkommt, an die Gewerkschaft zu wenden,
die dann für ihn die Ansprüche schriftlich geltend und dem Arbeitnehmer auch dann
Rechtsschutz gewähren kann, wenn der Arbeitgeber ihn wegen der schriftlichen
Geltendmachung seiner Ansprüche benachteiligt.
Insofern ist bei einer tariflichen Verfallfristen nicht so sehr zu befürchten, dass sie zu einem
unfreiwilligen Anspruchsverlust führt.
Andererseits kann sie die bei Tarifgebundenheit sonst nicht vorhandene aber in Zeiten der
Existenzgefährdung eines Unternehmens unter Umständen auch für die Arbeitnehmer
wünschenswerte Möglichkeit schaffen, dadurch auf tarifliche Ansprüche zu verzichten, dass
sie sie nicht geltend machen und der Arbeitgeber dann nach einer kurzen Frist auch ihre
Geltendmachung nicht mehr befürchten muss und somit auch nicht in eine Überschuldung
gerät.
Dieser Umstand kann eine einzelvertraglich vereinbarte Verfallfrist nicht in gleichem
Umfang rechtfertigen, da bei fehlender Tarifbindung jederzeit ein Verzicht auf vereinbarte
Ansprüche vereinbart werden kann.
Diese Erwägungen hinsichtlich der tariflichen Verfallfristen gelten mit Ausnahme der
letzteren und weniger anderer auch dann, wenn die tariflichen Regelungen nicht
unmittelbar kraft Tarifbindung, sondern durch eine Bezugnahme im Arbeitsvertrag
insgesamt Anwendung finden, zumal dies meist in Unternehmen geschieht, in denen die
Tarifverträge auf alle Arbeitsverhältnisse angewandt werden, und der Arbeitgeber häufig
sogar dem Arbeitgeberverband angehört.
Sie gelten allerdings dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber bewusst nur einzelne tarifliche
Bestimmungen oder sogar nur eine tarifliche Bestimmung wie die tarifliche Verfallklausel in
den Formulararbeitsvertrag aufnimmt.
Es entspricht insofern auch überwiegender Ansicht, dass gemäß § 307 Abs. 3 i.V.m. § 310
Abs. 4 S. 3 BGB nicht bereits dann eine unangemessene Benachteiligung ausscheidet,
wenn lediglich eine Einzelverweisung vorliegt bzw. der Arbeitsvertrag sich nur an
einzelnen vom Arbeitgeber ausgewählten tariflichen Bestimmungen orientiert (vgl. Lackies,
NZA 2004, 569, 572; Witt, NZA 2004, 135, 137 ff.; Diehn, NZA 2004, 129, 130 ff.; Gotthardt,
Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, 2. Aufl., Rdnr. 241; Erf. Komm./Preis, 5. Aufl., §§
305 – 310 BGB Rdnr. 19; anderer Ansicht Schrader, NZA 2003, 345, 350 ff. und
Lingemann, NZA 2002, 181, 189).
gg) Dies schließt allerdings nicht aus, Verfallfristen, die in fast allen Tarifverträgen nicht
überschritten werden, als angemessen anzusehen, weil nicht angenommen werden kann,
dass sie immer Teil eines Kompensationsgeschäftes sind und nur im Hinblick auf die
spezifische Situation bei Tarifvertragsverhandlungen vereinbart worden sind.
Eine zweimonatige Verfallfrist kann insofern aber noch nicht als ausreichend angesehen
werden, da maßgebliche Tarifverträge wie z.B. im Bereich des Einzelhandels, des Groß-
und Außenhandels und im öffentlichen Dienst keine kürzeren Verfallfristen als drei Monate
vorsehen.
Nichts anderes kann auch für Ansprüche auf Überstundenvergütung gelten, zumal
Überstunden häufig noch nicht im gleichen Monat abgerechnet werden und nicht immer
sofort feststeht, ob Freizeitausgleich gewährt wird.
ii) Bei einer mehr als zweimonatigen also z.B. einer dreimonatigen Verfallfrist bestünde
auch kaum die Gefahr, dass der Arbeitgeber z.B. wegen der Verkennung der Rechtslage
bezüglich der Vergütung von Überstunden oder auch bezüglich der Grundvergütung z.B.
bei einer fehlerhaften Eingruppierung im Laufe der Zeit, ohne sich dessen bewusst zu sein,
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so erheblich mit seinen Zahlungsverpflichtungen in Verzug gerät, dass dies seine Existenz
gefährden könnte. Die Fälle, in denen dem Arbeitgeber allein aufgrund der schriftlichen
Geltendmachung des Arbeitnehmers bewusst wird, dass eventuell noch Ansprüche zu
erfüllen sind, dürften auch nicht überwiegen.
jj) Ebenfalls wird dadurch, dass Ansprüche erst nach zwei aber z.B. vor drei Monaten
geltend gemacht werden, in der Regel die Aufklärung des Sachverhalts nicht wesentlich
erschwert, weil für die Vergütung maßgebliche Unterlagen auch aus anderen Gründen in
der Regel länger aufbewahrt werden, jedenfalls ihre längere Aufbewahrung keine
nennenswerten Probleme bereitet.
Im Übrigen gehen zunehmende Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung im
Wesentlichen zu Lasten des Anspruchsinhabers also meist zulasten des Arbeitnehmers, da
er darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen der Voraussetzungen des von ihm
geltend gemachten Anspruchs ist.
2. Der im Formulararbeitsvertrag vereinbarten Verfallklausel kann auch nicht im Wege der
geltungserhaltenden Reduktion in der Weise Wirksamkeit beigemessen werden, dass sie
auf das gemäß § 307 BGB zulässige Maß reduziert wird, also hier eventuell auf drei
Monate.
Gemäß § 306 Abs. 2 BGB ist eine geltungserhaltende Reduktion nicht vorgesehen (vgl.
BAG, Urteil vom 04.03.2004 – 8 AZR 196/03 NZA 2004, 728, 734, in dem das
Bundesarbeitsgericht die Höhe einer vereinbarten Vertragsstrafe als unwirksam wegen
unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB angesehen und eine
Reduzierung der Vertragsstrafe auf das angemessene Maß abgelehnt hat).
In der zitierten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht allerdings ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass unentschieden bleiben könne, ob es Fälle gibt, in denen das "Alles oder
Nichts-Prinzip" dem Charakter des Arbeitsverhältnisses als einem auf lange Dauer
angelegten Schuldverhältnis mit für den Verwender der AGB eingeschränkter
Kündigungsmöglichkeit nicht gerecht wird.
Der Charakter des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis, das nach Möglichkeit
nicht mit Streitigkeiten über Sachverhalte belastet werden soll, die schon weit zurückliegen
und insbesondere das Interesse auch der Arbeitnehmer, eine Existenzgefährdung für das
Unternehmen durch eine Verpflichtung des Arbeitgebers, seit längerer Zeit kontinuierlich
entstandene und angewachsene aber nicht geltend gemachte Ansprüche noch erfüllen zu
müssen, zu vermeiden, schafft zwar ein Bedürfnis für Verfallfristen, die kürzer sind als
Verjährungsfristen, dieses ist aber, da selbst bei fehlenden Verfallfristen in der Regel keine
Existenzgefährdung eintritt, nicht so groß, dass dahinter der Sanktionszweck des § 306
Abs. 2 BGB völlig zurücktreten müsste.
Es wäre allenfalls bei einer gemäß § 307 BGB unwirksam vereinbarten Verfallfrist aufgrund
der besonderen Interessenkonstellation im Arbeitsverhältnis daran zu denken, im Wege
einer ergänzenden Vertragsauslegung eine Verfallfrist zugrunde zu legen, die die Parteien
vereinbart hätten, auch wenn sie alle Gesichtspunkte berücksichtigt hätten, die für längere
Verfallfristen sprechen, und von der angenommen werden kann, dass sie jeder
Arbeitnehmer akzeptieren würde, dass er sie in der Regel auch einhält und dass bei deren
Nichteinhaltung nicht selten bereits eine Verwirkung vorliegt.
Dies könnte aber nur eine Verfallfrist von etwa zwölf Monaten jedenfalls aber von mehr als
vier Monaten sein (vgl. zur Verwirkung von Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen
Palandt, BGB 63.Aufl. § 242 RN 95 und am Beispiel von Unterhaltsansprüchen zur
Vermeidung einer drückenden Schuldenlast
2002, - XII ZR 266/9, NJW 03,128), so dass sie hier jedenfalls nicht mehr eingreifen könnte.
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Im Unterschied zur geltungserhaltenden Reduktion erfordert die ergänzende
Vertragsauslegung nicht, dass die Bestimmung auf das gerade noch zulässige Maß
reduziert wird (vgl. Reinicke, Sonderbeilage zu NZA Heft 18/2004, 27, 31 Fußnote 55).
Die Kosten des Rechtsstreits in den jeweiligen Instanzen waren den Parteien gemäß § 91
ZPO entsprechend des jeweiligen Verhältnisses ihres Obsiegens und Unterliegens
aufzuerlegen.
Im Hinblick auf die grundsätzliche Frage, inwieweit nach dem
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch Verfallfristen in vorformulierten Arbeitsverträgen
zulässig sind, war die Revision für die Beklagte zuzulassen.
Wolffram
Dreschers
Meyer H.
G.