Urteil des FG Hamburg vom 30.07.2013
FG Hamburg: schüler, erlass, schulweg, überprüfung, zahl, verfügung, begriff, sonderschule, ermächtigung, anschrift
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Die Behörde darf bei der Verteilung der Plätze in den Eingangsklassen 5 der Schulen bei ausgeschöpfter
Aufnahmekapazität den Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf (Inklusionskinder) vorab vor
anderen Schülern Plätze zuweisen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 1. Senat, Beschluss vom 30.07.2013, 1 Bs 231/13
§ 12 SchulG HA, § 42 Abs 7 SchulG HA, § 15 SoPäV HA
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 23. Juli
2013 geändert.
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die An-tragsgegnerin verpflichtet
werden soll, sie vorläufig in die Klassenstufe 5 der M. B. Schule (nachfolgend: MBS) aufzunehmen.
Bei der Anmeldung für den Übergang in die Jahrgangsstufe 5 gaben die Sorgeberechtigten der Antragstellerin
als alleinigen Wunsch die MBS an. Mit Bescheid vom 11. April 2013 wurde die Antragstellerin in die K.-T.-
Schule (Stadtteilschule) aufgenommen. Eine Aufnahme in die gewünschte Schule sei nicht möglich gewesen,
weil die Zahl der Anmeldungen die dortigen Aufnahmemöglichkeiten übersteige.
Nach den vorliegenden Unterlagen und der Stellungnahme der Antragsgegnerin werden in der MBS zum
Schuljahr 2013/2014 sechs Klassen der Klassenstufe 5 eingerichtet. Von den 190 Kindern, für die diese Schule
als Erstwunsch angegeben wurde, wurden 128 aufgenommen; zehn weitere Kinder wurden der Schule durch die
Antragsgegnerin zugewiesen. Die somit 138 Kinder setzen sich folgendermaßen zusammen: 20 Kinder mit
sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 12 HmbSG), die der Schule vorab zugewiesen wurden (davon zehn, die
die MBS als Erstwunsch angegeben hatten), 8 Kinder, für die ein Härtefall anerkannt wurde, 55 Kinder mit
Geschwisterkindern in der Schule, 55 Kinder aufgrund der Schulweglänge. Das letzte nach diesem Kriterium
berücksichtigte Kind hat einen Schulweg von 883 m Länge; der Schulweg der Antragstellerin zur MBS würde
1.000 m betragen.
Den gegen die Zuweisung zu einer anderen als der gewünschten Schule erhobenen Widerspruch wies die
Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2013, dem Bevollmächtigten am 1. Juli 2013
zugestellt, zurück.
Mit ihrem beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht die
Antragstellerin geltend, ihr Zuweisungswunsch müsse aus Härtefallgesichtspunkten berücksichtigt werden. Der
Schulweg zur K.-T.-Schule mit einer Länge von 2.623 m sei unzumutbar und nicht kindgerecht. Dies werde
dadurch unterstrichen, dass mit der MBS eine gut erreichbare und gerade 1.000 m von der Wohnung der
Antragstellerin entfernte Schule zur Verfügung stehe. Außerdem sei das Auswahlverfahren für die MBS nicht
ordnungsgemäß abgewickelt worden. Die Zuweisung zur K.-T.-Schule widerspreche dem Auswahlkriterium
eines kurzen Schulwegs. Die Distanz zur Wunschschule sei mit 1.000 m wesentlich kürzer als zur K.-T.-
Schule. Ferner bestehe die begründete Vermutung, dass Mitbewerber eine falsche Wohnanschrift angegeben
hätten, um bei der Schulzuweisung Vorteile zu erlangen; da von der Antragsgegnerin nur eine teilanonymisierte
Liste zur Verfügung gestellt worden sei, könne dies nicht näher überprüft werden. Unklar sei auch die
Bedeutung "durch BSB zugewiesen" in der Liste der berücksichtigten Kinder.
Mit Beschluss vom 23. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht die beantragte einstweilige Anordnung erlassen.
Die Kapazitäten der MBS seien mit der Aufnahme von 138 Kindern zwar erschöpft. Die Aufnahmeentscheidung
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der Antragsgegnerin sei aber voraussichtlich fehlerhaft. Die Antragsgegnerin habe sich an der
Verwaltungsvorschrift "Handreichung zur Organisation der Aufnahme in Klasse 5 an weiterführenden Schulen"
orientiert. Zu Unrecht habe sie gemäß Abschnitt A.4 der "Handreichung" Kinder mit sonderpädagogischem
Förderbedarf gemäß § 12 HmbSG vorab berücksichtigt. Diese Vorabberücksichtigung sei mit den gesetzlichen
Vorgaben des § 42 Abs. 7 Satz 2 und 3 HmbSG nicht zu vereinbaren. § 12 HmbSG rechtfertige keine
Abweichung von diesen Vorgaben; die Vorschrift habe einen anderen Regelungsgehalt. Die Antragstellerin
könne im Hinblick auf das fehlerhafte Auswahlverfahren die Zuweisung eines Platzes an ihrer Wunschschule
beanspruchen. Zwar liege in ihrem Fall kein Härtefall vor. Sie habe jedoch den Vorrang vor etlichen der gemäß
§ 12 HmbSG vorab berücksichtigten Kinder, und zwar vor denen, die als Erstwunsch eine andere Schule als
die MBS benannt hätten, sowie vor denen, die einen längeren Schulweg zur MBS als sie hätten.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde.
II.
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet
worden (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO). Die Antragsgegnerin ist im Zeitpunkt der
Entscheidung des Beschwerdegerichts durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch beschwert, da
die einstweilige Anordnung ihre Gültigkeit noch nicht verloren hat. Einstweilige Anordnungen verlieren u.a. dann
ihre Gültigkeit, wenn ein Hauptsacheverfahren wegen Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides nicht mehr
anhängig gemacht werden kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 34). Hier ist die mit
Zustellung des Widerspruchsbescheids am 1. Juli 2013 in Gang gesetzte Klagefrist im Zeitpunkt der
Entscheidung über die Beschwerde noch nicht verstrichen.
2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat auch in der Sache Erfolg. Aus den von der Antragsgegnerin
dargelegten Gründen sind der Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern und der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung abzulehnen. Der Antragstellerin steht für die begehrte einstweilige Anordnung kein
Anordnungsanspruch zu.
2.1. Die Verfahrensweise der Antragsgegnerin, die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 12
HmbSG) in einem Verfahrensschritt, der der Verteilung der Plätze für die Klassenstufe 5 nach § 42 Abs. 7
HmbSG vorgelagert ist, auf die Schulen zu verteilen, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts
nicht zu beanstanden. Abschnitt A 4 der "Handreichung zur Organisation der Aufnahme in Klasse 5 an
weiterführenden Schulen" steht mit den Vorgaben des Hamburgischen Schulgesetzes und der aufgrund
gesetzlicher Ermächtigung erlassenen Verordnung über die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf (AO-SF) vom 31. Oktober 2012 (HmbGVBl. S. 467) in Einklang.
a) § 12 HmbSG gewährt Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf das Recht, anstelle von
Sonderschulen allgemeine Schulen zu besuchen, und dort gemeinsam mit Schülern ohne
sonderpädagogischen Förderbedarf unterrichtet und besonders gefördert zu werden. Gleiches gilt für Kinder, die
wegen einer Behinderung besonderer Integrationsleistungen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch
bedürfen, ohne dass sie einen sonderpädagogischen Förderbedarf hätten (§ 12 Abs. 6 HmbSG). Die Vorschrift
dient der Umsetzung von Art. 24 des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
vom 13. Dezember 2006 (Zustimmungsgesetz vom 21.12.2008, BGBl. II S. 1419). Hiernach gewährleisten die
Vertragsstaaten im Rahmen der Anerkennung des Rechts von Menschen mit Behinderungen auf Bildung ein
integratives Bildungssystem auf allen Ebenen ("an inclusive education system at all levels").
b) Zentrales Instrument bei der Entscheidung, welche Hilfen das betreffende Kind benötigt, ist der
diagnosegestützte Förderplan (§ 12 Abs. 4 HmbSG), in dem Art und Ausmaß der Hilfen festgelegt und die
Integrationsleistungen bewilligt werden, für die der Schulträger zuständig ist. In diesem Zusammenhang ist
auch zusammen mit den Eltern und soweit möglich dem betreffenden Kind die geeignete Schule – zunächst
hinsichtlich der Schulform – zu bestimmen (vgl. Gesetzesbegründung BüDrs. 19/3195, S. 15). Darüber hinaus
wird der "Lernort" festgelegt (§ 12 Abs. 4 Satz 5 HmbSG). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist
unter diesem Begriff nicht die Form der Schule (Stadtteilschule, Gymnasium, Sonderschule) zu verstehen,
sondern die konkrete Schule innerhalb der gewählten Schulform. Das ergibt sich zunächst schon aus dem
Begriff "Lernort", der auf einen örtlichen und nicht auf einen inhaltlichen Bezug hindeutet. Wäre anderes
gemeint gewesen, hätte ohne Schwierigkeit formuliert werden können, dass die Schulform, die das Kind
besuchen soll, festgelegt werde. Der Bezug auf eine konkrete Schule innerhalb einer bestimmten Schulform
wird ferner aus der Gesetzesbegründung (a.a.O., S. 15 f.) deutlich. Schon die Ausführung, der Übergang von
einer angebotsorientierten zu einer schülerorientierten Betreuung der Kinder mit sonderpädagogischem
Förderbedarf erfordere ein schrittweises Inkrafttreten, weshalb zunächst für die Schüler der ersten und fünften
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Klassen Förderpläne aufgestellt und in diesen der schulische Lernort unter Beachtung der Wünsche der
Sorgeberechtigten festgelegt werde, spricht für ein auf eine konkrete Schule bezogenes Verständnis des
Begriffes Lernort. Noch deutlicher macht die Erläuterung zu Absatz 4, dass mit Lernort die Festlegung einer
konkreten Schule innerhalb einer Schulform gemeint ist. So heißt es, im Förderplan werde "auch der Lernort
der Schülerin oder des Schülers, also seine Stammschule, festgelegt". Wenn unmittelbar folgend ausgeführt
wird, "der Wunsch der Sorgeberechtigten, eine bestimmte Schule zu besuchen", könne nicht immer erfüllt
werden, kann kein Zweifel bestehen, dass nach der Vorstellung des Hamburgischen Senats unter "Lernort" die
konkrete Schule verstanden werden soll. Es ist nicht erkennbar, dass im Rahmen der intensiven
parlamentarischen Beratung des umfangreichen Änderungsgesetzes zum Hamburgischen Schulgesetzes in der
Bürgerschaft (vgl. hierzu die Dokumentation des Vorgangsablaufs in der Parlamentsdatenbank der
Hamburgischen Bürgerschaft unter www.buergerschaft-hh.de) ein anderes Verständnis dieses Begriffs
zugrunde gelegt worden wäre.
Dies wird schließlich bestätigt durch § 15 AO-SF. Nach dessen Absatz 2 Satz 1 weist die zuständige Behörde
das Kind unter Berücksichtigung der von den Sorgeberechtigten geäußerten Wünsche einer allgemeinen
Schule oder einer Sonderschule zu. Die in Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 enthaltenen Regelungen über die
Festlegung des Lernorts machen nur Sinn bei einem auf die konkrete Schule bezogenen Verständnis des
Begriffs Lernort. Danach sollen bei der Festlegung des Lernorts die in der Schule vorhandenen baulichen
Gegebenheiten, die Erfahrung der Schule im Umgang mit Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die
Sicherstellung einer heterogenen Zusammensetzung der Schülerschaft (mit und ohne sonderpädagogischen
Förderbedarf), die Ausstattung der Schule mit Personal für die sonderpädagogische Förderung und die
Erreichbarkeit der Schule unter dem Gesichtspunkt der Schülerbeförderung berücksichtigt werden (Abs. 2 Satz
2). Ferner ist zu berücksichtigen, dass Schulen je Klasse eines Jahrgangs durchschnittlich möglichst nicht
mehr als 4 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zugewiesen werden; ferner ist eine gleichmäßige
Verteilung der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf über Schulen der Region anzustreben (Abs. 3
Satz 1 und 2).
c) Bei diesem Verständnis des Begriffs "Lernort" ist eine Vorabzuweisung der "Inklusionskinder" zwingend,
wenn die Ziele der Inklusion unter Berücksichtigung der in § 12 HmbSG und § 15 AO-SF geregelten Ziele und
Maßgaben im Interesse sowohl der Schüler mit als auch der ohne sonderpädagogischen Förderbedarf
verwirklicht werden sollen. Eine ausschließlich nach Maßgabe von § 42 Abs. 7 HmbSG vorgenommene
Auswahl und Verteilung der Schüler würde – worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist – zu einer völlig
ungleichen Verteilung von Inklusionsschülern führen. Dies würde bei den Schulen, in denen es insbesondere
aufgrund des Auswahlkriteriums der Schulweglänge zu einer hohen Zahl von Inklusionsschülern käme, zu einer
Überforderung sämtlicher Beteiligter führen, die den Zielen der Inklusion diametral entgegenstünde.
Anders als das Verwaltungsgericht ist das Beschwerdegericht der Auffassung, dass für die Zuweisung von
Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Vorschriften des § 12 Abs. 4 HmbSG und des § 15 AO-
SF, der auf der gesetzlichen Ermächtigung durch § 12 Abs. 4 Satz 7 HmbSG beruht, eine ausreichend klare
Grundlage darstellen, die Vorrang (im Sinn einer lex specialis) vor der allgemeinen Regelung des § 42 Abs. 7
HmbSG hat. Das zeigt auch der zweite Halbsatz in § 12 Abs. 4 Satz 5 HmbSG, wonach § 42 Abs. 3 und 4
entsprechend gilt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Neufassung des § 12 HmbSG durch das Zwölfte
Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes vom 20. Oktober 2009 (HmbGVBl. S. 373) das
Anmelde- und Auswahlverfahren in § 42 Abs. 4 HmbSG geregelt war; nach Einfügung weiterer Absätze in § 42
durch das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes vom 9. März 2010 (HmbGVBl.
S. 249) wurde dessen Absatz 4 zu Absatz 7. Bei diesem Änderungsgesetz wurde übersehen, die Verweisung
in § 12 Abs. 4 Satz 5 HmbSG redaktionell anzupassen. Da nicht ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber den
Regelungsgehalt der Verweisung inhaltlich ändern wollte, ist der zweite Halbsatz in § 12 Abs. 4 Satz 5 HmbSG
somit in der Weise zu lesen, dass § 42 Abs. 3 und 7 entsprechend gilt. Diese in § 12 Abs. 4 Satz 5, 2.
Halbsatz HmbSG enthaltene Regelung kann ausschließlich Bedeutung für ein Vorabzuteilungsverfahren der
Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben; anders wäre die Vorschrift überflüssig, weil § 42 Abs. 7
HmbSG ohnehin gelten würde. Gehen mehr Erstwünsche für die Zuweisung von "Inklusionskindern" an eine
bestimmte Schule ein, als nach den Kriterien des § 15 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 AO-SF dort aufgenommen
werden können, ist nach den Maßgaben des § 42 Abs. 7 Satz 2 und 3 HmbSG darüber zu entscheiden, welche
Schule für ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf als "Lernort" bestimmt wird.
Diese Regelungen stehen auch mit Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Einklang. Die unterschiedliche Behandlung von
Schülern mit und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf beruht auf sachlichen Gesichtspunkten
und erscheint – wie bereits ausgeführt – geradezu notwendig zur Erreichung der mit dem Inklusionsgedanken
verfolgten Ziele.
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2.2. Kann demnach die Kapazitätserschöpfung der Klassen 5 an der MBS nicht wegen der Vorabzuweisung
von 20 Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf angezweifelt werden – die Zahl der vorab gewiesenen
Kinder hält sich innerhalb des in § 15 Abs. 3 Satz 1 AO-SF gezogenen Rahmens –, könnte der Antragstellerin
eine Kapazitätserschöpfung nur dann nicht entgegen gehalten werden, wenn sie mit Erfolg geltend machen
könnte, die Auswahl weiterer Schüler sei rechtsfehlerhaft erfolgt. Das ist hier aber nicht der Fall. Zwar trägt sie
vor, es gebe "die begründete Vermutung", dass zumindest einige der Mitbewerber eine falsche Wohnanschrift
angegeben hätten, um im Verfahren unberechtigte Vorteile zu erlangen. Im Verfahren auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung sind die Voraussetzungen des geltend gemachten Anordnungsanspruchs indes
glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Hierfür genügt die Äußerung einer
vagen Vermutung nicht, zumal nicht einmal konkretisiert wurde, worauf sich die "begründete Vermutung"
stützt. Der Antragstellerin ist zwar einzuräumen, dass die von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellte
Liste, die bei den nach Schulweglänge ausgewählten Kindern nur die Anschrift, nicht aber die Namen enthält,
eine Überprüfung erschwert. Das schließt aber nicht aus, dass sich z.B. aus Gesprächen mit Eltern von
bisherigen Mitschülern Anhaltspunkte auf etwaige Unregelmäßigkeiten ergeben können, die dann auch konkret
vorgetragen werden können. Eine durchgängige Überprüfung der Anschriften seitens der
Verwaltungsgerichtsbarkeit ohne einzelfallbezogene Anhaltspunkte für Unkorrektheiten ist – jedenfalls im
einstweiligen Rechtsschutzverfahren – weder zu leisten noch veranlasst. Selbst eine vollständige Überprüfung
der Meldeanschriften würde allenfalls ergeben, ob die Person unter der bei der Schulanmeldung angegebenen
Anschrift gemeldet ist. Eine Aussage, ob die Person dort auch tatsächlich wohnt, ist hiermit nicht notwendig
verbunden, so dass ggf. weitere aufwendige Ermittlungen erforderlich wären. Im übrigen führen Entscheidungen
über die vorläufige Aufnahme in eine bestimmte Schule nicht notwendig zu wirklich vollendeten Tatsachen, so
dass kein Anlass besteht, vom Erfordernis der Glaubhaftmachung anspruchsbegründender Tatsachen deshalb
Abstriche zu machen, weil diese nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich sein mag.
2.3. Ist somit die Kapazität der MBS mit den 138 (6 x 23) aufgenommenen Schülern (§ 87 Abs. 1 Satz 1
HmbSG) erschöpft, ist – auch bei voller Prüfung des Vorbringens der Antragstellerin im erstinstanzlichen
Verfahren – nicht erkennbar, woraus ein Anspruch der Antragstellerin herzuleiten sein sollte, über die
gesetzliche Sollkapazität hinaus an der von ihr gewünschten Schule aufgenommen zu werden. Dass im Fall
der Antragstellerin die Voraussetzungen eines Härtefalls nicht gegeben sind, hat das Verwaltungsgericht auf
Seite 10 seines Beschlusses zutreffend ausgeführt; dem folgt das Beschwerdegericht. Die Antragstellerin hat
im übrigen nicht geltend gemacht, dass bei ihr sonstige Auswahlkriterien (Geschwisterkind an derselben
Schule; Berechnung der Schulweglänge) fehlerhaft angewandt worden seien.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs.
1, 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.