Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: treu und glauben, geschäftsführer, verdeckte gewinnausschüttung, wahrung der frist, stille reserven, vergütung, berufliche tätigkeit, angemessenheit, vermietung

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1996, 1997, 1998,
1999, 2000
Aktenzeichen:
6 K 8215/06 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 3 S 2 KStG 1999, § 202
AO
Angemessenheit der Gesellschaftergeschäftsführervergütung:
Pflicht zur Herabsetzung der Vergütung bei Verschlechterung
der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft,
Darlehensübernahme und Bürgschaftsverpflichtungen - Bindung
an Betriebsprüfungsbericht
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage der Anerkennung der Gesamtbezüge der beiden
Gesellschafter-Geschäftsführer als Betriebsausgaben der betreffenden
Kapitalgesellschaft in den Streitjahren 1996 bis einschließlich 2000.
Die Klägerin, ein Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH, wurde am 25. Mai 1978 in
B. u.a. durch den 19.. geborenen Kaufmann H. aus B. sowie den 19.. geborenen Dipl.-
Volkswirt L., ebenfalls aus B., gegründet. Unternehmensgegenstand war in den
Streitjahren laut ihrer Satzung "der Ankauf von Grundstücken und die Bebauung mit
Wohn- und Geschäftshäusern, die Planung und Durchführung von Instandsetzungen und
Modernisierungen an Bauten, die Durchführung von Hausverwaltung sowie die
Verwaltung eigenen Vermögens". Die Klägerin gehört zu einer ganzen Gruppe von
Unternehmen aus der Bauträger-Branche, der sog. "…- Gruppe", an denen allesamt die
Herren H. und L. als Gesellschafter - neben eventuell anderen Gesellschaftern - beteiligt
sind (in früheren Jahren als dritter Gründungsgesellschafter auch der 19.. geborene Dipl.-
Ing. V.).
Das Stammkapital der Klägerin betrug in den Streitjahren insgesamt 500 000 DM und
wurde seit dem 21. Oktober 1995 von H. sowie L. jeweils zur Hälfte gehalten. Beide
Gesellschafter waren gleichzeitig auch Geschäftsführer der Klägerin. Daneben gab es
noch eine weitere Geschäftsführerin, die aber nicht Mitgesellschafterin war (Frau P.). In
den letzten zehn Jahren vor dem 21. Oktober 1995 betrug das Stammkapital der
Klägerin nur 21 000 DM, zu dem die Gesellschafter H. und L. mit Geschäftsanteilen in
Höhe von jeweils 8 200 DM beitrugen.
Die Klägerin war zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1996 Eigentümerin von zehn mit
Büro- und Geschäftsräumen bebauten Grundstücken in B. mit einem Gesamt-
Verkehrswert von über 130 Mio. DM. Dem standen u.a. Verbindlichkeiten gegenüber
Kreditinstituten in Höhe von insgesamt rund 117 Mio. DM gegenüber. Die Klägerin
erzielte hauptsächlich Einnahmen aus der Vermietung und dem Verkauf dieser Objekte.
Für die folgenden Jahre wiesen die Bilanzen "nicht durch Eigenkapital gedeckte
Fehlbeträge" in folgender Höhe auf:
Im "Bericht über den Jahresabschluss zum 31. Dezember 1999", der von der jetzigen
Prozessbevollmächtigten der Klägerin verfasst wurde, ist zur "voraussichtlichen
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Prozessbevollmächtigten der Klägerin verfasst wurde, ist zur "voraussichtlichen
Entwicklung der Gesellschaft" Folgendes ausgeführt:
" ….. Aus der von der Gesellschaft aufgestellten Jahresübersicht per 31.12.1999 des
Anlagevermögens bewertet zu Verkehrwerten der Immobilien geht hervor, dass die
Werte stille Reserven enthalten und damit die rechnerische Überschuldung ausgeglichen
ist. Der Buchwert der Immobilien beträgt DM 88,5 Millionen, der Verkehrswert beträgt
DM 158,6 Millionen. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag ist per 31.12.1999
DM 41,5 Millionen. Die Gesellschafter haben Einlagen als kapitalersetzende Darlehen in
Höhe von 8,8 Millionen geleistet."
Am 17. Dezember 1991 bewilligte die C…bank der Klägerin einen Barkredit in Höhe von
10 Millionen DM zur "Mitfinanzierung des Bauvorhabens B. ". Als Sicherheiten für diesen
Kredit gewährten die Herren H. und L. der Bank jeweils unbefristete selbstschuldnerische
Bürgschaften über 10 Mio. DM.
Am 11./15. Oktober 1991 schlossen die Klägerin und die Gesellschafter H. und L.
persönlich als Darlehensnehmer sowie die B…bank als Darlehensgeberin einen
Darlehensvertrag über 5 Mio. DM zur Mitfinanzierung des Bauvorhabens B..
Am 4./14. Juni 1991 schlossen die Klägerin und die Gesellschafter H. und L. persönlich als
Darlehensnehmer sowie die B…bank als Darlehensgeberin einen Darlehensvertrag über
10 Mio. DM zur Mitfinanzierung des Bauvorhabens B..
Am 31. August 1992 unterzeichneten die Gesellschafter H. und L. eine
"Verpfändungserklärung" im Umfang von 10 Mio. DM betr. ein ihnen gehörendes
Bankkonto zugunsten der o.g. Bank zur zusätzlichen Besicherung eines mit
Darlehensvertrag vom 12./14. Dezember 1990 gewährten Darlehens dieser Bank
(Darlehensnehmer: die Klägerin sowie die Gesellschafter H. und L.) in Höhe von ebenfalls
10 Mio. DM zur Mitfinanzierung des Bauvorhabens B..
Am 7. Mai 1993 schloss die C…bank mit der Klägerin einen Rahmenkreditvertrag über 4
Mio. DM ab. Zur Besicherung dieses Kredites diente u.a. eine Briefgrundschuld betr. ein
Grundstück, welches im Eigentum der Grundstückgemeinschaft GbR W. stand.
Gesellschafter dieser Grundstücksgemeinschaft waren je zur Hälfte die Gesellschafter H.
und L..
Am 19. August 1994 schloss die C…bank mit der Klägerin einen Vertrag über die
Einräumung eines Avalkredits in Höhe von 10 Mio. DM. Zur Besicherung dieses Kredites
diente u.a. eine Verpfändung der Wertpapierdepots der Gesellschafter H. und K. bei
dieser Bank.
Am 20. April 1995 schloss die Klägerin mit der C…bank einen Vertrag über die
Gewährung eines Barkredits in Höhe von 1 Mio. DM. Zur Besicherung dieses Kredits
dienten u.a. unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaften der Gesellschafter H. und L.
in gleicher Höhe.
Die ursprünglichen Anstellungsverträge der Herren H. und L. vom 1. Mai 1978 enthielten
keine Bestimmungen über das Ob und das Wie der Gewährung von Bürgschaften oder
Darlehen zwischen den jeweiligen Vertragsparteien der Dienstverhältnisse.
Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 18. Juni 1993 wurden die
Gehälter der Herren L. und H., die nach Gründung des Unternehmens zunächst jeweils
6 000,- DM brutto monatlich betrugen, per 1. August 1993 von zuletzt 17 000,- DM
brutto mtl. auf 36 295,- DM brutto mtl. erhöht. In dem Protokoll heißt es zur Begründung
der Gehaltserhöhung:
"Die Anpassung des Gehalts wird vorgenommen, da die Geschäftsführer für sämtliche
Bankkredite bei allen finanzierenden Banken eine persönliche, selbstschuldnerische
Bürgschaft übernehmen mussten. Die Kredite belaufen sich auf derzeit 110 Mio. Das von
der Bank geschätzte Risiko der Unterdeckung bei Verkauf der Immobilien im Zuge einer
Zwangsversteigerung beläuft sich auf ca. 30 Mio. Die Herren H. und L. erhalten für die
Übernahme dieses Risikos keine Avalprovision, die ca. 1,5 % ausmachen würde. Diese
Gehaltserhöhung deckt alle Forderungen für die übernommenen Risiken ab. Eine weitere
Anpassung kann gewährt werden, wenn weitere Bürgschaften gegenüber Banken
übernommen werden müssen. …."
Mit weiterem Gesellschafterbeschluss vom 20. Juni 1994 wurden die Gehälter von H. und
L. ab 1. Juli 1994 von 36 295,- DM mtl. auf 46 295,- DM mtl. erhöht. Zur Begründung der
Erhöhungen heißt es in dem Beschluss:
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"Die Erhöhung wird notwendig, weil weitere Bürgschaften an die Banken gegeben werden
mussten. Für den Bau des Objektes Büroturm B. reicht den finanzierenden Banken eine
Objektbesicherung nicht aus, da die Vermietung bisher ungeklärt ist. Das Risiko wird bei
Gesamtbaukosten von 32 Mio. auf ca. 16 Mio. eingeschätzt. Somit können nur 50 %
über das Objekt aus Bankensicht abgedeckt werden."
Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 6. Dezember 1993 wurde die 1958
geborene Rechtsanwältin P. zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin bestellt. Im
Anstellungsvertrag vom 8. Dezember 1993 heißt es u.a.:
"………
§ 4 Arbeitsleistung und Nebentätigkeit
Der Gesellschaft ist bekannt, dass die Geschäftsführerin für die Dauer dieses Vertrages
ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin weiter ausüben wird.
Unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin hat sie ihre Arbeitskraft und
ihre gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen.
Daneben stellt die Geschäftsführerin ihre Arbeitskraft auch den weiteren Gesellschaften
innerhalb der Unternehmensgruppe zur Verfügung.
Die Arbeitszeit ist von der Geschäftsführerin frei und eigenverantwortlich zu gestalten.
…….
§ 5 Bezüge:
Die Geschäftsführerin erhält ab 1. Januar 1994 als Vergütung für ihre Tätigkeit
a) ein Jahresgehalt von 200 000,- DM ……
b) Neben der Vergütung nach den vorstehenden Absätzen soll der Geschäftsführerin
unter Berücksichtigung der von ihr erbrachten Leistungen und in Abhängigkeit vom
Geschäftserfolg der Firmengruppe ein Bonus gewährt werden.
Die Höhe des zu gewährenden Bonus bestimmt sich nach einem noch festzulegenden
prozentualen Anteil am Jahresgewinn der Firmengruppe. Die Festlegung der Höhe des
jeweiligen prozentualen Anteils erfolgt im Rahmen der jährlichen
Gesellschafterversammlung. ….."
Unter dem 5. Dezember 1994 schrieb der Vorstand der Rechtsanwaltskammer B.
Folgendes an Frau P.: " …. nachdem Sie nunmehr mit Schreiben vom 5. Oktober 1994
mitgeteilt haben, dass Ihre Nebentätigkeit maximal 30 v.H. Ihrer gesamten Arbeitszeit
beanspruchen werde und Sie daneben auch die Freistellungserklärung Ihres
Arbeitgebers vorgelegt haben, bestehen keine Bedenken gegen die von Ihnen
beabsichtigte Nebentätigkeit. Zu dem weiteren Inhalt Ihres Schreibens vom 5. Oktober
1994 erlauben wir uns jedoch, das Folgende zu bemerken: Der zeitliche Umfang Ihrer
Nebentätigkeit hat sich aus dem von Ihnen vorgelegten Geschäftsführervertrag nicht
ergeben. Auch haben Sie hierzu erstmals Ausführungen in Ihrem Schreiben vom 5.
Oktober 1994 gemacht. Gleichzeitig haben Sie jedoch in diesem Schreiben zu erkennen
gegeben, dass Ihnen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bekannt ist.
……"
Die von der Klägerin beim Beklagten eingereichten Körperschaftsteuererklärungen für
die Streitjahre 1996 bis einschließlich 2000 führten hinsichtlich der
Geschäftsführergehälter als Betriebsausgaben zu antragsgemäßen Veranlagungen, die
jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Sinne von § 164 Abs. 1 der
Abgabenordnung (AO 1977) durchgeführt wurden.
In der Zeit vom 2. Oktober 2000 bis zum 16. Februar 2001 führte der Beklagte bei der
Klägerin eine Betriebsprüfung betr. die Streitjahre 1995 bis 1998 durch. Vorangegangen
war am 2. Oktober 2000 der Erlass einer entsprechenden Prüfungsanordnung seitens
des Beklagten. Betriebsprüfer war Herr P.. Dieser erstellte unter dem Datum 16. Februar
2001 einen Prüfbericht, der keine Feststellungen zu verdeckten Gewinnausschüttungen
in Bezug auf die Gesamtbezüge der Herren H. und L. enthält (wohl aber zur Bejahung
des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung in Bezug auf die Gewährung von
zinslosen Darlehen seitens der GmbH an die Gesellschafter-Geschäftsführer in den
Jahren 1995 und 1996, vgl. Tz. 20 des Berichts). Eine Auswertung der
Prüfungsfeststellungen in Form des Erlasses von geänderten Bescheiden seitens des
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Prüfungsfeststellungen in Form des Erlasses von geänderten Bescheiden seitens des
Beklagten wurde aber nicht durchgeführt. In dem Bericht heißt es u.a.:
" ………..
D. Schlussbesprechung
Tz. 42 Durchführung
Eine Schlussbesprechung wurde nicht durchgeführt. Die letzten Ermittlungen im Sinne
des § 171 (4) Satz 3 AO fanden am 16.2.01 statt. Die Prüfungsfeststellungen wurden
während der Prüfung mit der Beraterin besprochen. Hinsichtlich der Prüfungsergebnisse
ist Übereinstimmung im Sinne der Berichtsausführungen erzielt worden. ……"
Im Zeitraum 8. Juni 2004 bis 30. März 2005 führte der Beklagte bei der Klägerin eine
Betriebsprüfung betr. die Jahre 1999 bis 2001 durch. Betriebsprüferin war diesmal Frau F.
(vgl. Bericht vom 30. März 2005). In dem Prüfbericht heißt es u.a.:
"14. verdeckte Gewinnausschüttungen
……..
Im Prüfungszeitraum waren bei der GmbH inclusive der zwei Gesellschafter-
Geschäftsführer und der einen Geschäftsführerin 1999 – 15 Angestellte, 2000 – 18
Angestellte …… beschäftigt.
Steuerliche Würdigung:
………
Als vergleichbare Position im Unternehmen kommt nur die Fremd-Geschäftsführerin, die
seit dem 1.1.1994 im Unternehmen angestellt ist, in Betracht. Frau P., Rechtsanwältin,
erhielt im Prüfungszeitraum (1999-2001) eine Gesamtausstattung (Jahresgehalt) in
Höhe von 200 000 DM. Die Anstellung als Geschäftsführerin ….. soll für Frau P. nur eine
Nebentätigkeit darstellen, welche nicht mehr als 30 v.H. der Arbeitskraft ausmacht. Dies
ergibt sich aus einem Schreiben der Rechtsanwaltskammer vom 5.12.1994. Ob die
Beschränkung auf 30 % jedoch tatsächlich von den Gesellschaftern und Frau P. so
gewollt war und durchgeführt wird, oder ob diese nur vorgenommen wurde, damit Frau P.
die Nebentätigkeit von der Rechtsanwaltskammer gestattet bekommt, ist nicht
nachprüfbar und auch nicht relevant. Der Geschäftsführerentlohnung liegt weniger ein
Stundenlohn zu Grunde als die Erledigung einer bestimmten Aufgabe.
Beide Gesellschafter-Geschäftsführer erhielten im Prüfungszeitraum je 555 540,00 DM
Jahresgehalt sowie eine Pensionszusage in Höhe der Jahresnettoprämie von 41 148,00
DM (H.) und 22 150,00 DM (L.). Über eine Verteilung der Aufgaben auf die einzelnen
Geschäftsführer ist im Rahmen der Prüfung nur bekannt geworden, dass Frau P.
ausschließlich für die Hausverwaltung zuständig ist. Über die Aufgabenbereiche der
anderen Geschäftsführer oder deren Verteilung wurde nichts gesagt. Der direkte
Vergleich mit der Fremd-Geschäftsführerin, Frau P., führt daher zu einem unzutreffenden
Ergebnis.
Die Erhöhung der Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer 1993 und 1994 wurde mit
der Übernahme von persönlichen Bürgschaften für die Firmenkredite begründet. Beide
Gesellschafter bürgten jedoch in ihrer Funktion als Gesellschafter und nicht als
Geschäftsführer für diese Kredite. Dies ist auch daran zu erkennen, dass die
Fremdgeschäftsführerin eine solche Bürgschaft nicht übernommen hat.
Der innerbetriebliche Vergleich auf der Grundlage von Art und Umfang der Tätigkeiten
sowie der Aufgabenbereiche ermöglicht zusammenfassend keine klare Aussage zur
Angemessenheit der Geschäftsführer-Gesellschafter-Gehälter.
……….
Auch der externe Betriebsvergleich kann zur Beurteilung nur bedingt herangezogen
werden, weil sich die Beträge, welche sich aus den Untersuchungen der im Folgenden
genannten Branchen/Unternehmen ergeben, auf die Beschäftigung nur eines
Geschäftsführers beziehen. Ausgangspunkt sind dabei die Erhebungen zu den
Geschäftsführergehältern, die verschiedene Autoren durchgeführt haben (Tänzer, BBE-
Unternehmensberatung GmbH, Kienbaum).
Nach einer Studie von Tänzer lag die durchschnittliche Geschäftsführervergütung (ohne
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Nach einer Studie von Tänzer lag die durchschnittliche Geschäftsführervergütung (ohne
Altersvorsorge) von mittleren bis großen GmbH im Jahr 2002 bei 414 000 DM. Bei einem
ertragsschwachen Unternehmen verdiente der GF nach Tänzer nur 315 000 DM im Jahr
2002. Eine Studie des BBE-Verlags, Köln 2003 "Welche Vergütungen GmbH-
Geschäftsführer erhalten", gibt allerdings für das Jahr 2003 für folgende Branchen
folgende Höchstwerte an:
Böth kommt in seinem Aufsatz "Aktuelle Entwicklung zur verdeckten
Gewinnausschüttung Teil III" (StBp 2004,135) zu dem Ergebnis, dass der Einfluss der
Branche für die Höhe der Gesamtausstattung der Geschäftsführer von untergeordneter
Bedeutung ist. Entscheidender ist die Größe des Unternehmens und die Anzahl der
beschäftigten Arbeitnehmer. So beträgt die durchschnittliche Gesamtausstattung von
Geschäftsführern für Unternehmen mit 2 Mio. DM 240 000,00 DM, bei Unternehmen mit
10 Mio. DM Umsatz 300 000,00 DM, für Unternehmen mit 1 Milliarde DM Umsatz 700
000 DM. Unternehmen mit 50 - 250 Arbeitnehmern beschäftigen 1,9 Geschäftsführer.
Und bei 500 - 2000 Arbeitnehmern werden im Durchschnitt 3 Geschäftsführer
beschäftigt.
Als Vergleich: Die Umsatzerlöse der … GmbH schwankten im Prüfungszeitraum
zwischen 10-18 Millionen DM. Es waren 12-16 Arbeitnehmer angestellt, sowie 2,3
Geschäftsführer. Gesamtaufwendungen für die Geschäftsführung der …-GmbH betrug in
den Jahren 1999-2001 1 381 458,00 DM. Nach dieser Methode sind die Aufwendungen
für die Geschäftsführung der …-GmbH unangemessen hoch.
Weitere Kriterien zur Beurteilung der Angemessenheit der Gehälter sind das Verhältnis
des Gehalts zum Gesamtgewinn und zur bleibenden Kapitalverzinsung. Dabei ist das
steuerliche Ergebnis der Kapitalgesellschaft um die degressive AfA zu korrigieren, und
die Angemessenheit ist zum Zusagezeitpunkt zu prüfen.
Bezüglich des Verhältnisses von Gehalt und Gesamtgewinn ist zu sagen, dass die …-
GmbH im Prüfungszeitraum nur Verluste erwirtschaftete. Eine Kapitalverzinsung fand
daher nicht statt. Ab dem Jahr 2002 wurde den Gesellschafter-Geschäftsführern auf
Druck der Banken kein Gehalt mehr gezahlt.
……
Die Gesamtausstattung der Gesellschafter-Geschäftsführer H. und L. war demnach
schon im Zusagezeitpunkt unangemessen hoch.
Da in Verlustjahren einer GmbH auch ein Fremdgeschäftsführer auf ein angemessenes
Gehalt nicht verzichten würde, ist je Gesellschafter-Geschäftsführer eine
Gesamtausstattung von 300 000,00 DM als angemessen zu betrachten, so dass jeweils
in den Jahren 1999-2001 eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 581 458,00
DM anzusetzen ist, die zu gleichen Teilen (i.H.v. 290 729,00 DM) auf die Gesellschafter-
Geschäftsführer H. und L. entfallen."
Auf Grund der Prüfungsfeststellungen von Frau F. verfasste der Vorgänger-
Betriebsprüfer, Herr P., unter dem Datum des 12. Juli 2005 einen geänderten
Prüfungsbericht betr. die Jahre 1995 bis 1998. Darin wurden von ihm ebenfalls
Teilbeträge der Gesamtbezüge in Höhe von 581 458,00 DM pro Streitjahr und
Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft. Zur
Vorbereitung des geänderten Prüfungsberichts erschien Herr P. aber nicht mehr zu
Prüfungshandlungen bei der Klägerin und forderte von dieser auch keine Unterlagen an.
Vielmehr erstellte er den überarbeiteten Prüfungsbericht anhand der bereits aufgrund
der ursprünglichen Prüfungshandlungen in seinen Besitz gelangten Kopien betr.
Buchführungs- und Vertragsunterlagen der Klägerin.
Daraufhin erließ der Beklagte am 20. Dezember 2005 nach § 164 Abs. 2 AO 1977
geänderte Körperschaftsteuerbescheide betr. die Streitjahre 1996 bis 2000 sowie
Verlustfeststellungsbescheide auf den 31. Dezember 1996 bis 31. Dezember 2001 und
Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 31.
Dezember 1996 bis 31. Dezember 2001, gegen die die Klägerin fristgerecht, aber in der
Sache erfolglos Einsprüche einlegte: Die Einsprüche wurden vom Beklagten mit
Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2006 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner Entscheidung nahm der Beklagte im Wesentlichen auf die
Ausführungen der Betriebsprüferin F. in deren Prüfbericht vom 30. März 2005 Bezug.
Ergänzend führte er u.a. aus, dass auch die Übernahme der Bürgschaften durch die
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Ergänzend führte er u.a. aus, dass auch die Übernahme der Bürgschaften durch die
Gesellschafter-Geschäftsführer kein höheres Jahresbruttogehalt als jeweils 300 000 DM
pro Person rechtfertige. Es sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs - BFH - davon auszugehen, dass die Bürgschaftsübernahmen allein
gesellschaftlich veranlasst seien. Dies ergebe sich z.B. aus dem Umstand, dass Frau P.
als Fremdgeschäftsführerin keine Bürgschafts- oder Darlehensverpflichtungen
zugunsten der Klägerin übernommen habe. Im Übrigen sei auch nicht nachvollziehbar,
weshalb ein Geschäftsführer, der nicht an der jeweiligen Gesellschaft beteiligt sei, zur
Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft bereit sein solle.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin zunächst geltend, dass sich der
Beklagte nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an den Prüfungsfeststellungen im
ersten Prüfbericht vom 16. Februar 2001 betr. die Streitjahre 1996 bis 1998 festhalten
lassen müsse. Diese Prüfungsfeststellungen enthielten unstreitig keine Feststellungen
zu angeblich zu hohen Geschäftsführergehältern.
Dem Prüfer P. seien von ihrer Seite während der ersten Betriebsprüfung die Gründe für
die Erhöhung der Gesellschafter-Geschäftsführergehälter erläutert worden: Es seien in
den Jahren 1993 und 1994 erhebliche Neuzugänge beim Anlagevermögen der GmbH
durch die Errichtung von Geschäftsbauten zu verzeichnen gewesen. Außerdem seien
den Herren H. und L. seitens der GmbH für die Übernahme der Bürgschaften
Avalprovisionen in Höhe von 0,75 v.H. der Bürgschaftsbeträge zugesagt worden. Herr P.
habe diese Begründungen für die Gehaltserhöhungen damals akzeptiert und auf dieser
Grundlage den ersten Betriebsprüfungsbericht gefertigt.
Aus der Feststellung von Herrn P. in Tz. 42 seines ersten Berichts, es sei "hinsichtlich des
Prüfungsergebnisses Übereinstimmung im Sinne der Berichtsausführungen erzielt
worden", gehe hervor, dass die Verfahrensbeteiligten damals eine sog. "tatsächliche
Verständigung" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -
getroffen hätten, an deren Inhalt der Beklagte nunmehr gebunden sei (Hinweis auf BFH-
Urteile vom 6. Februar 1991 I R 13/86, Bundessteuerblatt - BStBl - 1991, 673, und vom
31. Juli 1996 XI R 78/95, BStBl II 1996, 625 sowie Tipke/Kruse, Abgabenordnung-
Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 201 Abgabenordnung - AO - Tz. 13). Die Abweichung
in den angefochtenen Steuerbescheiden vom Inhalt der damals vereinbarten
tatsächlichen Verständigung durch den Beklagten verstoße gegen den Grundsatz von
Treu und Glauben und sei daher rechtswidrig (Hinweis auf BFH-Urteil vom 9. August 1989
I R 181/85, BStBl II 1989, 990). Nach diesem Grundsatz dürften die Verfahrensbeteiligten
sich nicht in Widerspruch zu ihrem eigenen vorherigen Verhalten setzen, auf das der
jeweils andere vertraue und unwiderruflich Dispositionen getroffen habe. Dabei nehme
die Rechtsprechung bereits dann eine die Bindung auslösende Disposition an, wenn die
Beteiligten ihre unterschiedlichen Ausgangspositionen aufgegeben und einvernehmlich
auf weitere Ermittlungen in Bezug auf den durch die Verständigung festgelegten
Sachverhalt verzichtet hätten (Hinweis auf BFH-Urteil in BStBl II 1996, 625).
Soweit sich der Beklagte nunmehr zu seiner Verteidigung auf den Hinweis zurückziehe,
dass es im Streitfall für das Zustandekommen einer im Sinne der BFH-Rechtsprechung
bindenden tatsächlichen Verständigung an der Mitwirkung eines Sachgebietsleiters oder
des Vorstehers des Beklagten gefehlt habe, erscheine dieser Einwand im vorliegenden
Zusammenhang treuwidrig. Im Übrigen werde die einschlägige Rechtsprechung des BFH
von mehreren Finanzgerichte und Teilen des Schrifttums heftig kritisiert (Hinweis auf
Urteile des FG des Saarlandes vom 1. Februar 1991 1 K 113/90, Entscheidungen der
Finanzgerichte - EFG - 1991, 447, vom 14. Juli 1992 1 K 78/92, EFG 1992, 706, und vom
30. September 1992 1 K 8/92, EFG 1993, 279, sowie Urteil des FG Hamburg vom 4.
Dezember 1991 II 125/89, EFG 1992, 379, und Urteil des FG Baden-Württemberg vom
26. März 1992 3 K 132/86, EFG 1992, 706; Offerhaus, Deutsches Steuerrecht - DStR -
2001, 2093 ff.).
Die Formulierung in Tz. 42 des ersten Prüfberichts habe bei ihr, der Klägerin, den
Eindruck erweckt, dass hinsichtlich der Prüfungsfeststellungen kein weiterer
Diskussionsbedarf bestehe. Dies habe sie letztlich davon abgehalten, gegen die
Einzelfeststellungen in dem Prüfbericht zu diesem Zeitpunkt vorzugehen. Außerdem sei
die Betriebsprüfung mit der Abfassung des Prüfberichts vom 16. Februar 2001 durch
Herrn P. verfahrensrechtlich abgeschlossen gewesen, so dass Herr P. nicht berechtigt
gewesen sei, im Sommer 2005 erneut in eine Betriebsprüfung für dieselben Jahre
einzutreten. Nach dem Verlassen der Räume, in denen die erste Betriebsprüfung
stattgefunden habe, habe Herr P. einen schweren Motorradunfall erlitten, und nur darauf
sei es zurückzuführen, dass die Feststellungen im ersten Prüfbericht nicht alsbald durch
den Erlass geänderter Körperschaftsteuerbescheide seitens des Beklagten ausgewertet
worden seien. Auf mehrmaliges Nachfragen bei der Beklagten durch ihre jetzige
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worden seien. Auf mehrmaliges Nachfragen bei der Beklagten durch ihre jetzige
Prozessbevollmächtigte, wann endlich der Prüfbericht zugesendet werde, habe sie die
Auskunft erhalten, dass laut den Prüfungsunterlagen mit keinen Änderungen bei der
Steuerveranlagung zu rechnen sei, man aber die Genesung und Wiederaufnahme des
Dienstes seitens des Betriebsprüfers abwarten wolle.
Im Übrigen seien für alle Streitjahre die Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten
Gewinnausschüttung hinsichtlich der Gesellschafter-Geschäftsführergehälter nicht
gegeben.
Die Betriebsprüfer F. und P. hätten einen internen Betriebsvergleich vorgenommen, der
völlig unzutreffend sei. Frau P. sei erstens nur für einen Teilbereich im Unternehmen
(Hausverwaltung) zuständig gewesen, und zweitens habe sie im Hinblick auf ihre weitere
Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin dem Unternehmen nur zu 30 v.H. ihrer
Gesamtarbeitszeit pro Woche zur Verfügung gestanden. Das hochgerechnete Gehalt
eines Vollzeitgeschäftsführers hätte demnach 600 000,00 DM betragen.
Außerdem seien nach der von den Betriebsprüfern zitierten Studien von Tänzer sowie
des BBE Verlages (Köln 2003) Jahresbezüge der Geschäftsführer in der
Immobilienbranche in Höhe von bis zu 1 525 825 DM bei Unternehmen mit
vergleichbarem Umsatz und vergleichbarer Anzahl der Mitarbeiter als angemessen
anzusehen. Die negativen Betriebergebnisse in den Jahren 1995 bis einschließlich 2000
seien ganz entscheidend auf die hohen Abschreibungsbeträge zurückzuführen. Diese
Abschreibungsbeträge könnten nicht dazu führen, sie als ertragsschwache GmbH
einzustufen, da die Abschreibungen nicht dem tatsächlichen Wertverzehr bei ihren fast
ausschließlich gewerblich genutzten Immobilien entsprechen.
Ferner sei die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen nach der BFH-
Rechtsprechung nach den Umständen und Erwägungen des Unternehmens im
Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung zu beurteilen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 4. Juni
2003 I R 38/02, BStBl II 2004, 139). Die letzte Gehaltsanpassung sei am 20. Juni 1994
beschlossen worden. In jenem Jahr habe sie, die GmbH, unter Herausrechnung der
steuerlichen Abschreibungen ein positives Betriebsergebnis in Höhe von rund 1,4 Mio.
DM erzielt.
Schließlich seien bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gesamtbezüge der
Gesellschafter-Geschäftsführer die Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts
mitzuberücksichtigen. Dazu gehöre die Übernahme von Bürgschaften seitens der
Herren H. und L. im Umfang von insgesamt 132,7 Mio. DM bis zum Jahr 2001. Des
Weiteren sei die Gewährung von zinslosen Darlehen seitens dieser beiden Herren an sie,
die Klägerin, in Höhe von 14 Mio. DM (Stand: 1997) bzw. 7,3 Mio. DM (Stand: 2001) zu
bedenken. Frau P. habe weder den Banken gegenüber eine Bürgschaft übernehmen
müssen, noch habe sie dem Unternehmen liquide Mittel zur Verfügung gestellt.
Die Vereinbarung eines Entgelts für die Übernahme der Bürgschaften habe entgegen
der Ansicht des Beklagten keiner besonderen schriftlichen Festlegung bedurft. Zum
einen würde es sich hierbei wohl um eine im normalen Geschäftsleben eher unübliche
"Förmelei" handeln. Zum anderen sei eine Schriftform für die Vereinbarung einer
Avalprovision nicht gesetzlich vorgeschrieben.
die Körperschaftsteuer 1996 bis 2000 unter Änderung
der Bescheide vom 20. Dezember 2005 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2006 unter Nichtansatz von
verdeckten Gewinnausschüttungen hinsichtlich der Gesamtbezüge der
Gesellschafter-Geschäftsführer H. und L. festzusetzen.
die Klage abzuweisen.
Er verweist zum einen auf seine Ausführungen in der angefochtenen
Einspruchsentscheidung. Zum anderen ist er der Ansicht, dass anlässlich der
Beendigung der Prüfungshandlungen seitens des Betriebsprüfers P. im Februar 2001
keine sog. tatsächliche Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen für die
Streitjahre 1996 bis einschließlich 1998 im Sinne der BFH-Rechtsprechung zustande
gekommen sei. Dies liege daran, dass an der Betriebsprüfung kein zur abschließenden
Entscheidung über die Veranlagung der Klägerin befugter Amtsträger teilgenommen und
auch eine Schlussbesprechung unter Teilnahme eines solchen Amtsträgers nicht
stattgefunden habe. Umstände, die die Anwendung der Grundsätze von Treu und
Glauben zur Folge hätten, seien nicht erkennbar, und ein Verwertungsverbot für die im
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Glauben zur Folge hätten, seien nicht erkennbar, und ein Verwertungsverbot für die im
geänderten Prüfbericht vom 12. Juli 2005 getroffenen Feststellungen sei nicht ersichtlich.
Solange und soweit ein Veranlagungsverfahren nicht durch den Erlass eines
Steuerbescheids abgeschlossen worden sei, müsse ein Steuerpflichtiger damit rechnen,
dass die Finanzbehörde weitere Ermittlungen unternehme, zu neuen
Sachverhaltserkenntnissen gelange oder eine andere Sachverhaltsbeurteilung
vornehme.
Dass den Feststellungen des Betriebsprüfers P. in seinem Bericht vom 16. Februar 2001
keine Verwaltungsaktqualität im Sinne von § 118 AO 1977 beizumessen sei, sei schon
daran erkennbar, dass in Abschnitt D im letzten Satz darauf hingewiesen werde, dass
den Angaben im Prüfbericht nicht die Bedeutung einer Ergebnismitteilung im Sinne von §
202 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 zukomme.
Der Umstand, dass sich die Ertragslage der Klägerin ab dem Jahr 1994 deutlich und
kontinuierlich verschlechtert habe, so dass seitdem nur noch Verluste in Höhe von
mehreren Millionen DM pro Wirtschaftsjahr aufgelaufen seien, hätte für die
Gesellschafter-Geschäftsführer im Hinblick auf ihre Treuepflicht gegenüber der
Gesellschaft Anlass sein müssen, einer Herabsetzung ihrer Gesamtbezüge
zuzustimmen (Hinweis auf Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 15. Juni 1992 II ZR
88/91, Der Betrieb - DB - 1992, 1817).
Der mit Frau P. geschlossene Anstellungsvertrag enthalte keine einschränkenden
Bestimmungen über die von ihr wahrzunehmenden Geschäftsführungsaufgaben und
über die Arbeitszeiten. In ihm sei in diesem Zusammenhang lediglich festgehalten
worden, dass der Klägerin die weitere Tätigkeit von Frau P. als selbständige
Rechtsanwältin bekannt sei (§ 4 des Vertrages).
Soweit die im Jahr 1991 geschlossenen Kreditverträge seitens der Klägerin zur
Begründung der in den Jahren 1993 und 1994 mit den Herren H. und L. vereinbarten
Erhöhungen der Gesamtbezüge herangezogen würden, fehle es an einer im voraus
getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung. Ein nicht an der Klägerin als
Gesellschafter beteiligter Bürge hätte darauf bestanden, dass vor Abschluss des
Bürgschaftsvertrages die Frage der Zahlung einer Avalprovision vertraglich geregelt
worden wäre.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2007 ist die Entscheidung des Rechtsstreits dem Einzelrichter
übertragen worden. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung am 27. August 2007 die
Klage gegen die Verlustfeststellungsbescheide sowie gegen die Bescheide über die
gesonderte Feststellung wegen Klagerücknahme abgetrennt und eingestellt sowie den
restlichen Rechtsstreit auf den Senat rückübertragen.
Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung die Akte 8 B 8115/06 des FG
Berlin (betr. das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes), drei Bände Handakten der
Betriebsprüfer P. und F. sowie neun Bände Steuerakten und zehn Bände
Jahresabschlüsse der Klägerin (StNr.: …) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der
Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens ebenso Bezug
genommen wird, wie auf die Beschlüsse vom 18. Juni 1993, 20. Juni 1994 und auf den
Anstellungsvertrag vom 8. Dezember 1993.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide für die
Streitjahre 1996 bis einschließlich 2000 sind nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin
nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Zu Recht hat der Beklagte in der Vereinbarung und anschließenden Auszahlung der
Gesamtbezüge an die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer H. und L. in den
Streitjahren 1996 bis 2000 hinsichtlich bestimmter Teilbeträge eine verdeckte
Gewinnausschüttung gesehen.
a.) Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG darf eine verdeckte Gewinnausschüttung das steuerlich
zu erfassende Einkommen nicht mindern. Verdeckte Gewinnausschüttungen in diesem
Sinne sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat
anschließt, Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht
auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag im
Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - auswirken und
durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (vgl. BFH, Urteil vom 9. Juli 2003 I R
36/02, BFH/NV 2004, 88 mit weiteren Nachweisen). Dazu gehören insbesondere einem
Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und
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Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und
gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften
mit beschränkter Haftung - GmbHG -) einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer
unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte.
Ist der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer ein beherrschender Gesellschafter,
kann die Vermögensminderung auch dann ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis
haben, wenn der Leistung an ihn keine klare und im Vorhinein abgeschlossene
Vereinbarung zu Grunde liegt (vgl. BFH in BFH/NV 2004, 88 mit weiteren Nachweisen).
Das Erfordernis einer klaren, eindeutigen und im Vorhinein festgelegten Vereinbarung
kann nicht durch eine fremdübliche Gestaltung ersetzt werden, sondern tritt neben das
Kriterium der Fremdüblichkeit (vgl. hierzu Lange/Janssen, Verdeckte
Gewinnausschüttungen, 9. Aufl., Rz. 150).
b.) Nach diesen höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen sind die Zuwendungen
der Klägerin an die Herren H. und L. im Zusammenhang mit ihren
Anstellungsverhältnissen für die Streitjahre 1996 bis 2000 insoweit als verdeckte
Gewinnausschüttung zu qualifizieren als sie den Jahresbetrag von 300 000 DM pro
Gesellschafter-Geschäftsführer übersteigen.
aa.) Für die Bemessung der angemessenen Bezüge eines Gesellschafter-
Geschäftsführers gibt es nach Ansicht des BFH, der sich der erkennende Senat
anschließt, keine festen Regeln. Der angemessene Betrag ist vielmehr im Einzelfall
durch Schätzung seitens des Finanzamtes und ggf. des Finanzgerichts zu ermitteln. Bei
dieser Schätzung ist zu berücksichtigen, dass häufig nicht nur ein bestimmtes Gehalt als
angemessen angesehen werden kann, sondern der Bereich des Angemessenen sich auf
eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt. Unangemessen im Sinne einer
verdeckten Gewinnausschüttungen sind dann nur die Bezüge, die den oberen Rand
dieser Bandbreite übersteigen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 15.
Dezember 2004 I R 79/04, BFH/NV 2005, 1147, mit weiteren Nachweisen). Wo im
konkreten Einzelfall die hiernach zu bestimmende (Ober-)Grenze zwischen (noch)
angemessenen und (schon) unangemessenen Gesamtbezügen verläuft, ist eine Frage
tatrichterlicher Sachverhaltswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, vgl. BFH, a.a.O.).
bb.) Maßgebende - sich ebenfalls ergänzende und sich nicht ausschließende -
Einflussfaktoren sind bei der Angemessenheitsprüfung und der Ermittlung der besagten
Bandbreite nach Ansicht des BFH, der der erkennende Senat folgt, insbesondere
Kriterien wie z.B. Art und Umfang der Tätigkeit, Risikobereitschaft, Verhältnis des
Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn, Umsatz, Gewinn, Umsatzentwicklung,
Gewinnaussichten, Umfang des Kundenkreises und Anzahl der Mitarbeiter. Zu den
weiteren Maßstäben für die Beurteilung der Angemessenheit einer Vergütung können
u.a. diejenigen Entgelte gehören, die gesellschaftsfremde Arbeitnehmer des
betreffenden Unternehmens beziehen (interner Fremdvergleich) oder die - unter
ansonsten vergleichbaren Bedingungen - an Fremdgeschäftsführer anderer
Unternehmen gezahlt werden (externer Fremdvergleich). In diesem Sinne können im
Rahmen der Angemessenheitsprüfung auch Gehaltsstrukturuntersuchungen
berücksichtigt werden. Jedoch darf nach Ansicht des BFH bei keiner dieser
Vergleichsmethoden allein darauf abgestellt werden, ob sich die vereinbarte Vergütung
bei rückschauender Betrachtung als angemessen erweist. Maßgebender zeitlicher
Bezugspunkt ist vielmehr grundsätzlich derjenige, in dem die zu beurteilende
Gehaltsvereinbarung abgeschlossen worden sei (vgl. zum Ganzen BFH-Urteile vom 5.
Oktober 1994 I R 50/94, BStBl II 1995, 549, vom 27. Februar 2003 I R 46/01, BStBl II
2004, 132, unter II. 3 c. und vom 4. Juni 2003 I R 24/02, BStBl II 2004, 136 sowie I R 38/02,
BStBl II 2004, 139; Gosch, KStG, § 8 Rz. 803 ff., Rengers, in: Blümich,
EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 650 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen).
cc.) Die o.g. Fremdvergleichsgrundsätze sind nach Auffassung des BFH, der der
erkennende Senat folgt, auch anzuwenden, wenn in der Kapitalgesellschaft - wie im
Streitfall gegeben - mehrere Geschäftsführer bestellt werden. Dabei muss nach Ansicht
des BFH aber berücksichtigt werden, dass die in einem externen Fremdvergleich
ermittelte Angemessenheit der Geschäftsführervergütung sich regelmäßig auf die
Gesamtgeschäftsführung bezieht. Bei Bestellung mehrerer Geschäftsführer müssen
deswegen ggf. entsprechende Vergütungsabschläge gemacht werden. Andernfalls
besteht die Gefahr, dass durch die bloße "Vervielfältigung" der Geschäftsführer Gewinne
abgesaugt werden. Die Vornahme solcher Vergütungsabschläge erfordert es jedoch, im
Einzelnen auf die Unterschiede in den Aufgabenstellungen, in der zeitlichen
Beanspruchung und die für den Betrieb der GmbH zu tragende Verantwortung
abzustellen. Vor allem dann, wenn der oder die Geschäftsführer tatsächlich (nur) für
solche Aufgabenbereiche zuständig ist (sind), die nicht als geschäftsführend angesehen
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solche Aufgabenbereiche zuständig ist (sind), die nicht als geschäftsführend angesehen
werden können, oder wenn der eine oder der andere Geschäftsführer keine Gesamt-,
sondern nur eine Teilverantwortung trägt, besteht Grund für einen Gehaltsabschlag.
Umgekehrt können aber auch Gehaltszuschläge gerechtfertigt sein, beispielsweise
deshalb, weil die Aufteilung auf mehrere Geschäftsführer eine effektivere Bewältigung
der anstehenden Aufgaben ermöglicht, weil besondere zusätzliche Qualifikationen und
Erfahrungen eingebracht werden, oder auch deshalb, weil die Geschäftsführer zusätzlich
zu ihren eigenen Aufgaben Tätigkeiten anderer Arbeitnehmer mitübernehmen (vgl. dazu
BFH-Urteile vom 11. Dezember 1991 I R 152/90, BStBl II 1992, 690, und in BStBl II 2004,
139 unter II. 4.e der Gründe); Gosch, a.a.O., § 8 Rz. 812 ff.; Zimmermann, DB 2003, 786
ff., Engers, DB 2003, 116).
dd.) In den Streitjahren 1996 bis 2000 beliefen sich die Gesamtausstattungen der beiden
Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in Gestalt der Monatsgehälter (46 000 DM
Bruttogehalt zzgl. 295 DM Krankenversicherungszuschuss x 12 = 555 540 DM) sowie der
Aufwendungen für die erteilten Pensionszusagen (Jahresnettoprämien in Höhe von 41
148 DM für H. bzw. 22 150 DM für L.) auf jährlich 596 688 DM (H.) bzw. 577 690 DM (L.),
zusammengerechnet also auf mehr als 1,15 Mio. DM pro Jahr. Sie überstiegen damit bei
weitem die Gesamtausstattungsbeträge, die sich bei Berücksichtigung der o.g.
innerbetrieblichen Sachverhaltsumstände einschließlich der Gewinnaussichten sowie
Durchführung des internen und des externen Fremdvergleichs im Sinne der o.g. BFH-
Rechtsprechung ergeben.
Bei Abwägung der innerbetrieblichen Merkmale einschließlich der Gewinnaussichten der
Klägerin ist zunächst zu berücksichtigen, dass die in den Jahren 1999 und 2000 erzielten
Umsätze in Höhe von jeweils rund 13 Mio. DM zu mehr als der Hälfte (mehr als 7 Mio.
DM) auf Einnahmen aus der Vermietung der ihr gehörenden Immobilien beruhen. Die
Vermietung von Wohnimmobilien am Standort B. war aber in den Streitjahren angesichts
der vorhandenen Überkapazitäten keine Unternehmung mit besonderen Umsatz- und
Gewinnsteigerungsperspektiven. Tatsächlich hat die Klägerin schon seit 1994 Jahr für Jahr
hohe negative Betriebsergebnisse erzielt (in den Jahren 1994 bis einschließlich 1998
zusammengerechnet rund 31 Millionen DM). Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die
jährlichen Abschreibungen auf die vermieteten Gebäude bei der Ermittlung der
Betriebsergebnisse nicht außer Betracht zu lassen, da es sich hierbei nach ihren eigenen
Angaben überwiegend um normale, lineare Absetzungen für Abnutzungen handelt und
der Teilwert der Immobilien angesichts der vorgenannten Überkapazitäten auf dem B.er
Markt in den Streitjahren eher gesunken als gestiegen ist. Im Hinblick auf die ab dem
Jahr 1994 dramatisch verschlechterten Betriebsergebnisse der Klägerin sowie des ab
dem Streitjahr 1996 jährlich stark steigenden, nicht durch Eigenkapital gedeckten
Fehlbetrags der Klägerin (1996: 14, 28 Mio. DM) hätte ein ordentlicher und
gewissenhafter Geschäftsführer nach der Überzeugung des erkennenden Senats auf
eine deutliche Kürzung der Jahres-Gesamtbezüge der Herren H. und L. in Höhe von über
1,15 Mio. DM überwiegend gewerblich genutzten gedrungen und, für den Fall, dass diese
sich damit nicht einverstanden erklärt hätten, die Anstellungsverträge zum
nächstmöglichen Zeitpunkt ordentlich gekündigt. Nach übereinstimmender Ansicht des
BGH und des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist der Geschäftsführer
einer GmbH aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet, einer
Herabsetzung seiner Bezüge im Falle einer wesentlichen Verschlechterung der
wirtschaftlichen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft zuzustimmen (vgl. BGH-Urteil vom
15. Juni 1992 II ZR 88/91, DB 1992, 1817 m.w.N.). Wirkt der Gesellschafter-
Geschäftsführer in einem solchen Fall nicht auf eine Gehaltsherabsetzung hin, ist der
Tatbestand einer verdeckten Gewinnausschüttung verwirklicht (vgl. dazu BFH-Urteil vom
27. März 2001 I R 27/99, BStBl II 2002, 111, sowie Rengers, a.a.O., § 8 Rz. 658).
Ein interner Fremdvergleich berechtigt entgegen der Ansicht der Klägerin keineswegs zu
der Schlussfolgerung, dass den Gesellschafter-Geschäftsführern ein dreimal so hohes
Jahresbruttogehalt wie der Fremdgeschäftsführerin P. , also 600 000 DM pro Person,
zuzubilligen sei. Denn die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, Frau P. habe in den
Streitjahren für einen Arbeitseinsatz in Höhe von nur 30 v.H. der Vollzeitbeschäftigung
einer Mitgeschäftsführerin im Exklusivauftrag der Klägerin ein Jahresbruttogehalt in Höhe
von 200 000 DM bezogen, findet in den Bestimmungen des zugrunde liegenden
Arbeitsvertrags keine ausreichende Stütze. Der einschlägige § 4 des Arbeitsvertrages
vom 8. Dezember 1993 enthält keinerlei Festlegungen zum Umfang der
arbeitstäglichen, wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit. Es ist dort lediglich
geregelt, dass Frau P. der Klägerin ihre Arbeitskraft unter Berücksichtigung ihrer weiteren
Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin zur Verfügung zu stellen hat. Mit den
Bestimmungen dieses Arbeitsvertrags wäre sogar eine Vollzeitangestelltentätigkeit von
Frau P. im Dienste der Klägerin vereinbar, wenn sie ihre Anwaltstätigkeit in den
Abendstunden sowie an den Wochenenden bzw. Feiertagen ausüben würde. Dem steht
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Abendstunden sowie an den Wochenenden bzw. Feiertagen ausüben würde. Dem steht
nicht entgegen, dass Frau P. mit Schreiben vom 4. Oktober 1994 gegenüber dem
Vorstand der Rechtsanwaltskammer B. angegeben hat, dass sie aufgrund des
Arbeitsvertrags vom 8. Dezember 1993 nur im Umfang von einem Drittel einer
Vollzeitbeschäftigung als Angestellte für die …-Unternehmensgruppe tätig sei. Denn
diese Aussage ist ersichtlich vor dem Hintergrund eines sonst drohenden Widerrufs ihrer
Anwaltszulassung durch die Rechtsanwaltskammer B. erfolgt und ist daher inhaltlich -
nicht zuletzt unter Berücksichtigung des Umstands, dass dem erkennenden Senat kein
Unternehmen bekannt ist, welches sich in den Streitjahren in einem Arbeitsvertrag
verpflichtet hätte, für eine Teilzeit-Angestelltentätigkeit im Bereich "Hausverwaltung" im
Umfang von rund 13 Wochenstunden ein Jahresbruttogehalt in Höhe von 200 000 DM zu
zahlen - unglaubhaft. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass Frau P. sich mit diesem
Arbeitsvertrag auch verpflichtet hat, für die anderen Unternehmen der …-Gruppe (es
existierten in den Streitjahren mindestens fünf weitere, gruppenzugehörige
Unternehmen) Dienstleistungen zu erbringen, die ebenfalls mit der Zuwendung der
Brutto-Jahresbezüge in Höhe von 200 000 DM abgegolten sein sollten.
Dementsprechend kann nur ein vom erkennenden Senat nicht genau zu beziffernder Teil
dieser 200 000 DM der Entlohnung von Frau P. gerade für ihre Tätigkeit für die Klägerin
zugerechnet werden.
Für den außerbetrieblichen Fremdvergleich sind als Vergleichsgrundlage
branchenspezifische Erfahrungswerte und, soweit solche nicht vorliegen,
Gehaltsstrukturuntersuchungen, die im Bereich der deutschen Wirtschaft aufgestellt
werden, zu berücksichtigen. Da branchenspezifische Erfahrungswerte im Streitfall nicht
vorliegen, ist auf Gehaltsstrukturuntersuchungen zurückzugreifen. Gegen eine
Heranziehung von Gehaltsstrukturuntersuchungen als Orientierungsrahmen für eine
Schätzung bestehen grundsätzlich keine Bedenken (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1994
I R 50/94, BStBl II 1995, 549).
Die vorliegenden Gehaltsstrukturuntersuchungen orientieren die
Geschäftsführervergütung vor allem an der Unternehmensgröße, gemessen
insbesondere nach Umsatz- und Beschäftigtenzahl des Unternehmens. Zum Teil
differenzieren sie zwischen verschiedenen Branchen. Weitere Einflussfaktoren stellen die
Ertragsituation des Unternehmens, die Ausbildung des Geschäftsführers und ggf. die
konkrete Position innerhalb eines Geschäftsführergremiums dar. Nach den dem Gericht
vorliegenden Gehaltsstrukturuntersuchungen ergibt sich folgendes Bild:
Nach der Auswertung der Untersuchung der Bundessteuerberaterkammer zu
Vergütungen von Gesellschafter-Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften für das Jahr
1995, die von Senger/Schulz, DStR 1997, 1830 ff., 1838 aufbereitet wurden, ergibt sich
zunächst bei Betrachtung des Zusammenhangs zwischen dem Umsatz und den
Gesamtbezügen, dass bei Jahresumsätzen in Höhe von 10 Mio. DM im Durchschnitt eine
jährliche Gesamtvergütung von 250 000 DM gezahlt wurde. Bei einem Jahresumsatz in
Höhe von 25 Mio. DM beträgt der Wert 500 000 DM.
Die Kienbaumstudie für kleine GmbH’s (bis 10 Mio. DM Umsatz) und mittlere/große
GmbH’s aus dem Jahr 1995 weist eine durchschnittliche
Geschäftsführergesamtvergütung von 221 000 DM bei kleinen GmbH’s bzw. 367 000 DM
bei mittleren und großen GmbH’s aus (Tänzer, Die aktuelle Vergütung der GmbH-
Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1996, 40).
Geschäftsführer in Unternehmen mit unterdurchschnittlichen Erträgen müssten um etwa
10 v.H. bis 20 v.H. niedrigere Jahreseinkommen hinnehmen. Ob die angemessene
Vergütung am unteren oder am oberen Ende der gehaltsbandbreite liegt, bestimmt sich
primär nach der Unternehmensgröße. Die Jahresgesamtbezüge eines Geschäftsführers,
der einen Betrieb mit fünf Mitarbeitern leitet, liegen häufig zwischen 150 000 DM und 220
000 DM. Führt er ein Unternehmen mit 50 Mitarbeitern, erreicht das Salär bereits ca.
270 000 DM.
Ausgehend von diesen Vergleichszahlen schätzt der erkennende Senat den obersten
Wert innerhalb der Bandbreite angemessener Gesamtjahresvergütungen (also Aufwand
für Gehalt und Pensionszusage) für Gesellschafter-Geschäftsführer im Unternehmen der
Klägerin für die Streitjahre 1999 und 2000 auf 300 000 DM pro Mitgeschäftsführer.
Bei der Einordnung der Geschäftsführer H. und L. wirkt es sich vergütungsmindernd aus,
dass die Klägerin in den Streitjahren überwiegend Einnahmen aus der Vermietung der ihr
gehörenden Immobilien erzielt hat und dass sie schon seit dem Jahr 1993 kontinuierlich
und in der Dynamik stark zunehmend bilanziell überschuldet gewesen ist.
ee.) Der Umstand, dass die Herren H. und L. unstreitig in großem Umfang
Bürgschaftserklärungen zugunsten der Klägerin zur Erlangung weiterer Geschäftskredite
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Bürgschaftserklärungen zugunsten der Klägerin zur Erlangung weiterer Geschäftskredite
abgegeben haben sowie sich teilweise auch selbst als Mit-Darlehensnehmer in die
Kreditverträge mit den Banken haben einbinden lassen, führt zu keiner Erweiterung der
Bandbreite steuerrechtlich akzeptabler Gesamtbezüge der beiden Gesellschafter-
Geschäftsführer in den Streitjahren im Sinne der BFH-Rechtsprechung. Das ergibt sich
zum einen daraus, dass diese Darlehensmitübernahme- und Bürgschaftserklärungen
nach der Überzeugung des erkennenden Senats nichts mit den
Anstellungsverhältnissen der Herren H. und L. als GmbH-Mitgeschäftsführer zu tun
hatten, sondern ausschließlich gesellschaftlich veranlasst waren. Zum anderen fehlt es
an einem klaren und eindeutigen, im Vorhinein fixierten Vergütungsmaßstab für die
Gestellung dieser Sicherheiten, welcher aber, da es sich bei den Herren H. und L.
hinsichtlich der Entlohnung ihrer Leistungen durch die Klägerin wegen sog.
"gleichgerichteter Interessen" um beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer im
Sinne der BFH-Rechtsprechung handelt (vgl. dazu allgemein BFH-Urteil vom 13. Juli 1999
VIII R 29/97, BStBl II 2000, 386 m.w.N.), steuerrechtlich unverzichtbar ist.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Übernahme einer Bürgschaft oder anderer
Sicherheiten durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer mit nicht nur unwesentlicher
Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft regelmäßig nicht durch die berufliche
Tätigkeit, sondern durch die Gesellschafterstellung veranlasst. Von einer durch das
Arbeitsverhältnis veranlassten Bürgschaftsübernahme kann nur beim Vorliegen
besonderer Umstände im Einzelfall ausgegangen werden. Solche besonderen Umstände
können etwa vorliegen, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer sich im Hinblick darauf
verbürgt, dass er sich in seiner spezifischen Funktion als Arbeitnehmer
schadensersatzpflichtig gemacht hat (vgl. BFH-Urteile vom 20. Dezember 1988 VI R
55/84, BFH/NV 1990, 23, vom 5. Oktober 2004 VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54 und vom 2.
März 2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33; s. auch BFH-Beschluss vom 28. Juni 2007 VI B
44/07, BFH/NV 2007, 1655). Im Streitfall liegen nach der Überzeugung des erkennenden
Senats keine solchen Umstände vor.
Dass die Übernahme der Bürgschaften und die Mitverpflichtungen der Herren H. und L.
in einem Umfang von jeweils über 50 Mio. DM gesellschaftlich veranlasst sind, zeigt sich
auch daran, dass die Fremdgeschäftsführerin P. keine einzige solcher
Verpflichtungserklärungen abgegeben hat und die Klägerin auch nicht vorgetragen hat,
dass zu irgendeinem Zeitpunkt überhaupt ein solches Ansinnen seitens des
Unternehmens an sie gerichtet worden ist, obwohl sie mit Gesamtjahresbruttobezügen
in Höhe von 200 000 DM auch über ein sehr gutes laufendes Einkommen verfügte und
daher - von ihrer Vermögenslage her - möglicherweise für die kreditgebenden Banken
als Mitbürgin in Betracht gekommen wäre.
Unabhängig davon ist es in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass die Zahlung
von sog. Avalprovisionen seitens einer Kapitalgesellschaft an beherrschende oder nicht
beherrschende Gesellschafter, die im Interesse des Unternehmens zur Absicherung
betrieblicher Verbindlichkeiten Bürgschaftsverpflichtungen übernommen haben, keine
verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, wenn diese Provisionen der Höhe nach
angemessen sind, d.h. einem Fremdvergleich standhalten, und - speziell bei
beherrschenden Gesellschaftern - die übrigen Kriterien der BFH-Rechtsprechung für die
steuerrechtliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen diesen Gesellschaftern und
ihrer Kapitalgesellschaft erfüllt sind. Zu diesen Kriterien gehört auch, dass die
Bemessungskriterien für die Höhe der vertraglich vereinbarten Avalprovisionen
offengelegt werden, damit es sich auch insoweit und eine klare und eindeutige
Vereinbarung handelt und das Finanzamt und ggf. das Finanzgericht den notwendigen
Fremdvergleich durchführen kann (vgl. zum Ganzen BFH-Urteile vom 23. November
1965, StRK § 6 Abs. 1 Satz 2 R 119, und vom 16. Dezember 1987 I R 222/83, BFH/NV
1989, 103; Gosch, a.a.O., § 8 Rz. 676; Rengers, a.a.O., § 8 KStG Rz. 613 f., Streck, KStG,
6. Aufl., § 8 Rz. 150 "Bürgschaft"; Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG nF
"Patronatserklärung"; Lange/Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 9. Aufl., S. 781
ff.). Sind alle diese Voraussetzungen gegeben, kann die Zahlung der Avalprovision nach
Auffassung des erkennenden Senats auch im Rahmen des Anstellungsvertrags des
Geschäftsführers vereinbart werden, erlangt dadurch aber keinen inhaltlichen Bezug
zum Dienstverhältnis, sondern bleibt eine rein gesellschaftsrechtlich veranlasste
Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten.
Im Streitfall fehlt es an einer solchen klaren und eindeutigen Vereinbarung hinsichtlich
der von den Herren H. und L. zu beanspruchenden Vergütungen für die Gestellung der
Bürgschaften und die Eingehung der Darlehensmitschuldnerschaften. Denn die meisten
Bürgschaftserklärungen und Darlehensmitübernahmen wurden von ihnen bereits in den
Jahren 1991 und 1992 ausgesprochen, so dass die spätere Honorierung dieser
Tätigkeiten aufgrund der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom 18. Juni
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Tätigkeiten aufgrund der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom 18. Juni
1993 und vom 20. Juni 1994 einen Verstoß gegen das sog. Nachzahlungsverbot bei
beherrschenden Gesellschaftern darstellt. Ferner wurden in den vorgenannten
Gesellschafterbeschlüssen keine klaren Bemessungskriterien für die Vergütung der
Bürgschaftsübernahmen etc. festgelegt, so dass die Vereinbarung insoweit nicht klar
und eindeutig ist. Avalprovisionen werden im Übrigen üblicherweise nur einmalig gezahlt,
so dass die Zusage der Zahlung zeitlich unbefristeter, monatlicher Entgelte an die
Herren H. und L. auch insoweit einem Fremdvergleich nicht standhält.
2. Nach der Überzeugung des erkennenden Senats war der Beklagte entgegen der
Auffassung der Klägerin hinsichtlich der Streitjahre 1996 bis 1998 nicht aufgrund des
Eintritts der Festsetzungsverjährung hinsichtlich einzelner Veranlagungszeiträume, eines
verfahrensrechtlichen Verwertungsverbotes oder nach dem Grundsatz von Treu und
Glauben gehindert, die Feststellungen des Betriebsprüfers P. in dessen geändertem
Prüfbericht vom 12. Juli 2005 zur steuerrechtlichen Anerkennung der Gesamtbezüge der
Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen der geänderten
Körperschaftsteuerbescheide vom 20. Dezember 2005 zu berücksichtigen.
a.) Gemäß § 171 Abs. 4 Sätze 1 und 3 AO 1977 war der Lauf der vierjährigen
Festsetzungsfrist (vgl. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977) betr. die Körperschaftsteuer 1996
durch den Beginn der Betriebsprüfung am 2. Oktober 1990 bis zum Ablauf von vier
Jahren seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der
Außenprüfung stattgefunden haben, gehemmt.
Da die letzten Ermittlungen laut ersten Prüfbericht vom 16. Februar 2001 am 16.
Februar 2001 vorgenommen worden sind (die Klägerin hat dieser schriftlichen
Bekundung des Betriebsprüfers nicht widersprochen, so dass sie als unstreitig
angesehen werden kann), ist die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2005
abgelaufen. Sie ist demnach durch den Erlass der geänderten
Körperschafsteuerbescheide 1996 bis 2000 am 20. Dezember 2005 gewahrt worden.
b.) Auch greift kein Verwertungsverbot im Hinblick darauf ein, dass der Betriebsprüfer
nach Erstellung des Prüfberichts der Betriebsprüferin F. hinsichtlich der Folgejahre am
12. Juli 2005 einen geänderten Prüfbericht mit hinsichtlich der Behandlung der
Geschäftsführerbezüge abweichenden Feststellungen für die Jahre 1995 bis 1998
verfasst hat. Selbst wenn diese Vorgehensweise im Sommer 2005 trotz unstreitigen
Fehlens nach außen gerichteter Prüfungshandlungen seitens des Prüfers P. (er ist nicht
mehr zu Prüfungshandlungen bei der Klägerin erschienen und hat bei dieser auch keine
Unterlagen mehr angefordert) als eine eigenständige sog. "Zweitprüfung" anzusehen
sein sollte, so ist sie doch nach der BFH-Rechtsprechung trotz unstreitig fehlender
erneuter Prüfungsanordnung rechtmäßig, weil sie noch durch die erste, unstreitig
wirksame Prüfungsanordnung vom 2. Oktober 2000 abgedeckt ist (vgl. dazu BFH-Urteil
vom 13. Februar 2003 IV R 31/01, BStBl II 2003, 552, wonach die Wiederaufnahme einer
Betriebsprüfung nach einer Unterbrechung unmittelbar nach Beginn der Prüfung und
dem Verstreichen von zwei Jahren noch durch die ursprüngliche
Betriebsprüfungsanordnung gedeckt ist; gleicher Ansicht für den Fall einer Zweitprüfung:
Eckhoff, in. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10.
Aufl., § 196 AO Rz. 197). Da ein Steuerpflichtiger bis zum Erlass von
Änderungsbescheiden aufgrund einer Betriebsprüfung jederzeit mit einer abweichenden
Beurteilung der Betriebsprüfungsergebnisse durch die Veranlagungsstelle und damit
auch mit erneuten Sachverhaltsrecherchen seitens des Betriebsprüfers rechnen muss,
verstößt es auch nicht gegen Treu und Glauben, dass die Veranlagungsstelle des
Beklagte sich die überarbeiteten Feststellungen des Betriebsprüfers P. in dessen
geändertem Bericht vom 12. Juli 2005 im Rahmen der Änderungsbescheide vom 20.
Dezember 2005 unter Wahrung der Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 zu eigen
gemacht hat.
Der Beklagte war auch nicht an die Feststellungen im ersten Prüfbericht kraft einer sog.
"tatsächlichen Verständigung" der Verfahrensbeteiligten über die
Besteuerungsgrundlagen gebunden, weil eine solche ohne Mitwirkung eines
Sachgebietsleiters oder des Vorstehers des zuständigen Finanzamtes nicht wirksam
zustande kommen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 28. Juli 1993 XI R 68/92, BFH/NV
1994, 290, und vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BStBl. II 1996, 625).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil nach der Überzeugung des erkennenden
Senats kein Revisionszulassungsgrund im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist.
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