Urteil des FG Hamburg vom 31.10.2013
FG Hamburg: einkünfte, realteilung, übertragung, ausgleichszahlung, belastung, leistungsfähigkeit, versorgung, steuerpflichtiger, öffentlich, beamter
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Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen
Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein
Anspruch auf Vorsteuerabzug.
1. Eine Zahlung zur Abfindung eines Anspruchs auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich führt nicht
zu einem Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil sie nicht zur
Abwehr eines Anspruchs auf dingliche Übertragung einer Versorgungsanwartschaft (auf der Ebene der
Einkommenserzielung), sondern zur Abwehr einer gegen das Vermögen gerichteten Geldforderung (auf
der Ebene der Einkommensverwendung) dient.
2. Ein Abzug als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a. F: (jetzt § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG) kommt
ebenso wenig in Betracht, weil durch die Ablösezahlung von vornherein verhindert wird, dass künftig
Erträge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten auszukehren sind, und auf diese Weise der für einen
Sonderausgabenabzug erforderliche Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit unterbunden wird.
3. Da die Abfindungszahlung der Vermögensauseinandersetzung dient, ist sie schließlich auch nicht als
außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
FG Hamburg 3. Senat, Urteil vom 31.10.2013, 3 K 80/12
§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2007, § 10 Abs 1 Nr 1a S 1 EStG 2007, § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2007, § 19 Abs 2 EStG
2007, § 33 EStG 2007, Art 3 Abs 1 GG, § 1408 Abs 2 BGB, § 1587f BGB, § 1587g Abs 1 S 1 BGB, § 1587o BGB,
§ 1 Abs 2 VersorgAusglHärteG, § 2 VersorgAusglHärteG, § 23 VersAusglG, § 57 BeamtVG, § 58 BeamtVG
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Abfindung eines schuldrechtlichen
Versorgungsausgleichsanspruchs des geschiedenen Ehegatten zu Werbungskosten bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit oder zu einem Sonderausgabenabzug bzw. zu einem Abzug als außergewöhnliche
Belastung führt.
I.
1. Der Kläger war von 1993 bis 2008 Gesellschafter und Geschäftsführer der A GmbH (im Folgenden: A-
GmbH), die in dieser Zeit mehrfach umfirmiert wurde und deren Sitz sich zunächst in B befand.
2. Zwischen dem Kläger und der A-GmbH wurde am 30.06.1993 ein Geschäftsführervertrag geschlossen
(Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 11.04.2013, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband). Ferner
erteilte die A-GmbH dem Kläger mit Gesellschafterbeschluss vom 28.12.1994 (Anlage zum Schriftsatz des
Klägers vom 11.04.2013, FGA Anlagenband) eine Pensionszusage über eine Altersrente in Höhe von ... DM
monatlich als Direktzusage.
3. Der Kläger war seit dem ... 1973 mit Frau C verheiratet. Frau C beantragte im ... 2004 die Scheidung. Das
Amtsgericht B erstellte im Rahmen des dort anhängigen Scheidungsverfahrens eine Berechnung des
Versorgungsausgleichs (Einkommensteuerakten -EStA- Bl. 116). Hierin hieß es in Bezug auf die
Betriebsrente der A-GmbH:
"Der Versorgungsträger läßt die Realteilung nicht zu. (...) Soweit Splitting, Quasisplitting und Realteilung nicht
möglich sind, ist der schuldrechtliche Ausgleich nach § 2 VAHRG vorgesehen."
Das AG B kam zu dem Ergebnis, dass nach dem Ausgleich der jeweiligen Anwartschaften aus der
gesetzlichen Rentenversicherung im Splittingverfahren aufgrund der Altersrente der A-GmbH eine
schuldrechtliche Ausgleichspflicht des Klägers gegenüber seiner Ehefrau in Höhe von ... € monatlich
bestehe. Hierfür hätte der Kläger einen Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung leisten müssen in Höhe
von ... €. Auf den weiteren Inhalt der Berechnung wird Bezug genommen.
4. Am 09.05.2006 schlossen der Kläger und seine Ehefrau eine notariell beurkundete
Scheidungsvereinbarung (EStA Bl. 119 ff.), in der u. a. Folgendes vereinbart wurde:
"V.
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Unterhalt und Versorgungsausgleich
1. Vorbemerkung
Die Parteien gehen davon aus, dass Frau C einen lebenslänglichen Unterhaltsanspruch sowie Ansprüche auf
Versorgungsausgleich gem. Auskunft des Familiengerichtes B AZ: ... vom 19.04.04 hat.
Aufgrund der statistischen Lebenserwartung und einer Abzinsung gelangten die Parteien unter
Berücksichtigung der nachstehend weiteren Zahlungen vergleichsweise zu dem nachstehend vereinbarten
Abfindungsbetrag in Höhe von
EUR ....
Dabei ist berücksichtigt, dass Frau C im Wege des Versorgungsausgleichs neben den auf den
Versicherungskonten der Versicherungsgesellschaft für Angestellte auszugleichenden Anwartschaftsbeträgen
von
EUR ...
und EUR ...
noch einen Anspruch auf Begründung einer Anwartschaft hat, für den Herr C laut Berechnung des
Familiengerichtes einen Betrag in Höhe von
EUR ...
zu entrichten hätte.
(...)
1. Versorgungsausgleich
Grundlage der Vereinbarung ist die vom Amtsgericht B - Familiengericht - zu Az: ... übersandte Berechnung
des Versorgungsausgleichs.
a) Bezüglich der von dem Versicherungskonto des Herrn C zu übertragenden Anwartschaften in höhe
von monatlich EUR ...
sowie monatlich EUR ...
wird der Versorgungsausgleich durch Übertragung auf das Versicherungskonto von Frau C durchgeführt.
b) Darüber hinaus verzichtet Frau C auf weiteren Versorgungsausgleich im Hinblick auf die
Abfindungszahlung.
c) Diese Vereinbarung über den Versorgungsausgleich bedarf der gerichtlichen Genehmigung nach § 1587o
BGB. Diese wird von den Vertragsteilen hiermit bereits jetzt beantragt."
5. Durch Urteil des AG B vom ... 2006 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 11.04.2013, FGA
Anlagenband) wurden der Kläger und seine Ehefrau geschieden. In dem Urteil wurde zum
Versorgungsausgleich ausgeführt:
"Dem schuldrechtlichen Ausgleich bleiben demnach:
(dynamisiert) ... EUR.
Insoweit haben die Parteien in der Urkunde (...) vom 9. Mai 2006 (...) eine familiengerichtlich genehmigte
Vereinbarung getroffen."
6. Der Kläger leistete die Abfindungszahlung in Höhe von insgesamt ... € vereinbarungsgemäß im Streitjahr
2007.
II.
1. In der am 30.12.2008 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für 2007 erklärte der
Kläger u. a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ... € und machte die Abfindungszahlung in
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Höhe von ... € bei den Werbungskosten geltend.
2. Der Beklagte berücksichtigte die Zahlung in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung am 20.04.2009
erlassenen Einkommensteuerbescheid für 2007 jedoch nicht und setzte die Einkommensteuer auf ... € fest.
III.
1. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 22.04.2009 Einspruch ein. Die Ausgleichszahlung an seine
geschiedene Ehefrau habe der Erhaltung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gedient. Der Fall sei
nicht anders zu behandeln als bei einem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, der zur Annahme von
Werbungskosten führe, oder bei der Zahlung einer Ausgleichsrente, die zu einem Sonderausgabenabzug
führe.
2. Der Beklagte erließ am 06.07.2010 und am 10.08.2011 aus anderen Gründen Änderungsbescheide
(Einkommensteuer zuletzt: ... €).
3. Mit Einspruchsentscheidung vom 10.04.2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Abfindungszahlung diene nicht der Erhaltung der betrieblichen Versorgungsbezüge. Es handele sich
vielmehr um eine Zahlung auf privater Ebene, sodass ein Werbungskostenabzug nicht in Betracht komme.
Im Gegensatz dazu diene eine Ausgleichszahlung, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter
an den Ehegatten leiste, dem Erhalt der vollen Versorgungsbezüge und führe deshalb zu einem
Werbungskostenabzug. Ein Sonderausgabenabzug scheide ebenfalls aus.
IV.
Der Kläger hat am 09.05.2012 Klage erhoben, die zunächst auch gegen den Solidaritätszuschlagsbescheid
für 2007 gerichtet gewesen ist. Der Kläger hat die Klage insoweit zurückgenommen. Das Verfahren betreffend
den Solidaritätszuschlag ist daraufhin abgetrennt und eingestellt worden (Az. 3 K 27/13).
Der Kläger trägt vor, dass nach § 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich
(VAHRG; aufgehoben durch Gesetz vom 03.04.2009 m. W. v. 01.09.2009) ein schuldrechtlicher
Versorgungsausgleich durchzuführen gewesen sei. Seiner geschiedenen Ehefrau habe im Zeitpunkt der
Scheidung ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch zugestanden. Dieser Anspruch sei durch eine
Einmalzahlung in zulässiger Anwendung des § 1587o des Bürgerlichen Gesetzbuchs (ebenfalls aufgehoben
durch Gesetz vom 03.04.2009 m. W. v. 01.09.2009; -BGB a. F.-) abgefunden worden. Ohne die Abfindung
hätte er, der Kläger, ab Juni 2012 monatlich einen Teil seiner Altersbezüge an die geschiedene Ehefrau
zahlen müssen und in entsprechender Höhe einen Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b
Einkommensteuergesetz (EStG) geltend machen können. Die Ausgleichszahlung sei geleistet worden, um
eine Kürzung der Versorgungsbezüge abzuwenden, und hänge deshalb mit künftigen Einnahmen i. S. des §
19 Abs. 1 Nr. 2 EStG zusammen.
Die gewählte Gestaltung sei nicht anders zu werten als die Entscheidung eines Beamten, zur Wahrung seiner
Pensionsansprüche eine Ausgleichszahlung an den geschiedenen Ehegatten zu leisten. Die steuerrechtliche
Unterscheidung zwischen real geteilten Versorgungsansprüchen und der beamtenrechtlichen Versorgung
einerseits und den Ausgleichszahlungen anderer Personen andererseits verstoße gegen das
verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot. Er, der Kläger, der sich seine Versorgungsbezüge als
Gesellschafter-Geschäftsführer erdient habe, dürfe nicht anders behandelt werden als ein Beamter. Denn er
müsse die ihm seit Juni 2012 ausgezahlte Versorgung auch in vollem Umfang versteuern. Der Anspruch auf
Versorgungsausgleich sei während der Ehezeit entstanden und seine Erfüllung eine gesetzliche Pflicht und
keine Einkommensverwendung.
Die Entscheidung des BFH vom 15.06.2010 (X R 23/08) könne in der Begründung nicht überzeugen und
verkenne die Grundzüge des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG), in dessen Lichte es keinen Grund für eine
Differenzierung gebe.
Jedenfalls sei die Abfindung als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abzugsfähig. Die
Vertragsparteien hätten seinerzeit keine dauernde Last vereinbaren wollen, um Streitfragen bzgl. einer
eventuellen Anpassungsverpflichtung zu vermeiden, und deshalb den Weg einer Abfindungszahlung
vereinbart.
Hilfsweise werde der Abzug der Abfindungszahlung als außergewöhnliche Belastung begehrt.
Der Kläger beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 10.08.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 10.04.2012 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusätzliche
Werbungskosten in Höhe von ... € berücksichtigt werden, hilfsweise entsprechende Sonderausgaben
oder außergewöhnliche Belastungen aus der Versorgungsausgleichsabfindung berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug.
Auf die Sitzungsniederschriften des Erörterungstermins vom 01.02.2013 und der mündlichen Verhandlung
vom 31.10.2013 wird Bezug genommen.
Dem Gericht haben Band III der Einkommensteuerakten und Band I der Rechtsbehelfsakten (St.-Nr. .../.../...)
vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten
(§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Aufwendungen des Klägers für den
Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu Recht weder als Werbungskosten (1.) noch als
Sonderausgaben (2.) noch als außergewöhnliche Belastung (3.) berücksichtigt.
1. Zahlungen zur Abfindung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichsanspruchs wegen des Bestehens
einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung sind keine mit den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit in Zusammenhang stehende Werbungskosten.
a) aa) Nach den vor der gesetzlichen Neuregelung des Versorgungsausgleichs im
Versorgungsausgleichsgesetz (-VersAusglG-, BGBl I 2009, 700, mit Wirkung ab dem 01.09.2009) geltenden
und im Streitjahr noch anwendbaren Regelungen zum Versorgungsausgleich findet, wenn im Rahmen des
Versorgungsausgleichs nicht Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung oder öffentlich-
rechtliche Versorgungsanwartschaften, sondern andere Versorgungsanrechte auszugleichen sind, gemäß § 2
VAHRG der schuldrechtliche Versorgungsausgleich (§ 1587f BGB a. F.) statt, sofern nach dem für den
Versorgungsträger maßgebenden Recht eine Realteilung des Versorgungsanrechts durch Begründung eines
eigenen Anrechts für den anderen Ehegatten nicht vorgesehen ist (§ 1 Abs. 2 VAHRG). Beim
schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hat der Ehegatte, dessen auszugleichende Versorgung die des
anderen übersteigt, dem anderen Ehegatten als Ausgleich eine Geldrente in Höhe der Hälfte des jeweils
übersteigenden Betrags zu entrichten (§ 1587g Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.). Nach § 1587o Abs. 1 BGB a.F.
können die Ehegatten durch eine notariell zu beurkundende und vom Familiengericht zu genehmigende
Parteivereinbarung anstelle des Versorgungsausgleichs ein Ausgleichssurrogat und damit auch die Leistung
einer Abfindung vereinbaren (Brudermüller in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 1587o Rz 13).
bb) Zwar ergibt sich aus der von der A-GmbH erteilten Pensionszusage (oben A.I.2.) nicht, dass eine
Realteilung des Versorgungsanrechts nicht möglich gewesen wäre. Jedoch ging das AG B bei der
Berechnung des Versorgungsausgleichs davon aus, dass der Versorgungsträger eine Realteilung nicht
zulasse (oben A.I.3.). Der Kläger hat dies auf Anfrage des Gerichts bestätigt. In dem notariell beurkundeten
und familiengerichtlich genehmigten Scheidungsvertrag (oben A.I.4.) haben der Kläger und seine geschiedene
Ehefrau eine Ausgleichszahlung für den deshalb an sich durchzuführenden schuldrechtlichen
Versorgungsausgleich vereinbart.
b) Derartige Abfindungszahlungen sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit, weil es an dem erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit dieser Einkunftsart fehlt.
aa) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung der Einnahmen. Nach Satz 2 der Norm sind sie bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie
erwachsen sind, auch wenn mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden.
Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Werbungskosten ist, dass sie in einem
ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen (BFH-Urteile vom
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25.11.2010 VI R 34/08, BFHE 232, 86, BStBl II 2012, 24; vom 08.03.2006 IX R 107/00, BFHE 212, 511,
BStBl II 2006, 446).
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, führen Zahlungen im Zusammenhang mit
einem Versorgungsausgleich nur dann zu abziehbaren Werbungskosten, wenn dem Inhaber des Anspruchs
auf betriebliche Altersversorgung wegen der Verpflichtung zum Versorgungsausgleich niedrigere
steuerpflichtige Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG zufließen als im Fall des Fehlens einer
solchen Ausgleichsverpflichtung. Denn nur bei einer solchen Sachlage dient die Ablösung der Verpflichtung
aufgrund des Versorgungsausgleichs dazu, (steuerpflichtige) Einnahmen i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu
erhalten. Sind dem Ausgleichsverpflichteten die (ungekürzten) Versorgungsbezüge dagegen trotz der
Verpflichtung, sie zum Teil an den versorgungsausgleichsberechtigten anderen Ehegatten weiterzuleiten,
steuerlich als eigene Einkünfte zuzurechnen, ist diese Weiterleitung ein Vorgang im Bereich der
Einkommensverwendung (BFH-Urteil vom 22.08.2012 X R 36/09, BFHE 239, 203, DStR 2013, 185). So
verhält es sich, wenn ein Steuerpflichtiger aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs
betriebliche Versorgungsleistungen mit seinem geschiedenen Ehegatten zu teilen hat. Denn dann ist allein
der Steuerpflichtige derjenige, der Einkünfte i. S. des § 19 Abs. 2 EStG erzielt, da nur er diese Einkünfte
durch eigene Arbeitsleistung erwirtschaftet hat (BFH-Urteil vom 18.09.2003 X R 152/97, BFHE 203, 337,
BStBl II 2007, 749). In einem solchen Fall betrifft auch die Ablösung des Anspruchs auf
Versorgungsausgleich nicht die Einkunftserzielung, sondern nur die Einkommensverwendung (BFH-Urteil
vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807).
cc) Demgegenüber sind Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter
aufgrund einer Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB oder nach § 1587o BGB a. F. an den anderen
Ehegatten leistet, ebenso wie sog. Wiederauffüllungszahlungen nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der
der erkennende Senat folgt, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar.
Es kann für die Beurteilung des wirtschaftlichen Zusammenhangs keinen Unterschied machen, ob der
Ausgleichsverpflichtete die Minderung seiner Pensionsbezüge (nach der im Streitjahr noch gültigen Vorschrift
des § 57 Beamtenversorgungsgesetz -BeamtVG-) vermeidet, indem er sie durch Beitragszahlungen wieder
auffüllt (§ 58 BeamtVG), oder ob er sie durch entsprechende Zahlungen an den Ausgleichsberechtigten auf
Grund einer Vereinbarung gemäß § 1587o BGB a. F. von vornherein abwendet. In beiden Fällen führt die
Zahlung dazu, dass die sonst gemäß § 57 BeamtVG vorzunehmende Kürzung der Pensionsbezüge
unterbleibt. Im Unterschied zur Ablösung von Ansprüchen aus einem schuldrechtlichen
Versorgungsausgleich dienen solche Ausgleichs- oder Wiederauffüllungszahlungen mithin der Sicherung des
künftigen Zuflusses eigener steuerpflichtiger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 EStG) in ungeschmälerter Höhe (BFH-Urteile vom 24.03.2011 VI R 59/10, BFH/NV 2011, 1130; vom
15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807; vom 08.03.2006 IX R 107/00, BFHE 212, 511, BStBl II 2006,
446; vom 08.03.2006 IX R 78/01, BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448; ebenso BFH-Urteil vom 17.06.2010 VI
R 33/08, BFH/NV 2010, 2051, obwohl die beamtenrechtliche Versorgung des dortigen Klägers kurz vor der
Scheidung in eine betriebliche Altersversorgung umgewandelt worden war).
dd) In dieser unterschiedlichen steuerlichen Behandlung des schuldrechtlichen und des öffentlich-rechtlichen
Versorgungsausgleichs liegt kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1
Grundgesetz (GG). Dieses Gebot ist nur dann verletzt, wenn eine Ungleichbehandlung sachlich nicht
gerechtfertigt ist. Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung sind, anders als
Erwerbsaufwendungen, vom objektiven Nettoprinzip nicht umfasst; sie steuerrechtlich anders zu behandeln
als Erwerbsaufwendungen, ist daher sachlich gerechtfertigt. Ihre steuermindernde Berücksichtigung ist auch
nach dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht geboten (BFH-Urteil
vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807).
ee) Der Kläger kann sich zur Stützung seiner Rechtsauffassung nicht darauf berufen, dass der Gesetzgeber
mit dem zum 01.01.2005 in Kraft getretenen AltEinkG (vom 05.07.2004, BGBl I 2004, 1427) die steuerliche
Gleichbehandlung aller Berufsgruppen bezweckt habe. Zwar sollte durch das AltEinkG in der Tat die
Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme nach dem Konzept der nachgelagerten
Besteuerung aufeinander abgestimmt und eine gleichheitsgerechte Besteuerung der Altersbezüge erreicht
werden (BFH-Urteil vom 04.02.2010 X R 52/08, BFH/NV 2010, 1253). Jedoch wird die differenzierende
Rechtsprechung zum Werbungskostenabzug von Abfindungszahlungen für den Versorgungsausgleich (oben
bb) und cc)) nicht mit einer unterschiedlichen Besteuerung von Pensionsbezügen und Bezügen aus einer
betrieblichen Altersversorgung begründet, sondern mit der Differenzierung zwischen den Ebenen der
Einkommenserzielung und der Einkommensverwendung, die durch das AltEinkG nicht berührt wird.
ff) Diese Differenzierung zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung ist ein tragendes und
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sachlich gerechtfertigtes Prinzip des Einkommensteuerrechts. Danach sind Zahlungen, die ein
Steuerpflichtiger leistet, um einkommensteuerpflichtige Einkünfte zu erhalten, steuerlich abziehbar. Das gilt
für Zahlungen, mit denen ein dinglicher Anspruch auf Übertragung einer bestimmten steuerlich relevanten
Einkunftsquelle für den Steuerpflichtigen begründet oder ein entsprechender Anspruch gegen den
Steuerpflichtigen von ihm abgewehrt wird; auch die letztgenannten Zahlungen können als nachträgliche
Anschaffungs- oder als Werbungskosten zu behandeln sein, weil sie auf der Ebene der Einkunftserzielung
geleistet werden.
Ist dagegen eine Forderung nicht dinglich auf Übertragung der Einkunftsquelle gerichtet, sondern allgemein
gegen das Vermögen des Steuerpflichtigen (wie insbesondere eine Geldforderung), kann der Steuerpflichtige
frei entscheiden, welchen Vermögensgegenstand er zur Finanzierung einsetzt. Dies ist ein Vorgang auf der
Einkommensverwendungsebene, der nicht zu steuerlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen führt.
Andernfalls ließen sich sämtliche Vermögensdispositionen des Steuerpflichtigen mit der Begründung
steuerlich geltend machen, er habe so disponiert, dass der steuerlich relevante Vermögensgegenstand, die
Einkunftsquelle, erhalten geblieben sei. In vergleichbarer Weise führt etwa die Anmietung einer Wohnung
nicht deshalb zu einem Werbungskostenabzug der Mietzahlungen, weil der Steuerpflichtige hierdurch seine
bisherige Wohnung vermieten kann (vgl. FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.06.2013 3 K 148/09, juris;
Revision anhängig, BFH IX R 24/13).
Aus diesem Grund kann die Befriedigung der auf Zahlung - und nicht auf die dingliche Übertragung einer
Versorgungsanwartschaft - gerichteten Forderung der Ehefrau des Klägers gegen ihn im Rahmen des
schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs unabhängig davon nicht zur Annahme von Werbungskosten führen,
ob der Kläger hierfür seine betriebliche Rente einsetzt oder die Zahlungen anders finanziert.
2. Die Abfindungszahlung des Klägers ist ebenso wenig als Rente oder dauernde Last i. S. des § 10 Abs. 1
Nr. 1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung abziehbar (durch das Jahressteuergesetz 2008 vom
20.12.2007, BGBl I 2007, 3150, wurde mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 eine spezielle, im
Ergebnis gleiche Regelung für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG
getroffen).
a) Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG a. F. sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende
Renten und dauernde Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der
Veranlagung außer Betracht bleiben, als Sonderausgaben abziehbar.
Diese Vorschrift gilt grundsätzlich zwar auch für Zahlungen, die im Rahmen des schuldrechtlichen
Versorgungsausgleichs vom Ausgleichsverpflichteten an den ausgleichsberechtigten anderen Ehegatten
geleistet werden. Denn anders als bei einer realen Teilung der Versorgungsanwartschaft gemäß § 1587a Abs.
1 Satz 2 BGB a.F. verbleibt die Versorgungsanwartschaft beim schuldrechtlichen Ausgleich rechtlich in voller
Höhe beim Ausgleichsverpflichteten, der die hieraus von ihm erwirtschafteten und zu versteuernden
Einkünfte zum Teil an den anderen Ehegatten auszukehren hat. Dieser Transfer steuerlicher
Leistungsfähigkeit ist die rechtliche Grundlage für die Abziehbarkeit dieser Aufwendungen beim Leistenden
im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (BFH-Urteile vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807; vom
18.09.2003 X R 152/97, BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749) und die Steuerbarkeit der Zuflüsse beim
Empfänger gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 EStG im Sinne einer materiell-rechtlichen Korrespondenz (BFH-Urteil
vom 19.01.2010 X R 32/09, BFHE 228, 291, BStBl II 2011, 162).
b) Die Abziehbarkeit von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist indessen nur gerechtfertigt, soweit
und solange eine solche Verlagerung erwirtschafteter Einkünfte - nach Maßgabe des Korrespondenzprinzips -
auf einen Dritten tatsächlich stattfindet. Dagegen ist ein Sonderausgabenabzug nicht zulässig, wenn - wie
hier - durch eine vertraglich zu erbringende Ablösezahlung von vornherein verhindert wird, dass künftig im
Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs Erträge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten
auszukehren sind. Denn hierdurch wird ein Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit unterbunden (BFH-Urteil
vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807; ebenso BFH-Urteil vom 22.08.2012 X R 36/09, BFHE 239,
203, BFH/NV 2013, 436, zur Abfindung eines Anrechts nach § 23 VersAusglG; BMF-Schreiben vom
09.04.2010, Tz. 19, BStBl I 2010, 323).
c) Dass Zahlungen, bei denen kein steuerlicher Einkünftetransfer stattfindet, vom Abzug nach § 10 Abs. 1
Nr. 1a EStG ausgeschlossen sind, beinhaltet keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß Art.
3 Abs. 1 GG (BFH-Urteil vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807; BFH-Beschluss vom 25.03.1996 X
B 202/95, BFH/NV 1996, 739; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG-
Beschluss vom 15.08.1996, 2 BvR 1185/96, StE 1996, 623).
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3. Die Abfindungszahlung kann schließlich nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 EStG
berücksichtigt werden.
a) Aufwendungen, die mit einer Vermögensauseinandersetzung zusammenhängen, sind grundsätzlich keine
außergewöhnlichen Belastungen i. S. des § 33 EStG (BFH-Beschluss vom 28.04.2010 VI B 167/09, BFHE
229, 272, BStBl II 2010, 747; BFH-Urteil vom 12.11.1993 III R 11/93, BFHE 173, 58, BStBl II 1994, 240).
b) Auch Abfindungszahlungen, die aufgrund einer nach § 1587o BGB a. F. geschlossenen Vereinbarung
zwecks Ablösung von (künftigen) Ansprüchen auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu leisten sind,
dienen einer solchen Vermögensauseinandersetzung und nicht der Abgeltung normaler Unterhaltsansprüche.
Eine Vereinbarung gemäß § 1587o BGB a. F. soll dem ausgleichsberechtigten Ehegatten, ähnlich wie beim
Zugewinnausgleich, ein Ausgleichssurrogat für den ihm zustehenden Teil der während der Ehe begründeten
Versorgungsanwartschaften verschaffen, das während der Ehe erworbene Versorgungsvermögen mithin teilen
(BFH-Urteil vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807).
c) In der Nichtberücksichtigung der Abfindungszahlung liegt kein Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip.
Dieses gebietet es, das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung
der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Maßstab
hierfür ist, ob das Sozialhilferecht den betreffenden Aufwand in seinem Leistungskatalog berücksichtigt
(BVerfG-Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125). Danach besteht keine
verfassungsrechtliche Pflicht, Aufwendungen, die - wie hier - eine Vermögensauseinandersetzung betreffen,
steuerlich zum Abzug zuzulassen (BFH-Urteil vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807).
4. Die Besteuerung ist nicht unbillig. Abgesehen davon, dass der Kläger als damaliger Alleingesellschafter
der A-GmbH bei Vereinbarung der Altersrente von vornherein deren Realteilung für den Scheidungsfall hätte
zulassen können, hätten der Kläger und seine Ehefrau es in der Hand gehabt, bei Abschluss ihrer
Ausgleichsvereinbarung nach § 1587o BGB a.F. der steuerlichen Lage Rechnung zu tragen. Sie hätten
entweder laufende Zahlungen (auch in der Form einer Leibrente statt einer dauernden Last) vereinbaren oder
bei der Bemessung der Abfindungszahlung berücksichtigen können, dass diese im Gegensatz zu laufenden
Zahlungen beim Zahlungspflichtigen steuerlich nicht abziehbar sind und umgekehrt beim Zahlungsempfänger
keine Steuerpflicht auslösen (vgl. BFH-Urteil vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807).
II.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
2. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) liegen nicht vor. Die Rechtslage ist
höchstrichterlich geklärt.