Urteil des FG Köln vom 16.11.2006

FG Köln: einkünfte, veranstalter, recht am eigenen bild, sitz im ausland, treu und glauben, verwertung, sportliche tätigkeit, darbietung, extensive auslegung, historische auslegung

Finanzgericht Köln, 2 K 1510/05
Datum:
16.11.2006
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 1510/05
Tenor:
1. Der Widerrufsbescheid vom 07.07.2004 der
Freistellungsbescheinigungen vom 20.05.2003 und 27.04.2004 und die
hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 werden
aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Kläger
abwenden, soweit die Kläger nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe
leistet.
4.´Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
A.
2
Die Beteiligten streiten um die Freistellung von Vergütungen vom inländischen
Steuerabzug, welche die "XYZ " - XYZ - über die Klägerin zu 2) an den in der Schweiz
ansässigen Kläger zu 1) im Zusammenhang mit der Übertragung von inländischen
Sportereignissen im Fernsehen ("Fernsehübertragungsrechte") leistet.
3
Streitentscheidend ist, welche Leistungen des Klägers zu 1) mit diesen Zahlungen
vergütet werden und wie diese Leistungen rechtlich zu qualifizieren sind. Bei der Frage
nach der rechtlichen Qualifikation ist insbesondere streitig, ob es sich bei der
entgeltlichen Gestattung von Live-Übertragungen um die Vergabe eines "Rechtes" bzw.
einer "Lizenz" oder die "Verwertung" einer sportlichen Darbietung handelt.
4
I.
5
1. Die "ABC – ABC - der Kläger zu 1) - ist ein Branchenverband von Hörfunk- und
Fernsehanstalten in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins i.S.d. Art. 60 des
Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Der Sitz des Klägers zu 1) befindet sich in D,
Schweiz. Der Kläger zu 1) ist als "Internationale Hilfsgesellschaft" - d.h. Gesellschaft,
die in der Schweiz keine Handles- oder Fabrikationstätigkeit entfaltet - von der
Ertragsteuer in der Schweiz befreit.
6
Rechtsgrundlage des Klägers zu 1) ist seine Satzung. Mitglieder des ABC sind die
europäischen ... Sendeanstalten. Nach Artikel 2 der Satzung soll der ABC die
Interessen seiner Mitglieder bei Programmfragen sowie in rechtlichen, technischen
und anderen Angelegenheiten wahrnehmen. Insbesondere fördert der ABC den
Austausch von Radio- und Fernsehprogrammen sowie jede andere Form der
Zusammenarbeit zwischen seinen Mitgliedern. Der ABC unterstützt seine ("aktiven")
Mitglieder zudem bei Verhandlungen aller Art oder führt auf deren Auftrag selbst
Verhandlungen (Art. 2 § 2 (b) (iv) Satzung). Nach den Satzungsbestimmungen soll
dies im Namen der Mitglieder geschehen. Die Kläger haben als Beispiel die
Vereinbarung zwischen dem ABC und der EFG –EFG-, Bl. 133 ff. GA - Übersetzung
Bl. 414 ff. GA - im Weiteren: "Mustervertrag") vom 20.07.1999 vorgelegt, welche
unbestritten als repräsentativ gelten kann; danach werden tatsächlich die Verträge im
Namen des ABC selbst geschlossen
7
In der Praxis besteht eine der Hauptaufgaben des ABC darin, Fernsehrechte von
Sportereignissen mit europaweitem Interesse vom Veranstalter zu erwerben und
hierbei die Finanzkraft der ... Rundfunkanstalten zu bündeln.
8
2. Weitere Verpflichtungen ergeben sich aus verbindlichen Einzelregelungen
(Ausführungsbestimmungen) für die Mitglieder, bei denen es sich im hier
interessierenden Zusammenhang handelt um die "ABC Sports Rights an
Acquisitions Rules" (~ Regel und Verfahrens des gemeinsamen Sportrechterwerbs),
die "Rules on Sharing of Transmission Rights unter Eurovision Sports Agreements"
(~ Regeln zur Aufteilung der Übertragungsrechte) sowie Abreden über "Sharing of
rights fee by Administrative Council decision" (~ Aufteilung der Lizenzkosten).
9
Das vom ABC, dem Kläger zu 1), getragene sog. "ABC-system" regelt
grenzübergreifend Erwerb und Nutzung von Fernsehübertragungsrechten innerhalb
der Gemeinschaft. Dieses System beruht auf der Verpflichtung der Mitglieder, sich
gegenseitig ihre Berichterstattung über wichtige Ereignisse sowie ihre aktuellen
Berichte und ihre Berichterstattung über sportliche und kulturelle Ereignisse, die in
ihrem Land stattfinden, anzubieten. Hierdurch stellen die Mitglieder auf diesen
Gebieten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit eine Dienstleistung für ihr jeweiliges
nationales Fernsehpublikum sicher. Alle aktiven Mitglieder des ABC können sich
überdies am gemeinsamen Erwerb und der gemeinsamen Nutzung von
Fernsehrechten für Sportveranstaltungen beteiligen; den Mitgliedern steht nach Ziff.
1.1.1 der "Regeln zur Aufteilung der Übertragungsrechte" ein umfassender Anspruch
auf die - vom ABC - erworbenen Rechte zu.
10
Den rechtlichen Rahmen für dieses Vertragssystem bildet Artikel 3 § 6 der Satzung;
die Tätigkeiten des ABC in Bezug auf das ABC-system werden als "operativen
Maßnahmen" bezeichnet, Art. 15 § 3 der Satzung.
11
Für die Übertragung von Sportveranstaltungen im Rahmen der Eurovision gelten
folgende Regeln (...):
12
- Gemeinsamer Erwerb von Fernsehrechten für Sportereignisse
13
Fernsehrechte für internationale Sportereignisse werden in der Regel - durch den
ABC - von sämtlichen interessierten Mitgliedern gemeinsam von dem
entsprechenden Veranstalter erworben. Wenn ABC-Mitglieder aus zwei oder mehr
Ländern an einem bestimmten Sportereignis interessiert sind, ersuchen sie den ABC
um Koordinierung. Die Verhandlungen werden dann für alle interessierten Anstalten
entweder von einem ABC-Mitglied aus dem Land, in dem das Ereignis stattfindet
oder von dem ABC selbst geführt.ABC werden als "Eurovisionsverträge" bezeichnet.
Der Veranstalter räumt - wie der Mustervertrag verdeutlicht (Ziff. 1.1.) - dem ABC das
übertragbare Recht ("transferable right") ein, eine Veranstaltung auf ein
Fernsehsystem für private Zuschauer zu übertragen. Dritten werden keine
Übertragungsrechte eingeräumt ("...] shall not authorize any third party to exercise
television rights ..." - Ziff. 1.2 Mustervertrag); offenbar aus wettbewerbsrechtlichen
Gründen sind allerdings Unterlizenzen über die ABC-Mitglieder zugelassen (Ziff. 1.4
Mustervertrag).
14
- Gemeinsame Nutzung der erworbenen Rechte
15
Die Inanspruchnahme von Übertragungsrechten erfolgt auf zweierlei Weise:
16
"Modell A":
17
Bei Veranstaltungen ... wird die Übertragung (Fernsehsignal, bestehend aus Basis-
Bild- und Tonübertragung) grundsätzlich von einem im betreffenden Land
ansässigen Mitglied - dem sog. "Host-Broadcaster "- übernommen und über das
Programmaustauschsystem der ... sämtlichen übrigen Mitgliedern zur Verfügung
gestellt.
18
Dazu erwirbt der ABC die Berechtigung, den Veranstaltungsort mit der zur
Bildsignalproduktion erforderlichen Ausrüstung zu betreten, um vor Ort ein Bildsignal
zu erstellen. Die Herstellung des Bildsignals übernimmt dann der Host-Broadcaster,
d.h. das nationale ABC-Mitglied. Neben dem vertraglichen Recht des Host-
Broadcasters auf Berichterstattung besteht freilich auch eine Pflicht des ABC, für eine
angemessene Verbreitung der Berichterstattung zu sorgen (vgl. Ziff. 4.1.1
Mustervertrag).
19
Die Überlassung der Berechtigung, den Veranstaltungsort mit der zur
Bildsignalproduktion erforderlichen Ausrüstung zu betreten, von dem ABC an den
Host-Broadcaster erfolgt - wenn es sich wie bei der Klägerin zu 2) um Vollmitglieder
handelt - nicht auf einer weiteren vertraglichen Basis, sondern in Vollzug der Satzung
des ABC und der weiteren Ausführungsbestimmungen.
20
"Modell B":
21
Der ABC erwirbt vom Sportveranstalter unter Einschaltung eines dritten
"Broadcasters" ein fertiges Bild- und Tonsignal von einer Veranstaltung.
22
3. Die Finanzierung des ABC ist in Art. 18 der Satzung geregelt. Danach bestehen im
Wesentlichen zwei Zahlungsverpflichtungen für die "aktiven" Mitglieder des ABC,
welchen die vollen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten zukommen. Zum einen sind
Mitgliedsbeiträge für jedes Geschäftsjahr zu entrichten. Mit diesen Zahlungen werden
die dem ABC entstandenen Kosten ausgeglichen.
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Zum anderen werden "Beiträge für operative Maßnahmen" geleistet: Für die Tätigkeit
des ABC im Bereich des Erwerbs von Übertragungsrechten gilt der Grundsatz der
"Selbstfinanzierung", d.h. die entstehenden Kosten werden den Nutzern in vollem
Umfang Rechnung gestellt. Damit sind zwei Finanzierungs- und Rechtsverhältnisse
zu unterscheiden.
24
"1. Ebene":
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Der ABC schließt Verträge mit Sportveranstaltern über die Berechtigung zur
Berichterstattung ab und zahlt die dafür in Rechnung gestellten Beträge an den
Veranstalter.
26
"2. Ebene":
27
Die Berechtigung zur Berichterstattung wird den Mitgliedern - insbesondere dem
Host-Broadcaster - vom ABC gegen Erstattung der Kosten für den Erwerb
übertragen.
28
Im Streitfall geht es nur um diese Kosten, die etwa die Klägerin zu 2) an den Kläger
zu 1) für konkrete Sportereignisse im Inland zu leisten hat.
29
4. Die Klägerin zu 2), der RS, ist ein Rundfunkanbieter in der Bundesrepublik
Deutschland. Ebenso wie alle anderen Angehörigen der XYZ gehört die Klägerin zu
2) zu den Mitgliedern des Klägers zu 1). Die Zahlung der Mitgliedsbeiträge der
Angehörigen der XYZ und der Beiträge für operative Maßnahmen hat die Klägerin zu
2) federführend übernommen.
30
Die vom Kläger zu 1) ggfls. auch für Deutschland erworbenen Fernsehrechte werden
letztlich ebenfalls von der Klägerin zu 2) federführend für die XYZ verwaltet.
31
II.
32
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanbieter in der Bundesrepublik Deutschland zahlten in
der Vergangenheit erhebliche Beträge als Vergütung für die Fernsehübertragungsrechte
(Beiträge für operative Maßnahmen). So waren - nach Feststellungen der
Finanzverwaltung - beispielsweise in den 90er Jahren für das Recht, Spiele der UEFA
Champions League übertragen zu dürfen, jährlich etwa ... zu entrichten.
33
Nach Feststellungen der Finanzverwaltung hatte der Beklagte jedenfalls bis Ende der
90er Jahre die Überlassung von Übertragungsrechten an "schweizer Rechteinhaber"
grundsätzlich nur mit folgender Einschränkung vom Steuerabzug im Inland freigestellt:
34
"Die Freistellung gilt nicht für Vergütungen für "Live-Übertragungen" von im
Inland stattfindenden Sportveranstaltungen (Artikel 17 Abs. 1 DBA Schweiz)."
35
Hierbei handelt es sich offenbar um die Fälle des Host-Broadcasting.
36
III.
37
Mit Antrag vom 09.01.2003 - bei dem Beklagten eingegangen am 17.02.2003 -
beantragte der Kläger zu 1) bei dem Beklagten die Erteilung einer umfänglichen
Freistellungsbescheinigung für Lizenzgebühren und ähnlichen Vergütungen nach dem
deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen (im Weiteren: "DBA-
Schweiz"). Als Lizenznehmer und Vergütungsschuldner war die XYZ aufgeführt.
38
Die Klägerin zu 2) teilte im Rahmen eines Erörterungsverfahrens mit, sie - und nicht die
XYZ - sei als Vergütungsschuldner zu bezeichnen. Darüber hinaus führte die Klägerin
zu 2) im Schreiben vom 11.03.2002 aus, es handele sich um Zahlungen für
"Lizenzerwerbe".
39
Mit Datum vom 20.05.2003 erteilte der Beklagte eine Freistellungsbescheinigung
gemäß § 50d Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG - gerichtet auf Freistellung
inländischer Einkünfte vom Steuerabzug nach § 50 Abs. 4 EStG. Die Freistellung bezog
sich ausweislich des Tenors der Bescheinigung auf die "Vergütung für die Nutzung oder
das Recht auf Nutzung von Urheberrechten und/oder für ähnliche Leistungen" im
Zeitraum vom 17.02.2003 bis zum 31.01.2006. Schuldnerin der Vergütungen war die
Klägerin zu 2). Die Bescheinigung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs.
40
Auf erneuten Antrag erließ der Beklagte mit Datum vom 27.04.2004 eine weitere
Freistellungsbescheinigung gleichen Inhalts, wobei diese Freistellung für Vergütungen
galt, die im Zeitraum vom 12.02.2004 bis 28.02.2007 gezahlt wurden. Auch diese
Bescheinigung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs.
41
IV.
42
1. Am 28.01.2004 war eine Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes - BRH -
an das Bundesministerium der Finanzen - BMF - ergangen (...). Der BRH vertrat die
Auffassung, der Kläger zu 1) erziele vom Vergütungsschuldner, der Klägerin zu 2),
beschränkt steuerpflichtige Einkünfte im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG in
Gestalt der Verwertung gewerblicher, hier sportlicher Inlandstätigkeiten, welche dem
Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG unterlägen.
43
Sofern die Zahlungen für Live-Übertragungsrechte an im Inland stattfindenden
Sportveranstaltungen geleistet würden, habe hieran die Bundesrepublik Deutschland
gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz das Besteuerungsrecht. Folglich müsse
die Erteilung von Freistellungen insoweit ausgeschlossen werden.
44
Für dieses Ergebnis bezog sich der Bundesrechnungshof auf den Erlass des BMF
vom 23.01.1996 (BStBl. I 1996, 89), wonach es sich bei der Gestattung einer Live-
Übertragung nicht um die Übertragung eines Rechtes in Gestalt einer Lizenz
handele. In dem BMF-Schreiben heißt es hierzu:
45
Tz. 2.4 a.E.
46
"Die Erlaubnis des Veranstalters zur rundfunkmäßigen Verwertung einer
Sportveranstaltung ist im Rechtssinn keine Übertragung von Rechten, sondern
47
eine Einwilligung in Eingriffe, die der Veranstalter aufgrund seiner
Rechtsposition (insbes. aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1 UWG und seinem Hausrecht
nach §§ 858, 1004 BGB) verbieten könnte. Die an den ausländischen Ausrichter
einer im Ausland stattfindenden Sportveranstaltung gezahlten Vergütungen für
die Rundfunk- oder Fernsehübertragung der Sportveranstaltung ins Inland sind
bei dem Vergütungsgläubiger daher keine Einkünfte aus der Übertragung von
Urheberrechten; sie gehören aber zu den gewerblichen Einkünften aus
Darbietungen, siehe Tz. 2.2.3.1. Die Fernsehübertragung hingegen ist
urheberrechtlich geschützt (Laufbilder gem. § 95 UrhG), so daß Einkünfte aus
der Weitergabe der Fernsehbilder unter die Regelung fallen können."
Beispiel 11: zu Tz. 2.2.3.1, 2.4, 2.5, 3.1
48
"c) Fernsehrechte
49
Originärer Inhaber der Fernsehübertragungsrechte ... ist der Veranstalter (siehe
Tz. 2.4) ... Bei den Fernsehrechten handelt es sich - unabhängig von der Person
des Inhabers - nicht um Urheberrechte, sondern um eine Einwilligung in
Eingriffe, die der Veranstalter aufgrund seiner Rechtsposition verbieten könnte."
50
Der BRH schloss seinen Bericht mit der Empfehlung, die Verfahrensweise des
Beklagte zu überprüfen und eine Entscheidung ggfls. als BMF-Schreiben bekannt zu
geben.
51
2. Die bisherige Verwaltungsauffassung wurde dementsprechend überprüft und vom
BMF (...) angepasst: Hiernach stellten Einkünfte internationaler Dachorganisationen
mit Sitz im Ausland aus der Verwertung von Fernsehübertragungsrechten an
sportlichen Großveranstaltungen im Inland "Einkünfte im Zusammenhang mit dem
sportlichen Ereignis” dar und waren als Einkünfte aus sportlerischer Tätigkeit
anzusehen. Deutschland sollte damit ein Besteuerungsrecht nach Art 17 Abs. 2
OECD-MA (Künstler und Sportler) die hierauf entfallenden Einkünfte zustehen, wobei
dies nur für "Live-Ausstrahlungsrechte" gelten sollte. Einkünfte aus der Verwertung
von Aufzeichnungsrechten sollten unter Art. 12 OECD-MA (Lizenzgebühren) fallen.
52
3. Bereits mit Haftungsbescheid vom 16.12.2003 war die Klägerin zu 2) auf Zahlung
rückständiger Abzugsteuern in Höhe von ca. 6,6 Mio. € in Anspruch genommen
worden.
53
V.
54
Mit Bescheid vom 07.07.2004 widerrief der Beklagte die gewährte
Freistellungsbescheinigung durch einen Änderungs- bzw. Aufhebungsbescheid im hier
streitigen Punkt: Der Gegenstand der Freistellung wurde - wie in der Vergangenheit -
dahingehend eingeschränkt, dass die Freistellung nicht für Vergütungen gilt, die für
Fernsehübertragungen von im Inland stattfindenden Sportveranstaltungen gezahlt
werden.
55
Im Bescheid heißt es:
56
"Auf den Antrag vom 17.02.2003 ... ergeht folgende Bescheinigung:
57
Die Freistellung wird erteilt. ...
58
Gegenstand der Freistellung:
59
Vergütungen für die Überlassung von Übertragungsrechten.
60
Die Freistellung gilt nicht für Vergütungen, die für Live-Übertragungen von im
Inland stattfindenden Sportveranstaltungen gezahlt werden.
61
Die Freistellung gilt für Vergütungen, die im Zeitraum vom 07.07.2004 bis
28.02.2007 gezahlt werden.
62
Gläubiger der Vergütungen: [Kläger zu 1)] Schuldner der Vergütungen: [Klägerin zu 2)]
63
...
64
Hiermit werden die Freistellungsbescheinigungen vom 20.05.03 ... und vom
27.04.04 ... mit Wirkung vom 07.07.2004 aufgehoben und durch diese
Freistellungsbescheinigung ersetzt."
65
Gegen diesen Änderungsbescheid haben der Kläger zu 1) mit Schreiben vom
28.07.2004 sowie die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 22.07.2004 Einsprüche
eingelegt. Mit Schreiben vom 06.08.2004 erläuterte der Beklagte dem Kläger zu 1) den
Änderungsbescheid. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:
66
"... für Vergütungen für die Überlassung von Übertragungsrechten an
Sportveranstaltungen, die für Live-Übertragungen von im Inland stattfindenden
Sportveranstaltungen gezahlt werden, hat Deutschland ... das
Besteuerungsrecht. Weil Vergütungen für Live-Übertragungen unter Artikel 17
OECD-Musterabkommen fallen und somit auch Gegenstand des
Besteuerungsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz sind, kann für
diese Einkünfte keine ... Freistellung ... gewährt werden [vgl. auch Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Januar 1996, ...
Bundesteuerblatt Teil I 1996, Seite 89 (100), Beispiel 11 c, Fernsehrechte]."
67
Mit Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 (...) wies der Beklagte den Einspruch des
Klägers zu 1) als unbegründet zurück. Der Beklagte rechtfertigte seine Entscheidung im
Wesentlichen mit der dargestellten Argumentation des Bundesrechnungshofes;
"Fernsehübertragung und die sportliche Tätigkeit" seien "untrennbar miteinander
verknüpft". Auch könne der Kläger zu 1) - so der Beklagte - keinen Vertrauenstatbestand
für sich geltend machen, da die Freistellungsbescheinigung unter dem Vorbehalt des
Widerrufes gestanden habe.
68
Mit Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 14.03.2005 (...) verwarf der Beklagte den
Einspruch der Klägerin zu 2) als unzulässig. Zur Begründung führte der Beklagte aus,
die Klägerin zu 2) sei durch den Widerruf der Freistellungsbescheinigung nicht
beschwert. Nur der Vergütungsgläubiger - im Streitfall der Kläger zu 1) - sei gemäß
§ 50a Abs. 5 Satz 4 EStG als beschränkt Steuerpflichtiger Steuerschuldner. Damit sei
69
auch nur der Vergütungsgläubiger "betroffen" durch die Freistellungsbescheinigung.
Zwar trage die Klägerin zu 2) nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG ein Haftungsrisiko.
Etwaige diesbezügliche Rechtsverletzungen seien jedoch im Haftungsverfahren geltend
zu machen. Insbesondere bestehe bei Befolgung des geänderten Bescheides in Zukunft
kein Haftungsrisiko.
Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides hat der
erkennende Senat im Verfahren 2 V 569/05 durch Beschluss vom 11.04.2005
stattgebeben.
70
VI.
71
Gegen den Änderungsbescheid vom 07.07.2004 und die Einspruchsentscheidungen
vom 14.03.2005 haben die Kläger am 11.04.2005 die vorliegende Klage erhoben. Nach
ihrer Auffassung war die vom Beklagten vorgenommene Bescheidänderung
rechtswidrig.
72
1. Beide Kläger sehen sich als klagebefugt an und verweisen hinsichtlich der
potenziellen Rechtsverletzung in der Person der Klägerin zu 2) darauf hin, dass auch
der Vergütungsschuldner nach ganz h.M. in der Literatur befugt sei, den Antrag auf
Erteilung einer Freistellungsbescheinigung zu stellen.
73
2. In materiell-rechtlicher Hinsicht meinen die Kläger, die Freistellungsbescheinigung
sei rechtswidrig, weil der Bundesrepublik Deutschland kein Besteuerungsrecht an
den Zahlungen der Klägerin zu 2) an den Kläger zu 1) auf der "Ebene 2" zustehe.
74
a) Hierzu legen die Kläger zunächst Wert auf die Feststellung, dass es sich bei den
streitigen Zahlungsverpflichtungen der Klägerin zu 2) an den Kläger zu 1) um
beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte aus § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG
(Nutzungsüberlassung von Rechten) und nicht um Einkünften durch künstlerische
Darbietungen i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG handeln soll.
75
Hierzu meinen die Kläger zunächst, die Zahlungen stünden lediglich in einem
"Vorfeldzusammenhang" zu den späteren sportlichen Darbietungen. Die Kläger sind
demgegenüber der Auffassung, bei der Berechtigung zur Berichterstattung, welche
der Kläger zu 1) gewähre, handele es sich um die Übertragung eines Rechts.
76
Zwar konzedieren die Kläger, dass es sich bei der ursprünglich vom Veranstalter
erteilen Erlaubnis zur Bildberichterstattung nicht um eine Rechtsüberlassung,
sondern um einen Verzicht auf die Geltendmachung von Abwehrrechten (Hausrecht
u.a.) handele. Diese Position wandle sich jedoch in der Hand des ABC jedoch in ein
eigenständiges, von der Sportveranstaltung separierbaren Recht "sui generis".
Begründet wird diese Meinung - unter Verweis auf die höchstrichterliche
Finanzrechtsprechung und Literatur - mit einem Hinweis auf das allgemeine
Persönlichkeitsrecht: Auch dieses sei einer Rechtsübertragung nicht zugänglich; der
Inhaber des Persönlichkeitsrechts könne aber Eingriffe gestatten. Diese Gestattung
erstarke, wenn sie weitergegeben werde, ebenfalls zu einem übertragungsfähigen
Recht. Demzufolge könne es sich bei der von dem Kläger zu 1) übertragenen
Berechtigung nur um die entgeltliche Überlassung eines Rechts i.S.d. § 49 Abs. 1
Nr. 6 EStG handeln.
77
b) Diese rechtliche Einordnung habe auch abkommensrechtliche Auswirkungen.
78
(1) Die Regelung in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz, welche der Bundesrepublik
Deutschland ein Besteuerungsrecht zuweise, sei nicht einschlägig.
79
Nach zutreffender Auslegung beziehe sich diese "abkommensrechtliche
Sonderregel" nur auf die Einkünfte des ausübenden Sportlers selbst oder eines
Dritten, dem genau diese Einkünfte zufließen. Dieses Auslegungsergebnis erzwinge
bereits der Wortlaut der Regelung in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz.
80
Eine andere Regelungsrichtung hätte erfordert, nicht an die "Dienste des Sportlers"
anzuknüpfen, sondern jegliche Tätigkeit zu erfassen, die "in Zusammenhang" mit
einer sportlichen Veranstaltung steht.
81
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift rechtfertigten kein anderes Ergebnis. Die zitierte
Vorschrift diene - und dies ist unstreitig - der Vermeindung einer Steuerumgehung.
Damit sei bereits rechtssystematisch eine extensive Auslegung - wie vom Beklagten
vorgenommen - unzulässig. Für die historische Auslegung sei zu beachten, dass die
Regelung als reiner Umgehungstatbestand die in Umgehungsabsicht gegründete
Künstler- und Sportlergesellschaften erfassen sollte. Eine solche Umgehungsabsicht
sei im Streitfall nicht feststellbar.
82
Die Einnahmen des Klägers zu 1) resultierten nicht aus der Tätigkeit eines Sportlers,
sondern aus der Verwertung einer eigenen Rechtsposition. Der Kläger zu 1) erhalte
nicht "anstelle" des auftretenden Sportlers ein Entgelt, sondern für die Einräumung
des "Rechtes". Im Fall des Modells A (Berichterstattung durch Host-Broadcaster)
räume der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2) einen Anspruch auf "Teilhabe an den
Sportübertragungsrechten" ein. Schon insoweit sei der Kläger zu 1) als
"Rechteinkäufer" tätig.
83
(2) Der Sachverhalt sei vielmehr unter Art. 12 Abs. 1 i.V.m. 2 DBA-Schweiz zu
subsumieren, so dass die Einkünfte des Klägers zu 1) - jedenfalls grundsätzlich - in
der Schweiz zu versteuern seien. Zwar handele es sich möglicherweise bei den
Zahlungen der Klägerin zu 2) nicht im Wortsinn um "Lizenzgebühren"; ggfls. sei die
Vorschrift aber analog auf die Rechtsüberlassung anzuwenden.
84
Dass die Weiterveräußerung von Rechten unter Art. 12 DBA-Schweiz fielen, zeige
auch die Erläuterung in Tz. 18 zu Art. 12 OECD-Musterabkommen.
85
3. Schließlich meinen die Kläger noch in formeller Hinsicht, der in den
ursprünglichen Bescheiden verankerte Widerrufsvorbehalt könne die
Bescheidänderung nicht rechtfertigen.
86
Die Kläger beantragen,
87
den Widerrufsbescheid vom 07.07.2004 der Freistellungsbescheinigungen
vom 20.05.2003 und 27.04.2004 und die hierzu ergangene
Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 aufzuheben;
88
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
89
Der Beklagte beantragt,
90
die Klage abzuweisen.
91
Der Beklagte bezieht sich auf den Rechtsstandpunkt der Finanzverwaltung im BMF-
Schreiben vom 06.08.2004 (a.a.O.).
92
Entscheidungsgründe
93
A.
94
Die Klage ist zulässig und begründet.
95
I.
96
Die Klage ist zulässig; es liegt eine zulässige subjektive Klagehäufung vor.
97
Beide Kläger sind nach § 40 Abs. 2 FGO klagebefugt.
98
1. Für den Kläger zu 1) folgt dies bereits aus dem Umstand, dass er gemäß § 50d
Abs. 2 Satz 1 die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung verlangen kann.
99
Letztlich ist aber auch die Klägerin zu 2) von der Regelung betroffen. Dies ergibt sich
aus dem bestehenden Haftungsrisiko für die Klägerin zu 2): Erlässt das für die
Nachforderung oder die Haftungsinanspruchnahme zuständige Finanzamt mangels
Steuereinbehalt einen Steuer- oder Haftungsbescheid, so können im
anschließenden Rechtsbehelfsverfahren im allgemeinen die Voraussetzungen für
die Steuerbefreiung durch die Vorlage einer vom Beklagten erteilten
Freistellungsbescheinigung nachgewiesen werden.
100
Insoweit kann auch der nach ungekürzter Auszahlung der Vergütung erteilten
Bescheinigung rechtliche Relevanz zukommen. Dies gilt zumindest solange, als eine
Nachforderung oder Haftungsinanspruchnahme im Prinzip denkbar ist (vgl.
Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Januar 1997 - 2 V 6788/95, IStR 1997,
243).
101
Tatsächlich ist die Klägerin zu 2) auch bereits als Haftungsschuldnerin - wenn auch
nicht im vorliegenden Zusammenhang - in Anspruch genommen worden.
102
2. Beide Kläger dürfen ihre Klagen gemäß § 59 FGO i.V.m. §§ 59, 60 ZPO im Wegen
der subjektiven Klagehäufung als - einfache - Streitgenossen gemeinsam verfolgen.
Denn mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich
Anträge bei Gericht stellen, wenn gleichartige und auf einem im wesentlichen
gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche den
Gegenstand des Rechtsstreits bilden.
103
So liegt es im Streitfall, da beide Kläger von dem Aufhebungsbescheid des
Beklagten betroffen sind.
104
II.
105
Die Klage ist zulässig und begründet.
106
Der angefochtene Widerrufsbescheid vom 07.07.2004 und die hierzu ergangene
Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in
ihren Rechten. Dem Kläger zu 1) steht hinsichtlich der streitgegenständlichen
Zahlungen der Klägerin zu 2) für die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten bei
Sportveranstaltungen im Inland - "Host-Broadcasting" - ein Anspruch auf Erlass einer
Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG zu. Denn bei diesen
Zahlungen handelt es sich um Einkünfte des Klägers zu 1) aus Vermietung und
Verpachtung eines Rechts i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG EStG
(nachfolgend 2.), welche nach Art. 12 Abs. 1 des Abkommens zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen (vom 11. August 1971, BGBl. Teil II 1972, S. 1022 mit späteren
Änderungen, im Weiteren: DBA-Schweiz) nicht in der Bundesrepublik Deutschland
besteuert werden dürfen (nachfolgend 3.).
107
Die angefochtenen Bescheide sind deshalb nach § 100 Abs. 1 FGO aufzuheben, so
dass die Freistellungsbescheinigungen vom 20.05.2003 und 27.04.2004 wieder
Rechtswirksamkeit entfalten.
108
1. Eine Auslegung des angefochtenen Bescheides vom 07.07.2004 ergibt zunächst,
dass sich die Einschränkung der Freistellung nur auf die Fälle des Host-
Broadcasting bezieht.
109
Empfangsbedürftige Willenserklärungen und auch Steuerverwaltungsakte sind so
auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger - im Streitfall die Kläger - nach Treu
und Glauben unter Berücksichtigung aller ihnen bekannten Umstände verstehen
mussten (Empfängerhorizont). Danach mussten die Kläger erkennen, dass sich die
Einschränkung nur auf selbst durchgeführte Übertragungen der XYZ beziehen sollte.
Zwar ist der Wortlaut des Bescheides "Vergütungen, die für Live-Übertragungen ...
gezahlt werden" nicht eindeutig. Für die Auslegung müssen jedoch alle den Klägern
bekannten Umstände herangezogen werden, so auch das Erörterungsschreiben des
Beklagten vom 06.08.2004. Der Wortlaut ist zwar mit jenem der Bescheidklausel
vergleichbar; der Beklagte verweist jedoch ausdrücklich auf eine bestimmte
Regelung im BMF-Schreiben vom 23.01.1996 - nämlich das Beispiel 11 c) - woraus
sich unzweideutig eine Beschränkung auf die eigentliche Fernsehübertragung - das
Host-Broadcasting - ergibt.
110
2. Da für den Kläger zu 1) im Inland keine Betriebsstätte unterhalten wurde und kein
ständiger Vertreter bestellt war (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG), kommen als
Rechtsgrundlage für eine beschränkte Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 EStG nur
dessen Nr. 2 d) sowie dessen Nr. 6 in Betracht.
111
Bei den vom Kläger zu 1) erzielten Einkünften handelt es sich jedoch um solche aus
Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang mit der Überlassung von Rechten
nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Denn zum einen liegt kein
anderer Fall des § 49 EStG vor (nachfolgend a)); zum anderen sind die
Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 1 Nr. 6 EStG erfüllt (nachfolgend b)).
112
a) Die Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG ist nur anwendbar, wenn nicht die
113
Voraussetzungen eines Tatbestandes nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG vorliegen,
arg. § 21 Abs. 3 EStG. Dies ist hier der Fall. Denn die einzig in Betracht kommende
Alternative in Gestalt des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG scheidet aus.
Die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten in Gestalt des Host-Broadcasting
führt nicht zu gewerblichen Einkünften, die gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG durch
sportliche Darbietungen im Inland oder deren Verwertung erzielt werden. Denn im
Ergebnis ist die Einräumung der Möglichkeit des Filmens einer Sportveranstaltung,
wie sie der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2) ermöglicht, keine solche Leistung, durch
die eine Veranstaltung "verwertet" wird. Dieses Ergebnis folgt aus der Auslegung des
Gesetzes einer Analyse der Leistungsbeziehungen.
114
(1) Die unmittelbaren Zahlungen des Veranstalters an den Sportler für dessen
Tätigkeit stellen - die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen unterstellt -
zweifelsohne Einkünfte des Sportlers nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG dar. Denn diese
Zahlungen sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch sportliche Darbietungen im
Inland erzielt werden.
115
(2) Die Zahlungen des A B C auf der "1. Ebene" an den Veranstalter zum Erwerb der
exklusiven Berechtigung, "am Spielfeldrand Kameras aufstellen zu können", d.h.
eine Fernsehübertragung der Veranstaltung durchführen zu dürfen, erfüllen ebenfalls
den vorgenannten Tatbestand (so auch BMF vom 23.01.1996 a.a.O. - oben Seite 9;
Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 26. Aufl. 2006, § 49 Rz. 32). Auch der
Veranstalter erzielt - die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen unterstellt - Einkünfte
§ 49 Abs. 1 Nr. 2 d) EStG. Denn hier handelt es sich um Einkünfte aus
Gewerbebetrieb, die durch Verwertung sportliche Darbietungen im Inland erzielt
werden.
116
(3) Bei den Zahlungen des R S - der Klägerin zu 2) - an den A B C auf der 2. Ebene
liegen indessen keine Einkünfte mehr für sportliche Darbietungen oder deren
Verwertung vor. Grund hierfür ist die Rechtsnatur der Leistung, die der ABC seinen
Mitgliedern gewährt.
117
Dass es sich schon begrifflich um keine "Darbietung" handelt, zu welcher der ABC
gegenüber seinen Mitgliederung verpflichtet ist, liegt auf der Hand.
118
Es ist jedoch auch keine "Verwertung" der sportlichen Darbietung mehr gegeben, da
sich nach Auffassung des erkennenden Senates die "Verwertung" der sportlichen
Darbietung jedenfalls nach der vorliegenden Fallkonstellation im Verhältnis
"Veranstalter-ABC" erschöpft und nach dieser "Handelsstufe" nicht mehr stattfindet.
119
Nach grammatikalischer Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Verwertung" handelt
es sich um ein "Verarbeiten" bzw. "Ausbeuten" der Tätigkeit des Sportlers. Dieses
Ausbeuten erfolgt jedenfalls im Entscheidungsfall dadurch, dass der Veranstalter ein
exklusives Recht zur Übertragung generiert, welches frei handelbar sein soll
("transferable right"). Hierdurch wird die Darbietung des Sportlers gleichsam
"weiterverarbeitet" (Rechtsgedanke des § 950 Bürgerliches Gesetzbuch) und es
entsteht in der Hand des Erwerbers - des ABC - ein selbständiges, immaterielles und
verkehrsfähiges Wirtschaftsgut (zur Erzeugung eines eigenständigen
Wirtschaftsgüter im der Hand des Rechte-Zwischenhändlers vgl. auch BFH-Urteil
vom 28. Januar 2004 - I R 73/02, BFHE 205, 174; BStBl II 2005, 550).
120
Das bezeichnete Wirtschaftsgut beinhaltet als Recht die weiterübertragbare
Befugnis, Fernsehaufzeichnungen von der sportlichen Darbietung zu fertigen. Dieses
Recht erwirbt der R S zur zeitweisen Ausübung als Gegenleistung für seine
Zahlungen.
121
b) Die Erfordernisse des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG sind auch im übrigen erfüllt.
122
(1) Der ABC erzielt durch die entgeltliche vorübergehende Überlassung des
beschriebenen Rechts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1
Nr. 3 EStG; im Hinblick auf die Fernsehübertragung aus der Bundesrepublik
Deutschland ist das Recht auch "im Inland belegen".
123
(2) Gegen die dergestalt angenommene Überlassung eines "Rechtes" spricht auch
nicht die höchstrichterliche zivilrechtliche Rechtsprechung.
124
(a) Danach (vgl. den Kartellsenat des BGH, Beschluss vom 14. März 1990 - KVR
4/88, BGHZ 110, 371; NJW 1990, 2815 ausdrücklich zur Fernsehübertragung;
neuerdings vergleichbar zur Berichterstattung für den Hörfunk Urteil vom 08.
November 2005 - KZR 37/03, NJW 2006, 377) ist die Erlaubnis des Veranstalters zur
Fernsehübertragung einer Sportveranstaltung im Rechtssinn keine Übertragung von
"Rechten".
125
Anders als der Veranstalter der Darbietung eines ausübenden Künstlers (§ 81
Urheberrechtsgesetz - UrhG - ) genießt ein Veranstalter von Sportveranstaltungen
kein Schutzrecht. Zum Schutz seiner wirtschaftlichen Interessen können ihm je nach
Fallgestaltung Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB (Recht am eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb), aus § 826 BGB oder wettbewerbsrechtliche Ansprüche
aus § 1 UWG zustehen. Als Besitzer oder Eigentümer des Veranstaltungsorts kann er
ferner sein Hausrecht (§§ 858 ,1004 BGB ) gegenüber einem Dritten geltend machen,
der ohne seine Genehmigung versucht, die Veranstaltung aufzuzeichnen und durch
Rundfunk zu übertragen. Die Erlaubnis des Veranstalters zur Fernsehübertragung
einer Sportveranstaltung ist daher im Rechtssinn keine Übertragung von Rechten,
sondern eine Einwilligung in Eingriffe, die der Veranstalter aufgrund der eben
genannten Rechtspositionen verbieten könnte.
126
Analog hierzu gestattet der ausübende Sportler den Eingriff in das Recht am eigenen
Bild. Bei einer Bildberichterstattung in den Medien kommt eine Verletzung dieses,
aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB) abgeleiteten Rechts,
in Betracht, welche durch die Einwilligung gerechtfertigt wird.
127
Diese Meinung wird auch in der Finanzgerichtsbarkeit geteilt (vgl. FG München,
Urteil vom 13.05.2004 - 14 K 586/04, n.v.; nachfolgend BFH-Beschluss vom 12. Mai
2005 - V B 119/04, BFH/NV 2005, 1826): Zu den urheberrechtlich geschützten
Rechten zählen in erster Linie die Rechte an den nach § 2 Abs. 1 UrhG geschützten
Werken. Das sind nach § 2 Abs. 2 UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen aus
den Bereichen Literatur, Wissenschaft und Kunst. Unter den verwandten
Schutzrechten (§§ 70 ff. UrhG) sind Rechte zu verstehen, die nicht - wie das
Urheberrecht selbst -die persönliche Leistung schützen, sondern Leistungen des
Urhebers ähnlich sind oder im Zusammenhang mit den Urheberwerken erbracht
werden. Die Überlassung von Sportübertragungsrechten an Fernsehgesellschaften
128
fällt weder in den Schutzbereich des § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 UrhG noch unter den
erweiterten Schutzbereich der §§ 70 ff. UrhG, da insoweit keine urheberrechtlichen
Nutzungsrechte übertragen werden.
(b) Diese Überlegungen sind vorliegend jedoch nicht einschlägig: Für den Streitfall
ist festzustellen, dass die vorstehenden Erkenntnisse nur das Verhältnis
"Veranstalter-ABC" (1. Ebene) und nicht das streitgegenständliche Verhältnis "ABC-
R S " (2. Ebene) betrifft.
129
3. Die Zahlungen des Klägers zu 1) stellen auch "Lizenzgebühren" i.S.d. Art. 12
Abs. 1 DBA-Schweiz dar, die nur im Sitzstaat des Klägers zu 1), der Schweiz,
besteuert werden können.
130
a) Der Ausdruck "Lizenzgebühren" bedeutet nach der Definition in Art. 12 Abs. 2
DBA-Schweiz Vergütungen jeder Art, die u.a. für die Benutzung oder für das Recht
auf Benutzung von Urheberrechten, von Patenten oder für die Benutzung oder das
Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher
Ausrüstungen oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder
wissenschaftlicher Erfahrungen gezahlt werden.
131
b) Die in Art. Abs. 2 DBA-Schweiz enthaltene Aufzählung ist zwar abschließend (vgl.
Zwosta in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 12 Schweiz Rz. . 30, 32)
.Der erkennende Senat geht jedoch davon aus, dass auch die streitgegenständlichen
Fernsehübertragungsrechte im Wege einer extensiven Interpretation unter den
abkommensrechtlichen Begriff der "Lizenzgebühren" zu subsumieren sind. Dies
ergibt sich aus einer Auslegung der Vorschrift nach dem Wortlaut und dem Zweck
des Doppelbesteuerungsabkommens.
132
Fernsehübertragungsrechte lassen sich noch unter den sprachlichen Begriff der
"Lizenz" i.S.d. Abkommen einordnen. Denn es ist anerkannt, dass die Definition der
Lizenzgebühren im DBA-Schweiz weit über den allgemeinen Sprachgebrauch
hinausgeht, der darunter nur die Überlassung gewerblicher Schutzrechte zur
Nutzung versteht (vgl. Kempermann in Flick/Wassermeyer/Kempermann,
Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 12 Rz. . 26). Angesichts
der Exklusivität der Fernsehübertragungsrechte stehen diese einem "Schutzrecht"
sehr nahe.
133
Sinn und Zweck der abkommensrechtlichen Regelung bestätigen dieses Ergebnis:
Auch "Leistungsschutzrechte" von "ausübenden Künstlern" werden von Art. 12 DBA-
Schweiz erfasst (vgl. Kempermann a.a.O. Rz. . 49). Nach Tz. 18 des MA-Kommentars
zu Art. 12 OECD-MA fallen Vergütungen unter die Vorschrift, die für den Verkauf
und/oder das öffentliche Abspielen von Schallplatten an den Künstler geleistet
werden. Dies verdeutlicht, dass auch bloße Rechte im Zusammenhang mit einer
öffentlichen Darbietung von der Vorschrift erfasst werden können.
134
B.
135
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 analog,
711 Satz 1 ZPO.
136
C.
137
Die Revision war zuzulassen, denn es ist ein Revisionsgrund gegeben i.S.d. § 115
Abs. 2 Nr. 1 FGO.
138
Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne der zitierten Vorschrift, wenn die für
die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das Interesse der
Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts
berührt. Eine Grundsatzrevision ist dementsprechend zuzulassen, wenn eine vom
Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (vgl. hierzu BFH-Beschluss
vom 07. März 1994 V B 95/93, BFH/NV 1995, 650).
139
Die genannten Erfordernisse sind im Streitfall erfüllt. Denn zum einen erscheint es im
Interesse der Allgemeinheit klärungsbedüftig, ob es in der beschriebenen Art und Weise
in der Hand eines Zwischenhändlers zur Generierung eines handelbaren Rechts
kommen kann. Zum anderen ist die Subsumtion von Fernsehübertragungsrechten unter
Art. 12 DBA-Schweiz höchstrichterlich ungeklärt.
140