Urteil des LAG Hamm vom 11.03.2005

LArbG Hamm: betriebsrat, seminar, arbeitsgericht, wiese, tarifvertrag, beschwerdekammer, entsendung, arbeitsrecht, verbindlichkeit, zukunft

Landesarbeitsgericht Hamm, 10 TaBV 123/04
Datum:
11.03.2005
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 TaBV 123/04
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Hamm, 2 BV 24/04
Schlagworte:
Freistellung von Betriebsratskosten - Erforderlichkeit einer
Schulungsveranstaltung -Erforderlichkeit für Spezialseminare -
Schulung über Tarifrecht -
Normen:
§§ 37 Abs. 6, 40 BetrVG
Rechtskraft:
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsge-
richts Hamm vom 27.08.2004 - 2 BV 24/04 - wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
A
2
Die Beteiligten streiten über die Kosten für die Teilnahme an einer
Schulungsveranstaltung.
3
Der Arbeitgeber betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Die einzelnen Filialen sind
organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet. Dem Bezirk in H1xx gehören 36
Verkaufsstellen an, in denen etwa 170 Mitarbeiter beschäftigt sind.
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Im Betrieb in H1xx ist ein siebenköpfiger Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden
Verfahrens, gewählt.
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In seiner Sitzung vom 21.01.2004 beschloss der Betriebsrat, die Beteiligte zu 3. zu dem
von der Gewerkschaft ver.di veranstalteten Seminar "Tarifvertrag und betriebsrätliches
Handeln" in der Zeit vom 09.02. bis 10.02.2004 zu entsenden. Ob der Beschluss des
Betriebsrates vom 21.01.2004 ordnungsgemäß zustande gekommen ist (Bl. 88, 95, 96
d.A.), ist zwischen den Beteiligten streitig.
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Hinsichtlich des Seminarprogramms wird auf den Seminarplan (Bl. 4 d.A.) Bezug
genommen.
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Auf die Mitteilung des Betriebsrates von der beabsichtigten Entsendung der Beteiligten
zu 3. zu dem Seminar teilte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 04.02.2004 (Bl. 3 d.A.)
mit, dass er die Seminarteilnahme nicht für erforderlich halte.
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Die Beteiligte zu 3. hatte als Betriebsratsmitglied seit dem Jahre 1998 bereits an
mehreren Seminaren teilgenommen u.a. an den Grundlagenseminaren
Betriebsverfassungsrecht I, II und III sowie an den Grundlagenseminaren Arbeitsrecht I,
II.
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Trotz der Ablehnung des Arbeitgebers nahm die Beteiligte zu 3. an dem am
09./10.02.2004 in H1xx stattfindenden Seminar teil.
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Die ver.di b+b übersandte am 23.01.2004 der Beteiligten zu 3. eine Rechnung über
Seminargebühren in Höhe von 340,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 4 d.A.). Der
Arbeitgeber lehnte eine Begleichung dieser Rechnung ab und sandte sie mit Schreiben
vom 05.03.2004 (Bl. 5 d.A.) an die Beteiligte zu 3. zurück.
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Mit dem am 26.04.2004 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte
der Betriebsrat daraufhin die Freistellung von den Seminarkosten in Höhe von 363,80 €
geltend.
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Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Schulung sei für die Verrichtung der
Arbeiten des Betriebsrates erforderlich gewesen. Die Arbeitsbedingungen der
Mitarbeiter des Arbeitgebers seien tariflich geregelt; der Betriebsrat benötige zur
Überwachung nach § 80 BetrVG auch Kenntnisse im Tarifrecht, die anlässlich der
bisherigen Schulungen nur allgemein und am Rande vermittelt worden seien.
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Im Übrigen habe die Beteiligte zu 3. nach Abschluss des Seminars auf einer
Betriebsversammlung einen Vortrag zum Seminarthema gehalten.
14
Der Betriebsrat und die Beteiligte zu 3. haben beantragt,
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den Arbeitgeber zu verpflichten, den Betriebsrat von den Kosten des Seminars
"Der Betrieb geht vor!? - Tarifvertrag und betriebsrätliches Handeln",
durchgeführt von der Gesellschaft ver.di b+b Bildung und Be-ratung gGmbH am
09. und 10.02.2004 in H1xx in Höhe von 363,80 € freizustellen, die dadurch
entstanden sind, dass das Betriebsratsmit-glied S3xxxxx K3xxxx an diesem
Seminar teilgenommen hat.
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Der Arbeitgeber hat beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Er hat die Auffassung vertreten, der Besuch des Seminars vom 09./10.02.2004 sei nicht
erforderlich gewesen. Es handele sich um eine Spezialschulung, ein betriebsbezogener
Anlass für eine derartige Schulungsteilnahme sei nicht erkennbar. Teile des
Seminarprogramms seien für die Betriebsratsarbeit generell ungeeignet.
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Durch Beschluss vom 27.08.2004 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrates
abge-wiesen und zur Begründung ausgeführt, die Seminarteilnahme der Beteiligten zu
3. sei nicht erforderlich gewesen, weil ein konkreter betriebsbezogener Anlass für die
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Schulungsteilnah-me nicht dargelegt worden sei. Die Thematik des Seminars vom
09./10.02.2004 sei auch Gegenstand der Grundlagenschulungen gewesen, an denen
die Beteiligte zu 3. teilgenommen hätte.
Gegen den dem Betriebsrat am 02.09.2004 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe
ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 04.10.2004 Beschwerde zum
Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 02.11.2004 beim
Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
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Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass die Schulung der Beteiligten zu 3.
erforderlich gewesen sei. Der überwiegende Anteil des Seminarinhalts beziehe sich auf
Betriebsratsarbeit. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch einen konkreten
betrieblichen Anlass verneint. Im Betrieb des Arbeitgebers würden nämlich Tarifverträge
angewandt. Das sei ausreichend, um einen betrieblichen Anlass zu bejahen. Der
Betriebsrat müsse wissen, wie Tarifverträge wirkten. Dabei handele es sich um
komplizierte Zusammenhänge, die in den Grundlagenseminaren nicht ausreichend
vermittelt worden seien.
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Die auf dem Seminar gewonnenen Erkenntnisse seien schließlich auch auf eine
anschließenden Betriebsversammlung zum Thema gemacht worden. Auch insoweit sei
ein konkreter betriebsbezogener Anlass gegeben.
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Ein derartiger konkreter betriebsbezogener Anlass ergebe sich auch daraus, dass - wie
der Betriebsrat nunmehr behauptet - anlässlich einer Betriebsrätekonferenz im Oktober
2003 Überlegungen angestellt worden seien, dass möglicherweise ein Haustarifvertrag
angestrebt werde, der das Tarifniveau des Flächentarifvertrages unterschreiten solle.
Um Unsicherheiten, die durch eine solche Ankündigung entstünden, zu begegnen, sei
auf einer anschließenden Betriebsversammlung berichtet worden.
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Der Betriebsrat behauptet ferner, der Beschluss, die Beteiligte zu 3. auf das streitige
Seminar zu entsenden, sei am 21.01.2004 einstimmig gefasst worden. Auf die
Einladung zur Betriebsratssitzung vom 21.01.2004 (Bl. 95 d.A.) und die
Anwesenheitsliste vom 21.01.2004 (Bl. 96 d.A.) wird Bezug genommen.
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Der Betriebsrat beantragt,
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den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.08.2004 - 2 BV 24/04 - abzuändern
und
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den Arbeitgeber zu verpflichten, den Betriebsrat von den Kosten des Seminars
"Der Betrieb geht vor!? - Tarifvertrag und betriebsrätliches Handeln",
durchgeführt von der Gesellschaft ver.di b+b Bildung und Beratung gGmbH am
09. und 10.02.2004 in H1xx in Höhe von 363,80 € freizustellen, die dadurch
entstanden sind, dass das Betriebsratsmitglied S3xxxxx K3xxxx an diesem
Seminar teilgenommen hat.
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Der Arbeitgeber beantragt,
29
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Seminarteilnahme der Beteiligten zu
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3. zu Recht als nicht erforderlich angesehen. Auf dem Seminar seien keine
Grundkenntnisse vermittelt worden, es habe sich vielmehr um ein Spezialseminar
gehandelt. Einen aktuellen, konkreten betrieblichen Anlass für die Seminarteilnahme
habe der Betriebsrat nicht vorgetragen. Der Arbeitgeber sei tarifgebunden. Für die
Arbeitnehmer würden die Tarifverträge des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen zur
Anwendung gelangen. Das Seminar habe aber nicht die konkrete betriebliche Situation
behandelt, insbesondere sich nicht mit dem Inhalt der Einzelhandelstarifverträge NRW
befasst, sondern sich nur allgemein ohne konkreten betrieblichen Bezug mit
Tarifvertragsrecht befasst. Aus dem Seminarplan sei auch nicht ersichtlich, welchen
Anteil die einzelnen Themenpunkte am Umfang des Gesamtseminars gehabt hätten.
Ein Freistellungsanspruch bestehe auch schon deshalb nicht, weil der Betriebsrat
wegen der Schulungskosten selbst gar nicht in Anspruch genommen worden sei.
Schließlich müsse die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrates vom
21.01.2004 nach wie vor bestritten werden.
32
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten
Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
33
B
34
Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet.
35
I
36
Der vom Betriebsrat gestellte Freistellungsantrag ist zulässig.
37
1. Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren zutreffend im Beschlussverfahren nach den §§
2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine
betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig. Die Beteiligten streiten nämlich
um einen auf die §§ 40 Abs. 1, 37 Abs. 6 BetrVG gestützten Anspruch auf Freistellung
von Kosten, die durch die Schulung von Betriebsratsmitgliedern entstanden sind (BAG,
Beschluss vom 15.01.1992 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41).
38
2. Das Arbeitsgericht hat neben dem antragstellenden Betriebsrat und dem Arbeitgeber
auch zu Recht das an der streitigen Schulungsveranstaltung teilnehmende
Betriebsratsmitglied, die Beteiligte zu 3., am vorliegenden Verfahren beteiligt. Aus § 83
Abs. 3 ArbGG ergibt sich, dass sich die Beteiligungsbefugnis nach materiellem
Betriebsverfassungsrecht bestimmt. Beteiligter in allen Beschlussverfahren ist daher,
wer von der zu erwartenden Entscheidung in einem betriebsverfassungsrechtlichen
Recht oder Rechtsverhältnis unmittelbar betroffen wird. Die einzelnen
Betriebsratsmitglieder, die an einer Schulungsmaßnahme teilnehmen, sind
grundsätzlich aus abgeleitetem Recht beteiligungsbefugt, selbst wenn der Betriebsrat
von seinem Recht Gebrauch macht, den Arbeitgeber auf Kostenerstattung an das
einzelne Betriebsratsmitglied in Anspruch zu nehmen (BAG, Beschluss vom 15.01.1992
- AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41; BAG, Beschluss vom 30.03.1994 - AP BetrVG 1972 § 40
Nr. 42; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 83 Rz. 61 m.w.N.).
Die Beteiligte zu 3. am vorliegenden Verfahren zu beteiligen, war umso mehr
erforderlich, als die Rechnung des Veranstalters vom 23.01.2004 direkt an die Beteiligte
zu 3. gerichtet gewesen ist.
39
II
40
Der Antrag auf Freistellung von den Kosten für die streitige Schulungsveranstaltung ist
nicht begründet.
41
Der Arbeitgeber ist nicht zur Tragung der Schulungskosten in Höhe von 363,80 € für die
Teilnahme der Beteiligten zu 3. an der streitigen Schulungsmaßnahme vom
09./10.02.2004 nach § 40 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 6 BetrVG verpflichtet. Dies hat das
Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
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Die Beschwerdekammer hat offen gelassen, ob der Entsendung der Beteiligten zu 3. zu
dem streitigen Seminar vom 09./10.02.2004 ein ordnungsgemäß gefasster
Betriebsratsbeschluss vom 21.01.2004 zugrunde gelegen hat. Die Beschwerde des
Betriebsrates ist nämlich bereits aus anderen Gründen unbegründet.
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1. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist grundsätzlich davon auszugehen,
dass die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an einer Schulungsveranstaltung nach
§ 37 Abs. 6 BetrVG zur Tätigkeit des Betriebsrates im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG
gehört und daher Schulungskosten als Kosten der Betriebsratstätigkeit anzusehen sind
(BAG, Beschluss vom 31.10.1972 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 2; BAG, Beschluss vom
15.01.1992 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41; BAG, Beschluss vom 28.06.1995 - AP
BetrVG 1972 § 40 Nr. 48; Fit-ting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 22.
Aufl., § 40 Rz. 66; ErfK/Eisemann, 5. Aufl., § 40 BetrVG Rz. 9 m.w.N.).
44
Da der Betriebsrat grundsätzlich selbst nicht vermögensfähig ist, geht bei Streitigkeiten
über die Kosten des Betriebsrates sein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf
Übernahme der Kosten oder für den Fall, dass eine Verbindlichkeit begründet worden
ist, auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit. Soweit der Betriebsrat wegen der
Schulungskosten in Anspruch ge-nommen wird, hat er einen Freistellungsanspruch
gegenüber dem Arbeitgeber. Wird dagegen das Betriebsratsmitglied selbst in Anspruch
genommen, kann auch dem einzelnen Betriebs-ratsmitglied ein Freistellungsanspruch
zustehen.
45
Der Antrag des Betriebsrates, ihn von den Kosten des Seminars vom 09./10.02.2004 in
Höhe von 363,80 € freizustellen, ist bereits deswegen unbegründet, weil der Betriebsrat
wegen dieser Schulungskosten bislang überhaupt nicht in Anspruch genommen worden
ist. Der Schulungsveranstalter hat die Schulungskosten nämlich mit Schreiben vom
23.01.2004 direkt dem Schulungsteilnehmer, der Beteiligten zu 3., in Rechnung gestellt.
Die Beteiligte zu 3. hat diese Rechnung an den Arbeitgeber weitergeleitet, der eine
Begleichung der Rechnung aber unter dem 05.03.2004 abgelehnt hat. Ob und zu
welchem Zeitpunkt der Schulungsveranstal-ter daraufhin auch den antragstellenden
Betriebsrat selbst wegen dieser Rechnung in An-pruch genommen haben könnte, lässt
sich weder der Antragsschrift noch dem übrigen Vor-bringen des Betriebsrates trotz der
Erörterungen im Anhörungstermin vor der Beschwerde-kammer vom 11.03.2005
entnehmen (vgl.: BAG, Beschluss vom 04.06.2003 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 136 unter
B. II. der Gründe).
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2. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch ist aber auch deshalb unbegründet, weil
aus dem Vorbringen des Betriebsrates nicht hervorgeht, dass in der streitigen
Schulungsveran-staltung vom 09./10.02.2004 Kenntnisse vermittelt worden sind, die für
die Arbeit des Be-triebsrates erforderlich sind. An einer derartigen Erforderlichkeit fehlt
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es, wie das Arbeitsge-richt zu Recht festgestellt hat. Auch mit dem
Beschwerdevorbringen ist es dem Betriebsrat nicht gelungen, die Erforderlichkeit der
Seminarteilnahme konkret darzulegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vermittlung von
Kennt-nissen und Fähigkeiten in Schulungsveranstaltungen dann für die
Betriebsratsarbeit erforder-lich, wenn der Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der
konkreten betrieblichen Situation benötigte, um seine derzeitigen oder demnächst
anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrneh-men zu können. Hierzu bedarf es
regelmäßig der Darlegung eines aktuellen, betriebsbezo-genen Anlasses, um
annehmen zu können, dass die auf der Schulungsveranstaltung zu e-rwerbenden
Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsrats-mitglied
benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachge-recht
ausüben kann (BAG, Beschluss vom 09.10.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 4 ; BAG,
Beschluss vom 27.09.1974 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 6 ; BAG, Beschluss vom
27.09.1974 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 18 ; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP
BetrVG 1972 § 37 Nr. 67 ; BAG, Urteil vom 15.02.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 106;
Fitting/Engels/Schmidt/ Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 22. Aufl., § 37 Rz. 140, 141 f.;
DKK/Wedde, BetrVG, 9. Aufl., § 37 Rz. 92 ff.; Wiese/Weber, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 37
Rz. 156 f.; ErfK/Eisemann, 4. Aufl., § 37 BetrVG Rz. 16 m.w.N). Für die Frage, ob eine
sachgerechte Wahrnehmung der Be-triebsratsaufgaben die Schulung gerade des zu der
Schulungsveranstaltung entsandten Be-triebsratsmitglieds erforderlich machte, ist
darauf abzustellen, ob nach den aktuellen Verhält-nissen des einzelnen Betriebes
Fragen anstehen oder in absehbarer Zukunft anstehen wer-den, die der Beteiligung des
Betriebsrates unterliegen und für die im Hinblick auf den Wis-sensstand des
Betriebsrates und unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung im Betriebs-rat eine
Schulung gerade dieses Betriebsratsmitglieds geboten erscheint.
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Einer konkreten Darlegung der Erforderlichkeit des aktuellen Schulungsbedarfs bedarf
es allerdings dann nicht, wenn es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen im
Betriebs-verfassungsrecht oder im allgemeinen Arbeitsrecht für ein erstmals gewähltes
Betriebsrats-mitglied handelt. Kenntnisse des Betriebsverfassungsgesetzes als der
gesetzlichen Grund-lage für die Tätigkeit des Betriebsrates sind unabdingbare
Voraussetzung für eine ordnungs-gemäße Betriebsratsarbeit (BAG, Beschluss vom
21.11.1978 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 35; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP
BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr.
67; BAG, Beschluss vom 20.12.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113; Fitting, a.a.O., § 37
Rz. 143 f.; Wiese/Weber, a.a.O., § 37 Rz. 164 ff.; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 95 f.;
ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 17 m.w.N.). Die Vermittlung von
Grundkenntnissen des allgemeinen Arbeitsrechts ist stets, ohne einen ak-
tualitätsbezogenen Anlass, als eine erforderliche Kenntnisvermittlung im Sinne des § 37
Abs. 6 BetrVG anzusehen (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr.
54; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; Fitting, a.a.O., § 37
Rz. 144; Wiese/Weber, a.a.O., § 37 Rz. 166; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 96;
ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 17).
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Bei der Beurteilung der Frage, ob die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds zu einer
Schulung erforderlich ist, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten
Rechtsbegriffes, der dem Betriebsrat einen gewissen Beurteilungsspielraum offen lässt.
Dies gilt insbesondere für den Inhalt der Veranstaltung als auch für deren Dauer (BAG,
Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, Beschluss vom
50
16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP
BetrVG 1972 § 37 Nr. 67 unter I. 1. a) der Gründe; BAG, Beschluss vom 15.01.1997 - AP
BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 unter B. 2. der Gründe; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 174;
Wiese/Weber, a.a.O., § 37 Rz. 195; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 127; ErfK/Eisemann,
a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 16).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht zu Recht davon
ausgegangen, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 3. am Seminar vom
09./10.02.2004 nicht erforderlich gewesen ist.
51
aa) Entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrates ist auch die Beschwerdekammer
der Auffassung, dass die konkrete Darlegung der Erforderlichkeit eines aktuellen
Schulungsbedarfs nicht bereits deshalb entbehrlich gewesen ist, weil auf dem Seminar
vom 09./10.02.2004 Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht oder im allgemeinen
Arbeitsrecht vermittelt worden sind.
52
Bei den auf dem streitigen Seminar behandelten Themen handelt es sich vielmehr um
Spezialkenntnisse, für die es eines konkreten, betriebsbezogenen Anlasses bedarf, um
die Erforderlichkeit der Kenntnisvermittlung festzustellen. Die Schulungsveranstaltung
vom 09./10.02.2004 stellt kein sogenanntes Einführungsseminar oder
Grundlagenseminar dar. Dies ergibt sich bereits aus dem vom Betriebsrat vorgelegten
Themenplan. Zwar gehören Grundkenntnisse über die Wirkung von Tarifverträgen zu
den Grundkenntnissen von Betriebsratsmitgliedern. Nach dem vorgelegten Themenplan
sind auf dem streitigen Seminar jedoch nicht nur Themen behandelt worden, die sich mit
Grundkenntnissen des Tarifrechts befassen. Die Beteiligte zu 3. hatte bereits an
Grundlagenseminaren zum Betriebsverfas-sungsgesetz teilgenommen. Auch wenn sich
Überschneidungen zwischen dem Betriebsver-fassungsrecht und dem
Tarifvertragsrecht ergeben, ergibt sich aus dem Vorbringen des Be-triebsrates nicht,
welche Kenntnisse auch im Tarifvertragsrecht auf den betriebsverfassungs-rechtlichen
Grundlagenseminaren nicht vermittelt worden sind und welche Kenntnisse die Beteiligte
zu 3. noch benötigt.
53
bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrates hat auch die Beschwerdekammer
einen konkreten, aktuellen, betriebsbezogenen Anlass, die Beteiligte zu 3. zu dem
streitigen Seminar vom 09./10.02.2004 zu entsenden, nicht feststellen können. Zwar
kann grundsätz-lich eine Schulungsveranstaltung, die tarifrechtliche Fragen behandelt,
für die Arbeit des Be-triebsrates erforderliche Kenntnisse vermitteln. Unter
Berücksichtigung der konkreten Ver-hältnisse des Betriebes und des Betriebsrates kann
es erforderlich sein, dass der Betriebsrat Spezialkenntnisse zu bestimmten
tarifvertraglichen Bestimmungen benötigt, die für den Be-trieb maßgebend sind (BAG,
Beschluss vom 09.10.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 4; LAG Hamm, Beschluss vom
11.03.1981 - DB 1981, 1678; LAG Niedersachsen, Beschluss vom 21.03.1986 - 12
TaBV 13/85 -; ArbG Bielefeld, Beschluss vom 23.05.1973 - AuR 1973, 382; ArbG
Aachen, Beschluss vom 05.02.1975 - ARSt 1975, 163; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 149;
DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 108; Wiese/Weber, GK-BetrVG, a.a.O. § 37 Rz. 169
m.w.N.).
54
Auf dem Seminar vom 09./10.02.2004 sind aber keine speziellen Kenntnisse über
tarifrecht-liche Bestimmungen des Einzelhandels NRW vermittelt worden. Auch der
Hinweis des Be-triebsrates darauf, dass in dem Seminarplan (Bl. 6 d.A.) unter
"Fachbereich 12 im ver.di Bezirk Bielefeld/Gütersloh" der Begriff "Einzelhandel"
55
vermerkt ist, deutet nicht darauf hin, dass während des Seminars vom 09./10.02.2004
spezielle Bestimmungen des Tarifwerks im Einzelhandel NRW erläutert und
besprochen worden wären. Nach der Übersicht zum Seminarplan hat sich das Seminar
vielmehr allgemein mit Tarifvertragsrecht ("Wirkungsfeld und Aufgabenbereiche der
Tarifkommission", "Tariföffnungsklausel und Tarifvorbehalt", "Ordnungs- und
Günstigkeitsprinzip", "Verhältnis von Branchen-/Flächentarifvertrag zu
Regelungsinhalten von Betriebsvereinbarungen/Haustarifverträgen") befasst. Ein
Großteil der auf dem Seminar vom 09./10.02.2004 behandelten Themen hat allein
tarifrechtlichen Bezug, keinen Bezug zu konkreten Bestimmungen des
Einzelhandelstarifvertrag NRW. Woraus sich ein konkreter betriebsbezogener Anlass für
die Erforderlichkeit der Wissensvermittlung mit allgemein tarifrechtlicher Thematik
ergeben soll, wird auch aus dem Beschwerdevorbringen des Betriebsrates nicht
ersichtlich.
Soweit der Betriebsrat mit der Beschwerde vorgetragen hat, auf einer
Betriebsrätekonferenz im Oktober 2003 seien Überlegungen mitgeteilt worden, dass
möglicherweise ein Haustarif-vertrag angestrebt werde, kann auch dies einen konkreten
betriebsbezogenen Anlass nicht begründen. Dieses Vorbringen ist nämlich
unsubstantiiert. Von wem derartige Überlegungen mitgeteilt worden sind, ergibt sich aus
dem Vorbringen des Betriebsrats nicht. Darüber hina-us ist auch nicht dargelegt worden,
ob derartige Überlegungen seitens des Arbeitgebers, sofern sie denn mitgeteilt worden
wären, in ein konkreteres Stadium eingetreten sind, die es notwendig erscheinen
lassen, dass sich der Betriebsrat mit der Erstellung eines Haustarifvertrages befassen
muss.
56
Auch der Hinweis des Betriebsrates, dass auf einer Betriebsversammlung über die
Thematik, mit der sich das streitige Seminar befasst habe, berichtet worden sei, kann
einen aktuellen, betriebsbezogenen Anlass für die Seminarteilnahme nicht begründen.
Ansonsten hätte es der Betriebsrat in der Hand, durch anschließende Berichterstattung
nachträglich die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme zu begründen.
57
III
58
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine
Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.
59
Schierbaum Keller Knetzger
60
/N.
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