Urteil des FG Hamburg vom 24.06.2014
FG Hamburg: eltern, einkünfte, einspruch, darlehen, bedürftigkeit, anerkennung, kopie, beweismittel, original, belastung
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Einkommensteuerrecht: Voraussetzungen für die Anerkennung von Unterhaltsaufwendungen
an Angehörige in der Türkei als außergewöhnliche Belastung
Für die Abzugsfähigkeit von Unterhaltszahlungen ist der Nachweis der Zahlungen und die Bedürftigkeit des
Zahlungsempfängers nachzuweisen. Bargeldzahlungen müssen vom Empfänger bestätigt werden.
FG Hamburg 6. Senat, Urteil vom 24.06.2014, 6 K 26/12
§ 33a EStG vom 29.12.2003, § 33a EStG VZ 2008
Verfahrensgang
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist in 2008 die Berücksichtigung der Aufwendungen streitig, mit
denen der Kläger seinen in der Türkei lebenden Vater unterstützt.
Der Kläger verließ 19... die Türkei und ist inzwischen deutscher Staatsangehöriger. Er
erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Kläger ist beteiligt an der GbR A-1 ... und an A-
2 ..., dem B ... und er betreibt ein XX-Büro ... sowie einen YY-Einzelhandel in C. Ferner
erzielte er im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Angestellter ...
Da der Kläger für 2008 keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatte, erließ der
Beklagte am 31.08.2010 einen Schätzbescheid. Hiergegen legte der Kläger mit
Schreiben vom 29.09.2010 Einspruch ein, der trotz Ankündigung von Steuererklärungen
nicht begründet wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 21.12.2010 wies der Beklagte
den Einspruch als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
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Am 27.01.2011 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, gegen den der Kläger mit
Schreiben vom 27.02.2011 Einspruch einlegte. Am 01.04.2011 reichte der Kläger seine
Einkommensteuererklärung für 2008 ein. Hierin machte er Unterhaltsleistungen an seinen
in der Türkei lebenden Vater in Höhe von 16.743 € geltend.
Am 21.04.2011 erließ der Beklagte einen weiteren Änderungsbescheid, in dem die
Unterhaltsleistungen jedoch nicht berücksichtigt worden, da Nachweise hierfür fehlten.
Am 21.05.2011 legte der Kläger hiergegen insoweit Einspruch ein, als er sich gegen die
Nichtberücksichtigung der Unterhaltszahlungen an seinen Vater wendete. Da der Kläger
trotz mehrfacher Fristgewährung die angekündigten Nachweise über die Bedürftigkeit und
die Zahlungen nicht vorlegte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom
19.12.2011 den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20.01.2012, beim Finanzgericht
eingegangen am 22.01.2012 Klage mit dem Ziel der Berücksichtigung der
Unterstützungszahlungen an seinen Vater. Er trägt vor, er sei der einzige
Unterhalsverpflichtete bezüglich seiner Eltern, weitere zum Unterhalt fähige Verwandte
seien nicht vorhanden. Seine Eltern seien stark pflegebedürftig. Er habe sich ein
Darlehen von Herrn D in Höhe von 25.000 US-$ geben lassen, das an die Eltern des
Klägers ausgekehrt worden sei. Das Darlehen sei mit ... des XX-Büros ... an den
Darlehensgeber getilgt worden. Die aus der Rechnungslegung resultierenden Einkünfte
seien ordnungsgemäß versteuert worden. Die Darlehensauszahlung sei durch Herrn D an
die Eltern des Kläger in bar erfolgt, und zwar gegen Empfangsquittungen. Leider könnten
die Eltern die Kopien dieser Quittungen nicht finden. Der Darlehensgeber habe jedoch
zugesagt, nach seiner Rückkehr aus dem ... im September 2012, dem Kläger diese
Quittungen zu übergeben.
Am 27.03.2013 legte der Kläger eine Kopie einer Erklärung von Herrn D vom 17.03.2013
vor, in der dieser bestätigt, dass er dem Kläger mehrfach mit ... beauftragt habe, ferner,
dass er summa summarum 42.000 US-$ als Darlehen dem Kläger gewährt habe, das auf
Anweisung des Klägers an den Vater des Klägers im F/Türkei in bar ausgezahlt worden
sei. Das Darlehen sei mit Rechnungen des Klägers verrechnet worden. Der Kläger sei
nach wie vor tätig für ihn, es würden auch noch weitere Verrechnungen bis zur
vollständigen Tilgung der Darlehensschuld folgen.
Am 22.08.2012 erließ der Beklagte erneut einen Änderungsbescheid aufgrund von
Feststellungsbescheiden vom 02.11.2010 und 09.11.2010, die Unterhaltsleistungen
blieben jedoch weiter unberücksichtigt.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 31.08.2010, geändert mit Bescheid vom
27.01.2011 und vom 21.04.2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom
19.12.2011 dahingehend zu ändern, dass Unterhaltsleistungen in Höhe von 16.743 € als
außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Klage für unbegründet, da weder die Bedürftigkeit der Eltern noch die Zahlung
von Beträgen an diese nachgewiesen sei.
Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten den Rechtsstreit erörtert. Auf den Inhalt des
Protokolls über den Erörterungstermins vom 16.05.2013 (Bl. 51 f. Gerichtsakte) wird
Bezug genommen. Dem Gericht lagen die Einkommensteuerakte Band III sowie zwei
Bände Rechtsbehelfsakten zu der StNr. -1 sowie eine Gewinnermittlungsakte zu der StNr.
-2 vor.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I. Das Urteil ergeht durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung, nachdem
die Beteiligten auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben und sich mit einer
Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt haben (§§ 90 Abs. 2, 79a
Abs. 4 FGO).
II. Der Beklagte hat zu Recht den beantragten Abzug von Unterhaltsleistungen als
außergewöhnliche Belastungen gem. § 33a Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -
nicht anerkannt. Der Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 31.08.2010, zuletzt
geändert mit Bescheid vom 21.04.2011, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom
19.12.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem
Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten
Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die
Aufwendungen bis zu 7.680 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte
abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr 2008 geltenden Fassung).
a) Wenn - wie hier im Fall des Klägers - die unterhaltene Person nicht unbeschränkt
steuerpflichtig ist, dürfen die getätigten Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie
nach den Verhältnissen der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind (§ 33
Abs. 1 Satz 5 EStG). Aus diesem Grunde ist der abzugsfähige Höchstbetrag im
vorliegenden Fall im Streitjahr nach der sog. Ländergruppeneinteilung (vgl. Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 09.09.2008, BStBl I 2008, 936) für die
Türkei auf die Hälfte, also 3.840 € zu reduzieren. Da die sog. Ländergruppeneinteilung
die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nach den Verhältnissen der
Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person i. S. v. § 33a Abs. 1 Satz 5 1. Halbsatz EStG
zutreffend abbildet, ist dieser rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -
Urteile vom 05.05.2010 IV R 5/09, BFHE 230, 9, BStBl II 2011, 115 und vom 02.12.2004 III
R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483; FG München Urteil vom 24.05.2012 10 K
1381/11, zitiert nach Juris).
b) Ferner ist weitere Voraussetzung für die Anerkennung von Unterstützungsleistungen
als außergewöhnliche Belastung, dass die unterstützte Person keine oder nur geringe
andere Einkünfte oder Bezüge hat und kein Vermögen besitzt. Diese Voraussetzungen
hat der Steuerpflichtige für den Abzug von Unterhaltszahlungen gem. § 33a Abs. 1 EStG
nachzuweisen, und zwar neben der Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers,
insbesondere auch die tatsächlichen Zahlungen; er trägt hierfür die Feststellungslast
(BFH-Urteil vom 03.06.1987 III R 2005/81, BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675).
c) Bei Unterhaltszahlungen an einen im Ausland lebenden Unterstützungsempfänger sind
die Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) in besonderer Maße verpflichtet,
bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und die erforderlichen Beweismittel zu
beschaffen. Dabei sind regelmäßige nur sichere und leicht nachprüfbare Beweismittel
zuzulassen (BFH a. a. O. und Beschluss vom 15.06.1999 III B 10/99, BFH/NV 1999,
1595). Insbesondre müssen vorgelegte Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener
Unterhaltsempfänger detaillierte Angaben über vor Beginn der Unterstützung bezogene
Einkünfte enthalten. Umfassende Angaben hierzu sind unerlässlich gerade im Hinblick
auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts.
Die Vorlage vollständig ausgefüllter Bescheinigung ist grundsätzlich zumutbar (BFH-
Urteil vom 27.07.1990 III R 90/87, BFH/NV 1991, 229 m. w. N.).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger weder seine
Unterhaltsverpflichtung, noch die Unterhaltsbedürftigkeit der unterstützten Person, noch
die Unterhaltszahlungen und deren Abfluss bei ihm in hinreichendem Maße
nachgewiesen.
a) Zum einen lässt die vorgelegte Unterhaltserklärung, die kein Datum aufweist, nicht die
bestätigende Behörde erkennen, denn weder das rote Siegel noch der Namensstempel
ist lesbar. Auch der Ort der Behörde ist nicht angegeben.
b) Des Weiteren ist in der Zeile betreffend das Verwandtschaftsverhältnis zwischen
Antragsteller und unterstützender Person das Wort "yok" zu erkennen, was auf Türkisch
"nicht vorhanden" bedeutet. Damit ist unklar, ob zwischen der unterstützenden Person
und dem Antragsteller kein Verwandtschaftsgrad besteht oder ob die unterstützte Person
keinen Ehegatten hat. Lediglich der gemeinsame Familienname zwischen der
unterstützten Person und dem Kläger deutet darauf hin, dass es sich tatsächlich, wie vom
Kläger in seiner Einkommensteuererklärung angegeben, um den Vater des Klägers
handelt. Im Übrigen hat der Kläger im Laufe des Klageverfahrens unterschiedliche
Unterhaltserklärungen abgegeben. Die mit Schreiben vom 30.06.2013 und per Fax vom
01.07.2013 vorgelegten Kopien weisen die Wohnanschrift des Klägers aus und enthalten
Angaben über die vom Kläger benannte Person, die den Geldbetrag überbracht haben
soll, und über den gezahlten Geldbetrag, ferner die Angabe, das die unterstützte Person
nicht berufstätig ist, jedoch fehlt die Unterschrift der unterstützten Person. Das vom Kläger
im Schreiben vom 09.12.2013 vorgelegte Original enthält diese Angaben nicht, ist jedoch
von der unterstützten Person unterschrieben.
c) Die vom Kläger vorgelegten Unterhaltserklärungen sind weder ein hinreichender
Nachweis für die Bedürftigkeit der unterstützten Person noch für den behaupteten
Zahlungsbetrag. Denn der unterschiedliche Inhalt der Erklärungen weist darauf hin, dass
die vorgelegten Kopien erst nachträglich ergänzt worden sein könnten. Dies führt
insbesondere im Hinblick auf die Person dessen, die den Zahlungsbetrag an die
unterstützte Person ausgezahlt haben soll, dazu, dass nicht zur Überzeugung des
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Gerichts feststeht, dass der erklärte Betrag an die unterstützte Person auch tatsächlich
ausbezahlt worden ist, zumal der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung den Betrag
mit 16.743 € angegeben hat, das zwischen ihm und Herrn D vereinbarte Darlehen sich
jedoch auf 42.000 US-$ belaufen hat. Ferner fehlen Angaben über den Zeitpunkt der
Geldübergabe und welche Teilbeträge übergeben worden sein sollen. So wird in dem
Schreiben vom 17.03.2013 zwar die Tatsache des Darlehens von Herrn D durch diesen
bestätigt, jedoch nicht, wann und in welchen Beträgen das Geld überbracht worden ist.
Auch fehlt es an jeglicher Bestätigung der unterstützten Person, dass und wann er
tatsächlich Geldbeträge des Klägers erhalten hat. Die mit Schreiben vom 30.06.2013 in
Kopie vorgelegte Erklärung unterscheidet sich von dem später eingereichten Original im
Hinblick auf die Angaben bezüglich der überbringenden Person und die Nennung eines
Zahlbetrages. Sie ist unvollständig im Hinblick auf die fehlende Unterschrift der
unterstützten Person.
3. Ein Vertrauensschutz zu Gunsten des Klägers besteht nicht. Bereits in den
Veranlagungszeiträumen seit 2005 wurde der Kläger auf das Erfordernis von
vollständigen Bedürftigkeitsbestätigungen für die Anerkennung der Unterhaltszahlungen
hingewiesen und mangels dieser jeweils die Anerkennung versagt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gem. § 115 Abs.
2 FGO nicht vorliegen.