Urteil des FG Hamburg vom 24.05.2013
FG Hamburg: pos, ware, einreihung, form, zollrechtliche tarifierung, begriff, erzeugnis, verordnung, widerruf, stoff
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Zolltarifrecht: Einreihung von Schmelzmagnesiachrom
1. Aus Magnesit und Chromit hergestelltes Schmelzmagnesiachrom (MgO mit Cr2O3) ist in Pos. 6815 KN
einzureihen (Fortführung von FG Hamburg 4 K 27/03 zu Spinell - MgAl2O4 -).
2. Dass eine Ware in einer Zollaussetzungsverordnung unter Nennung einer KN-Nummer erwähnt ist,
begründet keine grundsätzliche Bedeutung in revisionsrechtlicher Hinsicht für eine anderweitige
Einreihungsentscheidung.
NZB, Az.: VII B 122/13
FG Hamburg 4. Senat, Urteil vom 24.05.2013, 4 K 42/12
Pos 6815 KN
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Widerruf einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für
Schmelzmagnesiachrom, das zur Herstellung feuerfester Steine verwendet wird.
Zur Erzeugung des Schmelzmagnesiachroms werden geschmolzenes oder kaustisch gebranntes Magnesit
(Magnesiumoxid) und Chromit (ein Chromerz) in einem bestimmten Verhältnis gemischt und in einem
Lichtbogen geschmolzen. Das Produkt erstarrt in harten Brocken zementgrauer Färbung mit einem
Durchmesser von ca. 1-5 cm und besteht überwiegend aus Magnesiumoxid (chemische Formel: MgO, auch
Magnesia genannt), zu rund einem Fünftel aus Chrom(III)-oxid (chemische Formel: Cr2O3) und in geringem
Umfang aus weiteren Oxiden.
1. Der Klägerin war am 28.11.2008 durch die seinerzeit zuständige Bundesfinanzdirektion ... antragsgemäß
eine vZTA (Nr. DE ...-1) erteilt worden, mit der das Schmelzmagnesiachrom in die Unterposition 6815 9100 der
Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht worden war ("Waren aus Steinen oder anderen mineralischen Stoffen
(einschließlich Kohlenstofffasern, Waren aus Kohlenstofffasern und Waren aus Torf), anderweit weder genannt
noch inbegriffen - Magnesit, Dolomit oder Chromit enthaltend").
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28.06.2011 widerrief der nunmehr bundesweit für vZTA
zuständige Beklagte die vZTA mit der Begründung, die ihr zugrunde liegende Einreihungsauffassung könne
nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Die Klägerin legte unter dem 15.07.2011 Einspruch ein. In ihrer Begründung nahm sie Bezug auf das Urteil des
Finanzgerichts Hamburg vom 28.02.2008 (4 K 27/03). Dort sei für ein im Wesentlichen gleiches Erzeugnis,
Spinell der chemischen Formel MgAl2O4, entschieden worden, dass diese Art von Waren in die Pos. 6815 KN
einzureihen seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Eine
Einreihung unter Pos. 6815 KN scheide aus, weil das Schmelzmagnesiachrom unregelmäßig geformt und
damit keine Ware im Sinne der Pos. 6815 KN sei. Es handele sich auch nicht um einen mineralischen Stoff,
sondern um ein chemisches, synthetisches Erzeugnis. Zutreffend sei es in die Unterpos. 3824 9097
einzureihen. Für Waren dieser Unterposition ("Schmelzmagnesia mit einem Gehalt an Dichromtrioxid von 15
GHT oder mehr") gelte im Übrigen ab dem 01.01.2012 eine auf den 31.12.2016 befristete autonome
Zollaussetzung, VO (EU) Nr. 1344/2011. Wegen ihres genauen Inhalts wird auf die Einspruchsentscheidung
Bezug genommen (Gerichtsakte - GA - Bl. 11 ff.).
2. Die Klägerin hat am 09.03.2012 Klage erhoben.
Die Klägerin macht geltend, trotz der Zollaussetzung durch die VO (EU) Nr. 1344/2011 ein
Rechtsschutzbedürfnis zu haben. Die Verordnung betreffe eine andere Ware und der Bestand der Verordnung
bis zum Ablauf der genannten Frist sei in Anbetracht ihrer jährlichen Überprüfung nicht sicher. Außerdem
könnte sich die Einreihung außer auf den Zollsatz auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme etwaiger
Präferenzen oder handelspolitischer Maßnahmen auswirken. Für die Einreihung sei die Aussetzungsverordnung
unbeachtlich. In der Sache sei Schmelzmagnesiachrom zutreffend in die Unterpos. 6815 9100 KN einzureihen,
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denn es bestehe aus in Abschnitt V KN erfassten mineralischen Stoffen. Das streitgegenständliche Erzeugnis
werde ohne eine chemische Veränderung der Ausgangsstoffe hergestellt. Eine chemische Erzeugung der Ware
würde der Einreihung in Pos. 6815 KN nicht entgegenstehen. Die Klägerin bestreitet, dass das in der
Beschreibung der Pos. 6815 KN verwendete Wort "Ware" eine engere Bedeutung als etwa der Begriff des
körperlichen Gegenstands habe und eine besondere Formgebung verlange oder dass die Ware gebrauchsfertig
sei.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, Schmelzmagnesiachrom gehöre zur Warenart "Spinell", die nach den
Ausführungen des rechtskräftigen Urteils FG Hamburg vom 28.02.2008 (4 K 27/03) der Pos. 6815 KN
unterfalle. Das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung habe in einem
verwaltungsinternen Schreiben (vom 09.08.2011, Beklagtenakte - BA - Bl. 10 ff.) selbst eingeräumt, dass beide
Erzeugnisse vergleichbar seien. Die Ware gehöre nicht zur Pos. 3824 KN, weil jede anderweitige Einreihung
Vorrang habe.
Die Klägerin beantragt,
den Widerruf der verbindlichen Zolltarifauskunft vom 28.06.2011 und die Einspruchsentscheidung vom
28.02.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, der in der Überschrift zu Kapitel 68 KN und auch in der Beschreibung der
Pos. 6815 KN verwendete Begriff der Ware umfasse nicht Handelswaren schlechthin. Aus den
Kapitelanmerkungen und den Erläuterungen zu den einzelnen Positionen ergebe sich, dass hier nur
gebrauchsfertige Ware gemeint seien und Halbfertigwaren nur, soweit sich dies explizit aus den Vorschriften
ergebe. Das streitgegenständliche Schmelzmagnesiachrom sei nicht erfasst.
3. Dem Gericht lag zu den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen ein Aktenhefter des Beklagten mit
einem Fach "Einspruchsakte" und einem Fach "Vorverfahren, vZTA + Widerruf" (jeweils nicht paginiert) vor.
Ergänzend wird auf das Protokoll des Erörterungstermins am 16.01.2013 Bezug genommen.
Im Erörterungstermin haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch
den Einzelrichter und den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den
Berichterstatter als Einzelrichter, § 90 Abs. 2, § 79a Abs. 3, 4 FGO.
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Klägerin ein Rechtsschutzinteresse nicht abzusprechen.
Zutreffend - und vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt - hat die Klägerin ausgeführt, dass ihr die vZTA
während ihrer regulär verbleibenden Wirkungsdauer eine weitergehende Rechtsposition einräumt als die vom
Beklagten angesprochene Zollaussetzungsverordnung, falls, was an dieser Stelle offen bleiben kann, das
Schmelzmagnesiachrom der Aussetzungsverordnung unterfallen würde.
2. Die Klage ist auch begründet. Da der Widerruf der vZTA vom 28.11.2008 durch den angefochtenen Bescheid
vom 28.06.2011 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, ist der Bescheid aufzuheben, § 100
Abs. 1 Satz 1 FGO.
a) Eine vZTA kann gemäß Art. 9 Abs. 1, Art. 12 Abs. 5 Buchst a) Nr. iii) Zollkodex (ZK) widerrufen werden,
wenn eine Voraussetzung für ihr Erteilung nicht erfüllt war oder nicht mehr erfüllt ist, etwa weil die vZTA nicht
der Gesetzeslage entspricht oder nicht entsprochen hat (Schulmeister in Witte, ZK, Art. 12 Rdnr. 46).
Der Tatbestand der Widerrufsnorm ist nicht erfüllt. Der Beklagte geht zu Unrecht davon aus, dass die vZTA der
Gesetzeslage widerspricht, weil die Ware nicht in Pos. 6815 KN eingereiht werden kann.
Pos. 6815 KN umfasste in den Zeitpunkten der Erteilung der vZTA und ihres Widerrufs "Waren aus Steinen
oder anderen mineralischen Stoffen (einschließlich Kohlenstofffasern, Waren aus Kohlenstofffasern und Waren
aus Torf), anderweit weder genannt noch inbegriffen". Das streitgegenständliche Schmelzmagnesiachrom ist
eine Ware im Sinne der Position 6815 KN (b), die keine besondere Form haben muss (c) und aus
mineralischen Stoffen besteht (d).
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b) Das Schmelzmagnesiachrom ist eine Ware im Wortsinn des von der Codenummer 6815 KN verwendeten
Begriffs.
Es kann offenbleiben, ob, wie der Beklagte meint, der in Pos. 6815 verwendete Begriff der Ware nicht jegliche
Handelsware erfasst. Tatsächlich spricht einiges dafür, dass etwa Rohstoffe, die auch eine Handelsware sind,
nicht ohne weiteres umfasst sind. Anhaltspunkt für eine engere Auslegung ist etwa, dass in der ersten
Alternative der Positionsbeschreibung nicht "Steine" schlechthin angesprochen werden, sondern "Ware aus
Steinen" und dieser Begriff dafür spricht, dass es sich bei der Ware um ein aus den genannten Stoffen
hergestelltes Erzeugnis handeln muss. Dass der Begriff der Ware noch enger zu fassen ist in dem Sinne, dass
es sich bei der Ware um eine gebrauchsfertige Ware handeln muss, kann allerdings nicht festgestellt werden.
Unter Ware im Sinne der Beschreibung in Pos. 6815 KN ist vielmehr jedes Herstellungsprodukt zu verstehen.
Neben Endprodukten sind dies auch Zwischenprodukte (Halberzeugnisse), also in einem Herstellungsprozess
gewonnene Waren, die sodann Ausgangsprodukt für die Herstellung weiterer Waren (End- oder weitere
Zwischenprodukte) werden (so bereits FG Hamburg im Urteil vom 28.02.2008, 4 K 27/03).
Dem Beklagten kann nicht in seiner Auffassung gefolgt werden, Pos. 6815 KN erfasse grundsätzlich nur
Fertigwaren. Die maßgebliche Positionsbeschreibung gibt hierfür keinerlei Anhaltspunkt. Nach ständiger
Rechtsprechung ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende
Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und
Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der Kombinierten Nomenklatur und der
Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (s. Allgemeine Vorschriften (AV) 1 und 6; vgl.
Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - v. 15.11.2012, C-558/11, Rz. 29 m. w. N.). Gleiches gilt für die
Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS), an dem sich die Kombinierte Nomenklatur orientiert. Ein
anderes Verständnis der Positionsbeschreibung 6815 ergibt sich auch nicht aus den Erläuterungen. Die in
Bezug auf die Kombinierte Nomenklatur von der Kommission ausgearbeiteten Erläuterungen sind ein wichtiges,
wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der Tragweite der einzelnen Tarifpositionen
(EuGH Urteil v. 27.10.2011, C-559/10, Rz. 23 m. w. N.). Wenn es in Erl. Pos. 6815 (HS) Rz. 14.0 heißt, zur
Pos. 6815 gehörten nicht "Blöcke, Platten und ähnliche Halberzeugnisse aus künstlichem Graphit oder
anderem Kohlenstoff...", so kann daraus geschlossen werden, dass abgesehen von den speziell bezeichneten
grundsätzlich auch Halberzeugnisse unter Pos. 6815 KN fallen können. Dass nur Halberzeugnisse, die einen
ähnlichen Bearbeitungsstand erreicht haben wie Blöcke und Platten dieser Position unterfallen, ist in dieser
Erläuterung nicht gesagt und lässt sich aus ihr auch nicht schlussfolgern.
c) Keinerlei Anhaltspunkt vermag das Gericht zudem für die Auffassung des Beklagten zu finden, dass die
Waren der Pos. 6815 KN nicht nur eine (Waren-) Form haben müssen, mittels derer sie als eine bestimmte
Ware erkennbar sind - das wäre bei dem streitgegenständlichen Schmelzmagnesiachrom der Fall, da es aus
Brocken mit Durchmessern von ca. 1-5 cm besteht und damit eine zur Erfassung als Ware hinreichend
spezifische Form hat -, sondern eine "regelmäßige" Form aufweisen müssen. Ein solches Erfordernis ist der
Positionsbeschreibung nicht zu entnehmen - egal ob unter dem vom Beklagten verwendeten Begriff der
Regelmäßigkeit verstanden wird, dass jedes Stück der Ware eine definierte Form haben muss und / oder alle
Waren dieselbe Form haben müssen.
Wenn der Beklagte zur Begründung der Bedeutung, die er der Pos. 6815 KN zumisst, ausführt, es sei
schwierig, "mineralische Stoffe" des Abschnitts V und "Erzeugnisse der chemischen Industrie" des Abschnitts
VI gegen die "Waren" z. B. im Kapitel 68 abzugrenzen, so ist daran zu erinnern, dass Abgrenzungen der
Tarifpositionen grundsätzlich nur auf der Grundlage der Tarifbeschreibungen erfolgen und auch etwaige
Konkurrenzprobleme in dieser Weise und gegebenenfalls noch unter Heranziehung der Anmerkungen,
allgemeinen Vorschriften oder Einreihungsavise zu lösen sind, nicht aber durch eine einschränkende
Auslegung der Tarifbeschreibungen, indem etwa ein ungeschriebenes Positionsmerkmal - hier das einer
"regelmäßigen Form" - hinzugelesen wird. Ob Schmelzmagnesiachrom dem Positionswortlaut nach ebenso in
Pos. 3824 KN eingereiht werden kann, bleibt auf das Ergebnis der Prüfung einer Einreihung unter Pos. 6815
KN ohne Einfluss. Die Einreihung in Pos. 3824 KN wäre nachrangig. Daran ändert auch der Inhalt der VO (EU)
Nr. 1344/2011 nichts. Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich auf die Aussetzung von Zollsätzen. Ausdrücklich
handelt es sich bei der Verordnung um einen Rechtsakt ohne Gesetzescharakter; insbesondere nicht um eine
Einreihungsverordnung, die die Einreihung einer Ware verbindlich vorgibt. Soweit der Beklagte als Beleg dafür,
dass Waren des Kapitels 68 geformt sein müssen, Hüttenwolle der Pos. 6808 KN ist anspricht, ist im Übrigen
anzumerken, dass der Umstand, dass in einer anderen Position desselben Kapitels ein im Sinne des
Beklagten geformte Ware genannt ist, nicht das Erfordernis einer Formung für die Einreihung einer Ware in
Pos. 6815 KN begründen kann. Ungeklärt kann deshalb bleiben, ob Hüttenwolle überhaupt eine wesentlich
regelmäßigere Form hat als das streitgegenständliche Schmelzmagnesiachrom.
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Auch aus den Erläuterungen ergibt sich im Hinblick auf die "Form" kein anderes Verständnis der
Positionsbeschreibung 6815. Der Beklagte spricht zur Begründung seiner Auffassung die Erl. Pos. 6815 (HS)
Rz. 07.0 an. In dieser Randziffer werden Mauersteine als zur Pos. 6815 zählende Waren genannt. Der Beklagte
will daraus ableiten, für die Einreihung in Pos. 6815 werde vorausgesetzt, dass den Waren eine bestimmte,
verfestigte Form gegeben ist. Das Gericht hält diese Argumentation nicht für tragfähig. Tatsächlich enthält der
erste Teil der Erl. Pos. 6815 (HS) einen Katalog von Waren, die ganz überwiegend für eine bestimmte
Verwendung geformt sind. Allerdings handelt es sich nur um eine Aufzählung von Waren, die, wie es in den
Erläuterungen ausdrücklich heißt, insbesondere zur Pos. 6815 gehören. Die Aufzählung ist also nicht
abschließend und enthält keine abstrakte Formulierung eines bestimmten Formerfordernisses. Es kann daher
nicht erkannt werden, dass die ohnehin nur zur leichteren Nachprüfbarkeit dienenden, nicht verbindlichen
Erläuterungen der Positionsbeschreibung 6815 KN ein Merkmal der Formgebung hinzufügen können oder
sollen. Hingewiesen werden kann in diesem Zusammenhang auch auf Rz. 09.0 der Erläuterungen, in der
"Probiersteine zum Prüfen von Edelmetallen, soweit es sich um Natursteine, insbesondere Lydit, handelt, der
schwarz, rau, sehr hart, sehr feinkörnig sowie dicht ist und durch Säuren nicht angegriffen wird" angesprochen
werden. Die Erwähnung solcherart Steine spricht nicht dafür, dass die Erläuterungen eine bestimmte
Formgebung der Ware für ihre die Einreihung in Pos. 6815 KN unabdingbar voraussetzen.
d) Bei dem Schmelzmagnesiachrom handelt es sich weiterhin um eine Ware "aus mineralischen Stoffen". Es
wird hergestellt aus Chromit (chemische Formel Fe2+Cr2O4) und Magnesit (chemische Formel Mg[CO3]). Bei
den genannten Ausgangsstoffen handelt es sich um mineralische Stoffe. Zur Begründung kann insoweit Bezug
genommen werden auf die Ausführungen des Beklagten in seiner Klagerwiderung, nach denen die
Ausgangstoffe dem mit "Mineralische Stoffe" überschriebenen Abschnitt V KN unterfallen, das geschmolzene
oder kaustisch gebrannte Magnesit der Pos. 2519 KN und das Chromit der Pos. 2610 KN.
Soweit der Beklagte meint, es handele sich bei dem Schmelzmagnesiachrom um ein synthetisches Produkt
und nicht um einen mineralischen Stoff, ist darauf hinzuweisen, dass die Positionsbeschreibung nicht verlangt,
dass es sich bei der Ware selbst um einen mineralischen Stoff handelt, sondern nur, dass es sich um eine
Ware handelt, die aus mineralischen Stoffen hergestellt worden ist. Anders als der Beklagte meint, ist es ohne
Bedeutung, dass es sich bei dem Schmelzmagnesiachrom nicht um einen Stoff handelt, der erst infolge eines
Schmelzvorgangs der Ausgangsstoffe entsteht. Es kann dem Wortlaut der Positionsbeschreibung 6815 KN
nicht entnommen werden, dass der Begriff "Ware aus" nicht grundsätzlich alle Waren umfasst, die unter
Verwendung der genannten Stoffe hergestellt worden sind, sondern einschränkend dahingehend ausgelegt
werden muss, dass diese Stoffe in stofflich unveränderter Form in der Ware vorhanden sein müssen - was die
Klägerin im Übrigen für das streitgegenständliche Erzeugnis behauptet. Dieses Verständnis des Wortlauts,
dass nämlich gewisse Veränderungen der Ausgangsstoffe für die Einreihung in Pos. 6815 KN unbeachtlich
sind, wird bestätigt durch den Blick auf die Erläuterungen. In Erl. Kap. 68 (HS) heißt es in Rz. 07.0 unter
anderen: "Wieder andere" (Waren) "sind das Ergebnis einer weitergehenden Umwandlung des Grundstoffes, die
bis zum Schmelzen gehen kann." Aus diese Erläuterung in Rz. 07.0 f. kann ohne weiteres geschlossen
werden, dass Veränderungen des Grundstoffes etwa durch Brennen oder Schmelzen einer Einreihung in Pos.
6815 KN keinesfalls entgegenstehen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 151, 155 i. V. m. § 708, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision, § 115 Abs. 2 FGO, liegen nicht vor. Eine grundlegende Bedeutung der
Sache ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in der VO (EU) Nr. 1344/11 unter
anderem Schmelzmagnesia mit einem Gehalt an Dichromtrioxid von 15 GHT oder mehr des KN-Code 3824
9097 ausgenommen ist. Die Klägerin hat bestritten und der Beklagte nicht weiter begründet, dass bzw. warum
die streitgegenständliche Ware mit der zollausgesetzten Ware identisch ist. Vor allem handelt es sich bei der
Verordnung, wie bereits ausgeführt, um einen Rechtsakt ohne Gesetzescharakter; die Erwähnung einer Ware in
einer solchen Zollaussetzungsverordnung unter Nennung einer Code-Nummer der Kombinierten Nomenklatur ist
für sich nicht als fundierte Einreihungsentscheidung zu erkennen und einer anderweitigen Einreihung kommt
daher keine grundsätzliche Bedeutung zu.