Urteil des LAG Hamm vom 23.10.2008

LArbG Hamm: era, berufserfahrung, eisen, erfüllung, paritätische kommission, berufsausbildung, vergütung, zertifizierung, ultraschall, arbeitsgericht

Landesarbeitsgericht Hamm, 15 Sa 77/08
Datum:
23.10.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 Sa 77/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Iserlohn, 2 Ca 2256/07
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 4 AZN 96/09
Schlagworte:
ERA-Eingruppierung; Anforderungsmerkmal "Können";
Berufsausbildung für Tätigkeit als zerstörungsfreier Werkstoffprüfer
erforderlich
Normen:
Entgeltrahmenabkommen in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-
Westfalen vom 18.12.2003 (ERA)
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der
weitergehenden Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom
11.12.2007 - 2 Ca 2256/07 teilweise abgeändert und festgestellt, dass
die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.06.2006 nach
Entgeltgruppe 7 des Entgeltrahmenabkommens für die Eisen-, Metall-,
Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom
18.12.2003 zu vergüten.
Der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf 19.166,40 Euro
festgesetzt. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.459,20
Euro festgesetzt.
Von den Kosten der 1. Instanz tragen der Kläger 75 % und die Beklagte
25 %. Von den zweitinstanzlichen Kosten tragen der Kläger 40 % und
die Beklagte 60 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Eingruppierung des Klägers nach den Grundsätzen des
Entgeltrahmenabkommens in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens
vom 18.12.2003 (im Folgenden: ERA).
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Der am 05.03.1963 geborene Kläger ist seit dem 29.01.1986 bei der Beklagten
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Der am 05.03.1963 geborene Kläger ist seit dem 29.01.1986 bei der Beklagten
beschäftigt und war zuletzt als zerstörungsfreier Werkstoffprüfer tätig. Er ist als
sogenannte U2-oder Level 2-Person eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien
finden die tariflichen Regelungen der Metallindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung.
Im Betrieb der Beklagten ist zum 01.06.2006 das ERA umgesetzt worden. Bis dahin
wurde der Kläger nach Lohngruppe 6 des Lohnrahmenabkommens in der Eisen-,
Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 19.02.1975
vergütet.
3
Bereits unter dem 10.02.2006 schlossen die Beklagte und der bei ihr bestehende
Gesamtbetriebsrat zur Einführung/Umsetzung des ERA eine
Gesamtbetriebsvereinbarung, in der unter anderem das besondere Eingruppierungs-
und Reklamationsverfahren gemäß § 7 ERA-ETV, § 4 Nr. 3 ERA vereinbart wurde.
Dementsprechend wurde in der Folge die paritätisch besetzte Kommission gebildet.
Nachdem der Kläger zunächst in Entgeltgruppe 3 des ERA eingruppiert worden war,
wurde er auf seinen "Widerspruch" durch die paritätische Kommission der
Entgeltgruppe 4 zugeordnet. Ausweislich der sogenannten Aufgabenbeschreibung
wurden dem Kläger dabei beim Anforderungsmerkmal "Können" 18 Punkte, beim
Merkmal "Benötigte Berufserfahrung" 6 Punkte, beim Anforderungsmerkmal
"Handlungs- und Entscheidungsspielraum" 2 Punkte und beim Anforderungsmerkmal
"Kooperation" 4 Punkte, insgesamt also 30 Punkte zugebilligt. Wegen der Einzelheiten
der genannten Aufgabenbeschreibung wird auf Bl. 194 ff d.A. Bezug genommen.
4
Mit vorliegender Klage, die am 05.10.2007 beim Arbeitsgericht Iserlohn einging,
begehrte der Kläger zunächst die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn
ab dem 01.06.2006 Vergütung nach Entgeltgruppe 10, hilfsweise nach Entgeltgruppe 9,
hilfsweise 8, hilfsweise 7, hilfsweise 6, hilfsweise 5 bzw. hilfsweise eine
Entgeltgruppenzulage zu zahlen. Zweitinstanzlich verfolgt er die Eingruppierung in
Entgeltgruppe 10 und 9 des ERA nicht weiter.
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Zur Begründung seiner Klage hat er vorgetragen, er sei im Betrieb der Beklagten im
Arbeitsbereich Produktion in der Abteilung Großpresserei B4 Ultraschall als
zerstörungsfreier Werkstoffprüfer beschäftigt. Ausweislich der Stellenausschreibungen
der Beklagten aus den Jahren 2004, 2005 und 2007 (Bl. 17-20 d. A.) sei zur Ausübung
dieser Tätigkeiten eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung in einem Metallberuf
notwendig. Darüber hinaus müsse die Qualifikation zum Einrichten und Bedienen von
3D-Messgeräten (Ultraschallmessung) sowie zum Prüfen im Tauchbecken erworben
werden. Zudem gehe aus der Tätigkeitsbeschreibung des Jahres 2000 hervor, dass die
zerstörungsfreien Werkstoffprüfer zusätzliche Berufserfahrung für die Spezifikation der
Produkte der Beklagten sowie anderer Kunden erlernen müssten. Damit sei eine
dreijährige abgeschlossene Facharbeiterausbildung erforderlich, die beim
Anforderungsmerkmal "Können" mit 58 Punkten zu bewerten sei. Darüber hinaus sei
eine zusätzliche Berufserfahrung von über einem Jahr nötig, die mit 6 Punkten zu
bewerten sei. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte als
Zulieferer unter anderem für die Luft- und Raumfahrt ein zertifiziertes Unternehmen sei.
Dementsprechend sei auch er, der Kläger, ein zertifizierter Mitarbeiter. Nach dem
Merkblatt "Personalzertifizierung/Kursus- und Zertifizierungsmodalitäten" (Bl. 128 d.A.)
sei Voraussetzung für die Ausübung seiner Tätigkeit eine abgeschlossene Ausbildung
zumindest in einem anerkannten Ausbildungsberuf von mindestens zweijähriger
Regelausbildungsdauer.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Tätigkeit des Werkstoffprüfers keine
7
Anlerntätigkeit; vielmehr handele es sich hierbei um einen anerkannten
Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von 3 1/2 Jahren. Dies ergebe sich
auch aus der Broschüre "Berufe aktuell" der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe
2006/2007 (Bl. 64 f d.A.). Tatsächlich übe er, der Kläger, weitgehend Arbeiten aus, die
Inhalt der dort beschriebenen Berufsausbildung seien. Dies ergebe sich auch aus der
von der Beklagten erstellten Stellenbeschreibung des Jahres 2000 (Bl. 21 f d.A.).
Beim Anforderungsmerkmal "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" habe er
Anspruch auf Zuordnung zur Stufe 3 und damit auf Vergabe von 18 Punkten. Entgegen
der Auffassung der Beklagten sei die Erfüllung der Arbeitsaufgaben nicht im Einzelnen,
sondern nur teilweise vorgegeben. Zwar gebe es zu jeder Materialprüfung sogenannte
Prüfanweisungen, in denen z.B. die Gerätebedingungen und -einstellungen sowie das
Verfahren selbst festgelegt worden seien, so dass das Prüfverfahren für die Zukunft
reproduzierbar sei. Dies seien aber keine Vorgaben in Bezug auf die "Art und Weise der
Erfüllung der Arbeitsaufgaben". Zudem existierten solche Prüfanweisungen nur für den
Wiederholungs-, nicht aber für den Primärfall. Bei einem neu entwickelten Gesenk
erstmalig notwendig werdende und letztlich zum Einsatz kommende Prüfverfahren
würden von ihm, dem Kläger, und den weiteren U2-Leuten komplett eigenständig
entwickelt. Der Fachvorgesetzte, ein U3-Mann, nehme das Prüfverfahren dann ab und
bestätige es als formal Verantwortlicher.
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Beim Anforderungsmerkmal "Kooperation" habe er Anspruch auf Zuordnung zur Stufe 3
mit 10 Punkten. Denn die Erfüllung der Arbeitsaufgabe erfordere regelmäßige
Kommunikation und Zusammenarbeit sowie gelegentliche Abstimmung.
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Schließlich habe er beim Anforderungsmerkmal "Mitarbeiterführung" Anspruch auf 5
Punkte. Denn ein sogenannter U2-Mann lerne neue U1-Leute an und beaufsichtige
diese in den ersten Monaten ihrer Tätigkeit.
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Der Kläger hat beantragt,
11
1. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem
01.06.2006 nach der Entgeltgruppe 10 des Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom
18.12.2003 zu vergüten.
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2. Hilfsweise, für den Fall der Unbegründetheit des Antrages zu 1.) :
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem
01.06.2006 nach der Entgeltgruppe 9 des Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens
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vom 18.12.2003 zu vergüten.
3. Hilfsweise, für den Fall der Unbegründetheit des Antrages zu 1.) und 2.) :
17
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem
01.06.2006 nach der Entgeltgruppe 8 des Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens
vom 18.12.2003 zu vergüten.
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4. Hilfsweise, für den Fall der Unbegründetheit des Antrages zu 1.) - 3.) :
20
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem
01.06.2006 nach der Entgeltgruppe 7 des Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens
vom 18.12.2003 zu vergüten.
22
5. Hilfsweise, für den Fall der Unbegründetheit des Antrages zu 1.) - 4.) :
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem
01.06.2006 nach der Entgeltgruppe 6 des Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens
vom 18.12.2003 zu vergüten.
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6. Hilfsweise, für den Fall der Unbegründetheit des Antrages zu 1.) - 5.) :
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem
01.06.2006 nach der Entgeltgruppe 5 des Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens
vom 18.12.2003 zu vergüten.
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7. Hilfsweise, für den Fall der Unbegründetheit des Antrages zu 1.) - 6.) :
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger ab dem 01.06.2006 eine
Entgeltgruppenzulage nach § 2 Ziffer 4 Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens
vom 18.12.2003 zu zahlen hat.
31
Die Beklagte hat beantragt,
32
die Klage abzuweisen.
33
Sie hat vorgetragen, die Feststellungsklage sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet,
denn der Kläger sei zutreffend in Entgeltgruppe 4 des ERA eingruppiert. Der Kläger sei
unstreitig als zerstörungsfreier Werkstoffprüfer in der Abteilung Ultraschall als
sogenannter Level 2-Mitarbeiter tätig. Hierfür seien neben einer Ausbildung, die
maximal 2 Wochen umfasse, im Bereich des Level 2 1610 praktische
Erfahrungsstunden notwendig. Hierfür habe sie dem Kläger zusätzlich 6 Punkte im
Bereich der Berufserfahrung zuerkannt.
34
Zu jeder Materialprüfung liege eine sogenannte Prüfanweisung vor. Bestritten werde,
dass erstmalig notwendig werdende und letztlich zum Einsatz kommende Prüfverfahren
von den sogenannten U2-Leuten komplett eigenständig entwickelt würden. Die
Entwicklung obliege vielmehr den sogenannten U3-Leuten. Diese würden in der
Ausführung von den höchstqualifizierten U2-Leuten unterstützt. Die Prüfungen und
Analysen, die der Kläger durchführe, mündeten im Ergebnis in einem Vergleich mit
vorgegebenen Ziel- bzw. Soll-Werten. Die Ziel- und Sollwerte seien wiederum durch
DIN-Normen oder Kundenvorgaben vorgegeben. Die Prüfanweisung enthalte zu dem zu
prüfenden Gesenk eine Zeichnung und die Vorgabe, ob ein analoges oder digitales
Gerät zu verwenden sei. Des Weiteren beinhalte sie die Vorgabe, welcher Prüfkopf für
das Ultraschall-Prüfgerät konkret zu verwenden sei. Die sodann durchzuführende
Durchschallung erfolge ebenfalls nach konkreten Prüfanweisungen. Bestritten werde,
dass die Fehlertoleranzen nur mit fundierten Kenntnissen über Geometrie, Logarithmen
und Winkelfunktionen bestimmt werden könnten. Ausweislich der aktualisierten
Stellenbeschreibung seien lediglich geometrische Kenntnisse erforderlich. Bestritten
werde weiter, dass der sogenannte U2-Mann mittels schwieriger mathematischer
Koordinaten-Berechnungen die Lage des Fehlers in dem Gesenk und seine
Größe/Maße bestimme. Der U2-Mann lerne auch nicht neue U1-Leute
eigenverantwortlich an. Diese Aufgabe obliege vielmehr den U3-Leuten.
35
Soweit der Kläger die Stellenausschreibungen anspreche, sei darauf hinzuweisen, dass
Stellenausschreibungen und Stellenbeschreibungen durchaus voneinander abweichen
könnten. Dass sie, die Beklagte, ihre Stellenausschreibungen auf Facharbeiter
ausgerichtet habe, lasse nicht den Schluss zu, eine Besetzung der Stelle der
Werkstoffprüfer erfordere zwingend eine Facharbeiterausbildung. Vielmehr sei ein
bloßes Anlernen in diesem Bereich ausreichend. Zwar begrüße sie es grundsätzlich,
Facharbeiter sowohl im Bereich der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung als auch in allen
36
anderen Produktbereichen einzusetzen. Eine Facharbeiterausbildung sei jedoch
tatsächlich nicht erforderlich. Grundsätzlich erforderlich sei, dass der betreffende
Mitarbeiter die Ultraschallprüfung beherrsche. Soweit dies nicht der Fall sei, erfolge eine
entsprechende Schulung und die Absolvierung entsprechender Erfahrungsstunden. Da
die Tätigkeit der Werkstoffprüfer zum einen zwar eine relativ kurze Anlernzeit
voraussetze, zum anderen eine Erfahrungssammlung in der Praxis für die Ausübung der
Tätigkeit jedoch zwingend erforderlich sei, billige sie den U2-Leuten zusätzlich 6 Punkte
im Bereich der Berufserfahrung zu.
Auch aus den vom Kläger vorgelegten Merkblättern "Personalzertifizierung/Kursus- und
Zertifizierungsmodalitäten" ergebe sich nicht, dass die Teilnahme an der
Zertifizierungsprüfung eine Fachausbildung voraussetze. Auch aus den Anmeldebögen
der DGZfP Ausbildung und Training GmbH folge dies nicht.
37
Nach alledem habe der Kläger beim Anforderungsmerkmal "Können" nur Anspruch auf
18 Punkte, da die übertragene Arbeitsaufgabe lediglich ein Können erfordere, das durch
ein Anlernen ab 4 Wochen erworben werde. Die Arbeitsaufgaben erforderten auch nicht
zusätzlich eine Berufserfahrung von über einem Jahr.
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Beim Anforderungsmerkmal "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" seien dem
Kläger zutreffend 2 Punkte zugebilligt worden. Denn die Erfüllung der Arbeitsaufgaben
sei dem Kläger im Einzelnen vorgegeben. Beim Anforderungsmerkmal "Kooperation"
seien dem Kläger zutreffend 4 Punkte zugewiesen worden. Hinsichtlich des
Anforderungsmerkmals "Mitarbeiterführung" sei die Entscheidung nicht zu beanstanden,
dem Kläger keine Punkte zuzubilligen. Die Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben erfordere
kein Führen. Insgesamt erreiche der Kläger damit 30 Punkte, so dass er zutreffend in die
Entgeltgruppe 4 eingruppiert worden sei.
39
Durch Urteil vom 11.12.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese
Entscheidung, die dem Kläger am 13.12.2007 zugestellt worden ist, richtet sich die
Berufung des Klägers, die am 11.01.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und -
nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.04.2008 - am 09.04.2008
begründet worden ist.
40
Der Kläger macht zweitinstanzlich geltend, er habe Anspruch auf Vergütung nach
Entgeltgruppe 8 des ERA, hilfsweise nach Entgeltgruppe 7, hilfsweise nach
Entgeltgruppe 6, hilfsweise nach Entgeltgruppe 5 und hilfsweise auf Zahlung einer
Entgeltgruppenzulage. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe beim
Anforderungsmerkmal "Können" Anspruch auf Zuordnung zu Stufe 7 mit 48 Punkten.
Denn die ihm zugewiesenen Arbeitsaufgaben erforderten ein Können, das in der Regel
durch eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf von
mindestens zweijähriger Regelausbildungsdauer erworben werde. Weitere
Voraussetzung, um die Aufgabe zu erfüllen, sei die Teilnahme an einem zweiwöchigen
Lehrgang. Hierbei werde eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgesetzt. Dies
ergebe sich bereits aus den allgemeinen Teilnahmebedingungen für die Zulassung zur
Prüfung (Bl. 250 d.A.). Zwar handele es sich insoweit um eine Sollbestimmung. Dies
bedeute, dass in besonderen Ausnahmefällen unter besonderen Bedingungen auf diese
Voraussetzung verzichtet werden könne, wenn der betreffende Prüfungsteilnehmer z.B.
keine abgeschlossene Ausbildung vorweisen könne, er aber die Kenntnis auf andere
Weise erworben habe. Diese Fälle würden nach dem ERA einer abgeschlossenen
Ausbildung gleichgesetzt.
41
Die Beklagte habe weiter zugestanden, dass für die Tätigkeit eines U2-Mannes eine
Berufserfahrung von 1 bis 3 Jahren erforderlich sei. Er, der Kläger, habe deshalb
insoweit Anspruch auf Zubilligung von 6 Punkten.
42
Beim Anforderungsmerkmal "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" verlange er
weiterhin die Zuweisung von 18 Punkten. Denn die Erfüllung der Arbeitsaufgabe sei nur
teilweise vorgegeben. Zutreffend sei zwar, dass es im Betrieb der Beklagten
Prüfanweisungen gebe. Danach könne jedoch nicht immer gearbeitet werden. In diesen
Fällen müsse der Plan selbst erstellt werden. Das Erstellen des Prüfplans sei Teil der
Tätigkeit der Gruppe U 2, zu der er, der Kläger, gehöre. Das Erstellen des Prüfplans
werde regelmäßig abverlangt. Zutreffend sei zwar auch, dass Prüfkopfe vorgegeben
würden. In der Regel würden jedoch drei bis fünf Prüfungen durchgeführt. Bei
Musterteilen müsse er, der Kläger, die Prüfanweisungen selbst erstellen. Wenn er
Fehler finde, müsse er zur Fehlerauswertung selbst entscheiden, welcher Prüfkopf zu
verwenden sei. Zur Kontrolle und Sicherheit werde eine Vergleichsrechnung
durchgeführt. Auch bezüglich der Tauchtechnik gebe es eine Prüfanweisung. Er, der
Kläger, müsse jedoch entscheiden, ob Teile prüfbar seien. Im Übrigen müsse er auch
Sichtprüfungen durchführen.
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Beim Anforderungsmerkmal "Kooperation" mache er, der Kläger, nicht mehr die
Zubilligung von 10 Punkten geltend. Die Beklagte habe ihm in diesem Bereich 4 Punkte
zugestanden.
44
Insgesamt gelange man somit zu 76 Punkten und damit zu einer Eingruppierung in die
Entgeltgruppe 8.
45
Der Kläger stellt folgenden Antrag:
46
Das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 11.12.2007, AZ: 2 Ca 2256/07, wird
teilweise abgeändert und
47
1. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem
01.06.2006 nach der Entgeltgruppe 8 des Entgeltrahmenabkommens für die
Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom
18.12.2003 zu vergüten,
48
49
2. hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit des Antrages zu 1. wird festgestellt,
dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.06.2006 nach der
Entgeltgruppe 7 des Entgeltrahmenabkommens für die Eisen-, Metall-, Elektro-
und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 zu vergüten,
50
51
3. hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit der Anträge zu 1. und zu 2. wird
festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.06.2006 nach
der Entgeltgruppe 6 des Entgeltrahmenabkommens für die Eisen-, Metall-, Elektro-
und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 zu vergüten,
52
53
4. hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit der Anträge zu 1. bis 3. wird
festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.06.2006 nach
der Entgeltgruppe 5 des Entgeltrahmenabkommens für die Eisen-, Metall-, Elektro-
und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 zu vergüten,
54
55
5. hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit der Anträge 1. bis 4. wird festgestellt,
dass die Beklagte dem Kläger ab 01.06.2006 eine Entgeltgruppenzulage nach § 2
Ziff. 4 des Entgeltrahmenabkommens für die Eisen-, Metall-, Elektro- und
Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 zu zahlen hat.
56
57
Die Beklagte beantragt,
58
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
59
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, Grundlage für die von ihr
vorgenommene Eingruppierung sei u.a., ob der jeweilige Werkstoffprüfer eine
Qualifikation Level 1 oder Level 2 aufweise. Die Voraussetzungen für die Zertifizierung
von zerstörungsfreien Werkstoffprüfern nach Level 1 und 2 folgten aus den bereits
vorgelegten DIN EN 473 bzw. DIN EN 4179. Neben einer Ausbildung, die maximal 2
Wochen umfasse, seien praktische Erfahrungsstunden und eine damit verbundene
vertriebsinterne Zulassung erforderlich. Beim Kläger handele es sich um einen
sogenannten Level 2-Mitarbeiter. Bestritten werde, dass die von ihm zu erledigenden
Arbeitsaufgaben ein Können erforderten, das in der Regel durch eine abgeschlossene
Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf von mindestens zweijähriger
Regelausbildungsdauer erworben werde. Für die Teilnahme an der vom Kläger
absolvierten zweiwöchigen Ausbildung sei ebenfalls keine Berufsausbildung
erforderlich. Bei den allgemeinen Teilnahmebedingungen für die Zulassung zur Prüfung
handele es sich lediglich um Soll-Bestimmungen, so dass eine Berufsausbildung
gerade keine zwingende Teilnahmevoraussetzung darstelle. Dementsprechend
verfügten auch nicht alle bei ihr beschäftigten Werkstoffprüfer über eine Fachausbildung
in einem Metallberuf. Sie, die Beklagte, verweise insoweit auf die im Termin vom
23.10.2008 überreichte Aufstellung (Bl. 284 d.A.).
60
Ausgehend hiervon habe der Kläger im Rahmen der Eingruppierung Anspruch auf 18
Punkte im Bereich des Könnens, 6 Punkte im Bereich der Berufserfahrung, 2 Punkte im
Bereich des Handlungs- und Entscheidungsspielraums und 4 Punkte im Bereich der
Kooperation, insgesamt also auf 30 Punkte, so dass er zutreffend in die Entgeltgruppe 4
eingruppiert sei. Lediglich sogenannte Level 2-Mitarbeiter erhielten zusätzlich 6 Punkte
im Bereich "Berufserfahrung". Da die Erfahrungszeit in der Prüfung an den betrieblichen
Bauteilen bei der Entgeltdefinition und somit bei der Eingruppierung habe berücksichtigt
werden sollen, ein weiteres "Anlernen" im tariflichen Sinne aber nicht mehr stattfinde,
sei dieses durch die Vergabe von 6 zusätzlichen Punkten im Bereich der
"Berufserfahrung" realisiert worden.
61
Soweit Mitarbeiter zusätzlich über weitergehende Kenntnisse hinsichtlich des
Einrichtens und Programmierens der Becken 1 und 2, des Leyboldbeckens und des
Tiefenausgleichs oder über Kenntnisse hinsichtlich der Einrichtung des Tanks 3 und der
Programmierung des Tiefenausgleichs und des Vermessens der Prüfköpfe verfüge und
die damit verbundenen Aufgaben auch ausführe, erfolge automatisch eine
Höhergruppierung in Entgeltgruppe 5. Aufgrund der vorbezeichneten weitergehenden
Kenntnisse sei von einer Anlernzeit ab 3 Monaten auszugehen, so dass diesen
Mitarbeitern im Bereich des Könnens 25 Punkte zuerkannt worden seien.
62
Beim Anforderungsmerkmal "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" habe der
Kläger nur Anspruch auf 2 Punkte. Denn die Erfüllung der Arbeitsaufgabe sei durch die
bereits genannten Prüfanweisungen im Einzelnen vorgegeben. Bestritten werde, dass
nach den Prüfanweisungen nicht immer gearbeitet werden könne und in diesen Fällen
der Prüfplan durch die Mitarbeiter des Levels 2 erstellt werden müsse. Es sei nicht
Aufgabe der Mitarbeiter der Abteilung Werkstoffprüfung, Prüfpläne zu erstellen. Die
Mitarbeiter müssten zur Fehlerauswertung auch nicht selbst entscheiden, welcher
Prüfkopf zu verwenden sei. Die zu verwendenden Prüfköpfe seien in der Prüfanweisung
ebenfalls vorgegeben. Bei der Auswahl der anzuwendenden
Bearbeitungsverfahren/Arbeitsmittel bestehe kein Spielraum des Klägers. Die
Prüfanweisungen, an die er sich zu halten habe, lägen vielmehr in der Verantwortung
des entsprechenden Level 3-Mitarbeiters, durch den auch die Freigabe der
Prüfanweisung erfolge. Ein Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Klägers sei in
diesem Zusammenhang nicht gegeben.
63
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
64
Entscheidungsgründe
65
I.
66
Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden.
67
II.
68
Der Sache nach hat die Berufung des Klägers teilweise Erfolg. Denn die Beklagte ist
verpflichtet, den Kläger ab dem 01.06.2006 nach Entgeltgruppe 7 des ERA zu vergüten.
Soweit der Kläger darüber hinausgehend Vergütung nach Entgeltgruppe 8 begehrt, war
69
die Berufung zurückzuweisen; denn ein dahingehender Anspruch des Klägers ist nicht
gegeben.
1. Die Überprüfung der Eingruppierung des Klägers unterliegt der uneingeschränkten
Überprüfung der Arbeitsgerichte. Die erkennende Kammer verweist insoweit auf die
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 07.12.2007 - 7 Sa 1354/07 und
nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen Bezug.
70
2. Die Überprüfung der Eingruppierungsentscheidung ergibt, dass der Kläger Anspruch
auf Vergütung nach Entgeltgruppe 7 des ERA hat.
71
a) Soweit das Anforderungsmerkmal "Können" in Frage steht, stehen dem Kläger nach
Überzeugung der erkennenden Kammer 48 Punkte entsprechend Bewertungsstufe 7
der ERA-Arbeitsbewertung zu. Denn er erledigt Arbeitsaufgaben, die ein Können
erfordern, das in der Regel durch eine abgeschlossene Ausbildung in einem
anerkannten Ausbildungsberuf von mindestens zweijähriger Regelausbildungsdauer
erworben wird.
72
aa) Die Beklagte hat in mehreren Stellenausschreibungen, in denen sie Mitarbeiter für
die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung gesucht hat, darauf hingewiesen, dass sie für eine
Tätigkeit in diesem Bereich eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung in einem
Metallberuf verlangt. So heißt es in der Stellenausschreibung vom 25.05.2004 wörtlich:
73
"Notwendige Voraussetzung für die Übernahme dieser Aufgabe ist eine
Ausbildung in einem Metallberuf und Kenntnisse unserer Gesenk- und
Freiformschmiedestücke in Bezug auf Her-stellverfahren sowie Kenntnisse über
dabei möglicherweise entstehende Fehler. Umfassende geometrische
Kenntnisse einschließlich Winkelfunktionen sind unbedingt erforderlich.
74
Eine gute körperliche Verfassung insbesondere einwandfreies Sehvermögen ist
erforderlich. Wir erwarten darüber hinaus die Bereitschaft, gfs. fehlende
Kenntnisse wie z.B. die Absolvierung der Level-1 bzw. Level-2 Schulung mit
einer erfolgreich bestandenen Prüfung kurzfristig nachzuweisen."
75
In einer weiteren Stellenausschreibung vom 31.08.2005 heißt es:
76
"Sie haben eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung in einem Metallberuf
und verfügen außerdem über die notwendigen EDV-Kenntnisse in Word und
Excel, Grundkenntnisse in Englisch, haben räumliches Vorstellungsvermögen
und sind in der Lage, Zeichnungen zu lesen. Sorgfalt, physikalisches
Verständnis und analytisches Denkvermögen sind Voraussetzung.
77
Einwandfreies Sehvermögen und eine gute körperliche Verfassung sind
ebenfalls erforderlich.
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Als Ausbildungszeit sind ca. 3-4 Monate vorgesehen. Der praktische sowie der
theoretische Teil der Ausbildung erfolgt bei uns im Haus. Die Prüfung erfolgt
extern."
79
Schließlich heißt es in einem Stellenangebot betreffend Mitarbeiter für die
zerstörungsfreie Werkstoffprüfung, das die Beklagte über die Bundesagentur für Arbeit
80
im Jahre 2007 geschaltet hat:
"Sie haben:
81
Eine Ausbildung in einem Metallberuf,
82
erfolgreich an einem Lehrgang UT Stufe II gemäß DIN EN 4179 bzw. DIN EN
Stufe 3 teilgenommen, ….…"
83
Darüber hinaus heißt es unter den allgemeinen Teilnahmevoraussetzungen der DGZfP
u.a.:
84
"Die allgemeine Berufsausbildung oder die im Beruf erworbenen Kenntnisse
sollen dem Ausbildungsinhalt des Facharbeiterabschlusses eines technischen
Berufes entsprechen."
85
Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Beklagte als Zulieferer u.a. für die Luft- und
Raumfahrt unstreitig ein zertifiziertes Unternehmen und der Kläger dementsprechend
ein zertifizierter Mitarbeiter ist. Ausweislich der zu den Akten gereichten Unterlagen über
die "Personalzertifizierung" ist Voraussetzung für die Zertifizierung u.a.:
86
"Neben der Fachausbildung und der erfolgreichen Qualifizierungsprüfung muss
die zu zertifizierende Person auch praktische Erfahrungen und körperliche
Eignung nachweisen und die berufsethischen Regeln anerkennen."
87
In den weiter zu den Akten gereichten Unterlagen über die "Kursus- und
Zertifizierungsmodalitäten" heißt es unter den Teilnahmevoraussetzungen u.a. weiter:
88
" ( Für Kurse der Stufe 1 und 2 wird die Ausbildung in einem technischen Beruf
vorausgesetzt, ersatzweise langjährige Berufserfahrung auf technischem
Gebiet.
89
( Kurse der Stufe 3 richten sich an Teilnehmer, die eine Ausbildung zum
Meister, Techniker oder Ingenieur absolviert haben. Eine langjährige
Berufserfahrung in der ZfP mit Stufe-2-Verantwortung in mehreren Verfahren
kann als gleichwertig angesehen werden."
90
bb) Angesichts der von der DGZfP genannten Voraussetzungen zur Teilnahme an den
Grundkursen zum Erwerb der Kenntnisse nach Level-1 und Level-2 der
zerstörungsfreien Werkstoffprüfung, den aufgezeigten Zertifizierungsvoraussetzungen
und insbesondere den eigenen Stellenausschreibungen der Beklagten muss davon
ausgegangen werden, dass die dem Kläger übertragenen Arbeitsaufgaben ein Können
erfordern, das in der Regel durch eine abgeschlossene Ausbildung in einem
anerkannten Ausbildungsberuf von mindestens zweijähriger Regelausbildungsdauer
erworben wird. Wenn eine Zertifizierung ausweislich der vorgelegten Formblätter
"Personalzertifizierung" und "Kursus- und Zertifizierungsmodalitäten" nur erfolgt, wenn
die Beklagte u.a. zerstörungsfreie Werkstoffprüfer beschäftigt, welche die entsprechende
Fachausbildung und eine erfolgreiche Qualifizierungsprüfung abgelegt haben, wobei
zum Besuch der Kurse der Stufe 1 und 2 die Ausbildung in einem technischen Beruf,
ersatzweise langjährige Berufserfahrung auf technischem Gebiet vorausgesetzt wird, so
ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit als zerstörungsfreier Werkstoffprüfer
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dementsprechende Fachkenntnisse verlangt. Dies sieht offensichtlich auch die Beklagte
so, wenn sie in den oben genannten Stellenausschreibungen wörtlich ausführt, dass
"notwendige Voraussetzung für die Übernahme dieser Aufgabe" eine Ausbildung in
einem Metallberuf ist.
Dass für die Übernahme einer Arbeitsaufgabe ausdrücklich eine bestimmte Ausbildung
als Voraussetzung genannt wird, obwohl derartige Fachkenntnisse in der Praxis
tatsächlich nicht benötigt werden, kann nicht unterstellt werden. Vielmehr ist unter
Berücksichtigung der aufgezeigten Teilnahmevoraussetzungen für die Level-1 bzw.
Level-2-Schulungen, den Zertifizierungsvoraussetzungen und den
Stellenausschreibungen der Beklagten vom Regelfall auszugehen, dass die
vorausgesetzten Fachkenntnisse zur Erledigung der fraglichen Arbeitsaufgabe auch
erforderlich sind. Der Einwand der Beklagten, die Arbeitsaufgaben des Klägers
erforderten lediglich ein Können, das durch ein Anlernen ab 4 Wochen bis zu 3 Monaten
erworben wird, würde bedeuten, dass jeder ungelernte Hilfsarbeiter ohne besondere
Vorkenntnisse die zweiwöchigen Lehrgänge bei der DGZfP mit Erfolg absolvieren und
nach Ableisten der praktischen Erfahrungsstunden zerstörungsfreie Werkstoffprüfung
nach Stufe 1 bzw. 2 durchführen könnte. Angesichts der obengenannten
Voraussetzungen für die Teilnahme an den Kursen, der Zertifizierungsvoraussetzungen
und ihrer eigenen Stellenausschreibungen hätte es näherer Darlegung durch die
Beklagte bedurft, weshalb die fraglichen Arbeitsaufgaben des Klägers lediglich ein
Anlernen im Sinne der Stufe 3 der Arbeitskenntnisse erfordern.
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Die Tatsache, dass nicht sämtliche bei der Beklagten beschäftigten zerstörungsfreien
Werkstoffprüfer über eine abgeschlossene Ausbildung in einem Metallberuf verfügen,
spricht nicht gegen die Annahme, dass die Erledigung der Arbeitsaufgaben eines
zerstörungsfreien Werkstoffprüfers ein Können erfordert, das in der Regel durch eine
abgeschlossene Ausbildung erworben wird. Wenn die erforderlichen Fachkenntnisse
nach Stufe 7 des Anforderungsmerkmals "Können" zwar "in der Regel" durch eine
Ausbildung erworben werden, wobei hierzu auch die erforderliche aufgabenspezifische
Fort- und Weiterbildung gehört, das erforderliche Können also im Regelfall durch
entsprechende standardisierte Ausbildungsgänge erreicht wird, können die
erforderlichen Fachkenntnisse allerdings auch auf anderem Wege erworben werden.
Dementsprechend heißt es auch bei den allgemeinen Teilnahmevoraussetzungen der
Grundkurse nach Stufe 1 und Stufe 2 der DGZfP, dass die allgemeine Berufsausbildung
oder die im Beruf erworbenen Kenntnisse dem Ausbildungsinhalt des
Facharbeiterabschlusses eines technischen Berufs entsprechen sollen. Auch beim
Formblatt "Kursus- und Zertifizierungsmodalitäten" heißt es, dass für Kurse der Stufe 1
und 2 die Ausbildung in einem technischen Beruf, ersatzweise langjährige
Berufserfahrung auf technischem Gebiet, vorausgesetzt wird. Angesichts dessen kann
aus der Tatsache, dass nicht alle als zerstörungsfreie Werkstoffprüfer beschäftigten
Arbeitnehmer eine Fachausbildung in einem Metallberuf haben, nicht geschlossen
werden, dass jeder ungelernte Hilfsarbeiter ohne Vorkenntnisse die genannten
Schulungen nach Stufe 1 und 2 erfolgreich absolvieren und nach Ableistung der
genannten praktischen Stunden die Tätigkeit als zerstörungsfreier Werkstoffprüfer im
Betrieb der Beklagten ausüben könnte. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass der
Vertreter der Beklagten im Termin vom 23.10.2008 ausgeführt hat, nicht jeder bei der
Beklagten beschäftigte Arbeitnehmer komme im Rahmen der betrieblichen
Weiterbildung für eine Teilnahme an den Kursen der DGZfP in Betracht. Vielmehr
müssten die hierauf angesprochenen Arbeitnehmer eine betriebsinterne Prüfung
ablegen, bevor sie zu den Kursen angemeldet würden.
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b) Die Beklagte hat dem Kläger im Bereich "Berufserfahrung" 6 Punkte zugebilligt.
Dieser Bereich ist von den Parteien nicht weiter in Frage gestellt worden.
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c) Ein Anspruch des Klägers auf Zubilligung von 18 Punkten im Rahmen des
Anforderungsmerkmals "Handlungs- und Entscheidungsspielraum" ist nicht gegeben.
Dem Sachvortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass die Erfüllung der ihm
übertragenen Arbeitsaufgaben nur "teilweise vorgegeben" ist.
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aa) Die Zubilligung der Stufe 3 beim Anforderungsmerkmal "Handlungs- und
Entscheidungsspielraum" setzt voraus, dass der Beschäftigte einen "größeren
Handlungs- und Entscheidungsspielraum" hat. Ausweislich der sogenannten
Orientierungshilfen für die Bewertung der Anforderungsmerkmale ist davon
auszugehen, dass dem Beschäftigten in Stufe 3 dieses Anforderungsmerkmals
Vorgaben in einer Größenordnung von ca. 50 % gemacht werden, so dass ein Freiraum
von ebenfalls ca. 50 % verbleibt.
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bb) Ausgehend hiervon ist im Rahmen der Prüfung, welchen Handlungs- und
Entscheidungsspielraum ein Beschäftigter hat, eine Quantifizierung vorzunehmen, in
welchem Umfang bei der Erfüllung der übertragenen Arbeitsaufgabe Vorgaben gemacht
sind bzw. in welchem Umfang ein sogenannter Freiraum verbleibt. Eine solche
Quantifizierung war unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht möglich.
Unstreitig gibt es zu jeder Materialprüfung eine sogenannte Prüfanweisung, in denen
die Gerätebedingungen und -einstellungen sowie das Verfahren selbst festgelegt sind
und die das Prüfverfahren für die Zukunft reproduzierbar machen. In welchem Ausmaß
gegebenenfalls bei neu entwickelten Werkstücken erstmalig notwendig werdende und
letztlich zum Einsatz kommende Prüfverfahren entwickelt werden und in welchem
Umfang der Kläger hieran beteiligt ist, lässt sich seinem Sachvortrag nicht entnehmen.
Die Vernehmung der von ihm benannten Zeugen wäre insoweit unzulässiger
Ausforschungsbeweis gewesen. Es verbleibt damit bei den von der Beklagten in diesem
Bereich angesetzten 2 Punkten.
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d) Nicht mehr streitig zwischen den Parteien ist, dass dem Kläger beim
Anforderungsmerkmal "Kooperation" 4 Punkte und beim Anforderungsmerkmal
"Mitarbeiterführung" 0 Punkte zustehen.
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e) Insgesamt erreicht der Kläger damit 60 Punkte und hat danach Anspruch auf
Eingruppierung in Entgeltgruppe 7 des ERA.
99
III.
100
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO.
101
Der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens beträgt 19.166,40 Euro. Angesichts des
im Berufsverfahren eingeschränkt weiter verfolgten Begehrens des Klägers beträgt der
Streitwert des Berufungsverfahrens 7.459,20 Euro.
102
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
103