Urteil des LAG Düsseldorf vom 19.06.1998
LArbG Düsseldorf (arbeitsverhältnis, treu und glauben, bag, essen, betrieb, arbeitsgericht, arbeitnehmer, bestand, materielle rechtskraft, rechtskräftiges urteil)
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 11 (12) Sa 1851/97
Datum:
19.06.1998
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 (12) Sa 1851/97
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Essen, 5 (2) Ca 3469/96
Schlagworte:
Einheitliches Arbeitsverhältnis in gemeinsam von mehreren
Unternehmen geführten Betrieb, Betriebsübergang
Normen:
§ 427 BGB, § 611 BGB, § 613 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Aus der Annahme eines gemeinsam von mehreren juristischen
Personen geführten Betriebes folgt noch nicht, daß diese juristischen
Personen sämtlich Arbeitgeber aller im Gemeinschaftsbetrieb
beschäftigten Arbeitnehmer sind (vgl. schon BAG v. 05.03.1987 - 2 AZR
623/85 - EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 38). 2. Die Auflösung eines
Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG kommt nur in Betracht,
wenn das Arbeitsverhältnis zu dem gesetzlich zwingend
vorgeschriebenen Auflösungszeitpunkt noch Bestand hat (wie BAG v.
20.03.1997 - 8 AZR 769/95 - EzA § 613 a BGB Nr. 148).
Tenor:
1.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2., 3. und 5. wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Essen vom 04.06.1997 - 5 (2) Ca 3469/96 - teilweise
abgeändert und die Klage auch gegen die Beklagten zu 2., 3. und 5.
abgewiesen.
2.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3.
Die in erster Instanz entstandenen Kosten tragen die Klägerin zu 4/5 und
die Beklagte zu 1. zu 1/5.
Die in zweiter Instanz entstandenen Kosten trägt die Klägerin.
4.
Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D :
1
Die Parteien streiten über den Bestand arbeits- und haftungsrechtlicher Beziehungen
zwischen ihnen sowie über sich hieraus ergebende Zahlungsverpflichtungen der
Beklagten zu 2. bis 5.
2
Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestand aufgrund entsprechender
arbeitsvertraglicher Beziehungen ein Arbeitsverhältnis, aufgrund dessen die Klägerin
gegen eine Bruttomonatsvergütung von DM 2.470,-- tätig war. Dieses Arbeitsverhältnis ,
dessen rechtliche Gesamtdauer zwischen den Parteien streitig ist, kündigte die Beklagte
zu 1. mit Schreiben vom 30.11.1995 zum 31.01.1996. Gegen diese ihr am 08.01.1996
zugegangene Kündigung richtete sich die von der Klägerin beim Arbeitsgericht Essen
am 26.01.1996 eingereichte Kündigungsschutzklage. Durch Schluß-Versäumnisurteil
vom 08.01.1997 löste das Arbeitsgericht Essen - 5 (1) Ca 428/96 - das Arbeitsverhältnis
zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. zum 31.05.1996 gegen Zahlung einer
Abfindung in Höhe von DM 13.585,-- auf.
3
Die Beklagten zu 1. - 3. sowie die Beklagte zu 5. sind bzw. - soweit es die Beklagte zu 1.
betrifft - waren auf dem Gebiet der Druckweiterverarbeitung tätig. Hierzu gehört laut
einem Werbeprospekt der Beklagten zu 2., 3. und 5., der jedenfalls bis 1994 Bedeutung
hatte, u. a. auch ein Verpackungs- und EDV-Service. Auftraggeber sind u. a.
Druckereibetriebe. Die von den verschiedenen Beklagten wahrgenommenen
Tätigkeiten sind im einzelnen streitig. Das Betriebsgelände der Beklagten befindet sich
in einer gepachteten Betriebshalle in E.. Wie die räumliche Verbundenheit der
Beklagten und die Zuordnung der einzelnen Produktionsmittel (Maschinen) zu den
jeweiligen Beklagten konkret beschaffen sind, ist ebenfalls streitig.
4
Der Beklagte zu 4. ist Geschäftsführer der Beklagten zu 5. Er wurde zumindest in
Einzelfällen auch für die anderen Beklagten tätig. So unterzeichnete er mehrere
Arbeitsverträge sowie mindestens eine Abmahnung für andere Beklagte. Des weiteren
unterwies er den Geschäftsführer der Beklagten zu 1., Herrn M., in seiner - des
5
Herrn M - Funktion als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Auch kam es zu
Unterzeichnungen von Schecks durch den Beklagten zu 4. für andere Beklagte.
6
Mit ihrer am 13.09.1996 bei dem Arbeitsgericht Essen eingegangenen und zunächst nur
gegen die Beklagten zu 1. bis 4. gerichteten Klage, die diesen am 26. bzw. 27.09.1996
zugestellt wurde, hat die Klägerin die Verurteilung dieser Beklagten zur
gesamtschuldnerischen Zahlung von DM 13.585,-- netto (Abfindung) begehrt. Mit einem
beim Arbeitsgericht Essen am 11.10.1996 eingereichten Schriftsatz hat die Klägerin ihre
Klage dahingehend erweitert, daß sie von den Beklagten zu 1. bis 4. die
gesamtschuldnerische Verurteilung zur Zahlung von DM 235,24 brutto (Abgeltung für
zwei im Januar 1996 nicht genommene Urlaubstage) verlangt hat. Mit einem beim
Arbeitsgericht Essen am 25.11.1996 eingegangenen Schriftsatz erweiterte die Klägerin
ihre Klage zunächst dahin, daß sie vorsorglich die Feststellung begehrte, daß zwischen
ihr und den Beklagten zu 2. bis 5. ein Arbeitsverhältnis zustandegekommen sei. Mit
weiterem, am 18.02.1997 beim Arbeitsgericht eingereichten Schriftsatz, verlangte sie
außerdem die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zu 1. bis 5. zur
Zahlung von DM 940,96 brutto (Abgeltung von acht Urlaubstagen für die Zeit vom 01.02.
bis 31.05.1996) sowie von DM 9.880,-- brutto (Verzugslohn für die Zeit vom 01.02. bis
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31.05.1996 in Höhe von monatlich DM 2.470,-- brutto) abzüglich in diesem Zeitraum
bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 2.932,80. Für den Fall, daß eine
Verpflichtung der Beklagten zu 2. bis 5. aus der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses
gemäß dem Auflösungsantrag nicht bestehen sollte, kündigte sie in dem vorgenannten
Schriftsatz und in einem weiteren beim Arbeitsgericht am 19.03.1993 eingegangenen
Schriftsatz noch je einen Hilfsantrag an.
Die Klägerin hat geltend gemacht:
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Die Beklagte zu 3. verfüge über eigene Maschinen. So habe sie - die Beklagte zu 3. -
ausweislich des Tatbestandes des Urteils des Landgerichts Essen vom 30.03.1995 - 18
O 382/94 - in einem gegen eine Firma I. GmbH geführten Prozeß zusammen mit
anderen Firmen eine Etikettieranlage, einen Falz- und einen Planschneider benutzt.
Eine ehemalige Mitarbeiterin der Beklagten zu 2. habe bestimmte buchbinderische
Tätigkeiten für diese Beklagte verrichtet, nachdem sie von 1992 bis Februar 1994 mit
denselben Arbeiten für die Beklagte zu 3. betraut gewesen sei. Die Beklagte zu 5.
wiederum sei Eigentümerin mehrerer, auch von anderen Beklagten genutzten
Produktionsmaschinen. Vor allem seien die in der gemeinsamen Betriebshalle
beschäftigten Arbeitnehmer/innen stets dieselben gewesen. Sie seien im häufigen
Wechsel für die verschiedenen Beklagten tätig geworden. So hätten etwa an der
Maschine einer Beklagten mehrere Arbeitnehmer/innen von unterschiedlichen
Beklagten gearbeitet. Des weiteren sei nicht nur in einer einzigen Produktionshalle
gearbeitet worden, sondern seien auch Betriebsbüro, Umkleide- und Pausenräume
identisch gewesen. Insgesamt sei es demnach zu einem häufigen Austausch von
Personal- und Produktionsmitteln gekommen, so daß es sich um einen einheitlichen
Betrieb gehandelt habe. Eine Haftung der Beklagten zu 2., 3. und der Beklagten zu 5.
ergebe sich auch aus § 613 a BGB. Da eine firmenbezogene Abgrenzung der
Betriebsmittel des einheitlichen Betriebs M.straße nicht möglich sei, seien im Falle des
Ausscheidens einer dort tätigen Firma (wie zuletzt der Beklagten zu 1.) die übrigen
verbleibenden und neu hinzukommenden Firmen (wie die Beklagte zu 2.) wie
Betriebs(teil)übernehmer nach § 613 a BGB zu behandeln. Der Betriebsübergang sei
ausweislich des Schreibens der Beklagten zu 1. vom 19.04.1996, mit dem bereits
9
- unstreitig - unter ihrer neuen D. Anschrift den Klägerinnen gekündigt worden sei,
spätestens zum 30.04.1996 erfolgt.
10
Weiterhin hat die Klägerin ausgeführt:
11
Der Beklagte zu 4. habe gleichsam eine Oberorganisationsgewalt i. S. einer
einheitlichen Leitung innegehabt. Er habe in dem einheitlichen Betrieb die
wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Entscheidungen getroffen. Er hafte daher nicht
nur aus einem Arbeitsverhältnis, sondern als Geschäftsführer der Beklagten zu 5. auch
unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung.
12
Die Klägerin hat beantragt,
13
1.
14
die Beklagten zu 1. bis 5. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie DM 13.585,-- netto
zu zahlen;
15
2.
16
die Beklagten zu 1. bis 5. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie DM 235,24 brutto
nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 01.02.1996 zu zahlen;
17
3.
18
die Beklagten zu 1. bis 5. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie DM 940,96 brutto
nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 01.06.1996 zu zahlen;
19
4.
20
die Beklagten zu 1. bis 5. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie DM 9.880,-- brutto
abzüglich DM 2.932,80 Arbeitslosengeld nebst 4 % Zinsen auf den sich hiernach
ergebenden Nettobetrag seit dem 01.06.1996 zu zahlen;
21
1.
22
2.
23
3.
24
4.
25
hilfsweise
26
festzustellen, daß zwischen den Beklagten zu 2. bis 5. ein Arbeitsverhältnis besteht;
27
die Beklagten zu 2. bis 5. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie DM 27.170,-- brutto
abzüglich DM 8.065,20 Arbeitslosengeld nebst 4 % Zinsen auf den sich hiernach
ergebenden Nettobetrag seit 01.01.1997 zu zahlen;
28
die Beklagten zu 2. bis 5. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 4.940,-- DM brutto
abzüglich 1.466,40 DM Arbeitslosengeld nebst 4 % Zinsen auf den sich hiernach
ergebenden Nettobetrag seit 01.03.1997 zu zahlen;
29
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Beklagten zu 2. bis 5. nicht durch
die Kündigung vom 30.11. der Beklagten zu 1. aufgelöst worden ist; das
Arbeitsverhältnis mit den Beklagten zu 2. bis 5. wird zum 31.05.1996 aufgelöst.
30
Die Beklagten zu 2. bis 5. haben beantragt,
31
die Klage abzuweisen.
32
Die Beklagten zu 2., 3. und 5. haben behauptet:
33
Die Aufgabenverteilung zwischen ihnen sei streng vertikal. Dies ergebe sich daraus,
daß sie jeweils verschiedene Aufgaben wahrnehmen würden und es zu einer
Vermischung von Personal- und Produktionsmitteln praktisch nicht gekommen sei. Die
Beklagte zu 3. sei insbesondere mit der Annahme von Aufträgen befaßt, während die
Tätigkeit der Beklagten zu 5. in der Ausführung der ihr von der Beklagten zu 3. erteilten
34
Produktionsaufträge bestehe. Die Beklagte zu 2. sei wiederum mit der
Weiterverarbeitung der ihr durch die Beklagte zu 5. vermittelten Aufträge in bestimmten
Bereichen betraut. Es habe daher weder ein einheitlicher Betrieb vorgelegen noch sei
es zu einem Betriebsübergang auf eine von ihnen gekommen.
Der Beklagte zu 4. hat geltend gemacht, er habe nicht die Stellung eines einheitlichen
Betriebs- und Unternehmensleiters, sondern lediglich die eines Unternehmensberaters
innegehabt.
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Das Arbeitsgericht Essen hat mit seinem am 04.06.1997 verkündeten Urteil festgestellt,
daß zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2., 3. und 5. ein Arbeitsverhältnis
besteht, dieses Arbeitsverhältnis zum 31.05.1996 aufgelöst und zugleich die Beklagten
zu 2., 3. und 5. gesamtschuldnerisch zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von DM
13.585,-- verurteilt. Außerdem hat es den Hauptzahlungsanträgen zu 2. - 4. der Klägerin
stattgegeben und die Klage gegen den Beklagten zu 4. insgesamt abgewiesen. Gegen
den Beklagten zu 1. hat das Arbeitsgericht am 04.06.1997 ein Versäumnisurteil
verkündet. Zur Begründung hat das Gericht im wesentlichen ausgeführt:
36
Die Beklagten zu 2., 3. und 5. seien - neben der Beklagten zu 1. - als Arbeitgeber der
Klägerin anzusehen. Dies ergebe sich aus den Grundsätzen des einheitlichen
Arbeitsverhältnisses. Dieses wiederum sei darin begründet, daß die genannten
Beklagten einen einheitlichen Betrieb betreiben würden. Die Betriebe der genannten
Beklagten befänden sich sämtlichst in einer einzigen Halle mit dazugehörigen
Büroräumen in der M.straße . Die Aufgaben und die maschinelle Ausstattung der
einzelnen Beklagten seien dem eigentlichen Unternehmensziel des Gesamtbetriebes ,
der Herstellung, Verarbeitung und dem Vertrieb von Druckerzeugnissen, funktional
zugeordnet. Keine der Beklagten könne tatsächlich unabhängig von den übrigen
Beklagten existieren. Ihre Aufgaben seien im Sinne von Arbeitsteilung aufeinander
abgestimmt und jederzeit austauschbar. Das gleiche gelte für die Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen, die unberührt von den Arbeitgeberwechseln stets die gleiche Tätigkeit
in den gleichen Räumen an den gleichen Maschinen ausgeübt hätten. Alle Beklagten
ständen unter einheitlicher Leitung des Geschäftsführers der Beklagten zu 5., der die
wirtschaftlichen Geschicke der einzelnen Beklagten bestimme und deren
Personalhoheit ausübe. Eine persönliche Haftung des Beklagten zu 4., die nur unter
engen Voraussetzungen angenommen werden könne, scheitere daran, daß die
Beklagten zu 2., 3. und 5. als Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht insgesamt
vermögenslos seien und dementsprechend ein Rückgriff auf den Beklagten zu 4. als
hinter der Beklagten zu 5. stehenden natürlichen Person ausscheide.
37
Gegen dieses ihnen am 30.10.1997 (Klägerin) bzw. am 31.10.1997 (Beklagte zu 2., 3.
und 5.) zugestellte Urteil haben beide Seiten mit einem beim Landesarbeitsgericht am
01.12.1997 (Klägerin) bzw. am 06.11.1997 (Beklagte zu 2., 3. und 5.) Berufung
eingelegt. Die Klägerin hat ihre Berufung mit einem am 29.12.1997 bei Gericht
eingegangenen Schriftsatz und die Beklagten zu 2., 3. und 5. haben ihre Berufung mit
einem am 05.12.1997 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
38
Die Beklagten zu 2., 3. und 5. machen unter teilweiser Wiederholung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens geltend:
39
Das Arbeitsgericht habe die Grundsätze des einheitlichen Arbeitsverhältnisses zu
Unrecht angewendet. Ein solches Arbeitsverhältnis setze bereits bestehende
40
vertragliche Beziehungen zu einer Mehrheit von Arbeitgebern voraus, die vorliegend
fehlen würden. Zudem liege ein einheitlicher Betrieb nicht vor. Es bestehe eine
räumliche Trennung ihrer jeweiligen Büros. Schließlich verfüge die Beklagte zu 3. nicht
über eigene Produktionsmaschinen und beschäftige mit einer Ausnahme auch keine
gewerblichen Arbeitnehmer.
Die Beklagten zu 2., 3. und 5. beantragen,
41
das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 04.06.1997 - 5 (2) Ca 3469/96 -
abzuändern, soweit es sie betrifft, und insoweit nach den Schlußanträgen erster
Instanz zu erkennen.
42
Die Klägerin beantragt,
43
die Berufung der Beklagten zu 2., 3. und 5. zurückzuweisen;
44
das Urteil des Arbeitsgerichts Essen - 5 (2) Ca 3469/96 - abzuändern und gemäß
ihren erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen.
45
Der Beklagte zu 4. beantragt,
46
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
47
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Beklagten zu 2., 3. und
5. betrifft, und macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens
ergänzend geltend:
48
Diese Beklagten würden nach den Grundsätzen des einheitlichen Arbeitsverhältnisses
haften, was vor allem aus ihrer tatsächlichen und rechtlichen Verbundenheit und ihrer
arbeitsteiligen Zusammenarbeit resultiere. Dies belege auch die Einstellung der
49
Arbeitnehmer für den Gesamtbetrieb , die eine umfassende Versetzungsmöglichkeit
eröffne, sowie das Vorliegen von Dienstleistungsverträgen zwischen der Beklagten
50
zu 5. und der Beklagten zu 1. einerseits und der Beklagten zu 2. andererseits. Der nach
ihrer Behauptung vorgenommene häufige Austausch von Arbeitnehmern zwischen den
einzelnen Beklagten führe auch zu einer Haftung aus Arbeitnehmerüberlassung (vgl. §
10 AÜG).
51
Ihre Berufung begründet die Klägerin unter teilweiser Wiederholung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt:
52
Den Beklagten zu 4. treffe als Geschäftsführer der Beklagten zu 5. eine persönliche
Haftung, da er die Rechtsfigur der GmbH mißbräuchlich verwendet habe. So liege vor
allem in den wechselnden Firmenzugehörigkeiten der Arbeitnehmer zu den einzelnen
Beklagten ein treuwidriges Verhalten. Außerdem ergebe sich die Haftung des Beklagten
zu 4. daraus, daß er in einem einheitlichen Betrieb die Oberorganisation innehabe, er
also als eigener Unternehmer - und nicht lediglich als Unternehmensberater - tätig sei.
53
Der Beklagte zu 4. verteidigt im wesentlichen durch Wiederholung seines
erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil und weist nochmals darauf hin,
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daß er lediglich eine Beratertätigkeit vorgenommen habe.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte
ergänzend Bezug genommen.
55
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
56
A.
57
Allein die Berufung der Beklagten zu 2., 3. und 5. ist begründet.
58
I.
59
Zunächst ist das Arbeitsgericht zum Hilfsantrag zu 1. zu Unrecht davon ausgegangen,
daß neben dem Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. auch
ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und den Beklagten zu 2., 3. und 5. bestand. Dieses
hat die Vorinstanz zu Unrecht mit der Rechtsfigur des einheitlichen Arbeitsverhältnisses
begründet.
60
1. Ebenso wie auf Arbeitnehmerseite (BAG v. 21.10.1971 - 2 AZR 17/71 - AP
61
Nr. 1 zu § 611 BGB Gruppenarbeitsverhältnis) können auch auf Arbeitgeberseite
mehrere rechtlich selbständige Personen an einem Arbeitsverhältnis beteiligt sein.
Stehen mehrere (natürliche oder juristische) Personen bzw. mehrere rechtlich
selbständige Personengruppen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben
Arbeitnehmer, so liegen deshalb nicht notwendig mehrere getrennte Arbeitsverhältnisse
vor. Vielmehr kann auch ein einheitliches Arbeitsverhältnis gegeben sein (BAG v.
27.03.1981 - 7 AZR 523/78 - EzA § 611 BGB Nr. 25).
62
2. Grundvoraussetzung für ein derartiges einheitliches Arbeitsverhältnis ist danach, daß
überhaupt zwischen dem Arbeitnehmer und mehreren natürlichen oder juristischen
Personen jeweils ein Arbeitsverhältnis besteht. Hiervon kann aber im Streitfall nicht
ausgegangen werden.
63
a) Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, daß die Beklagten zu 1. bis 3. sowie
die Beklagte zu 5. einen gemeinsamen Betrieb auf der M.str. in E. gebildet haben.
64
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer
anschließt, ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen,
wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen
Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefaßt,
geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft
von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Soll der Betrieb von mehreren
Unternehmen geführt werden, so müssen sich die beteiligten Unternehmen zur
gemeinsamen Führung des Betriebes rechtlich verbunden haben. Eine dahingehende
Vereinbarung kann auch stillschweigend geschlossen werden und ihre Existenz sich
aus den tatsächlichen Umständen ergeben. Ergeben die Umstände des Einzelfalles,
daß der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von
derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird, deutet dies regelmäßig darauf hin, daß
eine Führungsvereinbarung vorliegt. Das trifft nicht schon dann zu, wenn die
Unternehmen z. B. auf der Grundlage von Organ- oder Beherrschungsverträgen
65
lediglich unternehmerisch zusammenarbeiten. Vielmehr muß die Vereinbarung auf eine
einheitliche Leitung für die Aufgaben gerichtet sein, die vollzogen werden müssen, um
die in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke erfüllen
zu können (BAG v. 18.01.1990 - 2 AZR 355/89 - EzA § 23 KSchG Nr. 9; vgl. auch BAG
v. 24.01.1996 - 7 ABR 10/95 - EzA § 1 BetrVG 1972 Nr. 10; BAG v. 22.04.1997 - 1 ABR
74/96 - EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr. 3; BAG v. 11.11.1997 - 1 ABR 6/97 - EzA
§ 111 BetrVG 1972 Nr. 36). Durch die rechtliche Leitungsvereinbarung wird regelmäßig
eine BGB-Gesellschaft, die als gemeinsamen Zweck (§ 705 BGB) den gemeinsamen
Betrieb betreibt, gebildet (BAG v. 05.12.1975 - 1 ABR 8/74 - AP Nr. 1 zu § 47 BetrVG
1972, unter III 2; BAG v. 05.03.1987 - 2 AZR 623/85 - EzA § 15 KSchG n. F. Nr. 38;
Hueck/v. Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl. 1997, § 23 Rz. 11 m. w. N.).
bb) Im Streitfall sprechen die von der Vorinstanz in diesem Zusammenhang
aufgeführten Tatsachen, die, soweit sie von den Beklagten zu 2., 3. und 5. bestritten
worden sind, als wahr unterstellt werden können, für einen gemeinsamen Betrieb der
Beklagten zu 1. bis 3. und der Beklagten zu 5. Die gemeinsame Unterbringung aller
Arbeitnehmer, wie im Streitfall in den Räumlichkeiten auf der M. straße , hat das BAG
vor kurzem noch als ein zusätzliches Indiz für das Vorliegen einer einheitlichen Struktur
bezeichnet (BAG v. 11.11.1997 - 1 ABR 6/97 - a. a. O.).
66
b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz folgt aus der Annahme eines gemeinsamen
Betriebs auf der M.straße aber noch nicht, daß die Beklagten zu 1. bis 3. sowie die
Beklagte zu 5. Arbeitgeber aller in diesem gemeinsam geführten Betrieb beschäftigten
Arbeitnehmer geworden sind. Ausdrücklich ist der Arbeitsvertrag lediglich zwischen der
Klägerin und der Beklagten zu 1. zustandegekommen. Die Arbeitgeberfunktion könnten
die Beklagten zu 2., 3. und 5. somit nur aufgrund einer stillschweigenden Vereinbarung
erworben haben. Hierfür fehlen jedoch ausreichende sachliche Anhaltspunkte. Bereits
der Vertragsschluß lediglich mit der Beklagten zu 1. schließt jedenfalls auf Seiten der
Beklagten zu 2., 3. und 5. deren Willen aus, das zwischen der Klägerin und der
Beklagten zu 1. aufgrund entsprechenden Arbeitsvertrages begründete Arbeitsverhältnis
auf die BGB-Gesellschaft zu übertragen und diese zum einheitlichen Arbeitgeber aller in
dem gemeinsamen Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu machen. Der Zweck einer
BGB-Gesellschaft kann auch lediglich in einer einheitlich arbeitstechnischen Leitung
bestehen (BAG v. 05.03.1987 - 2 AZR 623/85 - a. a. O.). Im übrigen ist darauf
hinzuweisen, daß die Klägerin selbst ausweislich des gegen die Beklagte zu 1. vor dem
Arbeitsgericht Essen geführten Kündigungsschutzprozesses davon ausgegangen ist,
daß lediglich diese ihre Arbeitgeberin war. Wäre sie bereits damals der Auffassung
gewesen, daß ein Arbeitsverhältnis auch zu den Beklagten zu 2., 3. und 5. bestanden
und dieses mit demjenigen zur Beklagten zu 1. ein einheitliches Arbeitsverhältnis
gebildet hätte, hätte sie auch die Beklagten zu 2., 3. und 5. als notwendige
Streitgenossen i. S. v. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO gemeinsam verklagen müssen, da die
Kündigungsvoraussetzungen grundsätzlich im Verhältnis zu jedem der Beteiligten
gegeben sein müssen und außerdem ein einheitliches Arbeitsverhältnis gemäß § 9
KSchG nur einheitlich aufgelöst werden kann (BAG v. 27.03.1981 - 7 AZR 523/78 - a. a.
O.; vgl. auch LAG Berlin v. 15.08.1997 - 6 Sa 51/97 - LAGE § 4 KSchG Nr. 37).
67
c) Ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis ergibt sich nicht aus dem Umstand, daß die
Beklagte zu 1. u. U. auch mit der Klägerin, jedenfalls aber mit Kolleginnen von ihr, einen
Arbeitsvertrag für den Gesamtbetrieb geschlossen hat. Dies ist lediglich die Folge
daraus, daß die Beklagten zu 1. bis 3. und die Beklagte zu 5. einen einheitlichen Betrieb
gegründet haben. Gerade eine Wahrnehmung der anfallenden Arbeiten für alle
68
Unternehmen durch das Personal der Beklagten zu 1. ist typisch für die Annahme einer
einheitlichen Betriebsorganisation und bildet demzufolge ein wichtiges Indiz hierfür (vgl.
BAG v. 13.06.1985 - 2 AZR 452/84 - a. a. O., zu A III 2 a der Gründe). Soweit die
Vorinstanz in diesem Zusammenhang die Arbeitgeberstellung der Beklagten zu 2., 3.
und 5. u. a. mit der Vermeidung der Umgehung zwingender Arbeitnehmerschutzrechte,
wie z. B. dem Kündigungsschutzgesetz, begründet hat, hat sie übersehen, daß, soweit
es für die soziale Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG auf
Versetzungsmöglichkeiten auf freie Arbeitsplätze innerhalb des Betriebes oder auf die
soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG ankommt, bei einem von mehreren in
einem Gebäude untergebrachten Unternehmen gebildeten gemeinsamen Betrieb die
Verhältnisse aller Gesellschaften zu berücksichtigen sind (BAG v. 13.06.1985 - 2 AZR
452/84 - a. a. O.).
II.
69
Auch das Auflösungsbegehren der Klägerin gegen Zahlung einer angemessenen
Abfindung (vgl. § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG) ist unbegründet.
70
1. Zunächst folgt aus den vorstehenden Ausführungen, daß zwischen der Klägerin und
den Beklagten zu 2., 3. und 5. von vornherein kein Arbeitsverhältnis bestand. Eine
gerichtliche Auflösung, die ein Arbeitnehmer im übrigen nach § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG
(ordentliche Kündigung) bzw. § 13 Abs. 1 S. 3 KSchG (außerordentliche Kündigung) nur
im Rahmen eines Prozesses beantragen kann, in dem durch Klage oder Widerklage
rechtzeitig die Feststellung nach § 4 S. 1 KSchG verlangt worden ist (BAG v. 29.05.1959
- 2 AZR 450/58 - AP Nr. 19 zu § 3 KSchG; Hueck/v.Hoyningen-Huene,
71
a. a. O., § 9 Rz. 23), kommt nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis zu dem
gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Auflösungszeitpunkt noch Bestand hatte (BAG
v. 15.12.1960 - 2 AZR 79/59 - AP Nr. 21 zu § 3 KSchG; BAG v. 20.03.1997 - 8 AZR
769/95 - EzA § 613 a BGB Nr. 148 m. w. N.). Im Streitfall hat aber, wie dargestellt,
bereits nie ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2., 3. und
5. bestanden.
72
2. Ein solches kann im übrigen auch nicht zum Auflösungszeitpunkt am 31.05.1996 aus
§ 613 a Abs. 1 S. 1 BGB hergeleitet werden. Aufgrund des rechtskräftigen
Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Essen vom 08.01.1997 - 5 (1) Ca 428/96 - steht
nämlich fest, daß zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. noch am 31.05.1996
ein Arbeitsverhältnis bestand (vgl. BAG v. 20.03.1997 - 8 AZR 769/95 - a. a. O.). Wenn
die Klägerin in diesem Zusammenhang behauptet (vgl. Seite 5 unten ihres Schriftsatzes
vom 06.05.1997), spätestens am 30.04.1996 sei es, obwohl es sich vorliegend doch
selbst nach ihrem eigenen Vorbringen um einen einheitlichen Betrieb handelt, zu einem
Betriebsübergang von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2., 3. und 5. gekommen,
ist ihr entgegenzuhalten, daß dem das zuvor erwähnte rechtskräftige Urteil des
Arbeitsgerichts Essen entgegensteht. Denn wäre es tatsächlich spätestens am
30.04.1996 zu dem von der Klägerin reklamierten Betriebsübergang gekommen, wäre
die Beklagte zu 1. zu diesem Zeitpunkt nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB aus dem
Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ausgeschieden und hätte demzufolge das
Arbeitsverhältnis zwischen beiden Parteien nicht, wie durch rechtskräftiges Urteil des
Arbeitsgerichts Essen vom 08.01.1997 geschehen, noch zum 31.05.1996 aufgelöst
werden können. Da somit die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses
zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) zum Zeitpunkt des von der Klägerin
73
spätestens für den 30.04.1996 behaupteten Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 1 S. 1
BGB auf die Beklagten zu 2., 3. und 5. als Vorfrage im vorliegenden Rechtsstreit von
Bedeutung ist, diese Frage aber rechtskräftig durch das Urteil des Arbeitsgerichts Essen
vom 08.01.1997 - 5 (1) Ca 428/96 - dahingehend geklärt worden ist, daß zwischen der
Klägerin und der Beklagten zu 1. noch am 31.05.1996 ein Arbeitsverhältnis bestand,
wirkt die materielle Rechtskraft des vorerwähnten Urteils auch in diesem Prozeß (vgl. in
diesem Zusammenhang BAG v. 12.06.1990 - 3 AZR 524/88 - DB 1990, 2271; BAG v.
18.09.1997 - 2 ABR 15/97 - EzA § 15 KSchG n. F. Nr. 46, zu C II 1).
3. Entsprechendes gilt übrigens auch für den von der Klägerin aus § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG
hergeleiteten Arbeitgeberwechsel. Diesem steht entgegen, daß aufgrund des
rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts Essen im Kündigungsschutzprozeß gegen
74
die Beklagte zu 1. feststeht, daß noch am 31.05.1996 mit dieser ein Arbeitsverhältnis
bestand. Die in § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG normierte Fiktion kann daher nicht zur Anwendung
gelangen.
75
76
III.
77
Schließlich sind auch die von der Klägerin mit ihren Klageanträgen zu 1. bis 4. geltend
gemachten Zahlungsansprüche, soweit sie die Beklagten zu 2., 3. und 5. betreffen,
unbegründet. Denn sämtliche auf § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG bzw. § 7 Abs. 4 BUrlG bzw. §§
611 Abs. 1, 615 S. 1 BGB gestützten Zahlungsverlangen setzen ein bis zum 31.05.1996
bzw. bis zum 28.02.1997 (Hilfsantrag zu 2. und 3.) bestehendes Arbeitsverhältnis
zwischen den genannten Parteien voraus. Ein solches hat jedoch, wie den
vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, nie bis zum 31.05.1996 bestanden und
konnte auch nicht nach diesem Termin gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB bestehen, da
dem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten
zu 1. in dem vor dem Arbeitsgericht Oberhausen geführten Kündigungsschutzprozeß - 5
(1) Ca 428/96 - zum vorgenannten Termin entgegenstand.
78
B.
79
Dagegen ist die Berufung der Klägerin unbegründet. Zu Recht hat die Vorinstanz
festgestellt, daß ein Haftungsgrund zu Lasten des Beklagten zu 4. im Streitfall nicht
gegeben ist.
80
I.
81
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, kann
über die Rechtsfigur einer juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos
hinweggegangen werden. Regelmäßig haftet daher für die Schulden einer juristischen
Person nur diese selbst und nicht die hinter ihr stehenden Gesellschafter bzw.
Mitglieder. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn die Anwendung dieses
Grundsatzes zu Ergebnissen führen würde, die mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht
in Einklang stehen, und wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit
zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen
einen Rechtsmißbrauch bedeutet. Es ist dann Aufgabe des Richters, einem treuwidrigen
Verhalten der hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen
82
entgegenzutreten und die juristische Konstruktion hintanzusetzen, wenn die
Wirklichkeiten des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der
Tatsachen eine solche Handhabung gebieten (BGHZ 20, 4, 14; BGHZ 29, 385, 392).
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Abweichung als notwendig erweist,
um einem mit der juristischen Person in Rechtsbeziehung getretenen Dritten zu der ihm
nach Treu und Glauben zukommenden Leistung zu verhelfen (BGHZ 55, 222, 224; vgl.
auch BGHZ 78, 333). Ein derartiger Ausnahmefall liegt allenfalls vor, wenn die
juristische Person von Anfang an vermögenslos war und auch keine Aussicht hatte,
jemals Vermögen zu erwerben (BGHZ 55, 222, 224). Eine Haftung des Geschäftsführers
für die Schulden einer wirtschaftlich gesunden GmbH ist weder gerechtfertigt noch nötig
(BGH v. 06.06.1994 - II ZR 292/91 - BB 1994, 1657, 1659). Die Klägerin hat im Streitfall
zu einer etwaigen Vermögenslosigkeit der Beklagten zu 5., deren Geschäftsführer der
Beklagte zu 4. ist, nichts vorgetragen.
II.
83
Ob ausnahmsweise eine Durchgriffshaftung auf den Geschäftsführer einer GmbH auch
dann gerechtfertigt ist, wenn dieser u. a. mit der von ihm geführten GmbH - im Streitfall
die Beklagte zu 5. - Arbeitnehmerschutzrechte, wie das Kündigungsschutzrecht mindern
bzw. umgehen will, kann vorliegend dahinstehen. Bereits in anderem Zusammenhang
wurde ausgeführt, daß durch die Konstruktion eines einheitlichen Betriebes, an dem die
Beklagten zu 1. bis 3. und die Beklagte zu 5. beteiligt sind, keine
Kündigungsschutzrechte gemindert werden.
84
III.
85
Eine Durchgriffshaftung des Beklagten zu 4. bezüglich der Beklagten zu 1. bis 3.
scheidet schon deshalb aus, weil es jedenfalls an einer Eigenschaft des Beklagten
86
zu 4. als Geschäftsführer einer dieser Gesellschaften fehlt.
87
IV.
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Im übrigen scheidet eine Haftung des Beklagten zu 4. aufgrund einer vertraglich originär
begründeten oder aber gesetzlich von der Beklagten zu 1. abgeleiteten
Arbeitgeberstellung aus den zur Berufung der Beklagten zu 2., 3. und 5. genannten
Gründen aus.
89
C.
90
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO
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i. V. m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG.
92
Die Kammer hat der Rechtssache sowohl auf Kläger- wie auf Beklagtenseite
grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr.
1 ArbGG sowohl für die Klägerin als auch für die Beklagten zu 2., 3. und 5. zugelassen.
93
R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
94
Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin und von den Beklagten zu 2., 3. und 5.
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REVISION
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eingelegt werden.
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Die Revision muß
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innerhalb einer Notfrist von einem Monat
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nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht,
101
Graf-Bernadotte-Platz 5,
102
34119 Kassel,
103
eingelegt werden.
104
Die Revision ist gleichzeitig oder
105
innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
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schriftlich zu begründen.
107
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
108
gez. Dr. Vossen gez. Hens gez. Röckendorf
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