Urteil des EuGH vom 05.02.2010

Beschreibende Angabe, Muster Und Modelle, Verordnung, Patent

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
5. Februar 2010
)
„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 7 Abs. 1
Buchst. c – Zurückweisung der Anmeldung – Wortmarke Patentconsult – Absolutes
Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Teils offensichtlich unzulässiges,
teils offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel“
In der Rechtssache C‑80/09 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 18.
Februar 2009,
Volker Mergel,
Klaus Kampfenkel,
Burkart Bill,
Andreas Herden,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Friderichs,
Rechtsmittelführer,
anderer Verfahrensbeteiligter:
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
vertreten durch S. Schäffner als Bevollmächtigten,
Beklagter im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Levits sowie der Richter M. Ilešič und
M. Safjan (Berichterstatter),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
folgenden
Beschluss
1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Herren Mergel, Kampfenkel, Bill und Herden die
Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
vom 16. Dezember 2008, Mergel u. a./HABM (Patentconsult) (T‑335/07, im Folgenden:
angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung
der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt
(Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 25. Juni 2007 (Sache R 299/2007‑4, im
Folgenden: streitige Entscheidung), die die Zurückweisung ihrer Anmeldung der
Gemeinschaftswortmarke Patentconsult bestätigt hatte, ihrerseits abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
2
Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die
Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) ist durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009
des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1), die am
13. April 2009 in Kraft getreten ist, aufgehoben worden. Gleichwohl findet auf den
vorliegenden Sachverhalt in Anbetracht des Tages der Gemeinschaftsmarkenanmeldung
weiter die Verordnung Nr. 40/94 Anwendung.
3
Art. 7 („Absolute Eintragungshindernisse“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt:
„Von der Eintragung ausgeschlossen sind
b) Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,
c) Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im
Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung,
des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware
oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale
der Ware oder Dienstleistung dienen können,
…“
Sachverhalt
4
Am 13. Mai 2005 meldeten die Rechtsmittelführer beim HABM das Wortzeichen
Patentconsult als Gemeinschaftsmarke an.
5
Die Marke wurde für die in Randnr. 2 des angefochtenen Urteils aufgeführten
Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 des Abkommens von Nizza über die
internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von
Marken vom 15. Juni 1957 in seiner revidierten und geänderten Fassung angemeldet.
6
Mit Entscheidung vom 20. Dezember 2006 wies die Prüferin die Anmeldung zurück.
6
Mit Entscheidung vom 20. Dezember 2006 wies die Prüferin die Anmeldung zurück.
7
Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde der Rechtsmittelführer wies die
Vierte Beschwerdekammer des HABM mit der streitigen Entscheidung ebenfalls zurück,
weil die angemeldete Marke für alle von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen
beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 sei und ihr
daher auch die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der
Verordnung Nr. 40/94 fehle.
8
Nach Ansicht der Beschwerdekammer, die auf die Bedeutung der angemeldeten Marke
in der englischen Sprache abstellte, besteht die Marke aus einer grammatikalisch
korrekten Aneinanderfügung der Begriffe „patent“ und „consult“ ohne zusätzliches
auffälliges oder phantasievolles Element. Diese Begriffe seien beschreibend für die
Tätigkeit eines Patentanwalts und die anderen damit zusammenhängenden
Dienstleistungen, die für die angemeldete Marke beansprucht würden.
Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil
9
Mit Klageschrift, die am 4. September 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht
wurde, erhoben die Rechtsmittelführer Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.
10
Sie stützten die Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen
Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 rügten.
11
Das Gericht hat zunächst geprüft, ob im vorliegenden Fall Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der
Verordnung eingreift.
12
Es hat zunächst in den Randnrn. 18 und 19 des angefochtenen Urteils die von der
Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze zum beschreibenden Charakter einer
Marke in Erinnerung gebracht und sodann in Randnr. 20 die maßgeblichen
Verkehrskreise definiert. Dabei hat es insbesondere festgestellt, dass auf die
Wahrnehmung des englischsprachigen Verbrauchers abzustellen sei.
13
In Randnr. 21 des angefochtenen Urteils heißt es weiter, es sei von den
Rechtsmittelführern nicht bestritten worden, dass die angemeldete Marke eine
Wortneuschöpfung sei, die aus dem Substantiv „patent“ („Patent“) und dem Wort „consult“
(„konsultieren, beraten“) bestehe. Diese beiden Begriffe beschrieben die
Dienstleistungen eines Patentanwalts, da der erste Begriff einen der Eigentumstitel des
gewerblichen Eigentums benenne und der zweite die Art der Dienstleistungen
bezeichne. Unter diesen Umständen sei zu prüfen, ob ein merklicher Unterschied
zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile bestehe, was
voraussetze, dass die Neuschöpfung infolge der Ungewöhnlichkeit der Kombination in
Bezug auf die genannten Dienstleistungen einen Eindruck bewirke, der hinreichend
stark von dem abweiche, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu
entnehmenden Angaben entstehe, und somit über die Summe dieser Bestandteile
hinausgehe.
14
Dies hat das Gericht in Randnr. 22 des angefochtenen Urteils wie folgt beurteilt:
„Der betroffene Verbraucher, insbesondere der spezialisierte Verbraucher, wird die
aneinander gefügten Bestandteile der angemeldeten Marke unabhängig von der Frage,
ob das Verb in englischer Sprache vor dem Objekt steht und ob das Wort „consult“ im
Englischen ein Substantiv ist, sofort erkennen und als Bezeichnung für Beratungen auf
dem Gebiet des Patentwesens wahrnehmen. Selbst wenn nämlich das Vorbringen der
Kläger zu diesem Punkt zutreffen sollte, genügt doch der Umstand, dass das fragliche
Zeichen eine grammatikalisch fehlerhafte Struktur aufweist, als solcher noch nicht, um zu
dem Schluss zu gelangen, dass es keinen beschreibenden Charakter hat (vgl. Urteil des
Gerichts vom 7. Juni 2005, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft/HABM
[MunichFinancialServices], T 316/03, Slg. 2005, II‑1951, Randnr. 36 und die dort
angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen ist im vorliegenden Fall der möglicherweise
geschaffene Unterschied zu einem den grammatikalischen Regeln des Englischen
entsprechenden Wort nicht geeignet, der angemeldeten Marke eine Bedeutung zu
geben, die hinreichend stark von der abweicht, die bei bloßer Zusammenfügung ihrer
Bestandteile entsteht. Wie die Kläger vortragen, werden nämlich Kombinationen, in
denen der Bestandteil ‚consult‘ auf den Bestandteil ‚patent‘ folgt, etwa ‚patent consulting‘
oder ‚patent consultancy‘, häufig verwendet, um Dienstleistungen wie die hier in Rede
stehenden zu bezeichnen, was bedeutet, dass die Verbindung dieser Bestandteile in
dieser Reihenfolge der angemeldeten Marke keine ungewöhnliche Struktur verleiht
(Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 2001, Procter & Gamble/HABM, C 383/99 P,
Slg. 2001, I‑6251, Randnr. 43).“
15
In Randnr. 23 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hinzugefügt, dass die
Feststellung, die angemeldete Marke sei beschreibend, für alle beanspruchten
Dienstleistungen gelte.
16
In Randnr. 24 dieses Urteils hat das Gericht die anderen von den Rechtsmittelführern
vorgetragenen Argumente aus folgenden Gründen verworfen:
„So sind zunächst weder die Tatsache, dass andere Begriffe verwendet werden können
und verfügbar bleiben, um die fraglichen Dienstleistungen zu beschreiben, noch der
geltend gemachte Umstand, dass die angemeldete Marke in der Praxis nicht als
beschreibende Angabe genutzt werde, für die Frage relevant, ob diese Marke
beschreibenden Charakter hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 12.
Februar 2004, Koninklijke KPN Nederland, C 363/99, Slg. 2004, I 1619, Randnrn. 57 und
97). … Schließlich unterscheiden sich sowohl die von den Klägern angeführten Zeichen
– ‚netmeeting‘ und ‚baby dry‘ – als auch die betreffenden Waren und Dienstleistungen
von denen im vorliegenden Fall, was bedeutet, dass die Anerkennung ihrer
Eintragbarkeit durch das HABM und, im Fall des Zeichens ‚baby dry‘, durch die
Gemeinschaftsgerichte als solche unerheblich ist.“
17
In Randnr. 25 des angefochtenen Urteils hat das Gericht aus den von ihm angestellten
Erwägungen den Schluss gezogen, „dass zwischen der angemeldeten Marke und den
Dienstleistungen, für die ihre Eintragung beantragt wird, ein hinreichend direkter und
konkreter Zusammenhang besteht“. Es hat demgemäß festgestellt, dass „die
Beschwerdekammer keinen Fehler begangen hat, als sie die Zurückweisung der
angemeldeten Marke nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 bestätigt
hat“.
hat“.
18
Mit dem Hinweis, dass das auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94
gestützte Vorbringen nicht zu prüfen sei, hat das Gericht den einzigen Klagegrund der
Rechtsmittelführer zurückgewiesen und damit die Klage insgesamt abgewiesen.
Anträge der Verfahrensbeteiligten vor dem Gerichtshof
19
Die Rechtsmittelführer beantragen, das angefochtene Urteil und die streitige
Entscheidung aufzuheben und das HABM zur Übernahme der Kosten zu verurteilen.
20
Das HABM beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und die Rechtsmittelführer zur
Tragung der Kosten zu verurteilen.
Zum Rechtsmittel
21
Nach Art. 119 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jederzeit auf Bericht des
Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ohne mündliche
Verhandlung durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen, wenn es
ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist.
22
Die Rechtsmittelführer machen zur Begründung ihres Rechtsmittels als einzigen
Rechtsmittelgrund einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr.
40/94 geltend. Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen.
Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes: unübliche Struktur des Zeichens
„Patentconsult“
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
23
Die Rechtsmittelführer tragen zur Unterscheidungskraft, die eine Wortneuschöpfung
gegenüber der Summe ihrer Bestandteile aufweise, vor, dass nach der Rechtsprechung
des Gerichts darauf abzustellen sei, ob sich bei dem betreffenden Zeichen nach den
lexikalischen Regeln eine unübliche oder eine gängige Struktur finden lasse. Im
vorliegenden Fall habe das Zeichen „Patentconsult“ aufgrund seiner grammatikalisch
falschen Bildung im Unterschied zu den Bezeichnungen „patent consulting“ oder „patent
consultancy“ eine unübliche Struktur. Daher stelle es eine einzigartige und auffällige
Neuschöpfung dar, die sich von der bloßen Summe seiner einzelnen Bestandteile
unterscheide. Diese geschickt gemachte grammatikalische Änderung errege die
Aufmerksamkeit der beteiligten Verkehrskreise. Die Rechtsmittelführer schließen daraus,
dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe.
24
Das HABM rügt diesen Teil des Rechtsmittelgrundes als unzulässig, da die Frage, ob
das angemeldete Zeichen der englischen Grammatik entsprechend gebildet sei,
strukturelle Fehler aufweise oder sich als ungewöhnlich oder auffallend darstelle,
ausschließlich die Feststellung und Würdigung von Tatsachen betreffe, wofür allein das
Gericht zuständig sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
Würdigung durch den Gerichtshof
25
Nach Art. 225 Abs. 1 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs ist das
Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Daher ist allein das Gericht dafür zuständig,
die Tatsachen festzustellen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine
Feststellungen tatsächlich falsch sind – und diese zu würdigen. Die
Tatsachenwürdigung stellt somit, vorbehaltlich einer Entstellung des dem Gericht
unterbreiteten Sachvortrags, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des
Gerichtshofs im Rechtsmittelverfahren unterläge (vgl. u. a. Urteile vom 19. September
2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 22, und vom 25. Oktober
2007, Develey/HABM, C‑238/06 P, Slg. 2007, I‑9375, Randnr. 97).
26
Zum beschreibenden Charakter der streitigen Marke hat das Gericht in Randnr. 22 des
angefochtenen Urteils zum einen festgestellt, dass der betroffene Verbraucher die
aneinandergefügten Bestandteile der angemeldeten Marke unabhängig von der Frage,
ob das Verb in englischer Sprache vor dem Objekt steht und ob das Wort „consult“ im
Englischen ein Substantiv ist, sofort erkennen und als Bezeichnung für Beratungen auf
dem Gebiet des Patentwesens wahrnehmen wird. Zum anderen hat es festgestellt, dass
Kombinationen, in denen der Bestandteil „consult“ auf den Bestandteil „patent“ folgt, etwa
„patent consulting“ oder „patent consultancy“, häufig verwendet werden, um
Dienstleistungen wie die hier in Rede stehenden zu bezeichnen, was bedeutet, dass die
Verbindung dieser Bestandteile in dieser Reihenfolge der angemeldeten Marke keine
ungewöhnliche Struktur verleiht.
27
Das Gericht hat somit eine Würdigung der Tatsachen im Rahmen der Anwendung von
Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 vorgenommen.
28
Mit dem ersten Teil ihrer einzigen Rechtsmittelgrundes tragen die Rechtsmittelführer
vor, dass das Zeichen „Patentconsult“ eine ungewöhnliche Struktur aufweise, da ihm die
grammatikalisch falsche Bildung den Charakter einer auffälligen Neuschöpfung verleihe.
29
Es ist demnach festzustellen, dass sich die Rechtsmittelführer darauf beschränken, die
Tatsachenwürdigung des Gerichts in Frage zu stellen, ohne nachzuweisen oder auch
nur zu behaupten, dass das Gericht den Sachverhalt oder die Beweise verfälscht habe.
30
Folglich ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unzulässig
zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes: Verkennung des Begriffs des
Freihaltebedürfnisses und der fehlenden tatsächlichen Verwendung des Zeichens
„Patentconsult“ zur Beschreibung der bezeichneten Dienstleistungen
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
31
Die Rechtsmittelführer machen geltend, dass sie mit der Darlegung der Verfügbarkeit
anderer Begriffe für die geschützten Dienstleistungen vor dem Gericht die fehlende
beschreibende Wirkung des Zeichens „Patentconsult“ und das nicht vorhandene
Freihaltebedürfnis für dieses Zeichen aufgrund seiner grammatikalisch falschen Struktur
hätten darlegen wollen. Nur die korrekte englische Bezeichnung der Patentberatung in
Form von „patent consulting“ könne möglicherweise von einem Freihaltebedürfnis
Form von „patent consulting“ könne möglicherweise von einem Freihaltebedürfnis
umfasst sein. Da das Zeichen „Patentconsult“ in der Praxis zur Beschreibung der
geschützten Dienstleistungen nicht verwendet werde, würden es die beteiligten
Verkehrskreise nicht als beschreibend erkennen. Das Gericht habe daher durch die
Verkennung des Begriffs des Freihaltebedürfnisses und des Begriffs der beschreibenden
Angabe einen Rechtsfehler begangen.
32
Das HABM hält auch diesen Teil des Rechtsmittelgrundes für unzulässig, da die Frage
der Wortbildung der angemeldeten Marke in grammatikalischer Hinsicht und die Frage
ihrer tatsächlichen Benutzung sowie der Verfügbarkeit anderer Begriffe keine der
Kontrolle des Gerichtshofs im Rechtsmittelverfahren unterliegende Rechtsfrage darstelle.
Jedenfalls sei dieser Teil angesichts der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs als
offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Würdigung durch den Gerichtshof
33
Mit diesem Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführer
geltend, dass aufgrund der grammatikalisch falschen Struktur des Zeichens
„Patentconsult“ kein Freihaltebedürfnis für dieses Zeichen bestehe.
34
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der
Verordnung Nr. 40/94 das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen
oder Angaben, die Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die
die Eintragung beantragt wird, von allen frei verwendet werden können. Diese
Bestimmung erlaubt daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer
Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. zur gleich lautenden
Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates
vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Marken [ABl. 1989, L 40, S. 1] u. a. Urteile vom 4. Mai 1999, Windsurfing
Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, Slg. 1999, I‑2779, Randnr. 25, und vom 8. April
2003, Linde u. a., C‑53/01 bis C‑55/01, Slg. 2003, I‑3161, Randnr. 73).
35
Wie das Gericht jedoch in Randnr. 19 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt
hat, setzt die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 nicht
voraus, dass ein konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltebedürfnis zugunsten
Dritter besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil Windsurfing Chiemsee, Randnr. 35).
36
Weiter behaupten die Rechtsmittelführer, dass die beteiligten Verkehrskreise das
Zeichen „Patentconsult“ nicht als beschreibende Angabe verstehen würden, da es in der
Praxis nicht zur Beschreibung der geschützten Dienstleistungen verwendet werde.
37
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Zurückweisung einer Anmeldung nach Art. 7
Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 durch das HABM nicht voraussetzt, dass die
Zeichen und Angaben, aus denen die in dieser Bestimmung genannte Marke besteht,
zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich für die in der Anmeldung aufgeführten
Waren oder Dienstleistungen oder für ihre Merkmale beschreibend verwendet werden.
Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Zeichen
oder Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können. Ein Wortzeichen kann
daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es
daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es
zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden
Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. u. a. Urteile vom 23. Oktober 2003,
HABM/Wrigley, C‑191/01 P, Slg. 2003, I‑12447, Randnr. 32, und vom 12. Februar 2004,
Campina Melkunie, C‑265/00, Slg. 2004, I‑1699, Randnr. 38).
38
Nach seiner in den Randnrn. 22 und 23 des angefochtenen Urteils getroffenen
Feststellung, dass die angemeldete Marke für alle beanspruchten Dienstleistungen
beschreibend sei, hat das Gericht in Randnr. 24 des angefochtenen Urteils daher zu
Recht entschieden, dass weder die Tatsache, dass andere Begriffe verwendet werden
können und verfügbar bleiben, um die fraglichen Dienstleistungen zu beschreiben, noch
der geltend gemachte Umstand, dass die angemeldete Marke in der Praxis nicht als
beschreibende Angabe genutzt werde, diese Prüfung des beschreibenden Charakters
der angemeldeten Marke in Frage stellen können.
39
Demnach ist der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als offensichtlich
unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes: Außerachtlassung ständiger
Rechtsprechung
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
40
Die Rechtsmittelführer tragen vor, dass das Gericht in dem angefochtenen Urteil
dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es das Urteil Procter & Gamble/HABM
(Randnr. 40) nicht herangezogen habe, wonach jede erkennbare Abweichung in der
Formulierung einer angemeldeten Wortverbindung von der Ausdrucksweise, die im
üblichen Sprachgebrauch der betroffenen Verbraucherkreise für die Bezeichnung der
Ware oder der Dienstleistung oder ihrer wesentlichen Merkmale verwendet werde,
geeignet sei, einer Wortverbindung die für ihre Eintragung als Marke erforderliche
Unterscheidungskraft zu verleihen. Im vorliegenden Fall ermögliche es die
ungewöhnliche Wortstruktur des Zeichens „Patentconsult“ den beteiligten
Verkehrskreisen, die Dienstleistungen der Rechtsmittelführer von denjenigen der
Mitbewerber zu unterscheiden. Im Übrigen habe das HABM die Marke NETMEETING in
einer Entscheidung vom 27. November 1998 (Sache R 26/98‑3) zur Eintragung
zugelassen und mithin die schwache Kennzeichnungskraft dieser Marke als noch
hinreichend anerkannt.
41
Das HABM hält dem entgegen, dass das Gericht, soweit es die Eintragbarkeit der
Zeichen „netmeeting“ und „baby-dry“ als für den vorliegenden Fall unerheblich erachtet
habe, eine Tatsachenbeurteilung vorgenommen habe, die als solche der Kontrolle des
Gerichtshofs entzogen sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
42
Es ist festzustellen, dass der vorliegende Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes auf
einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruht.
43
Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführer hat das Gericht nämlich in Randnr. 24
des angefochtenen Urteils die Heranziehung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht
des angefochtenen Urteils die Heranziehung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht
abgelehnt. Denn es hat lediglich zu Recht ausgeführt, dass die Zeichen „netmeeting“ und
„baby‑dry“ sowie die betreffenden Waren und Dienstleistungen nicht als
Vergleichsmaßstab für die Feststellung dienen können, ob das Zeichen „Patentconsult“
im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 beschreibend ist, da sie
sich von den in der vorliegenden Rechtssache geprüften unterscheiden.
44
Außerdem ergibt sich aus den Randnrn. 21 bis 25 des angefochtenen Urteils, dass das
Gericht bei der Prüfung, ob eine erkennbare Abweichung zwischen dem Zeichen
„Patentconsult“ und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht, die von den
Rechtsmittelführern genannte Rechtsprechung herangezogen hat. Bei dieser Prüfung hat
es festgestellt, dass in der Wahrnehmung des betroffenen Verbrauchers zum einen die
angemeldete Marke ausschließlich aus Bestandteilen besteht, die die beanspruchten
Dienstleistungen beschreiben, und zum anderen die Kombination dieser Bestandteile
keinen Eindruck bewirkt, der geeignet ist, über die Summe der Bestandteile
hinauszugehen.
45
Folglich ist der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als offensichtlich
unbegründet zurückzuweisen.
46
Da keiner der drei Teile des einzigen von den Rechtsmittelführern vorgetragenen
Rechtsmittelgrundes durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt als teils offensichtlich
unzulässig, teils offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Kosten
47
Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf
das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei
auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM die Verurteilung der
Rechtsmittelführer beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind
ihnen die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) beschlossen:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Herr Mergel, Herr Kampfenkel, Herr Bill und Herr Herden tragen die Kosten.
Unterschriften
Verfahrenssprache: Deutsch.