Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017
KG Berlin: verfügung von todes wegen, erbschein, ddr, erbengemeinschaft, bedürfnis, rag, erblasser, zeugnis, nachlass, glaubhaftmachung
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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 366/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2353 BGB, § 25 Abs 2 RAnwG
DDR
Erbscheinsverfahren: Erteilung eines gegenständlich
beschränkten Erbscheins nach dem Recht der ehemaligen DDR
Leitsatz
Für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins nach dem Recht der
ehemaligen
DDR fehlt es in der Regel an einem Rechtsschutzbedürfnis, wenn keine Anhaltspunkte für das
Vorhandensein von Nachlassgegenständen bestehen, die von diesem Erbschein erfasst
werden.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
A.
Die Beteiligte zu 1) ist die Tochter des ... aus dessen erster Ehe. Ihr Vater war der zweite
Ehemann der Erblasserin, die vor ihm verstarb. Die Beteiligte zu 2) ist die einzige Nichte
der Erblasserin. Deren Eltern und Geschwister sind vorverstorben. Die Erblasserin hat
keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen.
Die Beteiligte zu 1) hat auf der Grundlage einer vor einem Notar abgegebenen
eidesstattlichen Versicherung vom 16. Dezember 2003 unter 12. November 2003 die
Erteilung eines auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte auf dem Gebiet der
ehemaligen DDR beschränkten Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge beantragt, der
ihren Vater als Alleinerben der Erblasserin ausweisen sollte. Diesen Antrag hat das
Amtsgericht mit Beschluss vom 27. Oktober 2004 zurückgewiesen, zugleich hat es unter
dem Aktenzeichen 62 VI 149/04 einen entsprechenden, die Beteiligte zu 1) als
Alleinerbin nach ihrem Vater ausweisenden „Eingeschränkten Erbschein“ (Bl. 84 der
Beiakte 62 VI 149/04 AG Tempelhof-Kreuzberg) erteilt).Die von dem von der Beteiligten
zu 1) bevollmächtigten Erbenermittler eingelegte Beschwerde vom 8. November 2004
hat das Landgericht Berlin mit einem Beschluss vom 25. Juli 2005 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde vom 13. September 2005, die mit einem
Schriftsatz vom 30. September 2005 begründet worden ist.
B.
I.
Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist in der Form des § 29 Absatz 1 Satz 2 FGG
eingelegt worden. Der Einhaltung einer Frist bedurfte es nicht. Die Beschwer der
Beteiligten zu 1) ergibt sich aus der Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den
Beschluss des Amtsgerichts vom 27. Oktober 2004.
II.
Die weitere Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts
beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die allein eine weitere Beschwerde mit
Erfolg gestützt werden kann (§ 27 Absatz 1 Satz 2 FGG in Verbindung mit §§ 546f. ZPO).
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Erblasserin sei auch wegen des Teils ihres
Nachlasses, der darauf beruht, dass sie als Mitglied einer zum Zeitpunkt ihres Todes
ungeteilten Erbengemeinschaft Eigentümerin eines Grundstücks in ... gewesen sei, nach
dem BGB beerbt worden, eine Nachlassspaltung, wie sie in dem beantragten Erbschein
zugrunde gelegt werden sollte, sei nicht eingetreten. Der Vater der Beteiligten zu 2) sei
nach dem bürgerlichen Recht nicht Alleinerbe der Erblasserin geworden. Ein diesen
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nach dem bürgerlichen Recht nicht Alleinerbe der Erblasserin geworden. Ein diesen
Umständen Rechnung tragender Erbscheinsantrag sei trotz entsprechender Hinweise
nicht gestellt worden.
2. Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung
stand. Soweit die dem Erbenermittler erteilte Vollmacht, auf deren Grundlage dieser die
Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt hat, wegen eines
Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam war, ist das Handeln des
Erbenermittlers durch die Einlegung der weiteren Beschwerde durch einen von der
Beteiligten zu 1) beauftragten Rechtsanwalt als geheilt anzusehen (vgl. dazu Senat, NJW-
RR 2005, 1677 = OLGR 2005, 908 = Rpfleger 2005, 667).
Der Beteiligten zu 1) ist kein auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte auf dem
Gebiet der ehemaligen DDR beschränkter Erbschein zu erteilen. Die Beteiligte zu 1) geht
zwar zu Recht davon aus, dass die Erblasserin wegen ihres Todes nach dem 1. Januar
1976 und vor dem 3. Oktober 1990 aufgrund des § 25 Absatz 2 RAG/DDR, der hier nach
Art. 235 § 1 Absatz 1 EGBGB noch anzuwenden ist, hinsichtlich Grundstücken und
grundstücksgleichen Rechten, die in der ehemaligen DDR belegen waren, nach dem
Recht der DDR beerbt worden wäre (vgl. dazu näher Senat, DtZ 1996, 217, 218;
Palandt/Heldrich, BGB, 65. Aufl., Art. 25 EGBGB Rn. 24.; Münchener Kommentar/Mayer,
BGB, 4. Aufl., § 2353 Rn. 144). Danach wäre der Vater der Beteiligten zu 1) gemäß § 366
ZGB als nachverstorbener Ehemann der Erblasserin deren Alleinerbe geworden. Für die
Erteilung eines Erbscheins, der diese Erbfolge ausweist, fehlt es aber an einem
Bedürfnis.
a) Den Eintritt eines solchen Erbfalles hat das Landgericht hinsichtlich der Beteiligung
der Erblasserin an der als Eigentümerin des Grundstücks in ... eingetragenen
Erbengemeinschaft zutreffend und von der weiteren Beschwerde nicht näher angegriffen
verneint. Nach § 25 Absatz 2 RAG/DDR richteten sich die erbrechtlichen Verhältnisse für
einen nicht in der DDR lebenden Erblasser nur hinsichtlich Grundstücken und Gebäuden
und Rechten an diesen nach dem Recht der DDR. Zu den danach von der sog.
Nachlassspaltung erfassten Gegenständen gehören Anteile im Rahmen einer
Erbengemeinschaft, auch wenn diese Eigentümerin eines Grundstück ist, nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht (vgl. BGHZ 146, 310 = NJW 2001, 2396).
Dieser Auffassung folgt der Senat (VIZ 2004, 92 = Rpfleger 2004, 44).
b) Eine Rechtsverletzung ergibt sich auch nicht daraus, dass das Landgericht einen
Anspruch auf Erteilung eines auf Grundstücke und entsprechende Rechte beschränkten
Erbscheins nicht unabhängig vom Vorhandensein derartiger Nachlassgegenstände
angenommen hat. Denn für die Erteilung eines derartigen Erbscheins fehlt es der
Beteiligten zu 1) an einem Rechtsschutzbedürfnis (vgl. dazu BayObLG VIZ 1999, 299;
Münchener Kommentar/Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2353 Rn. 62; vgl. auch BGH a.a.O. zu B. II.
2).
Die Beteiligte kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass es grundsätzlich keines
Nachweises der Notwendigkeit oder eines besonderen Bedürfnisses für die Erteilung
eines Erbscheins bedarf. Denn dies gilt für den allgemeinen Erbschein, der sich nach
dem Recht richtet, dem der Erblasser angehört, hier also nach dem Recht des BGB.
Insoweit kann ein Bedürfnis für die Erteilung eines Erbennachweises ohne weiteres
unterstellt werden (vgl. dazu BayObLG Rpfleger 1990, 512; FamRZ 1986, 1151, 1152;
Münchener Kommentar/Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2353 Rn. 62; Soergel/Zimmermann, BGB,
13. Aufl., § 2353 Rn. 28). Dies gilt selbst dann, wenn der Nachlass nicht werthaltig sein
sollte (Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 2353 Rn. 28).
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor und soll ein Erbschein erteilt werden, der
besondere Teile eines Nachlasses erfassen soll, ist demgegenüber ein besonderes
Bedürfnis hierfür erforderlich. Für den sog. Fremdrechtserbschein nach § 2369 Absatz 1
BGB ergibt sich dies bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift (vgl. Münchener
Kommentar/Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2369 Rn. 13; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., §
2369 Rn. 8, jeweils mwN). Dies muss aber auch für einen Erbschein gelten, wie ihn die
Beteiligte zu 1) beantragt hat. Denn auch hier gilt der Grundsatz, dass sich das
Bedürfnis, ein von der allgemeinen durch den Erbschein nach § 2353 BGB bezeugten
Erbfolge abweichendes Zeugnis über ein Erbrecht hinsichtlich bestimmter
Nachlassgegenstände zu erteilen, nur beim Vorhandensein solcher Gegenstände ergibt
(vgl. BayObLG VIZ 1999, 299; BGH a.a.O.).
Diese Einschränkung folgt überdies bereits aus dem Grundsatz, dass ein
Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Antragsteller sein Ziel auf andere Weise eindeutig
billiger und einfacher erreichen kann, so dass sich das Betreiben des Verfahrens als
zweckwidrig erweist (vgl. Jansen, FGG, 2. Aufl., Vorbem §§ 8-18 Rn. 16; Bumiller/Winkler, §
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zweckwidrig erweist (vgl. Jansen, FGG, 2. Aufl., Vorbem §§ 8-18 Rn. 16; Bumiller/Winkler, §
12 Rn. 12).
Davon ist nämlich auszugehen, wenn – wie hier - keine Anhaltspunkte für
Nachlassgegenstände bestehen, auf die sich der zu erteilende Erbschein bezieht. Das
von der Beteiligten zu 1) angeführte Interesse, mit Hilfe des Erbscheins
Nachforschungen über das Vorhandensein derartiger Nachlassgegenstände durchführen
zu können, ist unerheblich. Denn für eine insoweit möglicherweise notwendige
Grundbucheinsicht reicht nach § 12 Absatz 1 GBO bereits die Darlegung eines
berechtigten Interesses aus. Ein Nachweis oder eine Glaubhaftmachung muss insoweit
nicht erfolgen (Kuntz/Ertl/Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 12 Rn. 4;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rn. 526).
Im vorliegenden Fall kann die Beteiligte zu 1) ihr Rechtsschutzbedürfnis auch nicht aus
den Besonderheiten des Falles herleiten. Der Bundesgerichtshof hat zwar in dem
Beschluss vom 24. Januar 2001 (a.a.O.) angenommen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis
für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins auch dann vorliegen
kann, wenn hinsichtlich des konkreten Erbfalls keine Nachlassspaltung eingetreten ist.
Dies hat er damit begründet, dass der Erbfall, der zum Entstehen der
Erbengemeinschaft führte, nach dem Recht der DDR zu beurteilen war, so dass im
Hinblick auf die notwendige Grundbuchberichtigung ein den Sondernachlass betreffender
Erbschein zweckdienlich war. Eine solche Fallgestaltung ist hier aber nicht gegeben. Die
Erbengemeinschaft, deren Mitglied der Vater der Beteiligten zu 1) durch das
Vorversterben der Erblasserin geworden ist, ist durch den Tod des Vaters der Erblasserin
entstanden. Dieser ist bereits 1942 verstorben und damit nach dem Recht des BGB
beerbt worden.
III.
Eine Entscheidung nach § 13a Absatz 1 FGG ist nicht zu treffen, die Beteiligte zu 2) ist an
dem Verfahren nicht beteiligt worden. Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus
den §§ 131 Absatz 2, 30 KostO.
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