Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 17.01.2017
betriebsrat, muttergesellschaft, mitbestimmungsrecht, daten
LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 17.1.2017, 19 TaBV 3/16
Zuteilung von Aktienoptionen - Auskunftsanspruch des Betriebsrats -
Informationsbeschaffungspflicht des Arbeitgeber
Leitsätze
Bei der Zuteilung von Aktienoptionen und Nachzugsaktien durch eine US-amerikanische Muttergesellschaft an
Mitarbeiter eines deutschen Tochterunternehmens hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach § 87
Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 80 Abs.1 und § 75 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat
gleichwohl einen Anspruch auf Auskunft gegen die deutsche Konzerntochter, welchen Mitarbeitern in welchem
Umfang Aktienoptionen und Nachzugsaktien gewährt werden. Denn der Betriebsrat kann seiner in § 75 Abs. 1
BetrVG übertragenen Aufgabe, die Einhaltung der Grundsätze von Recht und Billigkeit und insbesondere der
Gleichbehandlung zu überwachen, nur dann nachkommen, wenn er die entsprechenden Auskünfte erhält. Falls
die Arbeitgeberin keine eigene Kenntnis über die Zuteilung der Aktienoptionen und Nachzugsaktien hat, ist sie
verpflichtet, sich die Informationen bei der Muttergesellschaft zu beschaffen.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2013 - 5
BV 1/13 - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde abgeändert.
2. Die Arbeitgeberin wird verurteilt, dem Betriebsrat Auskunft zu erteilen, welchen Mitarbeitern in welchem
Umfang ab dem Jahr 2016 Deferred Stock und/oder Stock Options gewährt werden.
3. Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Gründe
A.
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, dem Betriebsrat Auskünfte im
Zusammenhang mit an ihre Mitarbeiter von der US-amerikanischen Konzernobergesellschaftausgegebene
Aktienoptionen (Stock Options) und Nachzugsaktien (Deferred Stock) zu erteilen.
2
Die am 1. Januar 2010 gegründete Arbeitgeberin betreibt im Rahmen eines Betriebsführungsvertrags ua.
ein Werk in R., in dem der beteiligte Betriebsrat gebildet ist. Sie gehört zum weltweit tätigen Chemie- und
Technologiekonzern D., dessen Obergesellschaft The D. Company (T.) ihren Sitz in den USA hat.
3
In der D.-Gruppe gibt es für Mitarbeiter ab einer bestimmten Führungsebene als zusätzliche
Vergütungskomponente neben der Grundvergütung und einer variablen Vergütung ein von T. aufgelegtes
„Long Term Incentives“-Programm. Dieses sieht die Gewährung von Stock Options und Deferred Stock vor.
Den Bezugsrahmen und die Verteilungsparameter legt T. jährlich fest; die Arbeitgeberin selbst gewährt
keine Aktien. Arbeitsvertragliche Abreden mit der Arbeitgeberin existieren nicht. Die Zuteilung der Stock
Options und Deferred Stock erfolgt seit 2009 im Zusammenhang mit der Leistungseinstufung des jeweiligen
Mitarbeiters automatisiert in einem elektronischen Gehaltsfindungsprozess ("Pay Planing Process - PPP"). Im
PPP können die jeweiligen Vorgesetzten innerhalb eines bestimmten Zeitfensters von der im System
vorgegebenen Leistungsbeurteilung nach oben oder unten abweichende Eingaben machen. Zudem können
sie Mitarbeiter hinzufügen oder herausnehmen. T. muss diesen Änderungen nicht folgen. Wegen der nach
Sparten gegliederten Organisation des Konzerns sind die Vorgesetzten, die für bei der Arbeitgeberin
angestellte Mitarbeiter auf das System zugreifen, zum Teil selbst nicht bei dieser angestellt. Umgekehrt
können bei der Arbeitgeberin beschäftigte Vorgesetzte auch auf den PPP von Mitarbeitern anderer
Konzerngesellschaften einwirken.
4
Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren Auskunftsansprüche über die
Zuteilung der Stock Options und der Deferred Stock und die Einflussnahme der Arbeitgeberin hierauf
geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG darüber
Auskunft zu erteilen sei, für welche Mitarbeiter die Gewährung von Deferred Stock und Stock Options
seitens T. vorgeschlagen wurden, in welchen Fällen und mit welcher Begründung die Vorgesetzten
abweichende Vorschläge unterbreitet hätten und inwieweit T. den abweichenden Vorschlägen gefolgt sei.
Nur durch eine entsprechende Auskunft könne sie beurteilen, ob die Grundsätze der Lohngerechtigkeit
gewahrt würden und ob ggf. ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestehe.
5
Der Betriebsrat hat beantragt:
6
1. Die Beteiligte Ziff. 2 wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen,
für welche Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen - mit Ausnahme der leitenden Angestellten - in
dem von ihr als Betriebsführungsgesellschaft geführten Werk R. von der
Muttergesellschaft der Beteiligten Ziff. 2, der „D. Company (T.)“ die Gewährung von
Deferred Stock und/oder Stock Options in welchem Umfang in den Jahren 2010 bis 2012
sowie in den künftigen Jahren vorgegeben wurde/vorgegeben wird.
7
2. Die Beteiligte Ziff. 2 wird verpflichtet, dem Antragsteller schriftlich oder in
elektronischer Form Auskunft darüber zu erteilen, inwieweit bei der von der
Muttergesellschaft T. vorgegebenen Vergabe von Stock Options und Deferred Stock
abweichende Vorschläge vom jeweiligen Vorgesetzten unterbreitet wurden und wie diese
abweichenden Vorschläge begründet wurden, für die Jahre 2010 bis einschließlich 2012
sowie für die künftigen Jahre.
8
3. Die Beteiligte Ziff. 2 wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft zu erteilen,
inwieweit bei der Muttergesellschaft T. den abweichenden Vorschlägen der jeweiligen
Vorgesetzten gefolgt wurde, für die Jahre 2010 bis 2012 sowie für die künftigen Jahre.
9
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
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die Anträge zurückzuweisen.
11 Sie hat die Auffassung vertreten, dass es bereits an einem für die Auskunftsverpflichtung erforderlichen
Mitbestimmungsrecht bzw. Aufgabenbezug fehle. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sei nicht einschlägig, weil es
sich bei der Zusage von Aktienbezugsrechten durch die US-amerikanische Muttergesellschaft um keine
Entgeltleistung der deutschen Arbeitgeberin handele. Deshalb lasse sich der Auskunftsanspruch auch nicht
auf § 75 BetrVG stützen. Im Übrigen scheiterten die geltend gemachten Ansprüche daran, dass sie weder
tatsächlich noch rechtlich in der Lage sei, die begehrten Auskünfte zu erteilen.
12 Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrates zurückgewiesen. Es hat einen Auskunftsanspruch nach
§ 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG für nicht gegeben erachtet. Es fehle an einem Aufgabenbezug. § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG sei offenkundig nicht einschlägig, weil keine Entgeltleistung der deutschen Arbeitgeberin vorliege.
Da die Arbeitgeberin auch kein Mitspracherecht bei der Festsetzung der Stock Options und Deferred Stocks
habe, scheide auch ein ggf. auf § 75 BetrVG basierendes Überwachungsrecht des Betriebsrates aus.
13 Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist dem Betriebsrat am 6. August 2013 zugestellt worden. Hiergegen hat
er am 5. September 2013 Beschwerde eingelegt und diese am 4. Oktober 2013 begründet. Die
Beschwerdebegründung ist der Arbeitgeberin am 15. Oktober 2013 zugestellt, die Erwiderung darauf am 4.
November 2013 vorgelegt worden. Das Landesarbeitsgericht hat mit am 9. April 2014 verkündetem
Beschluss der Beschwerde weitgehend stattgegeben und die Arbeitgeberin zu näher bezeichneten
Auskunftserteilungen verpflichtet. Die Arbeitgeberin hat hiergegen Rechtsbeschwerde eingelegt und die
Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss
vom 7. Juni 2016 den Beschluss des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Anhörung
und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass
das Landesarbeitsgericht daran gehindert war, eine Sachentscheidung zu treffen, da im Anhörungstermin
der Beteiligten vor dem Landesarbeitsgericht am 11. Dezember 2013 keine Anträge gestellt worden seien.
14 Mit seiner Beschwerde verfolgt der Betriebsrat - unter Erweiterung um einen Hilfsantrag - seine
erstinstanzlichen Anträge weiter. Erst nach der begehrten Auskunft könne beurteilt werden, ob ein
Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht komme. Da ein Bezug zum
Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin bestehe und ein Leistungsbezug zu vermuten sei, spreche für eine
Mitgestaltung der Arbeitgeberin eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Zwar mache die Muttergesellschaft
zunächst Vorgaben hinsichtlich der Beteiligung, die jeweiligen Vorgesetzten hätten jedoch die Möglichkeit,
abweichende Vorschläge einzugeben. Die Arbeitgeberin könne sich auch nicht hinter der Matrixstruktur des
D.-Konzerns verstecken, weil sie sich die entsprechenden Daten ggf. bei der Muttergesellschaft beschaffen
müsse.
15 Der Betriebsrat beantragt unter hilfsweiser Erweiterung seiner Anträge zuletzt:
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1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2013, Az. 5 BV 1/13 wird
aufgehoben.
17
2. Die Beteiligte Ziff. 2 wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen,
für welche Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen - mit Ausnahme der leitenden Angestellten - in
dem von ihr als Betriebsführungsgesellschaft geführten Werk R. von der
Muttergesellschaft der Beteiligten Ziffer 2, der D. Company (T.) die Gewährung von
Deferred Stock und/oder Stock Options in welchem Umfange in den Jahren 2010 bis 2012
sowie in den künftigen Jahren, vorgegeben wurde/vorgegeben wird.
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3. Die Beteiligte Ziff. 2 wird verpflichtet, dem Antragsteller schriftlich oder in
elektronischer Form Auskunft darüber zu erteilen, inwieweit bei der von der
Muttergesellschaft T. vorgegebenen Vergabe von Stock Options und Deferred Stock
abweichende Vorschläge vom jeweiligen Vorgesetzten unterbreitet wurden und wie diese
abweichenden Vorschläge begründet wurden, für die Jahre 2010 bis einschließlich 2012
sowie für die künftigen Jahre.
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4. Die Beteiligte Ziff. 2 wird verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft zu erteilen,
inwieweit bei der Muttergesellschaft T. den abweichenden Vorschlägen der jeweiligen
Vorgesetzten gefolgt wurde, für die Jahre 2010 bis 2012 sowie für die künftigen Jahre.
20
sowie hilfsweise:
21
Die Beteiligte Ziff. 2 wird verurteilt, dem Antragsteller Auskunft zu erteilen, welchen
Mitarbeitern in welchem Umfang ab dem Jahr 2016 Deferred Stock und/oder Stock Options
gewährt wurden.
22 Die Arbeitgeberin beantragt,
23
die Beschwerde einschließlich der Antragserweiterung zurückzuweisen
.
24 Die Beschwerde sei schon unzulässig, weil sie sich nicht hinreichend mit den Gründen der erstinstanzlichen
Entscheidung auseinandersetze. Außerdem seien die Anträge nicht bestimmt genug. Auskunftsansprüche
könnten nicht "in den künftigen Jahren" auferlegt werden. Jedenfalls aber sei die Beschwerde unbegründet.
Für einen Auskunftsanspruch fehle es an einem möglichen Beteiligungsrecht. Darüber hinaus sei eine
Auskunftserteilung nicht erforderlich, weil der Betriebsrat keine Einflussmöglichkeit auf die US-
amerikanische Muttergesellschaft habe. Schließlich sei sie auch nicht in der Lage, die gewünschten
Auskünfte zu erteilen, weil sie nicht im Besitz der begehrten Informationen sei. Eine andere Bewertung
ergebe sich auch nicht durch die Beteiligung von Vorgesetzten im PPP. Die Vorgesetzten seien allein auf der
Grundlage der Vorgaben als Erfüllungsgehilfen von T. tätig. Deren Vorschläge seien darüber hinaus
unverbindlich. Ihr sei auch unbekannt, ob und in welcher Weise die Vorschläge Berücksichtigung finden
würden und wie T. mit den Vorschlägen der Vorgesetzten umgehe. Weil T. die Bezugsgröße jährlich neu
festsetze, könnten weder sie noch die jeweiligen Vorgesetzten aus den zugeteilten Aktien auf den zuletzt
maßgeblichen Wert im Eingabetool zurückschließen; die Gehaltsmitteilung weise nämlich keinen Wert bzw.
keine Prozentzahl, sondern nur die Anzahl der zugeteilten Stock Options/Deferred Stock auf. Ebenso wenig
würde dem einzelnen Mitarbeiter das Zustandekommen der Stückzahl der zugeteilten Optionen erklärt.
25 Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie
die Verhandlungsprotokolle verwiesen.
B.
26 Die zulässige Beschwerde ist mit den Hauptanträgen unbegründet, mit dem zuletzt gestellten hilfsweisen
Antrag jedoch begründet. Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, dem Betriebsrat Auskunft zu erteilen, welchen
Mitarbeitern in welchem Umfang ab dem Jahr 2016 Deferred Stock und/oder Stock Options gewährt werden.
I.
27 Die Beschwerde ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG). Sie genügt
insbesondere den Anforderungen nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG. Die Beschwerdebegründung setzt sich mit
der rechtlichen und tatsächlichen Würdigung des Arbeitsgerichtes im Beschluss vom 11. Juni 2013
hinreichend konkret und auf den Streitfall zugeschnitten auseinander (vgl. zu dieser Formulierung BAG 15.
März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11). Der Betriebsrat vertritt weiterhin die Auffassung, dass ihm ein
Auskunftsanspruch darüber zustehe, für welche Mitarbeiter T. die Gewährung von Aktienoptionen
vorgegeben wurde, in welchen Fällen und mit welcher Begründung die jeweiligen Vorgesetzten
abweichende Vorschläge gemacht haben und inwieweit den abweichenden Vorschlägen gefolgt wurde. Er
führt aus, dass das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass ein Mitbestimmungsrecht gemäß
§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG offensichtlich nicht in Betracht komme und dass das Arbeitsgericht die Reichweite
des § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verkannt habe.
II.
28 Soweit der Betriebsrat im letzten Termin zur mündlichen Anhörung der Beteiligten seine Anträge hilfsweise
erweitert hat, begegnet dies keinen Bedenken. Die Antragserweiterung erweist sich gemäß § 87 Abs. 2 Satz
3 i.V.m. § 81 Abs. 3 Satz 1 BetrVG als zulässig, denn sie ist sachdienlich. Die Sachdienlichkeit schiede aus,
wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt würde, bei dessen Beurteilung das Ergebnis
der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BAG 15. März 2011 – 1 ABR 112/09 – Rn. 31).
Vorliegend bezieht sich der neu gestellte Antrag ausschließlich auf den Streitstoff, der bereits bislang von
den Beteiligten vorgetragen wurde. Insofern kann das Ergebnis des bisherigen Prozesses auch zur
Beurteilung des neuen Antrags herangezogen werden.
III.
29 Die Anträge sind allesamt zulässig. Sie sind hinreichend bestimmt iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es wird
hinreichend deutlich, welche Auskünfte der Betriebsrat begehrt. Die geforderten Informationen sind so
eindeutig bezeichnet, dass aus dem Beschluss vollstreckt werden könnte. Auch die Zukunftsgerichtetheit
der Anträge macht diese nicht unzulässig. Ein Antrag auf zukünftige Leistung ist nach § 259 ZPO zulässig,
wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen
Leistung entziehen (BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 45, zitiert nach juris). Dies ist hier der Fall. Weil
die Arbeitgeberin die begehrten Auskünfte in der Vergangenheit verweigert hat, ist zu besorgen, dass sie
den Betriebsrat ohne gerichtliche Entscheidung auch in der Zukunft nicht unterrichten wird.
IV.
30 Die Beschwerde des Betriebsrates ist mit den Hauptanträgen unbegründet. Im Hilfsantrag ist sie begründet,
denn der Betriebsrat kann Auskunft verlangen, welchen Mitarbeitern ab dem Jahr 2016 Deferred Stock
und/oder Stock Options gewährt werden. Der Auskunftsanspruch folgt aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG i.V.m §
80 Abs. 1, 75 Abs. 1 BetrVG.
31 1. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat zur Durchführung seiner
gesetzlichen Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Mit dieser Verpflichtung geht ein
entsprechender Anspruch des Betriebsrats einher. Zu den Aufgaben des Betriebsrats iSv. § 80 Abs. 2 Satz 1
BetrVG gehören dessen allgemeine Aufgaben gemäß dem Katalog des § 80 Abs. 1 BetrVG, die vom Vorliegen
besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte unabhängig sind. Zu ihnen gehört ferner die
Wahrnehmung von Beteiligungsrechten nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Der Unterrichtungsanspruch
nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG besteht nicht nur dann, wenn solche allgemeinen Aufgaben oder
Beteiligungsrechte bereits feststehen. Die Unterrichtung soll es dem Betriebsrat vielmehr auch ermöglichen,
anschließend in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben iSd. Betriebsverfassungsgesetzes
ergeben und er zu ihrer Wahrnehmung tätig werden muss. Dafür genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für das Bestehen von Aufgaben. Die Grenzen des Auskunftsanspruchs liegen dort, wo ein Beteiligungsrecht
oder eine sonstige Aufgabe offensichtlich nicht in Betracht kommt. Erst dann kann nicht mehr davon
gesprochen werden, dass die begehrte Auskunft zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats
erforderlich sei. Aus diesen Grundsätzen folgt eine zweistufige Prüfung daraufhin, ob überhaupt eine
Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung
erforderlich ist (st. Rspr. vgl. etwa BAG 19. Februar 2008 - 1 ABR 84/06 - Rn. 15 und 16; 10. Oktober 2006 -
1 ABR 68/05 - Rn. 18; 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 47; 21. Oktober 2003 - 1 ABR 39/02 - Rn. 56 und
58).
32 Zu den Aufgaben des Betriebsrats iSv. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehören auch die allgemeinen Aufgaben
nach dem Katalog des § 80 Abs. 1 BetrVG. Diese Aufgaben sind vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder
Mitbestimmungsrechte unabhängig (BAG 21. Oktober 2003 - 1 ABR 39/02 - Rn. 56). Die Aufgabe des
Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG besteht jedenfalls nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in der
Verpflichtung, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und
Tarifverträge angewendet werden. Dabei sind nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Grundsätze von Recht
und Billigkeit und als deren wichtigste Ausprägung den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (BAG aaO
Rn. 60).
33 2. Nach diesen rechtlichen Maßstäben besteht kein Auskunftsanspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG
i.V.m. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Beteiligungsrecht
offensichtlich nicht gegeben ist (a)). Zudem wären die begehrten Informationen nicht erforderlich zur
Ausübung eines etwaigen Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, weil weder ersichtlich
noch dargelegt ist, inwieweit das Beteiligungsrecht bei der Zuteilung von Deferred Stock und Stock Options
durch die Konzernobergesellschaft ausgeübt werden könnte (b)).
34 a) Vorliegend besteht schon - offensichtlich - kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der
Gewährung von Deferred Stock bzw. Stock Options gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die genannte Norm
betrifft ausweislich ihres Wortlauts Fragen der
betrieblichen Lohngestaltung. Im konkreten Fall fehlt es
indes am Bezug zur betrieblichen Lohngestaltung. Schließt der Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die
Gewährung von Aktienoptionen nicht mit seinem Arbeitgeber, sondern mit einem anderen
Konzernunternehmen ab, so können Ansprüche aus dieser Vereinbarung grundsätzlich nur gegenüber dem
vertragsschließenden Konzernunternehmen geltend gemacht werden und werden nicht Bestandteil des
Arbeitsverhältnisses mit einer Tochtergesellschaft dieses Konzernunternehmens. Der Vertrag über die
Gewährung von Aktienoptionen steht rechtlich selbstständig neben dem Vertrag des Arbeitnehmers mit der
Tochtergesellschaft (BAG 16. Januar 2008 - 7 AZR 887/06 - Rn. 17 mwN). Nach diesen Grundsätzen liegt
schon keine Entgeltleistung der Arbeitgeberin vor, sodass es bereits an einer Grundvoraussetzung für die
Anwendbarkeit des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG fehlt. In dieser Hinsicht folgt die erkennende Kammer den
zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (ebenso Annuß/Lembke BB 2003, 2230, 2231 mit der
Auffassung, dass in Fällen „ausschließlicher Drittleistung“ das Mitbestimmungsrecht nicht ausgelöst werde).
Auch wenn ein etwaiger Zusammenhang zwischen der Gewährung der Aktienoptionen und Nachzugsaktien
und dem Arbeitsverhältnis angenommen würde, änderte sich an dieser Wertung nichts. Denn die von einem
Dritten im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis erbrachten Leistungen stellen nach der zutreffenden
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nur dann Arbeitsentgelt dar, wenn der Dritte sie nach der
Abrede der Arbeitsvertragsparteien an Stelle oder neben dem zwischen ihnen vereinbarten Arbeitsentgelt
erbringen soll (BAG 16. Januar 2008 - 7 AZR 887/06 - Rn. 16). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch aus
der Tatsache, dass ggf. Vorgesetzte im Zuweisungsverfahren mitwirken, ergibt sich keine andere
Bewertung. Soweit die Vorgesetzten in anderen Konzerngesellschaften angestellt sind, fehlt es bereits am
betrieblichen Bezug, denn bei einer anderen Gesellschaft wird es sich im Regelfall auch um einen anderen
Betrieb handeln. Sollte dies nicht der Fall sein sowie für den Fall, dass die Vorgesetzten bei der
Arbeitgeberin angestellt sein sollten, folgt aber auch hieraus nicht, dass ein Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestünde. Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass es sich
auch bei diesen Vorgesetzten lediglich um "Erfüllungsgehilfen" der T. handelt und es vor diesem Hintergrund
um eine mitbestimmungsfreie Mitwirkung hinsichtlich der Leistung eines Dritten geht. Schließlich scheidet
das Mitbestimmungsrecht auch bereits deshalb aus, weil dem Betriebsrat überhaupt kein
Gestaltungsspielraum verbleibt (hierzu sogleich auch unter b)). Die zwingenden Vorgaben der
Konzernmutter bilden die Grenze der Mitbestimmung (so auch Otto/Mückl, DB 2009 1594, 1597). Da
letztlich die Muttergesellschaft unstreitig - Gegenteiliges behauptet auch der Betriebsrat nicht - alleine und
ohne Bindung an die Mitwirkung der Vorgesetzten über die Zuteilung von Deferred Stock und Stock Options
entscheidet, verbleibt bei der Arbeitgeberin und damit auch für den Betriebsrat keine Möglichkeit der
Gestaltung über § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Arbeitgeberin hat weder rechtlich noch tatsächlich einen
Spielraum bei der Ausgestaltung der Einzelheiten des Aktienoptionsplans. Hat der Arbeitgeber aber bereits
keinen Gestaltungsspielraum, kann der Betriebsrat schon aus tatsächlichen Gründen nicht mitbestimmen
(so auch Lingemann/Diller/Mengel NZA 2000, 1191, 1200).
35 b) Auskunftsansprüche mit Blick auf ein etwaiges Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG
schieden mit demselben Argument auch auf der zweiten Prüfungsstufe aus. Die begehrten Auskünfte wären
nicht zur Aufgabenwahrnehmung iSd. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes erforderlich. Dem
Betriebsrat verbleibt überhaupt kein Verhandlungsspielraum, weil die Entscheidung über das Ob und Wie
der Gewährung von Deferred Stock und Stock Options allein von der Muttergesellschaft getroffen wird.
Dem Betriebsrat fehlt es an Möglichkeiten, ein Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG
anzubringen.
36 3. Ein Auskunftsanspruch des Betriebsrates ergibt sich aber aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG iVm. § 80 Abs. 1
und § 75 Abs. 1 BetrVG.
37 a) Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass alle im Betrieb
tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede
Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer
Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer
Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder
wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt. Recht und Billigkeit verlangen
insbesondere die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Richardi BetrVG/Maschmann/ Richardi 15.
Aufl. BetrVG § 75 Rn. 15). Die in der Vorschrift niedergelegten Pflichten sind für Arbeitgeber und
Betriebsrat gesetzliche Pflichten iSd. Betriebsverfassungsgesetzes (Richardi aaO Rn. 50). Den Arbeitgeber
trifft eine Reaktionspflicht, soweit Beschäftigte wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt
werden. Sie besteht gegenüber Beschäftigten, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, und
gegenüber Dritten, durch die Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit benachteiligt werden (§ 12 Abs.
3 und 4 AGG): Der Arbeitgeber hat die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen
Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder
Kündigung zu ergreifen bzw. die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen
zum Schutz der Beschäftigten vorzunehmen (Richardi aaO. Rn. 12).
38 b) Nach diesen rechtlichen Maßstäben besteht im vorliegenden Fall eine Überwachungspflicht des
Betriebsrates hinsichtlich der von der Muttergesellschaft gewährten Aktienoptionen und Nachzugsaktien
und damit auch ein Aufgabenbezug, welcher gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu einem Auskunftsanspruch
führt.
39 aa) Ein Überwachungsrecht nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG scheidet nicht schon deshalb aus, weil die
amerikanische Muttergesellschaft aufgrund eines rechtlich selbstständigen Verpflichtungsgrundes die
Vergütung gewährt. Anknüpfungspunkt für die Überwachungspflicht des Betriebsrats im Rahmen des § 75
BetrVG ist nicht die Vergütung als solche, sondern die Behandlung der im Betrieb tätigen Personen. Dabei
ist nicht danach zu unterscheiden, von welcher Seite die im Raume stehende Maßnahme ausgeht. Soweit
die Arbeitgeberin im Verhandlungstermin ausgeführt hat, dass es bei § 75 Abs. 1 BetrVG lediglich um
arbeitgeberseitige Maßnahmen gehen könne, folgt das Gericht dem nicht. § 75 Abs. 1 BetrVG ist nicht
derart eng zu verstehen und auszulegen.
40 (1) Maßgebend für das Verständnis und die Auslegung einer Norm ist der in der Norm zum Ausdruck
gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem
Sinnzusammenhang ergibt, in den die Regelung hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des
Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der
Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (st.
Rspr. des BAG, vgl. zuletzt 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 28 mit Verweis auf BVerfG 19. März 2013 -
2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - Rn. 66).
41 (2) Die Auffassung der Arbeitgeberin findet bereits im Wortlaut der Norm keine Stütze. Die Norm
formuliert: "behandelt werden". Wer "behandelt", wird vom Gesetz offengelassen. Insofern spricht schon
der Wortlaut dafür, dass § 75 Abs. 1 BetrVG nicht nur bei Maßnahmen des Arbeitgebers Anwendung findet.
42 (3) Auch die Systematik sowie Sinn und Zweck von § 75 Abs.1 BetrVG gebieten, ihn auch bei Maßnahmen
Dritter zur Geltung zu bringen. Das Ziel der Norm besteht darin, die Einhaltung der Grundsätze von Recht
und Billigkeit und insbesondere der Gleichbehandlung sicherzustellen (Fitting 28. Aufl. § 75 Rn. 1). Dies
kann nur dadurch geschehen, dass jedwede diskriminierende Handlung, gleich welchen Ursprungs, von der
Überwachungspflicht abgedeckt wird. Die verengende Auffassung der Arbeitgeberin würde beispielsweise
den praktisch relevanten Bereich, dass Kunden der Arbeitgeberin ihre Arbeitnehmer entgegen den in § 75
Abs. 1 BetrVG genannten Grundsätzen behandeln, vollständig von der Überwachungspflicht des
Betriebsrates ausnehmen. Die Drittbezogenheit von Überwachungspflichten ist dem Konzept des
Diskriminierungsschutzes vielmehr immanent, so zB in Gestalt des § 12 Abs. 4 AGG. Danach hat der
Arbeitgeber die im Einzelfall erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten
zu ergreifen, wenn Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte nach § 7 Abs. 1 AGG
benachteiligt werden. Auch § 17 Abs. 3a KSchG kennt (wenngleich in anderem Zusammenhang),
Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten, wenn die Entscheidung über Entlassungen von einem
Dritten, nämlich einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde.
43 (4) Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis durch die Gesetzesmaterialien und die
Entstehungsgeschichte. § 75 Abs. 1 BetrVG wurde durch Art. 3 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung
europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006
an die Terminologie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes angepasst (BGBl. Jahrgang 2006, Teil I,
1897, 1908). Nach dem Willen des Gesetzgebers richten sich der Begriff der Benachteiligung und die
Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung in § 75 Abs. 1 BetrVG nach den Bestimmungen des
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (BT-Drs. 16/1780, S. 56). Insofern ist eine Norm wie § 12 Abs. 4
AGG ohne Weiteres zur Auslegung von § 75 Abs. 1 BetrVG heranzuziehen.
44 bb) Eine Auskunftserteilung (zur Reichweite sogleich unter cc)) ist auch zur Aufgabenwahrnehmung des
Betriebsrates erforderlich, denn nur mit entsprechenden Informationen kann er seiner Überwachungspflicht
nachkommen. Dass der Betriebsrat kein Mitspracherecht bei der Zuteilung von Deferred Stock und Stock
Options hat, steht dem nicht entgegen, genauso wenig, dass ihm kein Verhandlungsspielraum über das Ob
und Wie zusteht. Denn anders als bei § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geht es bei § 75 Abs. 1 BetrVG nicht um
ein Mitbestimmungsrecht. Bezugspunkt ist vielmehr die Aufgabe der Überwachung. Für diese ist es
entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht unnütz, dass Auskünfte erteilt werden. Insbesondere
spielt es keine Rolle, dass der Betriebsrat aus den ihm zur Verfügung gestellten Informationen keine
belastbaren Rechte oder dergleichen herleiten kann. Alleine die Tatsache, dass der Betriebsrat einen
etwaigen Verstoß gegen die in § 75 Abs. 1 BetrVG aufgeführten Grundsätze benennen, ansprechen und
ggf. auch dadurch auf eine Veränderung hinwirken kann, stellte eine sinnvolle und durch die Rechtsordnung
gewünschte Reaktion dar. Genauso wie bei § 12 Abs. 4 AGG kann es bei einem festgestellten Verstoß durch
Maßnahmen Dritter um die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen gehen.
§ 12 Abs. 4 AGG verlangt lediglich, dass der Arbeitgeber alles im Rahmen der Verhältnismäßigkeit
Zumutbare unternimmt, um eine Benachteiligung für die Zukunft auszuschließen. Er genügt regelmäßig
seiner Verpflichtung nach § 12 Abs. 4 AGG, wenn er Kunden oder Lieferanten auf den Verstoß gegen das
Benachteiligungsverbot hinweist und zur Abhilfe auffordert (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 12 Rn.
12). Auch § 17 Abs. 1 AGG sieht vor, dass die einzelnen Akteure „im Rahmen ihrer Aufgaben und
Handlungsmöglichkeiten“ an der Verwirklichung des in § 1 AGG genannten Ziels mitwirken. Die
Argumentation der Arbeitgeberin, dass der Betriebsrat aus den erlangten Informationen keine tatsächlichen
Schlussfolgerungen ziehen kann, geht mit diesem veränderten Bezugspunkt - Überwachungspflicht statt
Mitbestimmung - ins Leere.
45 cc) Die mit den Hauptanträgen geltend gemachten Auskünfte sind von ihrem Umfang - unabhängig von der
zeitlichen Komponente - allerdings nicht erforderlich, um die Einhaltung der Grundsätze des § 75 Abs. 1
BetrVG zu überwachen.
46 (1) Die Erforderlichkeit einer Auskunft ist auch in inhaltlicher Hinsicht an der Aufgabe zu messen. Ein
Anspruch auf Auskunft kann nicht über die Informationen hinausgehen, welche der Betriebsrat zur
Aufgabenwahrnehmung benötigt. Die gesetzliche Aufgabe, die den Informationsanspruch begründet,
begrenzt diesen auch in seiner Reichweite im konkreten Einzelfall (vgl. statt vieler Weber-GK BetrVG 10.
Aufl. § 80 Rn. 59).
47 (2) Um die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu überprüfen, reicht es aus, wenn der
Betriebsrat darüber Auskunft erhält, welchen Mitarbeitern in welchem Umfang Stock Options und/oder
Deferred Stock gewährt werden. Nicht erforderlich ist es hingegen zu erfahren, wie zunächst der Vorschlag
von T. lautete, inwieweit und mit welcher Begründung abweichende Vorschläge unterbreitet wurden und
inwieweit diesen gefolgt wurde. Anhand der Information, welchen Mitarbeitern in welchem Umfang
Deferred Stock bzw. Stock Options zugeteilt wurden, ist es dem Betriebsrat möglich, etwaige Verstöße
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu benennen. So kann der Betriebsrat ersehen, gegenüber
welchen Mitarbeitern eine Zuteilung erfolgte und welche Mitarbeiter hiervon ausgenommen wurden. Er
kann zudem feststellen, wie viele Deferred Stock bzw. Stock Options einzelne Mitarbeiter erhalten haben
und kann die einzelnen Zuteilungen in ein Verhältnis zueinander setzen. Gerade dadurch wird ihm die
Überprüfung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ermöglicht.
48 (3) Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberin eine „Regelverletzung“ begeht, bedarf es, um die
Erforderlichkeit der Auskunft zu bejahen, nicht (BAG 19. Februar 2008 - 1 ABR 84/06 - Rn. 25).
49 (4) In inhaltlicher Hinsicht war der Hilfsantrag des Betriebsrats leicht abzuändern. Statt gewährt „wurden“,
war gewährt „werden“ in die Tenorierung aufzunehmen. Dies ergibt eine Auslegung des Antrags, der
Auskünfte bezüglich der Zuteilung von Deferred Stock und Stock Options „ab dem Jahr 2016“ begehrt.
50 c) Der Auskunftsanspruch in der Gestalt des Hilfsantrages scheitert auch nicht an tatsächlicher oder
rechtlicher Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB bzw. auf Grund eines Leistungsverweigerungsrechts
nach § 275 Abs. 2 BGB. Falls die Arbeitgeberin keine eigene Kenntnis hat, ist sie verpflichtet, sich die
Informationen darüber zu beschaffen, welche Mitarbeiter in welchem Umfang Deferred Stock und/oder
Stock Options gewährt bekommen.
51 aa) An sich ist die Arbeitgeberin im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nur verpflichtet, die
Informationen zu geben, über die sie selbst verfügt; sie muss sich grundsätzlich keine weiteren
Informationen beschaffen (Richardi BetrVG/Thüsing 15. Aufl. BetrVG § 80 Rn 56). Dies gilt allerdings nicht,
wenn sich aus § 75 Abs. 1 BetrVG auch für die Arbeitgeberin selbst, wie im vorliegenden Fall, eine
Überwachungspflicht ergibt. Zur Frage der Vertrauensarbeit hat das Bundesarbeitsgericht entschieden,
dass der Arbeitgeber auch dann zur Auskunft verpflichtet sei, wenn er über die entsprechenden Kenntnisse
(im konkreten Fall zu Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit) bislang nicht verfüge (BAG 6. Mai 2003 - 1
ABR 13/02 - Rn. 63). Er habe seinen Betrieb so zu organisieren, dass er die Durchführung der geltenden
Gesetze selbst gewährleisten könne (BAG aaO Rn. 65). Die benötigten Auskünfte seien zu deren
Durchführung, anders als zusätzlich gewünschte Unterlagen, unverzichtbar, da die Überwachungsaufgabe
ohne sie nicht erfüllt werden könne (BAG aaO Rn. 67). Unabhängig davon hat das Bundesarbeitsgericht im
Rahmen eines Auskunftsanspruches nach § 5 Abs. 1 EBRG schon dann eine (subjektive) Unmöglichkeit
verneint, wenn die Arbeitgeberin zur Auskunftserteilung in der Lage ist, weil sie sich der Mitwirkung
Dritter bedienen kann, welche die notwendigen Kenntnisse besitzen (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 32/99 -
Rn. 33). Hieran ändere sich auch nichts dadurch, dass sich die Arbeitgeberin vergeblich um die begehrten
Informationen bemüht habe. Der Arbeitgeberin stünden rechtliche Wege offen (BAG aaO Rn. 34). Falls sich
im Anschluss herausstellen sollte, dass die Arbeitgeberin trotz Beschreitens des Rechtswegs nicht in der
Lage sei, ihre Auskunftspflicht zu erfüllen, so wäre dies im Rahmen eines möglichen
Vollstreckungsverfahrens zu ihren Gunsten zu berücksichtigen (BAG aaO Rn. 43).
52 Auch in der Kommentarliteratur wird vertreten, dass sich der Vertragsarbeitgeber ggf. die entsprechenden
Daten auch über die Muttergesellschaft beschaffen muss (Weber-GK BetrVG 10. Aufl. § 80 Rn. 57; in
diesem Sinne auch Fitting 28. Aufl. § 80 Rn. 56 und 59; DKKW-Buschmann 15. Aufl. § 80 Rn. 101; a.A.
Richardi BetrVG/Thüsing 15. Aufl. BetrVG § 80 Rn. 64; ErfK/Kania 17. Aufl. BetrVG § 80 Rn. 23; vgl. in
diesem Zusammenhang auch LAG Nürnberg 22. Januar 2002 - 6 TaBV 19/01 - Rn. 31, das hinsichtlich der
Gewährung von Aktienoptionen einer ausländischen Muttergesellschaft entschieden hat, dass Unterlagen
dem Arbeitgeber auch dann zur Verfügung stehen, wenn lediglich die Gesellschafter und nicht die
Geschäftsführer hierüber verfügen).
53 bb) Dies zugrunde gelegt, kann der Betriebsrat in der konkreten Fallkonstellation verlangen, dass die
Arbeitgeberin die aus dem Tenor ersichtlichen Informationen ggf. beschafft, sollte sie nicht bereits darüber
verfügen. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 6. Mai 2003 (1 ABR 13/02) mit
überzeugenden Argumenten dargestellt, dass sich die Arbeitgeberin eines Auskunftsanspruches des
Betriebsrats nicht alleine dadurch entledigen kann, dass sie auf die bislang nicht erfolgte Erhebung der
begehrten Daten abstellt, soweit es um die Durchführung geltender Gesetze geht. Auch im vorliegenden
Fall besteht für die Arbeitgeberin aus § 75 Abs. 1 BetrVG eine gesetzliche Überwachungspflicht (s.o.), die
ebenso wie die damit korrespondierende Überwachungspflicht des Betriebsrats vollständig vereitelt würde,
wenn ausschließlich auf das Vorhandensein der Daten abgestellt würde. Auch wenn die Arbeitgeberin im
Unterschied zu dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall vom 6. Mai 2003 nicht selbst zur
Datenerhebung in der Lage und auf die Mitwirkung Dritter angewiesen wäre, änderte sich am gefundenen
Ergebnis nichts. Jedenfalls schlösse dies einen Auskunftsanspruch des Betriebsrats nicht aus, denn die
Arbeitgeberin ist zunächst verpflichtet, sich die Daten über die Muttergesellschaft oder andere
Konzernunternehmen zu beschaffen. Lediglich wenn mit Gewissheit anzunehmen wäre, dass eine
Inanspruchnahme der erwähnten Unternehmen - auch auf dem Rechtsweg - erfolglos bliebe, läge eine
Unmöglichkeit im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB vor (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 32/99 - Rn. 40). Dass sie den
Rechtsweg zur Informationsbeschaffung beschritten hätte, behauptet allerdings nicht einmal die
Arbeitgeberin selbst. Soweit sie meint, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Juni 2004
nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar wäre, weil sie lediglich das EBRG betroffen habe, kann
dem nicht gefolgt werden. Zwar bestand in der erwähnten Entscheidung eine andere Anspruchsgrundlage
hinsichtlich der begehrten Auskunft. Im konkreten Zusammenhang geht es aber nicht um die
Anspruchsgrundlage, sondern um die Frage, ob eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB vorliegt. Diese
Frage stellt sich unabhängig von der Anspruchsgrundlage, denn § 275 Abs. 1 BGB gilt für jeden - auch
gesetzlichen - Anspruch (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 32/99 - Rn. 30).
54 cc) Auch ein Leistungsverweigerungsrecht der Arbeitgeberin nach § 275 Abs. 2 BGB ist nicht zu erkennen.
Die Informationsbeschaffung über die Muttergesellschaft ist ihr ohne weiteres zumutbar. In diesem
Zusammenhang ist in den Blick zu nehmen, dass der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Stock Options
bzw. der Deferred Stock steuerrechtlich Arbeitslohn darstellt (BAG 12. Februar 2003 - 10 AZR 299/02 - Rn.
59). Zwar führt dies nicht dazu, dass es sich um ein Entgelt seitens der Arbeitgeberin handeln würde (LAG
München 12. Februar 2009 - 3 Sa 833/08 - Rn. 44). Gleichwohl folgt aus der steuerrechtlichen Behandlung
als Arbeitslohn, dass entsprechende Zuteilungen auf Gehaltsmitteilungen aufzuführen sind. Dies stellt
selbst die Arbeitgeberin nicht in Abrede; sie trägt vielmehr vor, dass die Gehaltsmitteilung die Anzahl der
dem betreffenden Mitarbeiter ggf. von T. zugebilligten Optionen / Deferred Stock enthalte (Schriftsatz vom
31. Oktober 2013, Seite 9 oben). Ob die Arbeitgeberin über die Gehaltsmitteilungen verfügt, spielt hierbei
keine Rolle. Dass es ihr unzumutbar wäre, Gehaltsmitteilungen ihrer eigenen Mitarbeiter zu beschaffen,
liegt fern.
55 d) Das Bundesdatenschutzgesetz steht einer Weitergabe von Informationen an den Betriebsrat nicht
entgegen. Das Bundesdatenschutzgesetz verdrängt das Betriebsverfassungsgesetz nicht. Gesetzliche
Vorschriften wie § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, welche die Information des Betriebsrats und damit uU auch die
Weitergabe von Daten vorschreiben, gehen dem Bundesdatenschutzgesetz vor (Weber-GK BetrVG § 80 Rn.
80 mwN).
III.
56 Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei, vgl. § 2 Abs. 2 GKG.
57 Die Frage, inwieweit Auskunftsansprüche und damit zusammenhängend Beteiligungs- und
Überwachungsrechte des Betriebsrates bei der Gewährung von Aktienoptionen und Nachzugsaktien durch
eine ausländische Muttergesellschaft bestehen, hat grundsätzliche Bedeutung. Sie ist vom
Bundesarbeitsgericht auch noch nicht entschieden. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer die
Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen (§§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).