Urteil des LAG Hamm vom 04.06.2007
LArbG Hamm: sinn und zweck der norm, bedürftige partei, vertretung, prozess, arbeitsrecht, sozialhilfe, reduktion, ausnahmefall, arbeitsgericht, vergleich
Landesarbeitsgericht Hamm, 9 Sa 253/07
Datum:
04.06.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 Sa 253/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Herne, 1 Ca 2252/06
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 3 AZB 26/07 Beschluss teilweise aufgehoben,
zurückverwiesen 14.11.07, 9 Sa 253/07 Vergleich 02.05.2008
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe Beiordnung Rechtsanwalt eigene Angelegenheit
Normen:
§ 121 Abs. 1 ZPO
Leitsätze:
Eine hilfebedürftiger Rechtsanwalt kann für die Verfolgung eines
eigenen Rechtsanspruchs nicht sich selbst gem. § 121 Abs. 1 ZPO
beigeordnet werden, wenn es ihm nicht an der
erforderlichen Sachkunde mangelt. Dies ergibt sich - entgegen BGH IX
ZB 106/02 vom 25.04.2002 - aus dem Zweck der Prozesskostenhilfe als
einer Sozialleistung (so auch OLG Frankfurt 3 WF 21/92 vom
25.05.1992).
Tenor:
Der Antrag des Klägers vom 31.01.2007 auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens unter
Beiordnung der Klägers als Rechtsanwalt wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
1
I.
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Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und seine eigene
Beiordnung als Rechtsanwalt für die beabsichtigte Durchführung der Berufung in einem
Zahlungsrechtsstreit gegen seinen früheren Arbeitgeber, der ebenfalls Rechtsanwalt ist.
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II.
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Der Antrag ist zurückzuweisen.
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Die wirtschaftlichen Voraussetzungen einer Bewilligung und Beiordnung gem. § 114
ZPO sind zwar erfüllt.
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Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist jedoch gemäß § 121 Absatz 1 ZPO
abzulehnen.
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Danach ist zwar in Fällen notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt eine
Beiordnung vorzunehmen. Soweit dies der 9. Senat des BGH in seinem Beschluss vom
25.04.2002 - IX ZB 106/02 – zu II. der Gründe offenbar einschränkungslos vertritt, kann
dem für den vorliegenden Ausnahmefall nicht gefolgt werden.
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Über den reinen Wortlaut der Norm hinaus, auf den allein der BGH a.a.O. abstellt, ist
deren Zweck zu berücksichtigen. Auch ist die Ansicht des BGH a.a.O. in
Rechtsprechung und Literatur nicht unumstritten, wie sich schon aus Stein/Jonas/Bork
22. Aufl. ZPO § 121 Rn. 3, dort anhand der Nachweise in Fn. 9 ergibt.
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Aus dem Sinn und Zweck der Norm heraus darf ein hilfebedürftiger, in eigener
Angelegenheit prozessierender Rechtsanwalt sich nicht selbst beigeordnet werden
(Zöller/Philippi 26. Aufl. § 121 ZPO Rn. 1, 3; OLG Frankfurt Beschluss vom 25.05.1992 –
3 WF 21/92 - FamRZ 1992, 1320 m.w.Nachw.; a.A. Bork in Stein/Jonas 22. Aufl. § 121
ZPO Rn. 3; Baumbach 65. Aufl. § 121 ZPO Rn. 26); ihm kann jedoch ein anderer
Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn dies, z.B. wegen mangelnder Sachkunde auf
einem Spezialgebiet, erforderlich ist (Zöller/ Philippi a.a.O.). Dies beruht auf einer
teleologisch begründeten Reduktion der Norm. § 121 Abs. 1 ZPO will die
ordnungsgemäße Vertretung der bedürftigen Partei auch in einem Anwaltsprozess
sichern. Hierfür bedarf es keiner Anwaltsbeiordnung, wenn die bedürftige Partei selbst
ein sachkundiger Rechtsanwalt ist. Wem als kostenarmer Partei Prozesskostenhilfe
bewilligt wird, muss sich auf das Notwendige beschränken. Eine Beiordnung des
Rechtsanwalts für seinen eigenen Prozess widerspräche dem Zweck der staatlichen
Transferleistung, welche die Prozesskostenhilfe als Sozialhilfe (diesen Zweck betont
auch BAG Beschluss vom 15.02.2005 – 5 AZN 781/04) für den Rechtsweg ist (so auch
OLG Frankfurt a.a.O.).
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So liegt es hier. Der Kläger weist, soweit es seine Sachkunde betrifft, darauf hin, bereits
bei dem Einstellungsgespräch mit dem Beklagten die Fachanwaltslehrgänge für
Arbeitsrecht abgeschlossen gehabt zu haben.
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III.
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Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, .
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Hamm, den 04.06.2007
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Das Landesarbeitsgericht
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Der Vorsitzende der 9. Kammer
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Pakirnus
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Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht
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