Urteil des KG Berlin vom 07.02.2006

KG Berlin: treu und glauben, verjährung, angemessene frist, fälligkeit, honorarforderung, verwirkung, klinik, architekt, beendigung, gespräch

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Gericht:
KG Berlin 6. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 48/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 198 BGB, § 198aF BGB, § 201
BGB, § 201aF BGB, § 242 BGB
Architektenhonoraranspruch: Verjährung und Verwirkung bei
Stellung der Schlussrechnung erst nach 7 Jahren
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Februar
2006 - 9 O 245/02 - wird zurückgewiesen mit der Klarstellung, dass die Beklagte auf
Grund der Teilrücknahme noch verurteilt wird, an die Klägerin 42.060,14 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, höchstens
jedoch 11,5 % seit dem 9. April 2003 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 39 % und die
Beklagte 61 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu
2,5 % und der Beklagten zu 97,5 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, sofern nicht die
Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert der Beschwer beträgt 42.060,14 EUR.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt restliches Architektenhonorar aus einem Auftrag der Beklagten
aus dem Jahre 1995 zur Erbringung der Entwurfsplanung für die Sanierung der Fassade
mittels vorgehängter hinterlüfteter großformatiger Keramikplatten und die Änderung der
Dachkonstruktion der Reha-Klinik W. in T. im Schwarzwald. Die Planung wurde nicht
umgesetzt. Die Klinik wurde zwischenzeitlich abgerissen.
Die Klägerin hat nach Einleitung eines Mahnverfahrens Ende 1999 und anfänglicher
Geltendmachung einer Restforderung aus einer Zwischenrechnung mit
klagebegründendem Schriftsatz vom 24.10.2002 die Klage mit Schriftsatz vom
12.3.2003 (I/47) erweitert auf 68.546,33 Euro nebst Zinsen und diese auf die
Schlussrechnung vom 23.12.2002 (Anlage K 5, I/92 ff. nebst Kostenberechnung K 7)
gestützt. Sie hat zur Begründung im Wesentlichen behauptet, der frühere, am
30.11.1996 altersbedingt ausgeschiedene Leiter der Bauabteilung der Beklagten, der
Zeuge K. O. J., habe ihr den mündlichen Auftrag zur Erstellung der vollständigen
Entwurfsplanung, insbesondere einer detaillierten Kostenberechnung erteilt. Sie habe
eine vollständige, mängelfreie und genehmigungsfähige Planung erstellt, die das in der
Schlussrechnung abgerechnete Honorar von 15 Prozentpunkten gemäß §§ 15 Abs. 2, 16
HOAI auf der Grundlage der dort angegebenen anrechenbaren Kosten nebst
Umbauzuschlag rechtfertige.
Die Beklagte hat sich auf eine nicht ausreichende Vollmacht des Zeugen J. für 50.000
DM übersteigende Aufträge berufen, die Einrede der Verjährung erhoben und hilfsweise
Verwirkung eingewandt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen J. und
Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage in Höhe von 43.122,87 Euro
nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die
Entscheidungsgründe wird verwiesen.
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Die Beklagte hatte der Klägerin, deren Mitgeschäftsführer G.-J. vormals Mitarbeiter in der
Bauabteilung der Beklagten war, bezüglich weiterer Bauvorhaben und auch der Reha-
Klinik in T. weitere Architekten- und Ingenieurleistungen in Auftrag gegeben (Schriftsatz
der Klägervertreter vom 24.10.2002 S. 2 f. Ziffer 2). Wegen des Honorars der Klägerin für
Architektenleistungen betreffend die Erweiterung und den Umbau des Speisesaals und
der Eingangshalle führen die Parteien vor dem Landgericht Berlin den dort noch
andauernden Rechtsstreit - 9 O 85/02 - . Dort hat der Zeuge J. ausgesagt, er könne sich
an ein Gespräch im Mai 1996 erinnern, in dem Pläne übergeben wurden. Er habe im
Verlauf dieses Gesprächs um die Übersendung der Pläne an Herrn W. (einen bei der
Beklagten angestellten Architekten) gebeten und ausgeführt, dass dieser den Bauantrag
stellen solle. Dieser habe noch Kapazitäten frei gehabt. „Deswegen haben wir die Firma
G./G.-J. von der weiteren Bearbeitung entbunden“ (vom Senat beigezogenes Protokoll
vom 5.6.2003, S. 3).
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, das Urteil beruhe auf einer Verletzung
des rechtlichen Gehörs und einer fehlerhaften Würdigung der gutachterlichen
Feststellungen und ihres gesamten Vortrags.
Die Auffassung des Landgerichts, der Honoraranspruch sei aufgrund einer fehlenden
„förmlichen Kündigung“ weder verjährt noch verwirkt, sei überraschend. Das Landgericht
habe erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 10.1.2006 aufgezeigt, dass es die im
November 2002 nachgereichten Unterlagen noch als Erfüllungshandlung ansehe, ohne
die beantragte Erklärungsfrist zu gewähren und ihren erstinstanzlichen Vortrag zu
berücksichtigen, wonach die mündlich beauftragten Vertragsbeziehungen zwischen den
Parteien aufgrund eines „letzten Abstimmungsgesprächs“ mit dem Zeugen J. im Mai
1996 beendet gewesen seien, wie dieser bei seiner Zeugenvernehmung in dem
Rechtsstreit 9 O 85/02 bekundet und die Klägerin nicht bestritten habe. Denn aufgrund
dieses Gesprächs sei allen Beteiligten bekannt gewesen, „dass es zur Durchführung des
geplanten Bauvorhabens W. T. nicht mehr unter Inanspruchnahme von
Architektenleistungen der Klägerin auf der Grundlage und in dem Umfang der
„beauftragten“ Leistungsphasen 1 bis 3 § 15 HOAI hinaus kommen würde“
(Berufungsbegründung S. 7).
Das Landgericht habe auch verkannt, dass es gar keiner förmlichen Kündigung bedurft
habe angesichts des eigenen Vorbringens der Klägerin, bereits zum Zeitpunkt der
ersten und zweiten Zwischenrechnung alle geschuldeten Leistungen mit Ausnahme der
Innenhofansichten erbracht und letztere aufgrund einer Anforderung ihres Mitarbeiters
M.-W. noch im Januar 1997 gefertigt und übergeben zu haben. Da
Nachbesserungsansprüche im Übrigen nicht geltend gemacht worden und das Vertrags-
und Leistungsverhältnis spätestens im November bei der Rechnungsprüfung durch den
Zeugen J. erfüllt gewesen sei, habe es der Klägerin in der Folge, spätestens nach Erhalt
ihres Schreibens vom 5.3.1999, mit dem sie die Honorarforderung der Klägerin
zurückwies (Anlage K 3), oblegen, Schlussrechnung zu stellen. Da dies nicht geschehen
sei, habe sie darauf vertrauen dürfen, dass die erstellten Zwischenrechnungen
abschließend seien, die Klägerin keine weitergehende Forderung mehr geltend machen
und keine – weitere – Schlussrechnung stellen werde.
Der Höhe nach habe ein Umbauzuschlag von 20 % nicht zugesprochen werden dürfen,
weil es an einer erforderlichen schriftlichen Vereinbarung fehle und die Klägerin nach
Treu und Glauben an die erste und zweite Zwischenrechnung gebunden sei, die einen
solchen nicht enthielten. Die Beweiswürdigung auf der Grundlage des
Sachverständigengutachtens sei fehlerhaft. Da nach dem Ergebnis des
Sachverständigengutachtens keine vollständige Entwurfsplanung vorliege, könne auch
nicht auf die Erbringung der vorgängigen Leistungsphasen 1 und 2 geschlossen werden.
Mit der Prüfung der ersten Zwischenrechnung habe der Zeuge J. auch nichts anerkannt.
Die vom Sachverständigen nach eigenen Erfahrungswerten erstellte Tabelle auf S. 53
des Gutachtens zur Bewertung der einzelnen Grundleistungen der Leistungsphase 3
weiche von den üblichen Tabellen ab und enthalte zu niedrig angesetzte Werte für die
nicht erbrachten Einzelleistungen im Vergleich zu den als erbracht gewerteten
Leistungen.
Jedenfalls dürfe die Baubeschreibung (Anlage B 4.1.,4.2, I/103 ff.) nicht als erbrachte
Leistung berücksichtigt werden, weil sie diese erstmals mit Schreiben der Klägerin vom
27.2.2003 erhalten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom
24.4.2006 (II/109 ff. d.A.), 28.9.2006 (II/147 ff. d.A.),16.1.2007 (II/186 ff. d.A.) und
7.3.2007verwiesen.
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Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 7.2.2006 - 9 O 245/02
- die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihr
erstinstanzliches Vorbringen. Sie tritt insbesondere dem Vorbringen der Beklagten
entgegen, wonach unter Zugrundelegung ihres eigenen Vorbringens der Vertrag im
Jahre 1996 beendet, da vollständig und mängelfrei erfüllt, gewesen sei, und verweist auf
ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach sie die mit Schreiben vom 18. 11.2002 (Anl. B
1.2, (I/35) übersandten Innenhofansichten auf Anforderung des Mitarbeiters M.-W. im
Jahre 1997 gefertigt und nachfolgend - allerdings ohne Zugangsnachweis - übersandt
habe. Vorsorglich beruft sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der offenen
Forderung aus der 2. Zwischenrechnung. Der Höhe nach ist sie weiterhin der Auffassung,
dass sie nach dem Inhalt des durch den Zeugen J. erteilten Auftrages zur Erbringung der
Entwurfsplanung, der dem Zweck gedient habe, zunächst eine zuverlässige Ermittlung
der voraussichtlich entstehenden Kosten zu erhalten, nicht die Erbringung aller einzelnen
in § 15 Abs. 2 HOAI aufgeführten Grundleistungen geschuldet habe, sondern die für
diesen Zweck erforderlichen Leistungen, was andererseits bereits die Erstellung der der
Leistungsphase 5 zugerechneten und bei der sachverständigen Honorarermittlung nicht
berücksichtigten Detailpläne bedingt habe. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf
die Schriftsätze vom 9.11.2006 (II/164 ff.) und 7.3.2007 verwiesen.
Der Senat hat die aus der Verfügung vom 29.8.2006 ersichtlichen Hinweise erteilt (II/136
ff. d.A.).
Die Klägerin hat die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 1.062,73 EUR nebst anteiligen
Zinsen mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur in Höhe von 1.062,73 Euro nebst
anteiligen Zinsen begründet. Im Übrigen hat sie aus den zutreffenden Gründen des
angefochtenen Urteils keinen Erfolg.
1. Die Forderung der Klägerin aus der Schlussrechnung vom 23.12.2002 ist weder
verjährt noch verwirkt.
a) Die Honorarforderung der Klägerin aus der Schlussrechnung ist nicht verjährt. Die
Zweijahresfrist für die Verjährung des Honoraranspruchs des Architekten beginnt mit
dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§§ 196 Abs. 1 Nr. 7, 198
201 BGB a. F.). Entstanden in diesem Sinne ist ein Anspruch, sobald er erstmals geltend
gemacht und im Wege der Klage durchgesetzt werden kann, d. h. im Zeitpunkt seiner
Fälligkeit. Die Fälligkeit des Honoraranspruchs ergibt sich nicht allein aus der Beendigung
des Vertrages, sondern aus der für alle Schlusshonoraransprüche der Architekten –
sofern nicht etwas anderes vereinbart ist - geltenden Bestimmung des § 8 Abs. 1 HOAI
(BGH BauR 1986, 596). Beginnt die Verjährung erst mit der Überreichung einer
prüffähigen Schlussrechnung durch den Architekten, so hat dieser es zwar in der Hand,
den Zeitpunkt der Fälligkeit selbst und damit auch den Beginn der Verjährung
hinauszuschieben. Dies ist jedoch keine Besonderheit des Preisrechts für Architekten.
Die Zwecke der Verjährung - Wahrung des Rechtsfriedens, Schutz des Schuldners vor
Beweisschwierigkeiten, baldige Klärung von Ansprüchen - stehen nicht entgegen. Denn
es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass bei Ansprüchen mit einer von der
Disposition des Gläubigers abhängigen Fälligkeit die Verjährung schon in dem Zeitpunkt
beginnen müsste, zu dem der Gläubiger die Fälligkeit hätte herbeiführen können (BGH
BauR 2000, 589, 590). Auch ein Zeitablauf von ungefähr sieben Jahren zwischen der
Beendigung des Architektenvertrages und der ersten Stellung einer prüffähigen
Schlussrechnung führt zu keiner anderen Beurteilung (vgl. den der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs a.a.O. zugrunde liegenden Fall)..
Die Verjährung der Honorarforderung aus der Schlussrechnung hat damit erst mit dem
Zugang der Schlussrechnung bei der Beklagten zu laufen begonnen. Seit Zustellung des
klageerweiternden Schriftsatzes vom 12.03.2003 im April 2003, mit dem die Klägerin
ihre Klage nunmehr auf die Schlussrechnung gestützt hat, ist die Verjährung gehemmt
(§ 204 Nr. 1 BGB n. F.).
Eine frühere Schlussrechnung hat die Klägerin nicht gestellt. Die erste und die zweite
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Eine frühere Schlussrechnung hat die Klägerin nicht gestellt. Die erste und die zweite
Zwischenrechnung stellen keine Schlussrechnungen dar. Denn die Klägerin hat dort die
“bisher” erbrachten Leistungen berechnet und von auf die Leistungsphase 3
entfallenden 11 % einen Anteil von 10 % als erbracht berechnet. Damit hat sie für die
Beklagte ersichtlich gemacht, dass sie ihre Leistungen noch nicht vollständig
abgerechnet hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin in der Schlussrechnung
vom 23.12.2002 ebenfalls die Formulierung “bisher erbrachte Leistungen“ verwandte.
Denn es kommt auf den Empfängerhorizont zum Zeitpunkt des Erhalts der
Zwischenrechnungen an. Damals kannte die Beklagte den Wortlaut der Schlussrechnung
noch nicht. Angesichts der Bezeichnung der Rechnung als Zwischenrechnung und der
Abrechnung nur eines Teils der auf die Leistungsphase 3 entfallenden Prozentpunkte
konnte die in Architektenhonorarfragen sachkundige Beklagte mit einem Baudezernat,
einer juristischen Abteilung und einem Rechnungsprüfungswesen klar erkennen, dass es
sich nicht um eine abschließende Rechnung handelte. Entgegen dem Vorbringen der
Beklagten in der Berufungsinstanz hatte die Klägerin mit beiden Zwischenrechnungen
jeweils 10 % für die Leistungsphase 3 in Rechnung gestellt und nicht etwa 11 %. Ein
Einverständnis mit einer Rechnungskürzung von 11% auf 10 % bei der
Rechnungsprüfung durch den Zeugen J. liegt schon deshalb nicht vor. Vielmehr kürzte
der Zeuge J. die Leistungsphase 3 von 10 % auf 8 %, bewertete mithin erbrachten
Leistungen aus der Leistungsphase 3 mit 8 % als erbracht. Außerdem ergibt sich aus
der Aussage des Zeugen J. im vorliegenden Rechtsstreit, dass die Kürzungen erfolgten,
weil die Leistungen „nicht ganz vollständig“ waren (Protokoll vom 9.9.2003, I/123).
Die Parteien waren sich auch nicht darüber einig, dass es sich bei der 1. und 2.
Zwischenrechnung entgegen ihrer Bezeichnung und ihrem Inhalt um eine
Schlussrechnung handeln solle. Eine diesbezügliche ausdrückliche Vereinbarung ist nicht
behauptet. Eine solche ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht
aus den Umständen, wonach – wie die Beklagte nunmehr geltend macht – das
Vertragsverhältnis seit Mai 1996 durch den Zeugen J. beendet gewesen sei, die Klägerin
bereits im Mai/November 1996 alle ihr übertragenen Leistungen – mit Ausnahme der
Innenhofansichten - vollständig, mängelfrei und genehmigungsfähig erbracht gehabt
habe - wie von der Beklagten nun im Schriftsatz vom 16.1.2007, S.4 „unstreitig“ gestellt
-, der Zeuge J. die Rechnung nur um einen Prozentpunkt gekürzt habe (s. dazu die
vorstehenden Ausführungen) und eine Vervollständigung/Mängelbeseitigung weder
verlangt noch erbracht worden sei. Denn auch wenn dieses Vorbringen zutreffend wäre,
wären die Leistungen gleichwohl nicht vollständig erbracht – unstreitig fehlten jedenfalls
die Innenhofansichten – und eine Rechnung, in der eine abschließende Berechnung zum
Ausdruck kommt, nicht erstellt gewesen.
Unabhängig davon ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten aus der Aussage
des Zeugen J. vom 5.6.2003 in dem Rechtsstreit 9 O 85/02 nicht, dass der Zeuge das
Vertragsverhältnis hinsichtlich des vorliegenden Vertrages in dem Gespräch vom
31.5.1996 einseitig beendet habe oder das Vertragsverhältnis einvernehmlich beendet
worden sei. Denn ausweislich des vom Senat beigezogenen Protokolls vom 5.6.2003 hat
dort der Zeuge ausgesagt, er könne sich an ein Gespräch im Mai 1996 erinnern, in dem
Pläne übergeben wurden. Er habe im Verlaufe des Gesprächs darum gebeten, die Pläne
an Herrn W. (einen Architekten der Beklagten) zu übersenden und ausgeführt, dass
dieser den Bauantrag stellen solle. Dieser habe noch Kapazitäten frei gehabt.
„Deswegen haben wir die Firma G./G.-J. von der weiteren Bearbeitung entbunden“ (Seite
3, 3. Absatz). Aus dieser Aussage ergibt sich nur, dass die Beklagte die dort auch
beauftragte Leistungsphase 4 – die Genehmigungsplanung – wieder selbst übernehmen
und die Klägerin insoweit von ihrem die Leistungsphase 4 umfassenden Planungsauftrag
entbunden werden sollte, womit die Klägerin offenbar einverstanden war, wie die
Beklagte mit Schriftsatz vom 16.1.2007 S. 5 selbst vorträgt. Aus dieser Aussage kann
für die vorzeitige Beendigung anderer Aufträge nichts hergeleitet werden. Schlüssigen
Vortrag hierzu nebst Beweisantritt hat die Beklagte nicht erbracht. In der ersten Instanz
hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.8.2003 Seite 3 (I/111) lediglich in einem
Nebensatz gemeint, „aufgrund der Bekundungen der Klägerin und des von ihr
benannten Zeugen und vormaligen Dezernatsleiters J. in dem Parallelrechtsstreit – 9 O
85/02 – (könne) als unstreitig gelten .., dass zumindest und bereits im Mai 1996
feststand, dass alle weiteren Leistungen bezüglich der Reha-Klinik W. nun wiederum von
der Beklagten selbst und deren entsprechenden Dezernaten und Abteilungen
ausgeführt werden sollten“. Die Klägerin habe bereits seit Mai 1996 gewusst, dass ihre
Leistungen für dieses Bauvorhaben beendet sein sollten. Dem ist die Klägerin
ausreichend entgegen getreten, indem sie eine Kündigung des streitgegenständlichen
Auftragsverhältnisses, in dem die Leistungsphase 4 nicht beauftragt und jedenfalls ein
wesentlicher Teil der der Leistungsphase 3 unterfallenden Pläne bereits im Jahre 1995
erstellt war, bestritten hat. Mangels eines weitergehenden Beweisantrittes der Beklagten
für ihre Behauptung war hierzu auch nicht der Zeuge J. zu hören.
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Das Landgericht hat auch nicht das rechtliche Gehör verletzt, da es mit dem Hinweis
vom 09.12.2003 lediglich in Zweifel gezogen hat, ob und inwieweit die im November
2002 erbrachten Leistungen noch zu berücksichtigen seien. Aus der Mitteilung dieser
Zweifel ergibt sich nicht, dass das Landgericht diese Frage letztendlich verneinen und
von einer früheren Vertragsbeendigung ausgehen wird.
In der Berufungsinstanz tritt die Beklagte zwar ergänzend Beweis durch Vernehmung
des Zeugen J. an. Abgesehen davon, dass für dieses neue Verteidigungsmittel kein
Zulassungsgrund gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ersichtlich ist, ist diesem Beweisantritt schon
deshalb nicht nachzugehen, da die Beklagte an keiner Stelle konkret behauptet, dass
der Zeuge J. über die bei seiner Vernehmung vom 5.6.2003 wiedergegebenen
Erklärungen vom 31.5.1996 hinaus auch vertragsbeendende Erklärungen hinsichtlich des
vorliegenden Planungsauftrages hinsichtlich der Fassaden und Dächer abgegeben habe.
Vielmehr behauptet sie, aufgrund des Gesprächs vom 31.5.1996 sei allen Beteiligten
bekannt gewesen, „dass es zur Durchführung des geplanten Bauvorhabens W.-Klinik T.
nicht mehr unter Inanspruchnahme von Architektenleistungen der Klägerin auf der
Grundlage und in dem Umfang der „beauftragten“ Leistungsphasen 1 bis 3 § 15 HOAI
hinaus kommen würde“ (Berufungsbegründung S. 7, I/115). Außerdem behauptet sie,
der Planungsauftrag sei erfüllt gewesen. Dies ist aber schon deshalb nicht richtig, weil die
Beklagte jedenfalls unstreitig stellt, dass im Mai/November 1996 noch die
Innenhofansichten fehlten (Schriftsatz vom 16.1.2007 S. 4 f., (II/189 f.). Sollte die
Beklagte mit ihrem Vorbringen auf S. 4 oben des vorgenannten Schriftsatz nunmehr
behaupten wollen, dass die Klägerin die verschiedenen Planungsleistungen für die Reha-
Klinik W. aufgrund eines einheitlichen Vertrages erbracht habe, wäre sie mit diesem
neuen Vorbringen ebenfalls gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Denn
erstinstanzlich war unstreitig, dass den im vorliegenden Rechtsstreit und dem im
Rechtsstreit 9 O 85/02 geltend gemachten Honoraransprüchen jeweils gesonderte
Aufträge zugrunde liegen. Ohnehin widerspricht die Beklagte ihrer eigenen Behauptung
zur vorzeitigen Vertragsbeendigung selbst, wenn sie nunmehr andererseits mit
Schriftsatz vom 16.1.2007 S. 5 (II/190) vorträgt, es habe überhaupt keiner vorzeitigen
Vertragsbeendigung bedurft, weil die Klägerin schon alle Leistungen vollständig und
mängelfrei erbracht gehabt habe, jedenfalls sei die Leistungsphase 3 mit für sie
belanglosen „Mängeln“ und Nachreichung eines Plans für die Innenhofansichten beendet
gewesen.
Es liegen damit keine hinreichenden Umstände dafür vor, dass die Beklagte die
Zwischenrechnungen entgegen ihrer Bezeichnung und ihrem Inhalt als Schlussrechnung
verstehen durfte oder sich der Zeuge J. mit dem Geschäftsführer G.-J. der Klägerin bei
der Prüfung der ersten Zwischenrechnung darüber einig gewesen wäre.
b) Die Forderung der Klägerin ist auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt. Ein Recht ist
verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und
der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten
des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft
nicht geltend machen werde (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rdnr. 87
m.w.N.). Eine Verwirkung der Honorarforderung aus einer Schlussrechnung kommt
danach – jedenfalls für einen in Architektenhonorarfragen kundigen Auftraggeber wie die
Beklagte - grundsätzlich nicht in Betracht, solange die Schlussrechnung noch nicht
gestellt und die Forderung damit nicht fällig ist. Denn unabhängig von der Länge des
Zeitraumes, in der der Architekt seinen Honoraranspruch nicht geltend macht, fehlt es
im Regelfall an dem sogenannten Umstandsmoment. Denn nach der vorzitierten
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beginn der Verjährung mit der Stellung
einer prüffähigen Honorarschlussrechnung besteht für den Auftraggeber von
Architektenleistungen bis zur Vorlage einer solchen Rechnung kein Anlass, darauf zu
vertrauen, dass der Architekt seine Honorarforderung nicht mehr geltend machen
werde. Denn auch nach Ablauf von mehreren Jahren zwischen der Vertragsbeendigung
bzw. -erfüllung und der Erstellung der Schlussrechnung beginnt die Verjährung nicht zu
einem früheren Zeitpunkt zu laufen. Auf den Fortbestand des Vertrags- und
Leistungsverhältnisses, von dem das Landgericht im Rahmen der Entscheidungsgründe
zu dem Umfang der erbrachten Leistungen ausgegangen ist, kommt es insoweit
grundsätzlich nicht an.
Es liegen auch keine Umstände vor, aufgrund derer die Beklagte darauf vertrauen
durfte, die Klägerin werde nur noch die aus der 2. Zwischenrechnung offene
Restforderung geltend machen. Denn wie ausgeführt, handelte es sich dabei auch aus
der Sicht der Beklagten um keine abschließende Berechnung.
Eine andere Beurteilung zur Verwirkung kommt auch nicht im Hinblick auf die Erklärung
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Eine andere Beurteilung zur Verwirkung kommt auch nicht im Hinblick auf die Erklärung
der Beklagten vom 05.03.1999 in Betracht. Mit diesem Schreiben nahm die Beklagte zu
der “letzten Mahnung” der Klägerin vom 18.02.1999 Stellung, mit der die Klägerin nach
erfolgloser Mahnung vom 09.12.1998 erneut den offenen Betrag von 92.697,63 DM aus
der Zwischenrechnung vom 04.02.1997 nebst Zinsen forderte. Die in dem Schreiben
vom 05.03.1999 abgegebenen Erklärungen der Beklagten, sie habe auf die Rechnung
vom 25.11.1996 per Wertstellung vom 06.01.1997 einen Betrag von 49.000,00 DM
überwiesen, ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch sei nicht begründet, sie
sehe daher keine Veranlassung, den angemahnten Betrag zu zahlen, betrachte den
Vorgang als abgeschlossen und der Klägerin bleibe es unbenommen, Klage zu erheben,
bezogen sich sämtlich auf die Forderung der Klägerin aus der zweiten Zwischenrechnung
und nicht auf eine noch nicht fällige Schlussrechnungsforderung. Daran ändert nichts,
dass die Klägerin diese Rechnung in beiden Mahnschreiben schlicht als Rechnung
bezeichnete (Anlage B 9, II/160). Damit hat sie nicht zum Ausdruck gebracht, dass es
sich bei der 2. Zwischenrechnung um eine Schlussrechnung handeln solle.
Auch wenn man die Erklärungen weitergehend auf jegliche Honorarforderungen der
Klägerin aus dem Planungsauftrag betreffend die Fassaden- und Dachsanierung bezöge,
so würde das Untätigbleiben der Klägerin ebenfalls kein berechtigtes Vertrauen der
Beklagten begründen, die Klägerin werde ihre Honorarforderung nicht mehr geltend
machen, auch wenn man das Mahnverfahren außer Acht lässt. Denn die HOAI enthält
keine der Bestimmungen des § 16 Nr. 3 VOB/B vergleichbare Regelung, wonach der
Auftragnehmer mit Nachforderungen ausgeschlossen ist, wenn er nicht binnen einer
bestimmten Frist nach Erhalt einer Schlusszahlung oder einer schlusszahlungsgleichen
Erklärung im Sinne des Absatzes 3 der vorgenannten Bestimmung einen Vorbehalt
erklärt. Der Auftraggeber von Architektenleistungen ist insofern auch nicht
schutzbedürftig. Er kann einen mit der Schlussrechnung säumigen Architekten eine
angemessene Frist zur Rechnungslegung setzen. Kommt dieser dann seiner
Obliegenheit nicht alsbald nach, kann dies dazu führen, dass er sich nach Treu und
Glauben (§§ 162 Abs. 1, 242 BGB) so behandeln lassen muss, als sei die
Schlussrechnung in angemessener Frist erteilt worden (BGH BauR 1986, 596, 597). Dem
steht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entgegen, dass der Auftraggeber
gegenüber dem Architekten nicht wie gegenüber dem Bauunternehmer gemäß § 14 Nr.
4 VOB/B die Schlussrechnung selbst auf Kosten des Auftragnehmers aufstellen und
damit die Verjährung des Vergütungsanspruchs in Lauf setzen kann (BGH BauR aaO).
Bleibt der Architekt dann trotz der Aufforderung zur Schlussrechnungslegung lange Zeit
untätig, kann dies einen Verwirkungsgrund darstellen.
c) Schließlich kommt es auf die Verjährung der Forderungen aus der ersten und zweiten
Zwischenrechnung nicht an, weil es sich insoweit - wie ausgeführt - um
Abschlagsrechnungen handelte und die Verjährung der Forderungen aus
Abschlagsrechnungen der Geltendmachung dieser Forderungsteile mit der
Schlussrechnung nicht entgegensteht, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt (BGH
BauR 1999, 267).
2. Auch die Berufungsangriffe der Beklagten zur Höhe der zugesprochenen Forderung
greifen überwiegend nicht durch.
a) Das Landgericht hat den in der Schlussrechnung berechneten Umbauzuschlag von 20
% zu Recht zugesprochen. Dieser kommt gemäß § 24 Abs. 1 HOAI bei Umbauten und
Modernisierungen im Sinne des § 3 Nr. 5 und 6 in Betracht. Gemäß § 3 Nr. 5 HOAI sind
Umbauten Umgestaltungen eines vorhandenen Objekts mit wesentlichen Eingriffen in
Konstruktion oder Bestand. Gemäß § 3 Nr. 6 sind Modernisierungen bauliche
Maßnahmen zur nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes eines Objektes, soweit sie
nicht unter die Nummern 4, 5 oder 10 fallen, jedoch einschließlich der durch diese
Maßnahmen verursachten Instandsetzungen. Bei der Errichtung einer sogenannten
“vorgehängten” Fassade auf einer Aluminiumunterkonstruktion und der Errichtung einer
neuen Dachkonstruktion handelt es sich um einen wesentlichen Eingriff in den Bestand,
bei den weiteren Erneuerungsarbeiten an den Fenstern und Balkonen um
Modernisierungsmaßnahmen.
Gemäß § 24 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 HOAI sind Honorare bei Umbauten und
Modernisierungen mit der Maßgabe zu ermitteln, dass eine Erhöhung um einen
Vomhundertsatz schriftlich zu vereinbaren ist (S. 1), wobei bei der Vereinbarung der
Höhe des Zuschlags insbesondere der Schwierigkeitsgrad der Leistungen zu
berücksichtigen ist (S. 2) und bei durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ein Zuschlag
von 20 bis 33 % vereinbart werden kann (S.3 ). Sofern nicht etwas anderes vereinbart
ist, gilt ab durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ein Zuschlag von 20 % als vereinbart
(S. 4).
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Da in Satz 4 die Fiktion der Vereinbarung eines Zuschlagssatzes dann eingreift, wenn
kein anderer Zuschlagssatz vereinbart ist, ist entgegen der Auffassung der Beklagten
Voraussetzung dieser Fiktion nicht, dass eine schriftliche Vereinbarung über die
Berechnung eines Umbauzuschlages getroffen wurde. Vielmehr ergibt sich aus den
Sätzen 1 bis 4 gerade, dass bei fehlender schriftlicher Vereinbarung ab
durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad der Mindestzuschlag von 20 % zu berechnen ist.
Im Übrigen können die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zu § 10 Abs. 3 a HOAI (BauR
2003,745, dort Rz. 9 f., zitiert nach Juris) sinngemäß herangezogen werden, wonach mit
dem vom Verordnungsgeber vorgesehenen Erfordernis der schriftlichen Vereinbarung
zum Ausdruck gebracht wird, dass ein einseitiges Bestimmungsrecht einer der
Vertragsparteien ausgeschlossen ist und die Regelung zwingenden preisrechtlichen
Charakter hat. Den durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad hat die Beklagte nicht
bestritten. Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten ist nicht
ersichtlich.
Die Geltendmachung des Umbauzuschlages ist auch nicht etwa deshalb verwirkt, weil
ihn die Klägerin in den Zwischenrechnungen nicht geltend machte; denn diese hatten
keinen abschließenden Charakter (s.o.).
b) Die Beklagte zeigt mit ihren Angriffen gegen die Beweiswürdigung des Landgerichtes
auf der Grundlage des gerichtlichen Gutachtens des Sachverständigen F. auch keine
konkreten Umstände im Sinnes des § 529 ZPO auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder
Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen könnten.
Das Landgericht hat zu Recht das volle Honorar für die Leistungsphasen 1 und 2 des §
15 HOAI zugesprochen. Es hat die Feststellung der Leistungserbringung zutreffend
darauf gestützt, dass nach der Systematik der HOAI die einzelnen Leistungsphasen
aufeinander aufbauen und jedenfalls im Hinblick auf die vorgelegte Planung ersichtlich
ist, dass insoweit zu den konkreten Zeichnungen vorangegangene Schritte erfolgt sein
müssen. Dieser Feststellung steht nicht entgegen, dass nach dem Ergebnis der
erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht alle in § 15 Abs. 2 HOAI aufgeführten
Grundleistungen der Leistungsphase 3 erbracht wurden. Denn aus der auch vom
Sachverständigen auf Seite 20 ff. des Gutachtens dargestellten Systematik der HOAI
ergibt sich nicht, dass alle einzelnen Grundleistungen bis zur Zusammenfassung der
Ergebnisse der Leistungsphase 3 erbracht sein müssten, um davon ausgehen zu
können, dass die Leistungen der vorangehenden beiden Leistungsphasen 1 und 2
erbracht sind. Vielmehr ermöglicht das Ergebnis einer vorangegangenen Phase den
Beginn der nächsten (Sachverständigengutachten Seite 23).
Der Rückschluss auf die vorgängige Erbringung der Leistungsphasen 1 und 2 ist
jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Grundleistungen aus der Leistungsphase 3
überwiegend erbracht wurden. Dies ist auf der Grundlage der erstinstanzlichen
Feststellungen vorliegend der Fall. Insbesondere hat die Klägerin die Entwurfspläne und
die Kostenrechnung erstellt. Der von der Beklagten mit der Auftragserteilung bezweckte
Erfolg war auch eingetreten. Denn wie die Klägerin unbestritten vorgetragen und der
Zeuge J. bei seiner Vernehmung am 9.9.2003 bekundet hat, war Ziel des Auftrags, eine
verlässliche Grundlage für die im Haushaltjahr 1997 zu veranschlagenden Kosten der
vorgesehenen Baumaßnahme zu erhalten. Mängelbeseitigungsansprüche hat die
Beklagte unstreitig nicht geltend gemacht. Eine andere Bewertung der von der Klägerin
erbrachten Leistungen ist auch nicht deshalb vorzunehmen, weil der Sachverständige
die Leistungen der Klägerin nur als „grundsätzlich genehmigungsfähig“ angesehen hat.
Die darin liegende Einschränkung liegt in der Natur der Sache, weil es zunächst darum
ging, eine zuverlässige Ermittlung der voraussichtlich entstehenden Kosten zu erhalten
und nicht die Voraussetzungen der Genehmigung der Baumaßnahme zu klären, und
demzufolge die Genehmigungsplanung nicht beauftragt war und nicht durchgeführt
wurde. Bauordnungs- oder planungsrechtliche Hindernisse, die der vorgesehenen
Fassadensanierung und Änderung des Daches entgegen gestanden hätten, ergeben
sich weder aus dem Gutachten noch aus den Berufungsangriffen der Beklagten.
Der Sachverständige ist auf der Grundlage der ihm vorgelegten Unterlagen zu dem
rechnerischen Ergebnis gelangt, dass 8,26 % von 11 % erbracht sind; diesen
Prozentsatz hat er auf 8,3 % gerundet. Diese Rundung ist nicht zu beanstanden, weil es
sich um eine Einschätzung ohne mathematischen Genauigkeitsgrad handelt. Auch die
von dem Sachverständigen angesetzten Prozentsätze für die einzelnen Grundleistungen
sind nicht zu beanstanden. Sie beruhen, wie der Sachverständige ausweislich des
Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2006 erläutert hat, auf seinen
langjährigen eigenen Erfahrungswerten und Berücksichtigung des konkreten
Bauvorhabens. Dass der Sachverständige dabei die Schwerpunkte falsch gesetzt hätte,
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Bauvorhabens. Dass der Sachverständige dabei die Schwerpunkte falsch gesetzt hätte,
zeigt die Beklagte mit ihrem Berufungsvorbringen nicht auf. Eine einseitige niedrige
Bewertung der nicht für erbracht erachteten Grundleistungen und andererseits
Überbewertung der als erbracht angesehenen Grundleistungen liegt nicht vor. Dies
ergibt sich nicht schon daraus, dass die Tabelle von der in einem bestimmten HOAI-
Kommentar wiedergegebenen Tabelle abweicht und sich bei deren Anwendung ein
niedrigerer Prozentsatz ergeben hätte (Anlage C 1 der Berufungsbegründung, II/129).
Denn die Tabellen in den verschiedenen Kommentierungen zur HOAI sind bloße -
unvollkommene - Hilfsmittel, um einen Ansatzpunkt für die Bewertung erbrachter
Teilleistungen zu geben. Aufgrund der Unterschiedlichkeit von Bauvorhaben und der
übrigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Anforderungen bei der Erbringung
der Architektenleistungen ergeben, kann es keine allein richtige generelle Festlegung
von starren Prozentsätzen für jede einzelne Teilleistung einer Leistungsphase geben. Die
veröffentlichten starren Tabellen sind damit keinesfalls der Bewertung der konkreten
Leistungen durch einen Sachverständigen vorzuziehen. Der vom Landgericht
beauftragte Sachverständige hat eine nicht zu beanstandende konkrete Bewertung
aufgrund der Gegebenheiten des vorliegenden Planungsauftrages vorgenommen. Er
konnte dabei - wie von ihm angegeben - auf eine 40-jährige Erfahrung als Architekt
zurückblicken und verfügt auch - wie dem Senat bekannt ist - über eine langjährige
Erfahrung als Gerichtssachverständiger in Architektenhonorarprozessen. Seine
Bewertung liegt im Übrigen im Rahmen der Werte der Tabelle, die in dem Kommentar
zur HOAI von Locher/Koeble/Frik a.a.O., Anhang 4/1 wiedergegeben sind.
Eine Honorarkürzung ist nicht deshalb vorzunehmen, weil die Klägerin nicht nachweisen
kann, die Pläne Nr. 9 und 10 vor dem 18.11.2002 an die Beklagte übersandt zu haben.
Denn die Beklagte hat eine Beendigung des Vertrages vor diesem Zeitpunkt aus den
zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil und wie oben ausgeführt auch im
Berufungsverfahren nicht schlüssig dargetan.
Allerdings hat die Klägerin einen Nachweis für die Übersendung der
Objektbeschreibungen mit dem Datum des 10.02.1996 vor dem 27.02.2003 (Anlagen B
4.1 und B 4.2) nicht führen können mit der Folge, dass die erst nach Stellung der
Schlussrechnung übersandte Objektbeschreibung nicht mehr als erbracht zugrunde
gelegt und berücksichtigt werden kann. Das Landgericht hätte deshalb auch den vom
Sachverständigen für die Leistungsphase 3 ermittelten 8,3 Prozentpunkten nicht nur
einmal 0,28 % (hinsichtlich des Punktes 3.8) abziehen müssen, sondern zweimal. Ein
weiterer Abzug von 0,28 % führt im Ergebnis dazu, dass ein Honorar von 17,74 % aus
533.280,00 DM zu berechnen ist. Der sich hieraus ergebende Betrag von 94.603,87 DM
ist wegen des Umbauzuschlages um 20 % zu erhöhen um 18.920,77 DM auf 113.524,64
DM. Abzüglich der erbrachten Zahlung von 42.608,70 DM netto verbleiben 70.915,94 DM
netto. Dies sind 82.262,49 DM brutto oder 42.060,14 EUR. Die Differenz zu den
zugesprochenen 43.122,87 EUR beträgt damit 1.062,73 EUR. Insoweit ist die Klage nebst
anteiligen Zinsen zurückgenommen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht
vorliegen. Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der
Fälligkeit und Verwirkung des Architektenhonorars. Bei der Prüfung der tatsächlichen
Voraussetzungen der Verwirkung handelt es sich um der Revision nicht zugängliche
Tatsachenfeststellung. Der Senat weicht bei seiner Entscheidung auch nicht von der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Höhe des geschuldeten Honorars im Falle
der Orientierung der vertraglichen Vereinbarung an den Leistungsphasen des § 15 HOAI
ab (BGH BauR 2004, 1640, 1642 f.; BauR 2005, 400, 405). Ob und inwieweit das Honorar
aus den Leistungsphasen 1 und 2 des § 15 HOAI als verdient angesehen werden kann,
auch wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht alle in § 15 HOAI aufgeführten
Grundleistungen der Leistungsphase 3 festgestellt werden konnten, ist wiederum eine
Frage tatrichterlicher Würdigung. Soweit die Klägerin in Frage gestellt hat, ob angesichts
der Umstände der vorliegenden Auftragsvergabe eine derartige, der sachverständigen
Ermittlung des Honorars zugrundeliegende Auslegung des Vertrages überhaupt
zutreffend ist, wäre die Beklagte im Falle der Verneinung dieser Frage jedenfalls nicht
beschwert.
3. Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf §§ 92 Abs.1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3,
708 Nr. 10, 711 ZPO.
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