Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 13.03.2017

FG Schleswig-Holstein: buchwert, treu und glauben, abspaltung, buchführung, bilanzwahrheit, einspruch, forstwirtschaft, vermarktung, arbeitsrecht, datenschutz

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Finanzgericht 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2001
Aktenzeichen:
5 K 172/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 2 S 1 EStG 1997, § 13
EStG 1997, MilchGarMV
Erfolgswirksamkeit einer Bilanzberichtigung wegen der --
ohne Minderung des Buchwerts des Grund und Bodens
erfolgten-- Veräußerung von nicht abgespaltenen
Milchquoten
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob aufgrund der Nichtberücksichtigung eines
Milchquotenbuchwertes im Zusammenhang mit Veräußerungsvorgängen in den
Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung
des Buchwertansatzes des Grund und Bodens im ersten offenen Wirtschaftsjahr
erfolgen kann.
Der Kläger betrieb im Streitjahr einen landwirtschaftlichen Betrieb.
In den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 hatte der Kläger einen Teil seiner
Milchquote veräußert. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns
berücksichtigte er keinen Buchwert im Sinne des BMF-Schreibens vom 14. Januar
2003 (BStBl I 2003, 78) und der dem BMF-Schreiben zugrunde liegenden BFH-
Rechtsprechung.
Zusammen mit seiner Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Kalenderjahr 2001
reichte der Kläger am 19. September 2003 eine berichtigte Bilanz für das
Wirtschaftsjahr 2000/2001 ein, in der er einen um 48.455,67 DM auf 86.537,77 DM
geminderten Gewinn auswies. Zur Erläuterung trug er vor, dass es sich bei dieser
Berichtigung um getätigte Milchquotenverkäufe der vorangegangenen
Wirtschaftsjahre handele, für die derzeit noch keine Buchwerte gemäß der
Abspaltungsberechnung gewinnmindernd berücksichtigt worden seien.
Unter Beachtung der Verlustausschlussklausel des § 55 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) errechnete er den sich im Rahmen der
erfolgswirksamen Bilanzberichtigung zu berücksichtigenden Buchwert wie folgt:
Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern legte mit ESt-Bescheid für 2001 vom
15. Dezember 2003 den ursprünglich erklärten Gewinn aus Land- und
Forstwirtschaft der ESt-Festsetzung zu Grunde.
Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch wandte sich der Kläger gegen die
Nichtberücksichtigung der Gewinnminderung durch den Buchwertabgang für die
Milchquote im Wirtschaftsjahr 2000/2001 i.H.v. 48.455,67 DM. Da eine
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Milchquote im Wirtschaftsjahr 2000/2001 i.H.v. 48.455,67 DM. Da eine
Bilanzberichtigung für den Milchquotenverkauf der Wirtschaftsjahre 1995/96 und
1997/98 nicht mehr möglich sei, müsse diese in der ersten offenen Bilanz, hier
(unstreitig) diejenige des Wirtschaftsjahres 2000/2001, nachgeholt werden. Da der
Grund und Boden in der letzten noch änderbaren Bilanz weiterhin zu hoch
ausgewiesen sei, sei zunächst die Abspaltung des Milchquotenbuchwerts
(erfolgsneutral) nachzuholen. Nachdem der Bilanzierungsfehler hinsichtlich des
Grund und Bodens behoben worden sei, stehe nunmehr der Buchwert des
Wirtschaftsguts “Milchquote” in der Bilanz, welches bereits in früheren
Wirtschaftsjahren erfolgswirksam aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sei.
Die Ausbuchung habe ertragswirksam zu erfolgen.
Der ESt-Bescheid für 2001 wurde aus hier nicht streiterheblichen Gründen mit
Bescheid vom 16. Januar 2004 geändert.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10. August 2005 wies das Finanzamt den
Einspruch unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 (BStBl I
2003, 78) als unbegründet zurück. Ein unrichtiger Bilanzansatz sei in der ersten
Schlussbilanz richtig zu stellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der
Bestandskraft und der Verjährung maßgebenden Vorschriften möglich sei, und
zwar grundsätzlich erfolgswirksam. Dies wäre hier die Schlussbilanz des
Wirtschaftsjahres 2000/2001. Anzusetzen sei dabei der Wert, mit dem das
Wirtschaftsgut bei von vornherein zutreffender bilanzieller Behandlung - also bei
Beachtung sämtlicher Gewinnermittlungsvorschriften - in dieser Bilanz erscheinen
würde (BFH, BStBl II 1998, 377). Die Korrektur eines fehlerhaften Bilanzansatzes
setze jedoch voraus, dass noch ein Bilanzierungsfehler vorliege. Sei - wie im
Streitfall - das Milchlieferrecht bereits veräußert, der dazugehörende Grund und
Boden jedoch zurückbehalten worden und eine Buchwertabspaltung noch nicht
erfolgt, sei damit bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes insoweit kein
Buchwert abgezogen worden. In diesem Fall stehe der Grund und Boden demnach
noch mit dem unverminderten Buchwert in der Bilanz und der Bilanzansatz sei
diesbezüglich fehlerhaft. Gleichwohl könne eine Bilanzberichtigung für das
Wirtschaftsgut “Milchlieferrecht” nicht mehr vorgenommen werden. Das
Wirtschaftsgut “Milchlieferrecht” sei nicht mehr Teil des Betriebsvermögens, ein
Bilanzierungsfehler könne für dieses Wirtschaftsgut daher nicht mehr vorliegen
(BFH, BStBI II 1998, 503; BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003, a.a.O., Rz. 20, 22).
Am 13. September 2005 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur
Begründung trägt er vor:
Mit Einführung der Milchgarantiemengen-Verordnung zum 02. April 1984 habe sich
ein Teil des Buchwertes des Grund und Bodens auf die auf diesen Flächen ruhende
Milchreferenzmenge abgespalten, da es sich ab diesem Zeitpunkt bei der
Milchreferenzmenge um ein selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut
gehandelt habe. Es hätte somit separat in der Bilanz ausgewiesen werden
müssen. Durch diesen Bilanzierungsfehler sei bei der Veräußerung der
Milchreferenzmenge kein Buchwert gewinnmindernd berücksichtigt, d.h. ein zu
hoher Veräußerungsgewinn für die Milchquote ausgewiesen worden. In den Fällen,
in denen (wie vorliegend) eine Änderung der betroffenen Veranlagungszeiträume
nicht mehr möglich sei, sei (soweit der Bilanzansatz von Wirtschaftsgütern
unrichtig sei) eine Bilanzberichtigung in der Schlussbilanz im ersten offenen
Veranlagungsjahr durchzuführen. Im Streitfall liege entweder ein Verstoß gegen
den Grundsatz der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit (§ 239 Abs. 2 HGB; §
246 Abs. 1 Satz 1 HGB) oder gegen den Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252
Abs. 1 Nr. 3 HGB) vor. Beide Verstöße erforderten eine erfolgswirksame
Bilanzberichtigung in der Schlussbilanz im ersten offenen Veranlagungsjahr:
1. Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit
Seit Einführung der Milchgarantiemengenverordnung zum 02. April 1984 sei der
Buchwert des Grund und Bodens in der Bilanz zu hoch ausgewiesen worden, da
eine Buchwertabspaltung für die Milchquote nicht erfolgt sei. In der Bilanz sei
weiterhin ein separater Wertansatz für die Milchquote nicht enthalten gewesen. Es
handele sich hierbei um einen Bilanzierungsfehler, da ein Wirtschaftsgut mit einem
falschen Wert und ein weiteres überhaupt nicht in der Bilanz berücksichtigt worden
sei. Dieser fehlerhafte Bilanzansatz habe sich nicht im Entstehungsjahr auf den
Gewinn ausgewirkt, da lediglich ein Aktivtausch hätte stattfinden müssen. Sei
jedoch eines der Wirtschaftsgüter zum Berichtigungszeitpunkt nicht mehr
vorhanden, so liege insoweit kein Bilanzierungsfehler mehr vor und ein Aktivtausch
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vorhanden, so liege insoweit kein Bilanzierungsfehler mehr vor und ein Aktivtausch
sei nicht mehr durchführbar. Die Fehlerberichtigung könne hier also nur einseitig
durch Verminderung des Buchwertes des Wirtschaftsguts “Grund und Boden”
erfolgen.
Der Beklagte vertrete die Ansicht, dass die Berichtigung des Buchwertes “Grund
und Boden” erfolgsneutral zu geschehen habe, da sich dieser Fehler an der
Fehlerquelle nicht auf den Gewinn ausgewirkt habe. Außerdem sei das
Wirtschaftsgut “Milchquote” nicht mehr im Betriebsvermögen des Klägers
vorhanden und somit eine Berichtigung des Buchwertes der Milchquote nicht mehr
möglich. Aus zweierlei Gründen sei diese Rechtsauffassung nicht zutreffend:
Durch die nicht erfolgte Abspaltung eines Buchwertes für das Wirtschaftsgut
“Milchquote” und somit die nicht erfolgte Herabsetzung des Buchwertes für das
Wirtschaftsgut “Grund und Boden” sei die erfolgswirksame Veräußerung der
Milchquote zu hoch besteuert worden. Somit bestehe eine direkte Kausalität
zwischen der erfolgswirksamen Veräußerung der Milchquote und der nun zu
erfolgenden Berichtigung des Bilanzansatzes des Wirtschaftsguts “Grund und
Boden”. Im Übrigen sei die Auffassung des Beklagten, dass das Wirtschaftsgut
“Milchquote” nicht mehr im Betriebsvermögen des Klägers sei, nicht zutreffend.
Nach wie vor sei eine Milchquote im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen
vorhanden, wenn auch durch die Veräußerungen in den Wirtschaftsjahren 1995/96
und 1997/98 in verminderter Form. Gemäß dem BFH-Urteil vom 24. August 2000
(BStBl II 2003, 64) sei das Milchlieferrecht ein einheitliches, selbstständiges
immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Die Veräußerung von Teilen
dieses Wirtschaftsgutes ändere nichts daran, dass dieses Wirtschaftsgut nach wie
vor vorhanden sei. Infolgedessen sei im Rahmen der Bilanzberichtigung ein
Bilanzansatz für das Wirtschaftsgut “Milchquote”, und zwar in Höhe des
Abspaltungsbetrages der originären Milchquote, zu bilden. Da bereits ein Teil der
Milchquote aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sei, sei der darauf
entfallende Buchwert der Höhe nach zu berichtigen.
Alternativ werde folgende Rechtsauffassung vertreten:
2. Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelbewertung
Bei Einführung des § 55 EStG zum 1. Juli 1970 sei das Recht zur Milchgewinnung
und Vermarktung noch ein unselbstständiges Recht gewesen, das in dem
Wirtschaftsgut “Grund und Boden” mit enthalten gewesen sei und daher
zusammen mit diesem Wirtschaftsgut bewertet worden sei. Mit Einführung der
Milchgarantiemengenverordnung zum 02. April 1984 habe sich das Wirtschaftsgut
“Milchquote” vom Grund und Boden abgespalten. Nunmehr seien
unzulässigerweise das Wirtschaftsgut “Grund und Boden” und das immaterielle
Wirtschaftsgut “Milchquote” innerhalb eines Bilanzpostens zusammengefasst
worden. Dieser Fehler sei bis zum ersten offenen Veranlagungszeitraum
fortgeführt worden. Das beklagte Finanzamt irre daher insoweit, als dass der
Wertansatz für das Wirtschaftsgut “Milchquote” im Berichtigungszeitpunkt - zum
Ende des Wirtschaftsjahres 2000/2001 - in der Bilanz nicht mehr vorhanden
gewesen sei. Denn vielmehr seien der Bilanzposten “Grund und Boden” nicht nur
insoweit fehlerhaft gewesen, dass Wertansätze zweier Wirtschaftsgüter
unzulässigerweise in einem Bilanzansatz zusammengefasst gewesen seien,
sondern dass auch eines dieser Wirtschaftsgüter nicht mehr in der ursprünglichen
Höhe zum Betriebsvermögen gehört habe. Zur Behebung des ersten Fehlers, d. h.
der zu hohe bzw. gemeinsame Ausweis des Buchwertes “Grund und Boden” mit
der Milchquote, sei zunächst in der letzten noch änderbaren Bilanz die Abspaltung
des Milchquotenbuchwertes nachzuholen. Dies habe gemäß BMF-Schreiben vom
14. Januar 2003 erfolgsneutral zu geschehen. Nachdem der Bilanzierungsfehler
hinsichtlich des Grund und Bodens behoben worden sei, stehe nunmehr der
Buchwert eines Wirtschaftsgutes (Milchquote) in der Bilanz, das teilweise in
früheren Wirtschaftsjahren erfolgswirksam aus dem Betriebsvermögen
ausgeschieden sei. Auch bei dieser Sichtweise wäre deshalb der Buchwertansatz
des Wirtschaftsgutes “Milchquote” der Höhe nach zu berichtigen.
Unabhängig von der Frage, gegen welche Grundsätze der ordnungsgemäßen
Buchführung verstoßen worden sei, habe die Berichtigung des Buchwertes des
Wirtschaftsgutes “Milchquote” erfolgswirksam zu erfolgen. Mit Urteil vom 21.
Oktober 1976 (BStBl II 1977, 148) habe der BFH entschieden, dass für den Fall,
dass ein Wirtschaftsgut aus betrieblichen Gründen aus dem Betriebsvermögen
ausgeschieden, jedoch weiter bilanziert worden sei, die Ausbuchung
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ausgeschieden, jedoch weiter bilanziert worden sei, die Ausbuchung
erfolgswirksam zu erfolgen habe. Habe ein fehlerhafter Bilanzansatz (noch) keine
Erfolgsaussichten gehabt, seien aber Ergebnisse von Zwischenjahren tangiert
worden, sei das Wirtschaftsgut in der nächsten Anfangsbilanz mit dem Wert
anzusetzen, mit dem es bei zutreffender Bilanzierung in der ursprünglichen Bilanz
zu Buche stehen würde. Anschließend sei die erfolgswirksame Berichtigung
aufgrund der in den Zwischenjahren eingetretenen Ereignisse (hier: anteilige
Veräußerung der Milchquote) durchzuführen, insbesondere wenn dies - wie im
vorliegenden Fall - nicht z.B. wegen unlauteren Verhaltens des Steuerpflichtigen
gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße (vgl. Weber-Grellet in
Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rz C 139).
Zusammengefasst ergebe sich Folgendes: Zunächst müsse geprüft werden, ob
ein Bilanzierungsfehler vorliege. Unstreitig sei zwischen den Parteien, dass der
Buchwert des Grund und Bodens in der Bilanz zu hoch ausgewiesen sei, da in ihm
nach wie vor der Buchwert der am 02. April 1984 zugeteilten Milchquote enthalten
sei. Daraus folge zudem, dass die Milchquote in der Bilanz nicht separat als
eigenständiges, einheitliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens ausgewiesen
sei. Deshalb sei unabhängig davon, inwieweit das Wirtschaftsgut “Milchquote”
noch in der Bilanz vorhanden sei, wegen des zu hoch bewerteten Grund und
Bodens und der nicht separat bilanzierten Milchquote ein Bilanzierungsfehler zu
bejahen.
In einem weiteren Schritt sei dann zu klären, wie die vom BFH entwickelten
Grundsätze zur Buchwertabspaltung “Milchquote” im streitgegenständlichen Fall
anzuwenden seien. Hierbei sei der volle Buchwert der am 02. April 1984
zugeteilten Milchquote vom Grund und Boden abzuspalten. Die Tatsache, dass ein
Teil der Milchquote zum Zeitpunkt der Bilanzberichtigung bereits veräußert worden
sei, sei für die Abspaltung des Buchwertes vom Grund und Boden zunächst ohne
Bedeutung. Bei der Abspaltung sei der Betrag zugrunde zu legen, der am 02. April
1984 zugeteilt worden sei. Auswirkungen hätten die in den Wirtschaftsjahren
1995/96 und 1997/98 getätigten Veräußerungen lediglich bei der spiegelbildlichen
Bilanzierung des Wirtschaftsgutes “Milchquote”. Hier könne nicht der volle Wert
i.H.v. 109.650,54 DM (Abspaltungsbetrag) ausgewiesen werden, da bereits
104.706 kg der am 02. April 1984 zugeteilten 215.706 kg veräußert worden seien.
Folglich sei im Zuge der Berichtigung der Schlussbilanz zum 30. Juni 2001 der auf
die bereits verkaufte Milchmenge von 104.706 kg entfallene Buchwert von
48.455,70 DM auszubuchen.
In einem weiteren Schritt sei dann zu prüfen, ob die Ausbuchung der 48.455,70 DM
erfolgswirksam oder erfolgsneutral zu geschehen hat. Unstreitig sei, dass - soweit
die Milchquoten noch vorhanden seien - ein erfolgsneutraler Aktivtausch
durchzuführen sei. Streitig sei die Frage, ob eine Bilanzberichtigung hinsichtlich der
in den Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 veräußerten Milchquote
erfolgswirksam vorgenommen werden könne. Das sei hier aus den o.g. Gründen,
die auf dem BFH-Urteil vom 21. Oktober 1976 (BStBl II 1977, 148) basieren, der
Fall.
Der Kläger beantragt, den ESt-Bescheid für 2001 vom 15. Dezember 2003,
geändert durch Bescheid vom 16. Januar 2004, in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 10. August 2005 zu ändern, die Einkünfte des
Klägers aus Land- und Forstwirtschaft um eine hälftig zu berücksichtigende
Buchwertberichtigung in Höhe von 24.228 DM zu mindern und die ESt 2001
entsprechend niedriger festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Rechtsauffassung fest. Ergänzend trägt es vor: Da die
Veranlagung des Veräußerungsjahres der streitbefangenen Milchquote bereits in
Bestandskraft erwachsen sei, komme eine Abspaltung des Milchlieferrechtes vom
Grund und Boden nicht in Betracht, da diese Bilanzposition nicht mehr dem
Betriebsvermögen zugeordnet werden könne. Insoweit werde dieser Wertansatz in
der Bilanzposition “Grund und Boden” noch mit dem unverminderten - also zu
hohen - Buchwert in der Bilanz ausgewiesen. Demnach sei dieser Bilanzansatz
fehlerhaft, so dass der Buchwert des Grund und Bodens, mangels einer
entsprechenden Abspaltungsmöglichkeit, erfolgsneutral um den Wert zu mindern
sei, der sich nach erfolgter Buchwertabspaltung für das nach den Verhältnissen
zum 02. April 1984 zum Grund und Boden gehörende Milchlieferrecht ergeben
hätte. Gerade aufgrund des bereits vollzogenen Ausscheidens aus dem
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hätte. Gerade aufgrund des bereits vollzogenen Ausscheidens aus dem
Betriebsvermögen entfalle die Möglichkeit der Abspaltung, da ein Wirtschaftsgut,
das sich nicht mehr im Betriebsvermögen befinde, zwangsläufig nicht mehr
abgespalten werden könne. Dass bei der Veräußerung des Milchlieferrechtes ein
zu hoher Gewinn erzielt worden sei, stelle keinen Bilanzierungsfehler, sondern
einen bloßen Gewinnermittlungsfehler dar, der allenfalls im Jahr seines Auftretens
hätte korrigiert werden können. Andernfalls würde die Bestandskraft der
einschlägigen Veranlagungen unterlaufen, indem im Streitjahr eine
gewinnmindernde Berichtigung durchgeführt würde, die ihre Grundlage jedoch in
den vorangegangenen Jahren gehabt habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die
Gerichtsakte sowie die beigezogenen ESt-Akten, Bilanzakten und 1 Hefter
Einspruchsvorgänge des Finanzamts betreffend den Kläger Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht
(Bilanz) nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des
EStG nicht entspricht.
Ein Bilanzansatz ist unrichtig, wenn er gegen zwingende Vorschriften des Handels-
oder des Steuerrechts oder die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
verstößt und der Steuerpflichtige diese Rechtsverletzung nach den
Erkenntnismöglichkeiten eines ordentlichen Kaufmannes im Zeitpunkt der
Bilanzaufstellung erkennen konnte (st. BFH-Rspr.; z.B. BFH, Urteil vom 05. April
2006, I R 46/04, BStBl II 2006, 688; Wied in Blümich, EStG § 4 Rz. 983 m.w.N.).
Hingegen ist ein Bilanzansatz nicht fehlerhaft, wenn er der im Zeitpunkt der
Bilanzaufstellung vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht
(BFH, Urteil vom 12. November 1992, IV R 59/91, BStBl II 1993, 392).
Ausgehend von diesen Grundsätzen waren die Bilanzansätze der Wirtschaftsjahre
1995/96 und 1997/98 zunächst richtig. Zwar hatte der Kläger in den
Wirtschaftsjahren 1995/96 und 1997/98 einen Teil seiner Milchquote veräußert und
bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns keinen Buchwert berücksichtigt.
Allerdings hat der BFH erst mit Urteil vom 25. November 1999 (IV R 64/98, BStBl II
2003, 61) entschieden, dass es sich bei der Milchreferenzmenge um ein
selbstständiges, immaterielles Wirtschaftsgut handelt, das losgelöst vom Grund
und Boden zu bilanzieren und dementsprechend steuerlich auch als
selbstständiges Wirtschaftsgut zu behandeln ist. Bis dahin war eine Abspaltung der
Milchlieferrechte sowohl nach der Rechtsprechung als auch nach der
Verwaltungspraxis nicht erforderlich und dementsprechend die Bilanzen als richtig
i.S. des § 4 Abs. 1 EStG anzusehen.
Kommt es - wie im Streitfall - nach Bilanzaufstellung zu einer Änderung,
Klarstellung oder Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, so
wird der Bilanzansatz in der Bilanz fehlerhaft, in der die Änderung der
Rechtsprechung erstmals berücksichtigt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 12.
November 1992, IV R 59/91, BStBl II 1993, 392). Vorliegend hätten die
Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils vom 25. November 1999 (IV R 64/98, BStBl II
2003, 61) erstmals bei der Aufstellung der Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1999/2000
vom 20. Februar 2001 berücksichtigt werden können. In dieser Bilanz wäre nach
der zitierten Rechtsprechung des BFH jedenfalls für im Betriebsvermögen noch
vorhandene Milchlieferungsrechte ein eigenständiger Buchwert (vgl. § 252 Abs. 1
Nr. 3 des Handelsgesetzbuches -HGB-) neu anzusetzen und der Bilanzansatz
Grund und Boden entsprechend zu korrigieren gewesen. Beides ist nicht
geschehen. Diese Bilanz ist mithin aus zwei Gründen fehlerhaft.
Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu
korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Kommt eine Änderung des für das
Fehlerjahr ergangenen Steuerbescheids - wie hier der ESt-Bescheide 1999 bzw.
2000 - wegen Festsetzungsverjährung nicht in Betracht, ist die Richtigstellung
grundsätzlich in der ersten, verfahrensrechtlich noch “offenen” Schlussbilanz
vorzunehmen, im Streitfall mithin in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres
2000/2001 (vgl. BFH, Urteile vom 13. Juni 2006, BStBl II 2006, 928 und vom 10.
Dezember 1997, XI R 52/96, BStBl II 1998, 377). Dabei sind fehlerhafte
Bilanzansätze grundsätzlich erfolgswirksam zu korrigieren, wenn der
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Bilanzansätze grundsätzlich erfolgswirksam zu korrigieren, wenn der
Bilanzierungsfehler sich erfolgswirksam ausgewirkt hat (vgl. BFH, Urteil vom 6.
August 1998, IV R 67/97, BStBl II 1999, 14).
Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass nach diesen Grundsätzen ein
erfolgsneutraler Aktivtausch durchzuführen ist, soweit die Milchquoten noch
vorhanden sind.
Fraglich ist aber im Streitfall, ob für die Bilanzberichtigung zunächst der volle
Buchwert der am 02. April 1984 zugeteilten Milchquote vom Grund und Boden
abzuspalten ist, wie der Kläger vertritt, und damit der Tatsache, dass ein Teil der
Milchquote zum Zeitpunkt der Bilanzberichtigung bereits veräußert war, für die
Abspaltung des Buchwertes vom Grund und Boden keine Bedeutung zukommt.
Nur dann würde sich die Folgefrage stellen, ob der auf die verkaufte Milchquote
entfallene Buchwert erfolgswirksam auszubuchen wäre.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein zu Unrecht nicht aktiviertes
Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens - wie im Streitfall das
Milchlieferungsrecht - in der ersten noch offenen Bilanz bilanzberichtigend und
gewinnneutral einzubuchen. Dabei entspricht es dem Grundgedanken der
Fehlerberichtigung, dass bei der bilanzberichtigenden Einbuchung eines bisher zu
Unrecht nicht bilanzierten Wirtschaftsguts dieses in der Regel mit dem Wert
angesetzt wird, mit dem es bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche
stehen würde (BFH, Urteile vom 12. Oktober 1977, I R 248/74, BStBl II 1978, 191;
vom 10. Dezember 1997, XI R 52/96, BStBl II 1998, 377 und vom 24. Oktober
2001, X R 153/97, BStBl II 2002, 75). Ausgehend von dieser Rechtsprechung, der
der Senat folgt, ist im Streitfall daher als Buchwert der Milchquote der Wert
anzusetzen, der sich nach Veräußerung von Teilen des Milchlieferungsrechts
ergibt. Im Wege der Bilanzberichtigung ist im Ergebnis lediglich das noch
vorhandene Milchlieferrecht vom Grund und Boden abzuspalten. Der danach noch
verbleibende überhöhte Wert des Grund und Bodens ist gewinnneutral
auszubuchen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003, BStBl I 2003, 78 Rz.
22, wonach aus Billigkeitsgründen insoweit auf eine Abspaltung eines Buchwerts
vom Grund und Boden verzichtet werden kann), denn insoweit handelt es sich um
einen Bilanzierungsfehler ohne Gewinnauswirkung, der mithin gewinnneutral zu
korrigieren ist (vgl. auch BFH, Urteil vom 6. August 1998, IV R 67/97, BStBl II 1999,
14; im Ergebnis ebenso FG Münster, Urteil vom 26. Oktober 2006, 8 K 4705/04 F,
EFG 528; im Ergebnis a.A. FG Münster, Urteil vom 1. März 2007, 6 K 2399/04 E,
EFG 2007, 1315).
Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 21. Oktober 1976 (IV R 222/72, BStBl II 1977,
148) vermochte der Senat nicht auf den Streitfall zu übertragen. Nach dieser
Entscheidung ist zwar ein Bilanzansatz für ein Wirtschaftsgut, das in früheren
Wirtschaftsjahren aus betrieblichen Gründen aus dem Betriebsvermögen
ausgeschieden, aber in den folgenden Wirtschaftsjahren gleichwohl weiterhin als
Betriebsvermögen bilanziert worden ist, in der Schlussbilanz des ersten
berichtigungsfähigen Veranlagungszeitraums nach dem Grundsatz des
Bilanzenzusammenhangs grundsätzlich erfolgswirksam auszubuchen. Im Streitfall
ist aber das Wirtschaftsgut “Milchquote” zu keiner Zeit bilanziert worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war die Revision zuzulassen (§
115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).