Urteil des EuGH vom 31.03.1998
EuGH: kommission, beherrschende stellung, markt, verordnung, kali, regierung, export, auswärtige angelegenheiten, nichtigerklärung, zusage
WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES
31. März 1998
„Gemeinschaftliche Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen — Kollektive beherrschende Stellung“
In den verbundenen Rechtssachen C-68/94
Französische Republik,
Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in
dieser Direktion, und Jean-Marc Belorgey, Chargé de mission in dieser Direktion, als Bevollmächtigte,
Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
als Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwalt Jacques Bourgeois, Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter:
Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
unterstützt durch
Bundesrepublik Deutschland
Kloke, beide Bundesministerium für Wirtschaft, D-53107 Bonn, als Bevollmächtigte,
Streithelferin,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 94/449/EG der Kommission vom 14. Dezember 1993 in einem
Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Fall Nr. IV/M.308 — Kali + Salz/MdK/Treuhand)
(ABl. 1994, L 186, S. 38)
und C-30/95
Société commerciale des potasses et de l'azote (SCPA)
(EMC)
Rechtsanwältin Lucy Dupong, 14 A, rue des Bains, Luxemburg,
Klägerinnen,
unterstützt durch
Französische Republik,
Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in
dieser Direktion, und Jean-Marc Belorgey, Chargé de mission in dieser Direktion, als Bevollmächtigte,
Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg,
Streithelferin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
als Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwalt Jacques Bourgeois, Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter:
Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
unterstützt durch
Kali und Salz GmbH
Karlheinz Quack, Berlin, und Georg Albrechtskirchinger, Frankfurt am Main, Zustellungsanschrift: Kanzlei des
Rechtsanwalts Marc Loesch, 11, rue Goethe, Luxemburg,
Streithelferinnen,
wegen teilweiser Nichtigerklärung von Artikel 1 der Entscheidung 94/449/EG der Kommission vom 14.
Dezember 1993 in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Fall Nr. IV/M.308 —
Kali + Salz/MdK/Treuhand) (ABl. 1994, L 186, S. 38), soweit diese Entscheidung die Erklärung der
Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt von der Einhaltung der in ihrer
Randnummer 63 genannten Bedingungen abhängig macht, und wegen teilweiser Nichtigerklärung dieser
Entscheidung, soweit darin die in ihrer Randnummer 65 erwähnte Zusage der Kali und Salz AG angenommen
wird, bis zum 30. Juni 1994 die Struktur der Firma Potacan zu ändern,
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten C. Gulmann
(Berichterstatter) und H. Ragnemalm sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, P. J. G.
Kapteyn, J. L. Murray, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, G. Hirsch und P. Jann,
Generalanwalt: G. Tesauro
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 12. März 1996, in der die Französische Republik in den
Rechtssachen C-68/94 und C-30/95 durch Jean-François Dobelle, stellvertretender Direktor in der Direktion
für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten und Jean-Marc
Belorgey, die Kommission in den Rechtssachen C-68/94 et C-30/95 durch Berend Jan Drijber im Beistand von
Rechtsanwalt Jacques Bourgeois, die Bundesrepublik Deutschland in der Rechtssache C-68/94 durch Ernst
Röder, die Société commerciale des potasses et de l'azote (SCPA) und die Entreprise minière et chimique
(EMC) in der Rechtssache C-30/95 durch Rechtsanwalt Charles Price, sowie die Kali und Salz GmbH und die
Kali und Salz Beteiligungs-AG in der Rechtssache C-30/95 durch die Rechtsanwälte Karlheinz Quack und
Georg Albrechtskirchinger vertreten waren,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Februar 1997,
folgendes
Urteil
Sachverhalt und Verfahren
1.
Am 14. Juli 1993 wurde bei der Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr.
4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen
(ABl. 1990, L 257, S. 14; im folgenden: Verordnung) das Vorhaben eines Zusammenschlusses der Kali
und Salz AG (im folgenden: K + S), einer Tochtergesellschaft des Chemiekonzerns BASF, und der
Mitteldeutschen Kali AG (im folgenden: MdK), deren einziger Aktionär, die Treuhandanstalt (im
folgenden: Treuhand), eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist, deren Aufgabe es ist, die früheren
Betriebe der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik umzustrukturieren, angemeldet.
2.
K + S ist im wesentlichen in den Bereichen Kali, Steinsalz und Entsorgung tätig. In MdK sind die Kali-
und Steinsalzaktivitäten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zusammengefaßt.
3.
Das Zusammenschlußvorhaben beinhaltet die Umwandlung von MdK in eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung (MdK GmbH), in die K + S ihre Kali- und Steinsalzaktivitäten und die Treuhand 1
044 Millionen DM einbringen wird. An dem so entstandenen Gemeinschaftsunternehmen wird K + S mit
51 % und die Treuhand mit 49 % der Stimmrechte beteiligt sein.
4.
Mit Schreiben vom 5. August 1993 teilte die Kommission den Beteiligten des beabsichtigten
Zusammenschlusses ihre Entscheidung mit, gemäß den Artikeln 7 Absatz 2 und 18 Absatz 2 der
Verordnung den Vollzug des angemeldeten Zusammenschlusses bis zum Erlaß der endgültigen
Entscheidung auszusetzen.
5.
Am 16. August 1993 entschied die Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der
Verordnung, das sogenannte Verfahren einer eingehenden Prüfung einzuleiten, da der angemeldete
Zusammenschluß ernsthafte Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt
aufwerfe.
6.
Die Kommission teilte am 13. Oktober 1993 den Beteiligten die ihnen gegenüber geltend
gemachten Einwände gemäß Artikel 18 der Verordnung mit. Nach ihrer Ansicht konnte der
Zusammenschluß, wie er mit dem angemeldeten Vorhaben beabsichtigt war, eine gemeinsame
beherrschende Stellung auf dem Markt der Gemeinschaft außer Deutschland und Spanien begründen.
7.
Auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte hin machten die Beteiligten der Kommission bestimmte
Zusagen, um ihre Bedenken zu beseitigen, daß der Zusammenschluß zu einer oligopolistischen
beherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt führen würde.
8.
Die Kommission legte daraufhin dem Beratenden Ausschuß für die Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen, der gemäß Artikel 19 Absätze 3 ff. der Verordnung gebildet
wurde, den Entwurf einer Entscheidung vor; der Ausschuß gab in seiner Sitzung am 3. Dezember 1993
mit der Mehrheit seiner Mitglieder eine befürwortende Stellungnahme ab (ABl. 1994, C 199, S. 5).
9.
Die Kommission erklärte mit der Entscheidung 94/449/EG der Kommission vom 14. Dezember 1993
in einem Verfahren nach der Verordnung Nr. 4064/89 (Fall Nr. IV/M.308 — Kali + Salz/MdK/Treuhand)
(ABl. 1994, L 186, S. 38; im folgenden: streitige Entscheidung) den angemeldeten Zusammenschluß
für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, macht dafür jedoch gemäß Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz
2 der Verordnung zur Voraussetzung, daß bestimmte ihr gegenüber abgegebene Zusagen der
Beteiligten eingehalten werden. Nach der erwähnten Bestimmung kann die Kommission nämlich ihre
„Entscheidung [mit der ein Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird]
mit Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, daß die beteiligten Unternehmen den
Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich der Änderung des
ursprünglichen Zusammenschlußvorhabens eingegangen sind“.
10.
Der Markt für das betreffende Produkt, wie er in der streitigen Entscheidung umschrieben wurde,
betrifft Erzeugnisse auf Kalibasis für die Landwirtschaft, zu denen sowohl Kali für unmittelbare
Verwendung in der Landwirtschaft als auch für die Herstellung von Mehrnährstoffdüngemitteln
verkauftes Kali gehört. In geographischer Hinsicht bestimmte die Kommission zwei verschiedene
Märkte für das betreffende Produkt: den deutschen Markt und den Markt der Gemeinschaft außerhalb
Deutschlands.
11.
Zum deutschen Markt stellte die Kommission in Randnummer 46 der streitigen Entscheidung fest,
daß der geplante Zusammenschluß zu einer faktischen Monopolstellung führe, da der Marktanteil von
K + S 79 % und der Marktanteil von MdK 19 % betrage, und sie gelangte in Randnummer 50 zu dem
Ergebnis, daß nach dem beabsichtigten Zusammenschluß die marktbeherrschende Stellung von K + S
auf dem deutschen Kalimarkt verstärkt sein werde. In Anwendung der Theorie der „Failing company
defence“ (Theorie der Verteidigung der zahlungsunfähigen Gesellschaft) gelangte sie zu dem
Ergebnis, daß der im vorliegenden Fall beabsichtigte Zusammenschluß nicht kausal für die
Verstärkung der beherrschenden Stellung von K + S auf dem deutschen Markt sei. Hierzu wird in
Randnummer 95 der streitigen Entscheidung ausgeführt, daß die Voraussetzungen der „Failing
company defence“ erfüllt seien, d. h., daß „die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von K
+ S auch ohne den Zusammenschluß erfolgen wird, da MdK ohne die Übernahme durch ein anderes
Unternehmen in naher Zukunft aus dem Markt ausscheiden wird, die Marktposition von MdK in diesem
Fall auf K + S übergehen wird und praktisch ausgeschlossen werden kann, daß ein anderes
Unternehmen als K + S die
Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil von MdK übernehmen wird“ (vgl. auch Randnr. 71 der
streitigen Entscheidung). Die Kommission fügte im übrigen in Randnummer 95 hinzu, in Anbetracht der
gravierenden Strukturschwäche der Regionen Ostdeutschlands, die von dem beabsichtigten
Zusammenschluß betroffen seien, und der wahrscheinlich schwerwiegenden Konsequenzen einer
Schließung von MdK für diese Regionen stehe dieses Ergebnis auch im Einklang mit dem
grundlegenden Ziel der Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhangs der
Gemeinschaft, auf das in der dreizehnten Begründungserwägung der Verordnung Bezug genommen
werde.
12.
Zum Markt der Gemeinschaft außer Deutschland führt die Kommission in Randnummer 51 der
streitigen Entscheidung aus, daß sich aufgrund des beabsichtigten Zusammenschlusses zwei
Anbieter in einer beherrschenden Stellung befinden würden: K + S/MdK und die Société commerciale
des potasses et de l'azote (im folgenden: SCPA), das mit dem Kalivertrieb betraute
Tochterunternehmen des französischen Konzerns Entreprise minière et chimique (im folgenden: EMC).
13.
Die Untersuchung der Kommission stützt sich zum einen auf die Feststellung, daß das Angebot
außerhalb der Gruppe K + S/MdK und SCPA zersplittert sei und von Wirtschaftsteilnehmern ausgehe,
die nicht in der Lage seien, den von dem Duopol gehaltenen Gesamtmarktanteil von ungefähr 60 %
anzugreifen, und zum anderen auf erhebliche Anhaltspunkte dafür, daß zwischen K + S/MdK und SCPA
kein wirksamer Wettbewerb bestehen werde, und zwar wegen der Eigenschaften des Kalimarktes, des
Verhaltens von K + S und SCPA in der Vergangenheit und schließlich deren engen und alten
kommerziellen Verflechtungen. Diese Verflechtungen bestünden im wesentlichen: a) in der Kontrolle
über ein gemeinsames Unternehmen in Kanada, Potacan, an dessen Kapital K + S und SCPA jeweils
einen Anteil von 50 % hielten, b) in der Zusammenarbeit in dem Exportkartell Kali-Export GmbH, einer
Gesellschaft österreichischen Rechts mit Sitz in Wien, die den Absatz von Kaliprodukten ihrer
Gesellschafter in Drittländern koordiniere und an deren Kapital K + S, MdK, EMC/SCPA und der
spanische Kaliproduzent Coposa mit jeweils 25 % beteiligt seien, und c) in den langjährigen
Beziehungen, aufgrund deren SCPA in Frankreich nahezu alle Lieferungen von K + S tätige (vgl.
Randnrn. 54 bis 61 der streitigen Entscheidung).
14.
Unter diesen Umständen vertrat die Kommission in den Randnummern 57 und 62 die Ansicht, daß
der Zusammenschluß, der die Hinzufügung der Marktanteile mit sich bringen würde, die MdK, der
zweitgrößte Erzeuger in der Gemeinschaft, in der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands innehabe, zur
Entstehung eines marktbeherrschenden Duopols aus K + S/MdK und SCPA führen würde.
15.
Um zu verhindern, daß die Kommission den Zusammenschluß von K + S und MdK für mit dem
Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, machten die Beteiligten dieses Zusammenschlusses
bestimmte Zusagen, die in Randnummer 63 der streitigen Entscheidung wie folgt formuliert worden
sind:
„—
K + S und das Gemeinschaftsunternehmen scheiden unverzüglich aus der Kali-Export GmbH, Wien,
aus ...
In gleicher Weise werden K + S und das Gemeinschaftsunternehmen den mit Kali-Export GmbH
bestehenden Vertretervertrag nach den dort vorgesehenen Kündigungsregelungen ... kündigen. Das
Gemeinschaftsunternehmen wird ab diesem Zeitpunkt über eine eigene Vertriebsorganisation Kali-
Export GmbH Wettbewerb machen ...
—
K + S und das Gemeinschaftsunternehmen werden in der EG — soweit nicht bereits vorhanden —
eine eigene Vertriebsorganisation einrichten und ihre Produkte über dieses Vertriebsnetz zu allgemein
üblichen, kaufmännischen Gepflogenheiten vertreiben. In Frankreich wird eine Vertriebsorganisation
für Kaliprodukte einschließlich -spezialitäten errichtet werden, die den gesamten französischen Markt
umfassen und nach Art und Umfang der Bedeutung des französischen Marktes Rechnung tragen wird.
Dies geschieht unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit.
Die bisherige Zusammenarbeit mit der SCPA als Vertriebspartner für den französischen Markt wird
... beendet. Damit wird einerseits SCPA die Erfüllung bereits abgeschlossener Kontrakte mit eigenen
Abnehmern, andererseits der Aufbau einer eigenen Vertriebsorganisation des
Gemeinschaftsunternehmens ermöglicht. Ein Verkauf an SCPA zu marktüblichen Bedingungen ist
möglich.“
Gerade unter Berücksichtigung dieser Zusagen erklärte die Kommission, wie in Randnummer 9 des
vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, den beabsichtigten Zusammenschluß für mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar.
16.
In Randnummer 65 der streitigen Entscheidung wird darauf hingewiesen, daß K + S die Bedenken
der Kommission wegen der negativen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die
Wettbewerbsverhältnisse zur Kenntnis genommen und die Zusage gemacht habe, bis zum 30. Juni
1994 die Struktur von Potacan in einer solchen Weise umzuwandeln, daß jeder Partner in die Lage
versetzt werde, von Potacan erlangtes Kali jeweils unabhängig von dem anderen Partner auf dem
Markt der Gemeinschaft zu vermarkten. In Randnummer 67 der Entscheidung wird jedoch klargestellt,
daß die Kommission davon abgesehen habe, diese Zusage zum Gegenstand einer förmlichen Auflage
zu machen. Hierzu wird folgendes ausgeführt: „Sollte es K + S trotz aller Bemühungen nicht gelingen,
ein Einvernehmen mit EMC zu erreichen, dann müßte eine geeignete Lösung der wettbewerblichen
Probleme, die von der derzeitigen Ausgestaltung des Gemeinschaftsunternehmens
Potacan herrühren, im Rahmen des nach der [Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962,
Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages, ABl. 1962, Nr. 13, S. 204]
anhängigen Verfahrens [über die Anmeldung der Potacan-Vereinbarungen] gefunden werden.“
17.
Die Französische Republik hat mit Klageschrift, die am 18. Februar 1994 bei der Kanzlei des
Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 EG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung der
streitigen Entscheidung (Rechtssache C-68/94).
18.
Die Bundesrepublik Deutschland ist durch Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 9.
September 1994 in dieser Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der
Kommission zugelassen worden.
19.
SCPA und EMC haben mit Klageschrift, die am 25. Februar 1994 bei der Kanzlei des Gerichts erster
Instanz eingegangen ist, gemäß Artikel 173 des Vertrages Klage erhoben auf teilweise
Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung.
20.
Im Rahmen des letztgenannten Verfahrens hat der Präsident des Gerichts durch Beschluß vom 10.
Mai 1994 in der Rechtssache T-88/94 R (Société commerciale des potasses et de l'azote und
Entreprise minière et chimique/Kommission, Slg. 1994, II-263) den Vollzug von Artikel 1 der streitigen
Entscheidung bis zum Erlaß des Beschlusses, der das Verfahren der einstweiligen Anordnung
beendet, ausgesetzt, soweit er zur Auflösung der Kali-Export GmbH führen könnte, und im übrigen den
Antrag auf einstweilige Anordnung zurückgewiesen.
21.
Durch Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache T-88/94 R
(Société commerciale des potasses et de l'azote und Entreprise minière et chimique/Kommission, Slg.
1994, II-401) ist der Vollzug von Artikel 1 der streitigen Entscheidung bis zum Erlaß des Urteils zur
Hauptsache ausgesetzt worden, soweit er K + S/MdK zum Ausscheiden aus der Kali-Export GmbH
verpflichtet.
22.
Durch Beschluß des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 7. Juli 1994 ist die
Französische Republik in der Rechtssache T-88/94 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der
Klägerinnen zugelassen worden.
23.
Durch Beschluß des Präsidenten der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts vom 18. Januar
1995 sind die Kali und Salz Beteiligungs-AG (ehemals K + S) sowie die Kali und Salz GmbH (ehemals
MdK) in der Rechtssache T-88/94 als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission
zugelassen worden.
24.
Da die Klagen, mit denen der Gerichtshof und das Gericht befaßt waren, die Gültigkeit desselben
Rechtsakts betrafen, hat das Gericht die Rechtssache T-88/94 durch Beschluß der Zweiten
erweiterten Kammer vom 1. Februar 1995 (Société commerciale des potasses et de l'azote und
Entreprise minière et
chimique/Kommission, Slg. 1995, II-221) an den Gerichtshof abgegeben, damit dieser über den Antrag
auf Nichtigerklärung entscheiden kann. Diese Rechtssache ist am 8. Februar 1995 unter dem
Aktenzeichen C-30/95 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden.
25.
Der Gerichtshof hat auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts
beschlossen, die mündliche Verhandlung in den beiden Rechtssachen ohne vorherige
Beweisaufnahme zu eröffnen.
Anträge der Parteien
26.
Die Französische Republik beantragt,
— die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;
— der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
27.
Die Kommission beantragt,
— die Klage als unbegründet abzuweisen;
— der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
28.
Die Bundesrepublik Deutschland, die dem Verfahren zur Unterstützung der Anträge der Kommission
beigetreten ist, beantragt,
— die Klage abzuweisen.
29.
SCPA und EMC beantragen,
— Artikel 1 der streitigen Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit diese Entscheidung
die Erklärung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt von der
Einhaltung der in ihrer Randnummer 63 genannten Bedingungen abhängig macht;
— die streitige Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit darin die in ihrer Randnummer
65 erwähnte Zusage von K + S angenommen wird, bis zum 30. Juni 1994 die Struktur der Firma
Potacan in einer solchen Weise umzuwandeln, daß jeder ihrer Gesellschafter in die Lage versetzt wird,
von Potacan erlangtes Kali jeweils unabhängig von dem anderen Gesellschafter auf dem Markt der
Gemeinschaft zu vermarkten;
— der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
— die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen zu verurteilen, ihre eigenen Kosten zu
tragen.
30.
Die Kommission beantragt,
— die Klage als unzulässig abzuweisen;
— die Klage als unbegründet abzuweisen;
— den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
31.
Die Französische Republik, die dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der
Klägerinnen beigetreten ist, beantragt,
— den Anträgen der Klägerinnen auf teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung
stattzugeben;
— der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
32.
Die Streithelferinnen Kali und Salz Beteiligungs-AG sowie Kali und Salz GmbH, die
Rechtsnachfolgerinnen von K + S und MdK geworden sind, unterstützen die Anträge der Kommission
und beantragen, den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zur Verbindung der Rechtssachen C-68/94 und C-30/95
33.
Wegen des Zusammenhangs der beiden Rechtssachen, der in der mündlichen Verhandlung
bestätigt worden ist, sind diese gemäß Artikel 43 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer
Entscheidung zu verbinden.
Zur Zulässigkeit (Rechtssache C-30/95)
34.
Obwohl sich die Kommission auf die Erörterung der Hauptsache einläßt, erhebt sie eine Einrede der
Unzulässigkeit gegen die Nichtigkeitsklage von SCPA und EMC, die sich in drei Teilrügen aufgliedert.
Erstens bestreitet sie die Möglichkeit einer teilweisen Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall. Zweitens
macht sie geltend, die Klägerinnen seien von der streitigen Entscheidung weder unmittelbar noch
individuell betroffen. Drittens rügt sie, daß die Zusage in bezug auf das Unternehmen Potacan, die die
Kommission nur zur Kenntnis genommen habe, keinen Entscheidungscharakter habe.
35.
Die Kommission macht geltend, die Nichtigerklärung auch nur einer der Bedingungen, unter denen
die Erklärung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt abgegeben
worden sei, ändere den Kern der streitigen Entscheidung, da die Bedingungen für die Genehmigung
des Zusammenschlusses nicht mehr erfüllt seien. Sie sähe sich dann gezwungen, die erwähnte
Entscheidung insgesamt zu widerrufen.
36.
Die Klägerinnen führen demgegenüber aus, daß sich die streitigen Bedingungen von der übrigen
Entscheidung trennen ließen und daß ihre Nichtigerklärung nur dazu führe, daß die Entscheidung
unbedingt werde. Daher sei Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung, der die Kommission ermächtige, ihre
Entscheidung zu widerrufen, wenn die Beteiligten eine Zusage nicht einhielten, nicht anwendbar.
37.
Wie der Generalanwalt in Nummer 26 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, ist diese Rüge
gleichzeitig mit der Begründetheit der Klage zu untersuchen, denn auf diese Weise wird es möglich
sein, zu prüfen, ob sich die etwaige Nichtigerklärung der Bedingungen auf die Entscheidung im
übrigen auswirken kann, indem sie deren vollständige Nichtigerklärung erfordert.
38.
Die Kommission macht geltend, gemäß Artikel 173 des Vertrages könnten Privatpersonen, die im
Verhältnis zu einer an andere Privatpersonen gerichteten Entscheidung der Organe Dritte seien, nur
dann Klage auf Nichtigerklärung einer solchen Entscheidung erheben, wenn sie von dieser
unmittelbar und individuell betroffen seien. Jedoch seien weder SCPA noch EMC von der streitigen
Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen.
39.
In diesem Zusammenhang führt sie insbesondere aus, daß die klagenden Unternehmen entgegen
den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung (Urteile vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache
25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, und vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 26/86,
Deutz und Geldermann/Rat, Slg. 1987, 941) nicht wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder
besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und daher
in ähnlicher Weise individualisiert würden wie die Adressaten. Denn diese Unternehmen, die in der
streitigen Entscheidung namentlich erwähnt würden, seien nicht am Verfahren vor der Kommission
beteiligt gewesen, so daß sie nicht als von der Entscheidung individuell betroffen gelten könnten.
Hierzu macht die Kommission insbesondere geltend, daß die klagenden Unternehmen entgegen den
im Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84 (Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391)
aufgestellten Kriterien nicht von Anfang an am Verfahren beteiligt gewesen seien und nicht durch ihre
Erklärungen den Verfahrensablauf weitgehend bestimmt hätten. Außerdem sei SCPA als
Gesellschafterin der Kali-Export GmbH von der streitigen Entscheidung in gleicher Weise berührt wie
der andere Gesellschafter des Kartells, Coposa, während sich
EMC für ihre Ansicht, sie sei von einer Entscheidung über einen Zusammenschluß individuell betroffen,
nicht darauf berufen könne, daß sie Gesellschafterin eines in diese Entscheidung einbezogenen
Unternehmens sei (Urteil des Gerichts vom 28. Oktober 1993 in der Rechtssache T-83/92, Zunis
Holding u. a./Kommission, Slg. 1993, II-1169). Schließlich reiche der Umstand, daß EMC zu 50 % an der
FirmaPotacan beteiligt sei, nicht aus, um sie als von der Entscheidung individuell betroffen zu
betrachten, da die Zusage in bezug auf Potacan keinen Entscheidungscharakter habe.
40.
Die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen machen geltend, sie allein seien durch die von
der Kommission aufgestellten Bedingungen betroffen. Diese Bedingungen könnten die Interessen der
klagenden Unternehmen höchstens mittelbar berühren, was nach der Rechtsprechung kein
hinreichender Grund sei, ihnen ein Klagerecht gegen sie zuzubilligen (Urteile vom 18. März 1975 in der
Rechtssache 72/74, Union syndicale Service public européen u. a./Rat, Slg. 1975, 401, und vom 28.
Oktober 1982 in der Rechtssache 135/81, Groupement des agences de voyages/Kommission, Slg.
1982, 3799).
41.
Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Klagen machen die klagenden Unternehmen zunächst
geltend, sie seien in der streitigen Entscheidung nicht nur namentlich bezeichnet, sondern stünden
auch im Zentrum der Erwägungen und der Begründung der Kommission.
42.
Ferner sei für die Feststellung, ob ein einzelner von einer Entscheidung individuell betroffen sei,
nach der Rechtsprechung, insbesondere nach dem oben erwähnten Urteil Cofaz u. a./Kommission,
zum einen der dem betreffenden Unternehmen entstandene Schaden und zum anderen die Rolle zu
berücksichtigen, die dieses Unternehmen im Verfahren vor der Kommission gespielt habe.
43.
Zum Schaden führen die klagenden Unternehmen aus, SCPA entstehe ein Schaden durch die
Auflösung der Kali-Export GmbH, der sich unmittelbar aus dem zwangsweisen Rückzug von K + S aus
der Kali-Export GmbH ergebe. Desgleichen bedeute die Verpflichtung von K + S, die
Vertriebsbeziehungen zu SCPA zu beenden, für letztere notwendigerweise einen Schaden. Außerdem
laufe der Umstand, daß die Kommission die Zusage von K + S, die Strukturen der Firma Potacan zu
ändern, angenommen habe, auf die Anordnung einer Teilung der Produktion hinaus, die für EMC und
Potacan sehr schädlich sei, jedoch im Gegensatz dazu für K + S sehr vorteilhaft sein könne. Was die
zweite durch das Urteil Cofaz u. a./Kommission aufgestellte Voraussetzung angehe, sei erwiesen, daß
die klagenden Unternehmen beide an dem Verfahren beteiligt gewesen seien, das zur streitigen
Entscheidung geführt habe.
44.
Schließlich erachten sich SCPA und EMC als durch diese Entscheidung wegen bestimmter
persönlicher Eigenschaften berührt.
45.
SCPA sei bei ihren Verkäufen im Fernexport großenteils von der Kali-Export GmbH abhängig, was sie
deutlich von Coposa unterscheide: zwischen 50 % und 60 % der Ausfuhren von SCPA erfolgten über
die Kali-Export GmbH, wobei die Verkäufe im Fernexport für sich genommen ungefähr 15 % ihres
gesamten Absatzes darstellten. Die Lage von SCPA unterscheide sich auch dadurch von derjenigen
von Coposa, daß das französische Unternehmen von der Bedingung im Zusammenhang mit der
Lösung der Vertriebsbeziehungen zwischen ihr und K + S sowie von der die Firma Potacan betreffende
Zusage betroffen sei. Auf alle Fälle ergebe sich aus dem zitierten Urteil Plaumann/Kommission nicht,
daß nicht zwei oder mehrere Personen von derselben Entscheidung individuell betroffen sein könnten.
Der Gerichtshof habe im Gegenteil mehrfach entschieden, daß von mehreren Personen erhobene
Klagen alle für zulässig erklärt werden könnten (Urteile Cofaz u. a./Kommission, a. a. O., vom 13. Mai
1971 in den Rechtssachen 41/70 bis 44/70, International Fruit Company u. a./Kommission, Slg. 1971,
411, und vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809).
46.
Nach Ansicht der klagenden Unternehmen ist EMC von der streitigen Entscheidung unmittelbar
betroffen. Diese beinhalte zum einen, daß K + S Änderungen der Struktur der Firma Potacan
vorzuschlagen habe, die sowohl für diese als auch für EMC nachteilig seien, und führe zum anderen
die Auflösung der Kali-Export GmbH herbei und nehme damit der Unternehmensgruppe EMC ihr
Vertriebsnetz für den Fernexport. Im übrigen sei EMC Inhaberin sämtlicher Anteile an SCPA.
47.
Zur Frage, ob sie von der streitigen Entscheidung unmittelbar betroffen seien, führen die
klagenden Unternehmen aus, sowohl das Ausscheiden von SCPA aus der Kali-Export GmbH als auch
die Lösung der bestehenden Vertriebsbeziehungen zwischen SCPA und K + S seien die unmittelbare
Folge der erwähnten Entscheidung.
48.
Vorab ist daran zu erinnern, daß nach Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages eine natürliche oder
juristische Person nur dann Klage gegen eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung
erheben kann, wenn diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betrifft. Da die streitige
Entscheidung an K + S, MdK und die Treuhand gerichtet ist, ist zu prüfen, ob die klagenden
Unternehmen von ihr unmittelbar und individuell betroffen sind.
49.
Zunächst ist zur Frage, ob die streitige Entscheidung die klagenden Unternehmen unmittelbar
betrifft, festzustellen, daß die Bedingungen, von deren Einhaltung die Erklärung der Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt abhängig gemacht wurde, sich auf Zusagen der
Beteiligten des Zusammenschlusses gegenüber der Kommission beziehen, deren Umsetzung die Lage
von SCPA rechtlich wie tatsächlich berührt. Denn zum einen beeinträchtigt die Erfüllung der
Bedingung, die das Ausscheiden von K + S/MdK aus der Kali-Export GmbH
betrifft, im vorliegenden Fall den Fortbestand dieses Exportkartells selbst und somit insbesondere die
Stellung von SCPA, die über kein Vertriebsnetz für den Absatz ihrer Erzeugnisse auf den
Fernexportmärkten verfügt. Zum anderen umfaßt die Erfüllung der anderen Bedingung gemäß Artikel
1 des verfügenden Teils der streitigen Entscheidung die Auflösung der Vertriebsbeziehungen zwischen
SCPA und K + S.
50.
In bezug auf EMC geht aus der streitigen Entscheidung hervor, daß die Kommission annehmen muß,
daß sie zusammen mit SCPA Teil einer gemeinsamen Einheit sei. Insbesondere wurde EMC in
Randnummer 64 der streitigen Entscheidung gemeinsam mit SCPA als tatsächlicher Adressat der
Bedingung bezüglich der Kali-Export GmbH betrachtet, obwohl formal nur SCPA an dem betreffenden
Kartell beteiligt war. Im vorliegenden Fall findet die Verzahnung der beiden Gesellschaften ihre
Grundlage in dem Umstand, daß EMC sämtliche Anteile an SCPA hält. Daher läßt sich im übrigen die
Stellung von EMC in bezug auf die Klagebefugnis nicht anders als die von SCPA behandeln.
51.
Schließlich können zwar die Bedingungen, mit denen die streitige Entscheidung der Kommission
verbunden ist, die Interessen der klagenden Unternehmen nur insoweit berühren, als die Zusagen,
auf die sie sich beziehen, von den Beteiligten des Zusammenschlusses in die Praxis umgesetzt
werden. Da diese der Kommission gegenüber die Zusage abgegeben haben, als Gegenleistung für
eine Erklärung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt bestimmte
Maßnahmen zu ergreifen, kann jedoch kein Zweifel an der Festigkeit und der Konsequenz ihres Willens
zur Einhaltung ihrer Zusagen bestehen, zumal die Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 5 Buchstabe b
ihre Entscheidung widerrufen kann, wenn die beteiligten Unternehmen einer darin vorgesehenen
Auflage zuwiderhandeln (vgl. Urteil vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82, Piraiki-
Patraiki/Kommission, Slg. 1985, 207, Randnrn. 7 bis 9).
52.
Daher sind SCPA und EMC als von der streitigen Entscheidung unmittelbar betroffen anzusehen,
soweit diese die in Randnummer 49 des vorliegenden Urteils erwähnten Bedingungen enthält.
53.
Zweitens ist zur Frage, ob die klagenden Unternehmen auch individuell betroffen sind, darauf
hinzuweisen, daß, wie der Gerichtshof im erwähnten Urteil Plaumann/Kommission ausgeführt hat, wer
nicht Adressat einer Entscheidung ist, nur dann geltend machen kann, von ihr individuell betroffen zu
sein, wenn sie ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis
aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise
individualisiert wie den Adressaten.
54.
Unter Berücksichtigung des Umstands, daß die Rechtsprechung des Gerichtshofes in diesem
Zusammenhang der Rolle, die natürliche oder juristische Personen im vorprozessualen Verfahren
gespielt haben, Gewicht beimißt (vgl. dahin gehend die Urteile vom 20. März 1985 in der Rechtssache
264/82, Timex/Rat und Kommission,
Slg. 1985, 849, und Cofaz u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 24), ist zunächst auszuführen, daß die
klagenden Unternehmen im Verwaltungsverfahren vor der Kommission Gelegenheit zur Abgabe von
Erklärungen hatten, die die Kommission für die Zwecke der streitigen Entscheidung berücksichtigt
hat. Insbesondere hat die Kommission nach den Akten aufgrund von Besorgnissen, die diese
Unternehmen zum Ausdruck gebracht hatten, darauf verzichtet, aus der Zusage der Beteiligten des
Zusammenschlusses bezüglich Potacan eine förmliche Bedingung für die Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt zu machen.
55.
Schließlich geht aus dem Text der streitigen Entscheidung selbst und insbesondere aus den
Randnummern 51 bis 64 hervor, daß die Situation von EMC/SCPA bezüglich des betreffenden
Zusammenschlusses diese deutlich aus dem Kreis der anderen in die Untersuchung einbezogenen
Kalilieferanten heraushebt. Denn die Bedingungen, mit denen die Erklärung der Vereinbarkeit
versehen ist, sind das Ergebnis der Beurteilung der sich aus dem Zusammenschluß ergebenden
Wettbewerbslage, die die Kommission unter Berücksichtigung hauptsächlich der Situation von
EMC/SCPA als Bestandteil eines Duopols mit K + S/MdK vorgenommen hat.
56.
Schließlich zeigt sich, daß diese Bedingungen, die auf die Entflechtung der Beziehungen zwischen K
+ S und EMC/SCPA abzielen, hauptsächlich die Interessen der letztgenannten Einheit betreffen und
geeignet sind, deren Marktstellung erheblich zu beeinträchtigen.
57.
Unter diesen Umständen kann der bloße Umstand, daß die Interessen von Coposa von einer der
fraglichen Bedingungen, nämlich derjenigen bezüglich des Ausscheidens von K + S/MdK aus der Kali-
Export GmbH, ebenfalls betroffen sind, für sich nicht ausschließen, daß die klagenden Unternehmen
von der streitigen Entscheidung dadurch individuell betroffen sind, daß sie diese Bedingungen
festlegt.
58.
Somit ist festzustellen, daß die klagenden Unternehmen von der streitigen Entscheidung individuell
betroffen sind, soweit sie die untersuchten Bedingungen enthält.
59.
Daher ist der zweite Teil der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit
zurückzuweisen.
60.
Die Kommission und die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen machen geltend, daß der
Teil der Entscheidung, der die Zusage in bezug auf die Firma Potacan betreffe, nicht einer
Entscheidung gleichgestellt werden könne, die mit einer Klage gemäß Artikel 173 des Vertrages
angefochten werden könne, denn sie könne keine verbindlichen Rechtswirkungen entfalten, die die
Interessen der
klagenden Unternehmen beeinträchtigen könnten. Diese Zusage sei nämlich nicht Gegenstand einer
förmlichen Bedingung im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung. Die Kommission führt aus, sie
habe die Zusage von K + S lediglich zur Kenntnis genommen.
61.
Nach Ansicht der klagenden Unternehmen ist die von K + S abgegebene und von der Kommission
angenommene Zusage einer Bedingung im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung
gleichzustellen, da sie eine Verpflichtung von K + S schaffe. Die fragliche Zusage sei ähnlich wie die
Verpflichtungserklärung der betroffenen Unternehmen in der Rechtssache „Zellstoff II“ (Urteil vom 31.
März 1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-
129/85, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307) zu betrachten; in dieser
Rechtssache habe der Gerichtshof die durch diese Erklärung der betroffenen Unternehmen
begründeten Verpflichtungen mit Anordnungen zur Abstellung von Zuwiderhandlungen im Sinne von
Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 gleichgesetzt.
62.
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sind alle Maßnahmen, die verbindliche
Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine
Rechtsstellung beeinträchtigen, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage
nach Artikel 173 des Vertrages gegeben ist (Urteil vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81,
IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9).
63.
Für die Feststellung, ob eine Handlung oder eine Entscheidung solche Wirkungen erzeugt, ist ihr
Sachgehalt zu untersuchen.
64.
Aus den Randnummern 65 und 67 der streitigen Entscheidung geht hervor, daß die Kommission
zum einen die Zusage von K + S zur Kenntnis genommen hat, bis zum 30. Juni 1994 die Struktur von
Potacan in einer solchen Weise umzuwandeln, daß jeder Partner in die Lage versetzt wird, aus
Potacan erlangtes Kali jeweils unabhängig vom anderen Partner auf dem Markt der Gemeinschaft zu
vermarkten, ohne diese Zusage jedoch zum Gegenstand einer förmlichen Auflage zu machen, und daß
sie zum anderen davon ausgeht, daß K + S nach besten Kräften darauf hinwirkt, mit EMC/SCPA ein
Einvernehmen über eine Umwandlung von Potacanzu erreichen, die den erwähnten Anforderungen
gerecht wird.
65.
In Randnummer 66 der streitigen Entscheidung wird ausgeführt, daß eine Umwandlung von Potacan
nur im Einvernehmen mit dem französischen Partner bewirkt werden könne.
66.
Somit zeigt sich, daß die Zusage von K + S letztlich zum Gegenstand hat, Verhandlungen mit
EMC/SCPA im Hinblick auf eine Umwandlung von Potacan aufzunehmen.
67.
Selbst wenn man daher davon ausgeht, daß der Teil der streitigen Entscheidung, der die Zusage
von K + S bezüglich Potacan betrifft, für K + S rechtlich verbindlich ist, kann er jedenfalls keine
verbindlichen Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen der Einheit EMC/SCPA durch einen Eingriff
in ihre Rechtsstellung beeinträchtigen. Denn die Rechtsstellung von EMC/SCPA kann im vorliegenden
Fall nur dann beeinträchtigt werden, wenn sie willentlich dazu beiträgt. Dies kommt im vorliegenden
Fall der Feststellung gleich, daß der Teil der streitigen Entscheidung, der die Zusage in bezug auf
Potacan betrifft, EMC/SCPA nicht unmittelbar betrifft.
68.
Allerdings ist, wie dies der Generalanwalt in Nummer 38 seiner Schlußanträge getan hat, auf die
Mehrdeutigkeit des Vorgehens der Kommission hinzuweisen, durch das, wie aus der in Randnummer
16 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Randnummer 67 der streitigen Entscheidung
hervorgeht, das Verfahren nach der Verordnung und das Verfahren nach der Verordnung Nr. 17 in
unglücklicher Weise miteinander vermengt wurden.
69.
Nach allem ist dem dritten Teil der von der Kommission erhobenen Rüge der Unzulässigkeit
stattzugeben.
70.
Die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen machen geltend, da die beiden Zusagen, zu
denen sie aufgrund der im verfügenden Teil der streitigen Entscheidung aufgestellten Bedingungen
gezwungen gewesen seien, bereits erfüllt worden seien, hätten die klagenden Unternehmen kein
Interesse mehr an der Nichtigerklärung der Bedingungen durch den Gerichtshof, die damit obsolet
geworden seien. Hingegen erhebt die Kommission nicht die Einrede eines mangelnden
Rechtsschutzinteresses der klagenden Unternehmen.
71.
Nach Ansicht der klagenden Unternehmen ergibt sich aus dem Urteil vom 5. März 1980 in der
Rechtssache 76/79 (Könecke/Kommission, Slg. 1980, 665), daß der Umstand, daß eine Entscheidung
durchgeführt worden sei, kein Hindernis für eine Nichtigkeitsklage darstelle, da der Kläger sein
gesamtes Interesse an der Nichtigkeitsklage als Grundlage einer möglichen Haftungsklage behalte.
72.
Hierzu ist auszuführen, daß nach Artikel 37 Absatz 4 der EG-Satzung des Gerichtshofes mit den
aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können.
Der Streithelfer muß zudem nach Artikel 93 § 4 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit in der Lage
annehmen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet. Daraus folgt, daß Streithelfer nicht zur
Erhebung einer Unzulässigkeitseinrede befugt sind und daß der Gerichtshof die von ihnen hierzu
vorgebrachten Rügen daher nicht zu prüfen braucht (vgl. dahin gehend Urteil vom 15. Juni 1993 in der
Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnrn. 11 und 12).
73.
Der Gerichtshof kann jedoch, wie er im Beschluß vom 24. September 1987 in der Rechtssache
134/87 (Vlachou/Rechnungshof, Slg. 1987, 3633, Randnr. 6) festgestellt hat, gemäß Artikel 92 § 2 der
Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen, ob die Klage wegen Fehlens einer
unverzichtbaren Prozeßvoraussetzung unzulässig ist.
74.
Unabhängig davon, ob die von den als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen erhobene
Einrede eine unverzichtbare Prozeßvoraussetzung betrifft, bestünde jedoch nach Randnummer 9 des
erwähnten Urteils Könecke/Kommission für die Nichtigkeitsklage als Grundlage einer möglichen
Haftungsklage selbst dann noch immer ein Interesse, wenn sich die Erfüllung der Verpflichtung des
Organs, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes
ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, aufgrund der Umstände als unmöglich erweisen sollte.
75.
Nach allem hat sich auf alle Fälle nicht gezeigt, daß bei den klagenden Unternehmen ein
mangelndes Rechtsschutzinteresse festgestellt werden könnte.
Begründetheit
76.
Die Französische Republik und die klagenden Unternehmen beantragen die vollständige bzw. die
teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Ihre verschiedenen Klagegründe
überschneiden sich teilweise und lassen sich in vier Hauptklagegründe aufteilen, von denen die
ersten beiden nur von der französischen Regierung vorgetragen werden. Da die letzten beiden
Klagegründe von allen Klägerinnen gemeinsam vorgetragen werden, werden sie zusammen behandelt.
Erstens habe die Kommission ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden
nicht eingehalten. Zweitens habe sie die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den deutschen
Markt falsch gewürdigt. Drittens habe sie den Zusammenschluß auf dem Markt der Gemeinschaft
außerhalb Deutschlands falsch beurteilt. Viertens erlaube die Verordnung nicht, die Erklärung der
Vereinbarkeit von Bedingungen und Auflagen abhängig zu machen, die Auswirkungen auf nicht am
Zusammenschluß beteiligte Dritte hätten.
A — Zur Nichterfüllung der Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden
77.
Mit diesem Klagegrund rügt die französische Regierung, daß die Kommission ihre Verpflichtungen
aus Artikel 19 der Verordnung nicht eingehalten habe, zum einen in enger und stetiger Verbindung
mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu bleiben, insbesondere ihnen so bald wie möglich
die wichtigsten bei ihr eingereichten oder von ihr erstellten Schriftstücke zu übermitteln, und zum
anderen den Beratenden Ausschuß in die Lage zu versetzen, seine Stellungnahme in Kenntnis
sämtlicher Umstände abzugeben.
78.
Zur ersten Verpflichtung führt die französische Regierung aus, die Kommission habe den
zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht rechtzeitig Angaben übermittelt, die für die
Beurteilung unerläßlich gewesen seien, ob die Beschreibung der in Rede stehenden Märkte und der
Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb zutreffend gewesen sei. Im vorliegenden
Fall handele es sich um Zahlen, auf die sich die Kommission in ihrer Mitteilung der Bedenken gestützt
habe und die die Aufteilung der Verkäufe der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer auf die Mitgliedstaaten,
ausgedrückt in Mengen, beträfen. Auf wiederholtes Ersuchen der französischen Behörden
(Dienststelle des Ministeriums für Wirtschaft für Wettbewerb und Ausrichtung der Tätigkeiten) habe
die Kommission lediglich fernmündlich einige der angeforderten Angaben gemacht. Obwohl die
französische Behörde ein neues Schreiben an die Kommission gerichtet habe, mit dem sie um
Übermittlung sämtlicher erforderlicher Angaben und schriftliche Bestätigung der mündlich gemachten
Angaben ersucht habe, habe die Kommission erst am 3. Dezember 1993, dem Tag, an dem der
Beratende Ausschuß zusammengetreten sei, die am 18. Oktober 1993 erbetenen Angaben förmlich
übermittelt. Zudem sei in dem Dokument mit diesen Angaben fälschlicherweise der Absatz von SCPA in
Belgien und Luxemburg mit 221 000 t statt mit 22 000 t beziffert worden.
79.
Zur zweiten Verpflichtung macht die französische Regierung geltend, daß die Aushändigung der
Zahlenangaben anläßlich der Sitzung des Beratenden Ausschusses viel zu spät erfolgt sei. Diese
Angaben hätten spätestens zusammen mit dem Entscheidungsentwurf übermittelt werden müssen,
der der mindestens vierzehn Tage vor der Sitzung vorzunehmenden Einberufung des Beratenden
Ausschusses beigefügt sei. Auf diese Weise habe die Kommission verhindert, daß der Beratende
Ausschuß in voller Kenntnis der Umstände eine Stellungnahme zu dem Entscheidungsentwurf
abgegeben habe.
80.
Im Ergebnis macht die französische Regierung geltend, die Kommission habe die für den Erlaß der
streitigen Entscheidung wesentlichen Formvorschriften verletzt und diese Verletzung habe
wahrscheinlich zu einem anderen Ergebnis führen können, als erzielt worden wäre, wenn diese
Formvorschriften beachtet worden wären (vgl. Urteil vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87,
Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959).
81.
Die Kommission bestreitet, daß die Angaben zu den von den verschiedenen in der Gemeinschaft
tätigen Unternehmen in jedem Mitgliedstaat in den Verkehr gebrachten Kalimengen zu den
wichtigsten Schriftstücken des bei ihr laufenden Verfahrens im Sinne von Artikel 19 Absatz 1 der
Verordnung gehörten. Auf alle Fälle seien diese Angaben den französischen Behörden am 5.
November 1993 — wegen Fortdauer der Untersuchung der Kommission unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung — telefonisch mitgeteilt worden.
82.
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die der französischen Regierung am 14. Oktober 1993
übermittelt worden sei, und der Entscheidungsentwurf, der am 16.
November 1993 übersandt worden sei, enthielten alle wichtigen Einzelheiten einschließlich der
Marktanteile der in der Gemeinschaft präsenten Wirtschaftsteilnehmer, so daß die zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten hinreichend unterrichtet gewesen seien, um eine begründete
Stellungnahme abgeben zu können. Die Angabe der in den Verkehr gebrachten Kalimengen habe nur
dazu gedient, die Angaben zu den Marktanteilen zu untermauern.
83.
Der Schreibfehler in bezug auf die von SCPA in Belgien und Luxemburg verkaufte Kalimenge habe
die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses wegen seiner Offensichtlichkeit nicht beeinflussen
können. Diese falsche Angabe habe sich weder bei den in der zweiten Spalte des den belgisch-
luxemburgischen Markt betreffenden Teils der Tabelle aufgeführten Marktanteilen noch beim
Gesamtbetrag des diesem Markt zugerechneten Absatzes niedergeschlagen. Daher sei es
unwahrscheinlich, daß die Mitglieder des Beratenden Ausschusses, die Sachverständige auf dem
Gebiet von Zusammenschlüssen seien, durch den erwähnten Schreibfehler hätten in die Irre geführt
werden können.
84.
Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung verpflichtet die Kommission, „den zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten binnen dreier Arbeitstage eine Kopie der Anmeldungen und so bald wie möglich die
wichtigsten Schriftstücke, die in Anwendung dieser Verordnung bei ihr eingereicht oder von ihr erstellt
werden“, zu übermitteln. In Absatz 2 dieser Bestimmung heißt es: „Die Kommission führt die in dieser
Verordnung vorgesehenen Verfahren in enger und stetiger Verbindung mit den zuständigen Behörden
der Mitgliedstaaten durch.“ Schließlich sieht Artikel 19 die Beteiligung von Vertretern der nationalen
Behörden an einem ad hoc eingerichteten Beratenden Ausschuß vor, der die Aufgabe hat, anhand
einer Darstellung des Sachverhalts unter Angabe der wichtigsten Schriftstücke sowie eines
Entscheidungsentwurfs eine Stellungnahme abzugeben.
85.
Im vorliegenden Fall ist nicht bestritten, daß die Kommission den französischen Behörden und dem
Beratenden Ausschuß rechtzeitig sowohl die den Beteiligten, die das Zusammenschlußvorhaben
angemeldet hatten, entgegengehaltenen Einwände als auch den Entwurf der Entscheidung über den
betreffenden Zusammenschluß übermittelt hat.
86.
Letzterer enthält insbesondere folgende Angaben:
Zum deutschen Markt
— Die deutschen Kalierzeuger verfügten über ein Quasimonopol auf dem deutschen Markt, der aus
verschiedenen Gründen für Einfuhren sehr schwer durchdringbar sei.
Zum Markt der Gemeinschaft außer Deutschland
— Coposa halte einen Anteil von ungefähr 85 % am spanischen Markt. Im Unterschied zu
Deutschland führe Spanien jedoch zunehmend in erheblichem Umfang Kali von dem britischen
Erzeuger Cleveland Potash Ltd (im folgenden: CPL) und in geringerem Umfang von Erzeugern aus
Drittländern wie DSW (ein israelischer Erzeuger) ein;
— SCPA kontrolliere den Vertrieb in Frankreich nicht in gleichem Umfang wie K + S in Deutschland.
CPL sei es nämlich gelungen, dort ihr eigenes Vertriebsnetz einzurichten. Im übrigen könne anders als
unter den Verhältnissen in Deutschland die Palette von Kalidüngern, die die französischen Bergwerke
erzeugen könnten, auch aus Quellen außerhalb Frankreichs bezogen werden;
— K + S/MdK und SCPA hielten zusammen Marktanteile von ungefähr 50 % (15 % bis 20 % bei K + S,
weniger als 10 % bei MdK und ungefähr 25 % bei SCPA). Jedoch belaufe sich unter Berücksichtigung
des Umstands, daß SCPA auch große Kalimengen anderer Erzeuger, insbesondere aus Drittländern
eingeführte Erzeugnisse, vermarkte, der Gesamtanteil der von K + S/MdK sowie SCPA kontrollierten
Verkäufe auf insgesamt ungefähr 60 %;
— die Einfuhren aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten beliefen sich auf 8 % (ungefähr 5 %,
wenn man die Einfuhren aus der GUS ausnehme, die über SCPA kanalisiert würden);
— CPL halte einen Marktanteil von 15 %;
— Coposa halte einen Marktanteil von weniger als 10 %;
— DSW halte einen Marktanteil von etwas mehr als 5 %;
— PCA (ein kanadischer Erzeuger) halte einen Marktanteil von weniger als 5 %;
— Canpotex (ein kanadischer Erzeuger) halte einen Marktanteil von weniger als 1 %;
— APC (ein jordanischer Erzeuger) halte einen Marktanteil von weniger als 1 %;
— alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Deutschlands führten unabhängig davon, ob es bei ihnen eine
eigene Kalierzeugung gebe, in erheblichem Umfang aus anderen Mitgliedstaaten und mitunter aus
Drittländern ein.
87.
Daher kann das Dokument, in dem die Aufteilung der Verkäufe der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer
auf die Mitgliedstaaten detailliert angegeben ist, nicht als eines der wichtigsten Schriftstücke
angesehen werden, die die Kommission gemäß Artikel 19 der Verordnung zum einen so bald wie
möglich den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln und zum anderen in der
Sachverhaltsdarstellung anzugeben hat, die der Einberufung des Beratenden Ausschusses
beizufügen ist. Die in diesem Dokument enthaltenen Angaben können nämlich die Bestandsaufnahme
des Marktes, die sich aus den im Entscheidungsentwurf enthaltenen und in Randnummer 86 des
vorliegenden Urteils erwähnten Angaben ergibt, nicht in Frage stellen. Das gleiche gilt auch für die in
diesem Dokument enthaltene Angabe über den Kaliabsatz von SCPA in Belgien und Luxemburg, von
der sich, wie die Kommission zu Recht ausführt, aus den übrigen, zutreffenden Zahlenangaben im
Dokument ergibt, daß sie falsch ist.
88.
Daher erweist es sich im vorliegenden Fall nicht, daß die Kommission ihre Verpflichtungen aus
Artikel 19 der Verordnung verletzt hätte.
89.
Dieser erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
B — Zur falschen Würdigung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den deutschen Markt
90.
Die französische Regierung rügt, daß die Kommission die Verordnung dadurch unrichtig angewandt
habe, daß sie gemäß der Theorie der Verteidigung der zahlungsunfähigen Gesellschaft („Failing
company defence“) und ohne eine Bedingung aufzustellen, einen Zusammenschluß genehmigt habe,
der zur Schaffung eines Monopols auf dem deutschen Kalimarkt führe.
91.
Zur unrichtigen Anwendung dieser Theorie verweist die französische Regierung darauf, daß es sich
um eine aus der amerikanischen Antitrustregelung hervorgegangene Theorie handele, nach der ein
Zusammenschluß nur dann als Ursache der Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden
Stellung angesehen werden könne, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt seien:
a) Eines der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen befinde sich in einer solchen Situation,
daß es nicht in der Lage sein werde, seine Verpflichtungen in naher Zukunft zu erfüllen;
b) es sei im Sinne von Kapitel 11 des Bankruptcy Act unfähig, sich mit Aussicht auf Erfolg
umzustrukturieren;
c) es gebe keine anderen, weniger wettbewerbsschädlichen Lösungen als den Zusammenschluß;
d) das zahlungsunfähige Unternehmen würde aus dem Markt ausscheiden, wenn der
Zusammenschluß nicht vollzogen würde.
92.
Die Kommission habe sich auf die Theorie der Failing company defence bezogen, ohne alle in der
amerikanischen Antitrustregelung verwendeten Kriterien, insbesondere die unter a und b zu
berücksichtigen, obwohl nur die Anwendung der amerikanischen Kriterien insgesamt die Umsetzung
einer Ausnahmeregelung gewährleiste, deren Anwendung nicht zur Verschlimmerung einer bereits
verschlechterten Wettbewerbslage führen würde.
93.
Die Kommission, die die Ansicht vertreten habe, daß K + S auf alle Fälle den Marktanteil von MdK in
Deutschland übernehmen würde, habe willkürlich das Kriterium der Absorption von Marktanteilen
eingeführt.
94.
Die Absorption des Marktanteils von MdK durch K + S im Fall des Ausscheidens von MdK beweise,
daß der deutsche Markt für den Wettbewerb undurchdringlich sei, erlaube jedoch nicht, den
wettbewerbsschädlichen Charakter des Zusammenschlusses zu übergehen.
95.
Im übrigen habe die Kommission nicht dargetan, daß die von ihr angewandten Kriterien des
Ausscheidens des Unternehmens aus dem Markt und des Fehlens einer weniger
wettbewerbsschädlichen Erwerbsalternative im vorliegenden Fall tatsächlich erfüllt seien.
96.
Zum angeblichen Ausscheiden von MdK aus dem Markt, wenn der Zusammenschluß nicht erfolgt,
führt die französische Regierung aus, daß die Kommission völlig die Möglichkeit außer acht gelassen
habe, daß MdK nach einem mit finanzieller Beihilfe durch die Treuhand unter Beachtung der Artikel 92
und 93 EG-Vertrag vollzogenen selbständigen Umstrukturierungsprozeß wieder rentabel werden
könnte.
97.
Schließlich habe die Kommission nicht dargetan, daß es keine andere, weniger
wettbewerbsschädliche Möglichkeit gebe. Die bei MdK vertretenen Gewerkschaften hätten mangelnde
Transparenz im Ausschreibungsverfahren gerügt.
98.
Zum Fehlen der Voraussetzungen für die Genehmigung des Zusammenschlusses auf dem
deutschen Markt macht die französische Regierung geltend, die streitige Entscheidung sei auf jeden
Fall mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet und verstoße gegen Artikel 2 Absatz 3 der
Verordnung, soweit sie den Zusammenschluß auf dem deutschen Markt, auf dem das Unternehmen
98 % der Marktanteile halte, ohne irgendeine Bedingung genehmige. Es sei nämlich offensichtlich,
daß der betreffende Zusammenschluß die beherrschende Stellung von K + S in Deutschland verstärke
und dadurch der Wettbewerb auf einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes erheblich
behindert werde.
99.
Das in den Artikeln 2 und 3 Buchstabe j EG-Vertrag genannte Ziel der Stärkung des wirtschaftlichen
und sozialen Zusammenhalts, an das auch in der dreizehnten Begründungserwägung der Verordnung,
auf die die Kommission in ihrer
Entscheidung verweise, erinnert werde, sei zwar bei der Beurteilung von Zusammenschlüssen zu
berücksichtigen, könne jedoch keinesfalls eine Genehmigung rechtfertigen, die das wesentliche Ziel
der gemeinschaftlichen Fusionskontrolle, das im Schutz des Wettbewerbs bestehe, vereitele. Letztlich
hätte die Kommission nur dann den Zusammenschluß unter Berufung auf das Ziel der Stärkung des
wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts genehmigen dürfen, wenn die anmeldenden
Unternehmen wie die Firma Nestlé in der Entscheidung 92/553/EWG der Kommission vom 22. Juli 1992
betreffend ein Verfahren nach der Verordnung Nr. 4064/89 (Fall Nr. IV/M.190 — Nestlé/Perrier) (ABl. L
356, S. 1; im folgenden: Nestlé/Perrier-Entscheidung) genaue und ausreichende Zusagen über die
Öffnung des betreffenden Marktes für den Wettbewerb abgegeben hätten.
100.
Die Kommission räumt ein, daß sie sich in der Entscheidung die amerikanische Theorie der „Failing
company defence“ nicht vollständig zu eigen gemacht habe. Sie vermag jedoch nicht zu erkennen,
inwiefern dies die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung beeinträchtigen könne.
101.
Im übrigen meint sie, hinreichend dargetan zu haben, daß die Kriterien, die sie für die Anwendung
der Theorie der „Failing company defence“ angewandt habe, im vorliegenden Fall tatsächlich erfüllt
seien.
102.
Zur Gefahr eines schnellen Ausscheidens von MdK aus dem Markt, wenn sie nicht von einem
anderen Wirtschaftsteilnehmer übernommen werde, verweist die Kommission darauf, daß sie in den
Randnummern 76 und 77 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, daß von der Treuhand
nicht erwartet werden könne, auf Dauer die Verluste eines wirtschaftlich nicht mehr lebensfähigen
Unternehmens durch staatliche Finanzmittel abzudecken, und daß die Stillegung von MdK mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft erwartet werden könne, auch wenn diese aus
sozial-, regional- oder allgemeinen politischen Erwägungen vielleicht nicht unmittelbar bevorstehen
möge.
103.
Schließlich sei nicht bestritten, daß der Marktanteil von MdK in Deutschland aller Wahrscheinlichkeit
nach von K + S übernommen würde.
104.
Zu der Voraussetzung, daß es keine weniger wettbewerbsschädliche Alternative für den Erwerb von
MdK gebe, verweist die Kommission auf die Randnummern 81 bis 90 der streitigen Entscheidung.
Ferner macht sie geltend, die französische Regierung habe nicht dargetan, inwiefern die
Beanstandungen der bei MdK vertretenen Gewerkschaften ihre Beurteilung in Frage stellen könnten.
Im übrigen habe sie sich nicht mit der Feststellung begnügt, daß die Ausschreibung es nicht
ermöglicht habe, einen anderen Erwerber zu finden, sondern sie habe selbst eine ergänzende
Untersuchung angestellt.
105.
Zum Fehlen der Voraussetzungen für die Genehmigung des Zusammenschlusses auf dem
deutschen Markt führt die Kommission aus, daß die französische Regierung nicht genau angebe,
welche Zusagen K + S und MdK in bezug auf die
Öffnung des deutschen Marktes für den Wettbewerb hätten abgeben können. Die französische
Regierung könne sich nicht mit Erfolg auf die erwähnte Entscheidung Nestlé/Perrier berufen. In dieser
Entscheidung habe der Zusammenschluß aufgrund bestimmter Zusagen in bezug auf die Struktur des
Wettbewerbs auf dem Markt für das betreffende Erzeugnis genehmigt werden können. Im
vorliegenden Fall müsse jedoch für die Öffnung des deutschen Marktes für den Wettbewerb nicht nur
die Wettbewerbsstruktur, sondern auch das Verhalten der Käufer geändert werden. Selbst wenn das
Mittel zur Öffnung des Marktes struktureller Art habe sein können, habe sich keine weniger
wettbewerbsschädliche Lösung für den Erwerb von MdK ergeben.
106.
Die deutsche Regierung macht geltend, gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung sei die
Untersagung eines Zusammenschlusses nur dann gerechtfertigt, wenn dieser zu einer
Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse führe. Es fehle jedoch an einem Kausalzusammenhang
zwischen dem Zusammenschluß und seinen Auswirkungen auf den Wettbewerb, wenn ohne den
Zusammenschluß die gleiche Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen zu erwarten wäre. Dies
sei dann der Fall, wenn die drei von der Kommission aufgestellten Voraussetzungen erfüllt seien.
107.
Die deutsche Regierung ist im Gegensatz zur französischen Regierung der Ansicht, die Kommission
habe hinreichend dargetan, daß die von ihr aufgestellten Voraussetzungen erfüllt seien. Erstens sei
MdK allein nicht lebensfähig, d. h. eine Sanierung unter Beibehaltung der Selbständigkeit des
Unternehmens sei nicht möglich. Die Kommission habe in Randnummer 76 der streitigen Entscheidung
substantiiert begründet, daß MdK bei Beibehaltung der 100%igen Beteiligung der Treuhand langfristig
nicht sanierungsfähig sei. Zweitens unterliege es keinem Zweifel, daß der Marktanteil von MdK
automatisch K + S zufallen würde, da diese nach dem Ausscheiden von MdK allein auf dem
betreffenden Markt verbleiben würde und da es sich in diesem Zusammenhang um eine zentrale
Voraussetzung handele. Drittens habe die Kommission umfassend begründet, daß eine alternative
Möglichkeit des Erwerbs von MdK nicht gegeben sei.
108.
Zur Genehmigung des Zusammenschlusses auf dem deutschen Markt ohne Bedingungen und
Auflagen führt die deutsche Regierung aus, daß in Ermangelung eines Kausalzusammenhangs
zwischen dem Zusammenschluß und der Verstärkung einer beherrschenden Stellung eine der
Voraussetzungen für den Erlaß einer untersagenden Entscheidung gemäß Artikel 2 Absatz 3 der
Verordnung nicht erfüllt sei. Daher sei der Zusammenschluß ohne Auflagen und Bedingungen zu
genehmigen gewesen.
109.
Vorab ist darauf hinzuweisen, daß gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung „Zusammenschlüsse,
die keine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im
Gemeinsamen Markt oder in einem
wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, ... für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt
zu erklären [sind]“.
110.
Daher ist ein Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären, wenn er
nicht zur Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung führt, durch die die
Wettbewerbssituation auf dem betreffenden Markt erheblich beeinträchtigt würde.
111.
Aus Randnummer 71 der streitigen Entscheidung ergibt sich, daß nach Ansicht der Kommission ein
Zusammenschluß, der normalerweise als zur Entstehung oder Verstärkung einer
marktbeherrschenden Stellung des erwerbenden Unternehmens führend zu sehen wäre, als nicht
ursächlich für diese Marktstellung angesehen werden kann, wenn der Erwerber im Fall einer
Untersagung des Zusammenschlusses zwangsläufig ebenfalls eine marktbeherrschende Stellung
erlangen oder verstärken würde. In derselben Randnummer wird festgestellt, daß allgemein ein
Zusammenschluß nicht kausal für die Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur sei, wenn feststehe,
— daß das erworbene Unternehmen ohne die Übernahme durch ein anderes Unternehmen
kurzfristig aus dem Markt ausscheiden würde,
— daß die Marktposition des erworbenen Unternehmens im Falle seines Ausscheidens aus dem
Markt dem erwerbenden Unternehmen zuwachsen würde,
— daß es keine weniger wettbewerbsschädliche Erwerbsalternative gebe.
112.
Erstens ist es für sich genommen kein Grund für die Ungültigkeit der streitigen Entscheidung, daß
sich die von der Kommission für den Schluß auf das Nichtvorliegen eines Kausalzusammenhangs
zwischen dem Zusammenschluß und der Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur aufgestellten
Voraussetzungen nicht vollständig mit den im Rahmen der amerikanischen Theorie der „Failing
company defence“ zugrunde gelegten Kriterien decken. Denn nur der Umstand, daß die von der
Kommission aufgestellten Voraussetzungen nicht geeignet wären, die Ursächlichkeit eines
Zusammenschlusses für die Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur des Marktes auszuschließen,
könnte einen Grund für die Ungültigkeit der streitigen Entscheidung darstellen.
113.
Im vorliegenden Fall bestreitet die französische Regierung die Stichhaltigkeit des Kriteriums, daß zu
prüfen ist, ob das erwerbende Unternehmen auf jeden Fall den Marktanteil des erworbenen
Unternehmens erhalten würde, wenn dieses aus dem Markt ausschiede.
114.
Jedoch könnte ohne dieses Kriterium ein Zusammenschluß, sofern die übrigen Kriterien erfüllt
wären, selbst dann als nicht kausal für die Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur des Marktes
angesehen werden, wenn sich zeigen würde, daß
das erwerbende Unternehmen ohne den Zusammenschluß nicht den gesamten Marktanteil des
erworbenen Unternehmens erhielte. So könnte das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen
dem Zusammenschluß und der Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur des Marktes selbst dann
verneint werden, wenn ohne den Zusammenschluß die Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur
des Marktes geringer ausfiele.
115.
Die Einführung dieses Kriteriums soll nämlich gewährleisten, daß das Vorliegen eines
Kausalzusammenhangs zwischen dem Zusammenschluß und der Verschlechterung der
Wettbewerbsstruktur des Marktes nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn die Verschlechterung
der Wettbewerbsstruktur, zu der es nach dem Zusammenschluß kommt, auch ohne diesen in gleicher
Weise eintreten würde.
116.
Obwohl die Kommission das Kriterium der Absorbierung der Marktanteile allein selbst nicht als
ausreichend erachtet, um die Schädlichkeit des Zusammenschlusses für den Wettbewerb
auszuschließen, bietet es doch mit Gewähr für die Neutralität des genannten Vorgangs für die
Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur des Marktes, was dem Kausalitätsbegriff des Artikels 2
Absatz 2 der Verordnung entspricht.
117.
Zu der Rüge, die Kommission habe nicht dargetan, daß MdK ohne den Zusammenschluß
unausweichlich aus dem Markt ausscheiden würde, ist auszuführen, daß die Kommission in
Randnummer 73 der streitigen Entscheidung festgestellt hat, daß MdK auch nach ihrer zum 1. Januar
1993 beendeten Umstrukturierung im Lauf des ersten Quartals weiter erhebliche Verluste erlitten
habe. Die schwierige wirtschaftliche Situation von MdK sei im wesentlichen auf ihre veraltete
Betriebsstruktur und die Absatzkrise zurückzuführen, die insbesondere auf das Wegbrechen der
Märkte in Osteuropa zurückzuführen sei. Auch fehle es MdK an einem leistungsfähigen
Vertriebsapparat (vgl. Randnummern 74 und 75 der streitigen Entscheidung).
118.
In Randnummer 76 der streitigen Entscheidung hob die Kommission hervor, daß MdK ihren Betrieb
bisher nur dank des Eingreifens der Treuhand habe fortsetzen können, die ihre Verluste ständig
abgedeckt habe. Die Verluste von MdK könnten jedoch nicht auf Dauer von der Treuhand mit Hilfe
staatlicher Beihilfen gedeckt werden, da eine solche Lösung auf alle Fälle mit den Beihilferegeln des
Vertrages unvereinbar sei.
119.
Nach allem kann nicht beanstandet werden, daß die Kommission ausgeführt hat, MdK sei
wirtschaftlich nicht mehr lebensfähig und werde, auf sich allein gestellt, wahrscheinlich auch dann auf
Dauer Verluste erwirtschaften, wenn ihm von der Treuhand die gleichen Finanzmittel zu
Sanierungszwecken zur Verfügung gestellt würden, wie sie im Rahmen des beabsichtigten
Zusammenschlusses vorgesehen seien.
120.
Daher kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Prognose der Kommission, ohne
Übernahme durch ein Privatunternehmen sei die Stillegung von MdK in naher Zukunft sehr
wahrscheinlich, nicht auf schlüssigen Beweisen beruht.
121.
Schließlich ist daran zu erinnern, daß die Rüge der französischen Regierung bezüglich der
Voraussetzung, daß es keine weniger wettbewerbsschädliche Alternative für den Erwerb von MdK
gebe, dahin geht, daß die Kommission wegen der fehlenden Transparenz im Ausschreibungsverfahren
die Erfüllung dieser Voraussetzung nicht dargetan habe.
122.
Hierzu genügt die Feststellung, daß die französische Regierung nur ausgeführt hat, die bei MdK
vertretenen Gewerkschaften hätten mangelnde Transparenz im Ausschreibungsverfahren gerügt, und
daß sie keine erläuternden Angaben dazu gemacht hat, worin dieser angebliche Mangel an
Transparenz bestanden haben soll.
123.
Da diese Rüge in keiner Weise erläutert worden ist, kann sie nicht durchgreifen.
124.
Nach allem konnte das Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Zusammenschluß und
der Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur auf dem deutschen Markt nicht stichhaltig in Frage
gestellt werden. Daher ist festzustellen, daß der Zusammenschluß in bezug auf diesen Markt dem in
Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung aufgestellten Kriterium entspricht, so daß er ohne Änderungen für
mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden konnte. Entgegen dem Vorbringen der
französischen Regierung würde es demnach dieser Feststellung widersprechen, wenn verlangt würde,
daß die Kommission ihre Erklärung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses bezüglich des
deutschen Marktes mit irgendeiner Bedingung versehen würde.
125.
Daher ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
C — Zur unrichtigen Beurteilung des Zusammenschlusses auf dem Markt der Gemeinschaft außer
Deutschland
126.
Mit diesem Klagegrund rügen die französische Regierung sowie SCPA und EMC, die Kommission
habe erstens den geographischen Markt außerhalb Deutschlands falsch abgegrenzt, zweitens die
Verordnung so ausgelegt, daß sie für kollektive beherrschende Stellungen gelte, und drittens den
Begriff der kollektiven beherrschenden Stellung falsch ausgelegt.
1. Zur Abgrenzung des relevanten geographischen Marktes
127.
Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Festlegung der Gemeinschaft außer Deutschland als
gesonderter geographisch relevanter Markt für Kali nicht hinreichend begründet und beruht auf einer
falschen und auf alle Fälle unvollständigen Beurteilung der zu berücksichtigenden Umstände. Die
Kommission habe im übrigen völlig heterogene Wettbewerbssituationen miteinander vermischt.
128.
So habe die Kommission Staaten ohne inländische Erzeugung, Erzeugerstaaten wie Spanien und
das Vereinigte Königreich, in denen die Erzeugung strukturell mindestens so hoch wie der Verbrauch
sei, und Erzeugerstaaten wie Frankreich, in denen die Erzeugung strukturell unter dem Verbrauch
liege, auf eine Stufe gestellt.
129.
Die französische Regierung macht geltend, daß praktisch der gesamte innergemeinschaftliche
Handelsverkehr in einer Richtung verlaufe und nicht aus gegenseitigem Austausch bestehe, der einen
wirklich homogenen Markt kennzeichne. Die Mitgliedstaaten ohne eigene Erzeugung führten
ausschließlich ein, Spanien führe nur aus dem Vereinigten Königreich ein und führe nichts aus,
Frankreich führe aus Deutschland, Spanien und dem Vereinigten Königreich ein, exportiere jedoch
praktisch nichts, und das Vereinigte Königreich schließlich führe viel aus Deutschland ein, führe
jedoch dorthin nur unbedeutende Mengen aus.
130.
Im übrigen seien die Einkaufsstrategien der Mitgliedstaaten unterschiedlich. Frankreich erhalte
zwischen den drei anderen Erzeugerstaaten verhältnismäßig ausgeglichene Lieferungen und führe
auch aus Drittländern ein. Hingegen kämen die Einfuhren in das Vereinigte Königreich im wesentlichen
aus Deutschland. Von den Staaten, die über keine Erzeugung verfügten, führten Irland und Portugal
ausschließlich Kali mit Ursprung in der Gemeinschaft ein, während Dänemark, Belgien und Luxemburg
ungefähr ein Viertel ihres Verbrauchs und Italien sowie die Niederlande mehr als die Hälfte aus
Drittländern einführten.
131.
Ein weiterer Beweis für die fehlende Homogenität des relevanten Marktes ergebe sich aus einer
Untersuchung der Marktanteile der Lieferanten, die sich von einem Staat zum anderen stark
unterschieden. Tatsächlich sei nur K + S in allen Mitgliedstaaten, allerdings mit Ausnahme Spaniens,
präsent.
132.
Im übrigen sei der Konzentrationsgrad des Angebots in Spanien, Frankreich und Belgien/Luxemburg
hoch. Dies spreche grundsätzlich für eine Lösung, die in der Abtrennung der Märkte mit einer solchen
Konzentration bestehe.
133.
Auch eine Untersuchung der Merkmale der Nachfrage bestätige, daß im vorliegenden Fall kein
geographischer Markt bestehe, der aus allen Mitgliedstaaten außer Deutschland gebildet werde.
Denn die Beurteilung der Austauschbarkeit der Erzeugnisse durch die Kommission sei falsch, da die
Auswahl der Kalierzeugnisse von der geologischen Beschaffenheit des Bodens, der
landwirtschaftlichen Fläche, den Gewohnheiten der Verbraucher und der Agrarpolitik sowie dem
Vorhandensein einer örtlichen Kaliindustrie abhänge. So werde im Vereinigten Königreich beinahe
doppelt so viel Kali wie in Italien und in Belgien/Luxemburg dreimal so viel wie in den Niederlanden
verkauft, wobei die Größe der Staaten vergleichbar sei. In Portugal werde zwölfmal weniger Kali
verkauft als in Dänemark.
134.
Die Klägerinnen bestreiten die Zuverlässigkeit der Untersuchung der Transportkosten und der
Kalipreise innerhalb des Referenzmarkts durch die Kommission. In bezug auf die Transportkosten
beschränke sich die Kommission im wesentlichen auf die Behauptung, es zeige sich, daß sie die
Handelsströme nicht behinderten. Insbesondere der Umstand, daß es keinen Handelsstrom vom
Vereinigten Königreich nach Italien und von Spanien in die Niederlande oder nach Dänemark gebe,
erlaube es, einen fehlenden Einfluß der Transportkosten auf die Lieferungen zu bezweifeln. In bezug
auf die Preise habe es die Kommission unterlassen, eine vergleichende Untersuchung der von den
verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern in den einzelnen Mitgliedstaaten praktizierten Preise
vorzunehmen. Die französische Regierung macht geltend, die Kommission habe ihre Beurteilung der
Transportkosten und der Preise nur auf einige von K + S gemachte Angaben und auf fünf Jahre alte
Statistiken gestützt.
135.
Die Kommission hätte den spanischen und den französischen Markt abtrennen müssen, die wegen
ihrer besonderen Merkmale Wettbewerbsbedingungen aufwiesen, die mit denjenigen in den anderen
Mitgliedstaaten nicht vergleichbar seien. Insbesondere weise der spanische Markt ähnliche Merkmale
wie der deutsche Markt auf, während sich der französische Markt von den anderen nationalen
Märkten durch eine Erzeugung, die niedriger als der Verbrauch sei, und durch das Vorhandensein
eines weitgehend vorherrschenden großen Wirtschaftsteilnehmers deutlich unterscheide.
136.
Die Kommission erwidert, es bedeute keine falsche Abgrenzung des relevanten geographischen
Marktes, wenn Mitgliedstaaten, die über keine inländische Erzeugung verfügten oder deren
inländische Erzeugung höher oder niedriger als der Verbrauch sei, in ein und denselben Markt
einbezogen würden. Auch schließe das Vorliegen einseitiger Handelsströme auf dem abgegrenzten
geographischen Markt nach der wirtschaftswissenschaftlichen Lehre nicht aus, daß dieser in bezug
auf die Wettbewerbsbedingungen homogen sei.
137.
Die mehr oder weniger erhebliche Präsenz von Erzeugern eines bestimmten geographischen
Gebietes auf dem Markt eines anderen geographischen Gebietes sei mit den Absatzstrategien der
Lieferanten zu erklären, die es aus unterschiedlichen Gründen vorzögen, ihre Anstrengungen auf ein
bestimmtes geographisches Gebiet zu konzentrieren. Die angeblichen Einkaufsstrategien der
Mitgliedstaaten deuteten als solche nicht auf das Fehlen hinreichend homogener
Wettbewerbsbedingungen hin.
138.
Zum Argument mit den beträchtlichen Unterschieden der Marktanteile der Lieferanten von einem
Mitgliedstaat zum anderen wendet die Kommission ein, daß diese Unterschiede nicht als solche als
Beweis dafür angesehen werden könnten, daß die Lieferanten die Märkte nicht durchdringen könnten
und daß daher unterschiedliche geographische Märkte vorlägen. Daher stelle dieses Kriterium keinen
ausschlaggebenden Faktor für die Festlegung des relevanten geographischen Marktes dar.
139.
Der verhältnismäßig hohe Konzentrationsgrad des Angebots in bestimmten Mitgliedstaaten sei
auch kein maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung eines getrennten Marktes, insbesondere wenn
zwischen diesen Mitgliedstaaten umfangreiche Handelsströme bestünden.
140.
Zu den Merkmalen der Nachfrage nach Kalierzeugnissen verweist die Kommission darauf, daß sie
bereits festgestellt habe, daß es zum einen einen hohen Grad der Austauschbarkeit gebe, da die
Kunden in keinem Staat, mit Ausnahme Deutschlands, den inländischen Erzeugnissen eindeutig den
Vorzug gäben, und daß zum anderen alle Gemeinschaftserzeuger des betreffenden Sektors zur
Herstellung der verschiedenen Sorten Kali in der Lage seien. Trotz der erheblichen Unterschiede
zwischen den in den verschiedenen Mitgliedstaaten verbrauchten Kalimengen werde Kali in nicht
unerheblichen Mengen in der gesamten Gemeinschaft außerhalb Deutschlands verkauft. Letztlich
belege im vorliegenden Fall nichts, daß die Struktur der Nachfrage für getrennte nationale Märkte
spreche.
141.
Die Kommission bestreitet, daß ihre Analyse der Transportkosten oberflächlich oder unrichtig sei.
Zur Begründung wendet sie ein, daß das Fehlen von Handelsströmen zwischen Hersteller- und
Einfuhrländern nicht notwendigerweise durch die Transportkosten verursacht werde. Andererseits
beweise das Vorhandensein von Handelsströmen zwischen bestimmten Nachbarstaaten, daß die
Transportkosten kein Hindernis seien. Die Kalipreise in den Mitgliedstaaten mit Ausnahme
Deutschlands wiesen unerhebliche Unterschiede auf. Denn die größte Preisdifferenz zwischen den
anderen Mitgliedstaaten als Deutschland betrage 10 %, während sie gegenüber Deutschland niemals
unter 15 % liege.
142.
Schließlich könnten weder der spanische noch der französische Markt als unterschiedliche
relevante Märkte betrachtet werden. Der spanische Markt sei mit seinen 16 % Einfuhren offener als
der deutsche Markt, auf dem die Einfuhren nur einen Anteil von 2 % ausmachten. Im übrigen wachse
der Anteil von Einfuhren auf dem spanischen Markt zu Lasten des Marktanteils von Coposa. Auch
könnten die Kalierzeugnisse der anderen Mitgliedstaaten außer Deutschland weitgehend spanische
Kalierzeugnisse ersetzen. Schließlich bestünden keine erheblichen Unterschiede zwischen dem
Kalipreis in Spanien und in der übrigen Gemeinschaft außerhalb Deutschlands. Zum französischen
Markt führt die Kommission aus, er werde sogar in weit größerem Umfang durch Einfuhren versorgt als
der spanische Markt. Im übrigen gälten die Erwägungen, die sie in bezug auf die Preise und die
Austauschbarkeit der spanischen Kalierzeugnisse angestellt habe, entsprechend auch für die
französischen Erzeugnisse. Auch glichen die in diesen beiden Mitgliedstaaten angewandten
Vertriebsmethoden denjenigen, die in der übrigen Gemeinschaft mit Ausnahme Deutschlands
angewandt würden.
143.
Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die angemessene Festlegung des relevanten Marktes eine
notwendige Voraussetzung für jede Beurteilung des Einflusses eines Zusammenschlusses auf den
Wettbewerb ist. Im Zusammenhang mit der
Anwendung der Verordnung, wie sie im vorliegenden Fall beabsichtigt ist, besteht der relevante
geographische Markt aus einem abgegrenzten räumlichen Bereich, in dem das relevante Erzeugnis
vertrieben wird und in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind, um eine
vernünftige Einschätzung der Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlusses auf den
Wettbewerb zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76, United
Brands/Kommission, Slg. 1978, 207, Randnrn. 11 und 44).
144.
Es steht fest, daß alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Deutschlands erhebliche Mengen Kali aus
anderen Mitgliedstaaten und mitunter aus Drittländern einführen. So führt Spanien, dessen
inländischer Erzeuger, Coposa, von allen Erzeugern in der Gemeinschaft die am stärksten gefestigte
Stellung auf seinem Heimatmarkt hat, Kali im Umfang von mehr als 15 % des spanischen Marktes ein.
Frankreich führt Kali im Umfang von mehr als 20 % seines Marktes, das Vereinigte Königreich im
Umfang von mehr als 50 % seines Marktes ein. Die anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft außer
Deutschland verfügen über keine eigene Erzeugung und sind daher notwendigerweise von Einfuhren
abhängig.
145.
Wie aus den Randnummern 53 und 56 der streitigen Entscheidung hervorgeht, halten die Erzeuger
aus Drittländern in der Gemeinschaft mit Ausnahme Deutschlands einen Anteil am freien Markt für Kali
von ungefähr 15 %. Diese Angabe wird im übrigen durch die Zahlen bestätigt, die in dem im
Verwaltungsverfahren vorgelegten, in den Randnummern 78 ff. des vorliegenden Urteils erwähnten
Dokument enthalten sind, das die Aufteilung der Verkäufe der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer auf die
Mitgliedstaaten im Detail wiedergibt.
146.
Ein geographischer Raum wie derjenige, um den es im vorliegenden Fall geht, bildet grundsätzlich
ein für den Wettbewerb offenstehendes Gebiet, da er sich für den Verkehr sowohl von Kali mit
innergemeinschaftlichem Ursprung als auch von Kali mit außergemeinschaftlichem Ursprung als sehr
durchdringbar erweist.
147.
Im übrigen steht fest, daß sich die Verbraucher in den verschiedenen Mitgliedstaaten außer
Deutschland mit weitgehend substituierbaren Kalierzeugnissen eindecken und Spezialitäten, die nur
bei den inländischen Erzeugern erhältlich sind, einen besonderen Vorrang einräumen.
148.
Außerdem geht aus Angaben der Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation der Vereinten
Nationen hervor, daß im Zeitraum 1987 bis 1989 die Kalipreise in den einzelnen Mitgliedstaaten außer
Deutschland nicht erheblich voneinander abwichen, während die deutschen Preise 20 % höher als die
in den anderen Mitgliedstaaten praktizierten waren. Zudem waren nach den Angaben der Parteien die
von K + S 1992 beispielsweise in Belgien und in den Niederlanden praktizierten Preise für Kornkali (ein
Magnesium enthaltendes Kalierzeugnis) und für Kaligranulat 40/8 genau gleich hoch, jedoch
verglichen mit den deutschen Preisen für die gleichen Erzeugnisse um 15 % bzw. 20 % niedriger (vgl.
Randnr. 43 der streitigen Entscheidung). Diese Angaben bieten, obwohl sie sehr grob sind,
wie die französische Regierung erklärt hat, einen Anhaltspunkt dafür, daß die in der Gemeinschaft
außerhalb Deutschlands praktizierten Preise ziemlich homogen sind und erheblich von den in
Deutschland praktizierten abweichen.
149.
Schließlich stellen die Transportkosten, wie die Kommission ausgeführt hat, kein Hemmnis für die
Handelsströme innerhalb der Gemeinschaft mit Ausnahme Deutschlands dar. Dafür spricht der
Umstand, daß Handelsströme zwischen nicht aneinander angrenzenden Staaten wie dem Vereinigten
Königreich und Spanien, Spanien und Irland, Spanien und Italien, Spanien und Belgien/Luxemburg,
Deutschland und Irland, Deutschland und Portugal, Deutschland und Italien sowie Frankreich und den
Niederlanden bestehen.
150.
Schließlich bestreiten die Klägerinnen nicht die Behauptung der Kommission, es deute auf der
Vertriebsebene nichts darauf hin, daß für den Zugang von Erzeugnissen in der Gemeinschaft mit
Ausnahme Deutschlands ähnliche Schranken in Deutschland bestünden.
151.
Daher und wegen des Fehlens maßgebender entgegenstehender Umstände erweist sich die
wirtschaftliche Einschätzung der Kommission, daß die Gemeinschaft mit Ausnahme Deutschlands ein
hinreichend homogenes Ganzes darstellt, das insgesamt als getrennter geographischer Markt
angesehen werden kann, als rechtlich genügend untermauert, insbesondere bei einer
Gegenüberstellung mit dem deutschen Markt, auf dem die Einfuhren unbedeutend sind, da K + S und
MdK tatsächlich 98 % des nationalen Kalimarktes halten.
2. Zur Anwendbarkeit der Verordnung auf kollektive beherrschende Stellungen
152.
Die französische Regierung und die klagenden Unternehmen vertreten die Ansicht, daß die
Verordnung die Kommission nicht dazu ermächtige, sie auf Fälle einer kollektiven beherrschenden
Stellung anzuwenden. Der Wortlaut der Verordnung, insbesondere Artikel 2, erwähne im Unterschied
zu Artikel 86 EG-Vertrag nicht ausdrücklich den Fall der kollektiven beherrschenden Stellung. Denn
während nach Artikel 86 „die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung ... durch ein
oder mehrere Unternehmen“ verboten sei, seien nach Artikel 2 der Verordnung mit dem
Gemeinsamen Markt zum einen Zusammenschlüsse, die keine wettbewerbswidrige beherrschende
Stellung begründeten oder verstärkten, vereinbar und zum anderen solche, die eine derartige
Stellung begründeten oder verstärkten, unvereinbar.
153.
Im übrigen rechtfertigten die Rechtsgrundlagen der Verordnung nicht die Auslegung der
Kommission. Die Verordnung sei nämlich keine Regelung zur Durchführung des Artikels 86 des
Vertrages. Nach Ansicht der französischen Regierung beruht die Verordnung im wesentlichen auf
Artikel 235 EG-Vertrag, und wenn sie auch auf Artikel 87 des Vertrages gestützt sei, der die
Kommission ermächtige, alle zweckdienlichen Verordnungen oder Richtlinien zur
Verwirklichung der in den Artikeln 85 und 86 niedergelegten Grundsätze zu erlassen, so gerade
deshalb, weil der Rat trotz der Anerkennung der Möglichkeit, Artikel 86 für die Kontrolle bestimmter
Zusammenschlüsse heranzuziehen, durch den Gerichtshof (Urteil vom 21. Februar 1973 in der
Rechtssache 6/72, Europemballage und Continental Can/Kommission, Slg. 1973, 215) den
Geltungsbereich der Verordnung insbesondere dadurch eingeschränkt hat, daß er in Artikel 22 Absatz
1 bestimmt habe, daß „[f]ür Zusammenschlüsse im Sinne des Artikels 3 ... allein diese Verordnung
[gilt]“.
154.
Auch erlaube nichts an den Arbeiten vor dem Erlaß der Verordnung den Schluß, daß der
Gesetzgeber auch die kollektiven beherrschenden Stellungen habe erfassen wollen. Nähme man an,
daß diese Fallgruppe von der Verordnung erfaßt werde, so käme dies einer Festlegung auf ein
außerordentlich weites und vor allem sehr unsicheres Feld von Verboten oder bedingten
Genehmigungen gleich. Wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber, zu dessen wesentlichen Bestrebungen
die Gewährleistung der Rechtssicherheit der Unternehmen gehöre, diesen Begriff in die Verordnung
hätte einbeziehen wollen, so hätte er dies daher wie bei Artikel 86 des Vertrages ausdrücklich getan.
155.
EMC und SCPA machen geltend, die von der Kommission vertretene Auslegung der Verordnung
führe zu einer Verfälschung von deren Systematik. Sie begründen diese Ansicht damit, daß die
erwähnte Auslegung dazu führen könne, daß die Verordnung entgegen ihrer fünfzehnten
Begründungserwägung auch dann angewandt werde, wenn der Marktanteil der beteiligten
Unternehmen im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben 25 % nicht
überschreite. Nach der angegebenen Begründungserwägung bestehe das Indiz dafür, daß die
Zusammenschlüsse nicht geeignet seien, wirksamen Wettbewerb zu behindern, und daher als mit
dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnten, insbesondere dann, wenn der
Marktanteil der beteiligten Unternehmen im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil
desselben 25 % nicht überschreite.
156.
Schließlich bestätigt das Fehlen angemessener Verfahrensgarantien für Dritte nach Ansicht der
Klägerinnen, daß die Verordnung nicht als Rahmen für die Verwendung des Begriffes der kollektiven
beherrschenden Stellung gedacht sei. So seien Unternehmen, die an dem im Rahmen der Verordnung
untersuchten Zusammenschluß nicht beteiligt seien, jedoch in den Augen der Kommission zusammen
mit den an dem Zusammenschluß beteiligten Unternehmen ein Oligopol bildeten, nicht von vornherein
Adressaten einer speziellen Information, die ihnen angeben könne, welche Folgen das laufende
Verfahren für sie haben könnte. Zwar hätten die Kommission oder die zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten gemäß Artikel 18 Absatz 4 Satz 1 der Verordnung die Möglichkeit, am
Zusammenschluß nicht beteiligte Dritte und damit gegebenenfalls die Vertreter von daran nicht
beteiligten Unternehmen anzuhören; diese Maßnahme sei jedoch nicht zwingend und wenn sie
stattfinde, habe sie keinen förmlichen Charakter und biete nicht die für die Anhörung der Beteiligten
des Zusammenschlusses vorgesehenen Garantien.
Im übrigen würden Dritte, die als an einer kollektiven beherrschenden Stellung beteiligt angesehen
würden, von der Entscheidung, die die Kommission zu erlassen beabsichtige, nicht unterrichtet und
auch nicht in die Lage versetzt, von der in Artikel 18 Absatz 4 Satz 2 vorgesehenen Möglichkeit, ihre
Anhörung zu beantragen, wirksam Gebrauch zu machen.
157.
Die Kommission erwidert, der Wortlaut der Verordnung ermögliche es nicht, auszuschließen, daß
dieses Instrument auch der Verhütung der Begründung oder Verstärkung kollektiver beherrschender
Stellungen diene. Insbesondere verknüpfe Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung die beherrschende
Stellung mit dem Zusammenschluß und nicht mit den betroffenen Unternehmen und regele die Folgen
des beabsichtigten Zusammenschlusses auf die Wettbewerbsstruktur; somit beziehe sich die
Bestimmung auf einen objektiven Sachverhalt.
158.
Auch zeige die gemeinsame Verwendung der Artikel 87 und 235 des Vertrages als Rechtsgrundlage
der Verordnung, daß deren Ziel darin bestehe, in bezug auf die Kontrolle oligopolistischer
beherrschender Stellungen eine von den Artikeln 85 und 86 des Vertrages offengelassene Lücke zu
schließen.
159.
Nach Ansicht der Kommission erlaubt nichts an den vorbereitenden Arbeiten denSchluß, daß der
Rat ausschließen wollte, daß die Verordnung zur Vorbeugung gegen Fälle kollektiver
Marktbeherrschung dienen kann, d. h. gegen beherrschende Stellungen, die mit der Präsenz
mehrerer stark voneinander abhängiger Wirtschaftseinheiten zusammenhängen. Als sich gezeigt
habe, daß die Delegationen der Mitgliedstaaten zur Frage der Kontrolle von Oligopolen geteilter
Ansicht gewesen seien, habe eine Einigung auf eine neutrale Formulierung gefunden werden können,
die die Frage offengelassen habe. Diese Formulierung sei schließlich in Artikel 2 der Verordnung
aufgenommen worden.
160.
Im übrigen hätte die von der französischen Regierung vertretene Auslegung zur Folge, daß nach
dem Erlaß der Verordnung Zusammenschlüsse, die vorher in bestimmten Mitgliedstaaten einer
Oligopolkontrolle unterlegen hätten, jetzt nur noch der Gemeinschaftskontrolle in bezug auf das
Vorliegen einer individuellen beherrschenden Stellung unterlägen.
161.
Die Einzelheiten des Verfahrens zur Anwendung der Verordnung schützten in weitem Umfang die
Interessen Dritter, da sie es ihnen ermöglichten, ihren Standpunkt geltend zu machen. Jedenfalls
binde eine Entscheidung über die Genehmigung eines Zusammenschlusses auch dann nur die
Beteiligten des Zusammenschlusses, wenn sie, wie es Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung erlaube,
unter Bedingungen und Auflagen erteilt werde. Denn die Bedingungen und Auflagen seien dazu
bestimmt, die Einhaltung der gegenüber der Kommission abgegebenen Zusagen der Beteiligten des
Zusammenschlusses zu gewährleisten. Hilfsweise vertritt die Kommission die Ansicht, da das Recht auf
Anhörung ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts sei, das selbst dort anzuwenden sei, wo es
nicht ausdrücklich niedergelegt sei, könne vom Fehlen einer Erwähnung des Anhörungsrechts Dritter
nicht abgeleitet werden, daß die Verordnung Maßnahmen hätte ausschließen wollen, die die
Interessen Dritter beeinträchtigen könnten.
162.
Schließlich führt die Kommission aus, daß die Möglichkeit, einen den oligopolistischen Charakter
des Marktes verstärkenden Zusammenschluß zu untersagen, zum einen auf der
wirtschaftswissenschaftlichen Theorie beruhe, daß der Wettbewerb auf einem oligopolistischen Markt
nicht angemessen funktioniere, soweit bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien, und zum anderen
auf der Notwendigkeit, gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung im Gemeinsamen Markt
wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entwickeln.
163.
Nach Ansicht der deutschen Regierung findet die Verordnung auf Fälle einer kollektiven
beherrschenden Stellung insbesondere deshalb Anwendung, weil sie ein die Artikel 85 und 86 des
Vertrages ergänzendes Instrument ist und erlassen worden ist, um das allgemeine Ziel in Artikel 3
Buchstabe f EWG-Vertrag (jetzt Artikel 3 Buchstabe g EG-Vertrag) zu erreichen. Denn mit der
Verordnung solle eine wirksame Kontrolle der Zusammenschlüsse erreicht werden, die sich als mit
dem System unverfälschten Wettbewerbs unvereinbar erweisen könnten. Die Wirksamkeit einer
solchen Kontrolle setze die Möglichkeit voraus, alle Zusammenschlüsse, die zur Entstehung oder
Verstärkung einer beherrschenden Stellung führen könnten, zu verhindern, unabhängig davon, ob
diese Stellung von einem oder von mehreren Unternehmen eingenommen werde.
164.
Wenn man die Verordnung so auslegte, daß ihr Anwendungsbereich auf eine von einem einzelnen
Unternehmen eingenommene beherrschende Stellung beschränkt sei, hätte dies zur Folge, daß
Zusammenschlüsse, die nach der Verabschiedung der Verordnung erfolgten und die zuvor der
Fusionskontrolle eines Mitgliedstaats unterfallen seien, nicht der Kontrolle unterlägen.
165.
Erstens kann dem Argument der Klägerinnen, die Wahl der Rechtsgrundlagen spreche für sich
genommen dafür, daß die Verordnung nicht auf kollektive beherrschende Stellungen anwendbar sei,
nicht gefolgt werden. Denn, wie der Generalanwalt in Nummer 83 seiner Schlußanträge ausgeführt
hat, können die Artikel 87 und 235 des Vertrages grundsätzlich als Rechtsgrundlage für eine
Regelung verwendet werden, die ein vorbeugendes Tätigwerden gegenüber Zusammenschlüssen
ermöglicht, die eine kollektive beherrschende Stellung begründen oder verstärken, die geeignet ist,
den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen.
166.
Zweitens läßt sich dem Wortlaut von Artikel 2 der Verordnung nicht entnehmen, daß nur
Zusammenschlüsse unter diese Verordnung fallen, die eine individuelle beherrschende Stellung
begründen oder verstärken, d. h. eine beherrschende Stellung, die von den Beteiligten des
Zusammenschlusses eingenommen wird. Denn Artikel 2 der Verordnung schließt nicht insofern, als er
„Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken“, erfaßt, als
solcher die
Möglichkeit der Anwendung der Verordnung auf Fälle aus, in denen die Zusammenschlüsse zur
Begründung oder Verstärkung einer kollektiven beherrschenden Stellung führen, d. h. einer
beherrschenden Stellung, die die Beteiligten des Zusammenschlusses gemeinsam mit einer an
diesem Zusammenschluß nicht beteiligten Einheit einnehmen.
167.
Drittens geht in bezug auf die vorbereitenden Arbeiten aus den Akten hervor, daß nicht davon
ausgegangen werden kann, daß sie die Absicht der Verfasser der Verordnung in bezug auf die
Bedeutung des Ausdrucks „beherrschende Stellung“ eindeutig zum Ausdruck bringen. Unter diesen
Umständen können die vorbereitenden Arbeiten keine sachdienlichen Anhaltspunkte für die
Auslegung des streitigen Begriffes liefern (vgl. dahin gehend Urteil vom 1. Juni 1961 in der
Rechtssache 15/60, Simon/Gerichtshof, Slg. 1961, 241).
168.
Da die wörtliche und die historische Auslegung der Verordnung, insbesondere des Artikels 2, nicht
die Beurteilung ihrer genauen Bedeutung in bezug auf die Art der erfaßten beherrschenden Stellung
ermöglichen, ist für die Auslegung der betreffenden Regelung sowohl auf ihre Zielsetzung als auch auf
ihre Systematik abzustellen (vgl. dahin gehend Urteil vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 11/76,
Niederlande/Kommission, Slg. 1979, 245, Randnr. 6).
169.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Verordnung, wie sich aus ihren ersten
beiden Begründungserwägungen ergibt, auf der Prämisse beruht, daß das Ziel der Errichtung eines
Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützt,
wesentlich für die Verwirklichung des einheitlichen Binnenmarktes bis zum Jahr 1992 und für seinen
späteren Ausbau ist.
170.
Im übrigen geht aus der sechsten, siebten, zehnten und elften Begründungserwägung hervor, daß
die Verordnung im Unterschied zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages auf alle Zusammenschlüsse
von gemeinschaftsweiter Bedeutung angewandt werden soll, sofern sich diese wegen ihrer
Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur in der Gemeinschaft als unvereinbar mit dem vom Vertrag
geforderten System des unverfälschten Wettbewerbs erweisen könnten.
171.
Ein Zusammenschluß, der eine beherrschende Stellung der Beteiligten gemeinsam mit einer am
Zusammenschluß unbeteiligten Einheit begründet oder verstärkt, kann sich als unvereinbar mit dem
vom Vertrag geforderten System des unverfälschten Wettbewerbs erweisen. Wenn daher davon
ausgegangen würde, daß nur solche Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung der an
ihnen Beteiligten begründen oder verstärken, von der Verordnung erfaßt würden, so wäre deren
Zielsetzung so, wie sie sich insbesondere aus den erwähnten Begründungserwägungen ergibt,
teilweise gefährdet. Der Verordnung würde auf diese Weise ein nicht unerheblicher Teil ihrer
praktischen Wirksamkeit genommen,
ohne daß dies in Anbetracht der allgemeinen Systematik der gemeinschaftlichen
Fusionskontrollregelung geboten wäre.
172.
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß weder das Argument mit dem Fehlen von
Verfahrensgarantien noch das Argument mit der fünfzehnten Begründungserwägung der Verordnung
geeignet ist, die Anwendbarkeit der Verordnung auf Fälle einer kollektiven beherrschenden Stellung,
die auf einem Zusammenschluß beruht, in Frage zu stellen.
173.
Zum ersten Argument ist festzustellen, daß die Verordnung nicht ausdrücklich vorsieht, daß am
Zusammenschluß unbeteiligten Unternehmen, die als externer Pol des beherrschenden Oligopols
betrachtet werden, Gelegenheit gegeben werden muß, ihren Standpunkt sachdienlich zum Ausdruck
zu bringen, wenn die Kommission die „Genehmigung“ des Zusammenschlusses von sie besonders
belastenden Bedingungen oder Auflagen abhängig machen möchte. Das gleiche gilt für den Fall, daß
die Kommission einen Zusammenschluß, der nur zur Begründung oder Verstärkung einer individuellen
beherrschenden Stellung führt, von dritte Unternehmen belastenden Bedingungen oder Auflagen
abhängig machen möchte.
174.
Wenn man unterstellt, daß die Feststellung der Kommission, daß der beabsichtigte
Zusammenschluß eine kollektive beherrschende Stellung der beteiligten Unternehmen einerseits und
eines dritten Unternehmens andererseits begründet oder verstärkt, für sich genommen letzteres
beschweren kann, ist auf jeden Fall daran zu erinnern, daß die Beachtung der Verteidigungsrechte in
allen Verfahren, die zu einer eine bestimmte Person beschwerenden Maßnahme führen können, ein
fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, dem auch dann Rechnung zu tragen ist, wenn
es an einer Regelung für das betreffende Verfahren fehlt (vgl. dahin gehend die Urteile vom 13.
Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, und vom 24.
Oktober 1996 in der Rechtssache C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u. a., Slg. 1996, I-5373, Randnr. 21).
175.
Angesichts dieses Grundsatzes und unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Verordnung, wie sie
zuvor herausgearbeitet worden ist, kann es nicht als entscheidender Beleg für die Unanwendbarkeit
der Verordnung auf kollektive beherrschende Stellungen betrachtet werden, daß der
Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen der Verordnung nicht ausdrücklich ein Verfahren vorgesehen
hat, das die Verteidigungsrechte dritter Unternehmen, die zusammen mit den am Zusammenschluß
beteiligten Unternehmen als mutmaßliche Inhaber einer kollektiven beherrschenden Stellung
angesehen werden, gewährleistet.
176.
Zum zweiten Argument ist festzustellen, daß die in der fünfzehnten Begründungserwägung der
Verordnung aufgeführte Vermutung der Vereinbarkeit von Zusammenschlüssen mit dem
Gemeinsamen Markt, bei denen die beteiligten Unternehmen insgesamt einen Marktanteil von weniger
als 25 % halten, im verfügenden Teil der Verordnung nicht dargelegt ist.
177.
Die fünfzehnte Begründungserwägung der Verordnung ist nämlich insbesondere im Hinblick auf die
ihr zugrunde liegenden Marktverhältnisse so auszulegen, daß bei einem Zusammenschluß, der den an
ihm beteiligten Unternehmen zusammen keinen Anteil von mindestens 25 % am Referenzmarkt
verschafft, davon auszugehen ist, daß er eine wettbewerbswidrige beherrschende Stellung dieser
Unternehmen weder begründet noch verstärkt.
178.
Nach allem sind die kollektiven beherrschenden Stellungen nicht vom Geltungsbereich der
Verordnung ausgeschlossen.
3. Zur Feststellung des Bestehens einer kollektiven beherrschenden Stellung im vorliegenden Fall
179.
Mit diesem dritten Teil des Klagegrundes machen sowohl die französische Regierung als auch EMC
und SCPA geltend, daß die Begründung der Kommission für die angebliche Schaffung eines
beherrschenden Duopols auf einer irrigen tatsächlichen und rechtlichen Würdigung beruhe und auf
alle Fälle unzureichend sei. Die Kommission habe ihre Untersuchung der kollektiven beherrschenden
Stellung auf Kriterien gestützt, die in der Rechtsprechung zu Artikel 86 des Vertrages nicht angewandt
würden, und sie habe im übrigen offensichtliche Fehler bei der Anwendung der Kriterien begangen,
die sie selbst in anderen Entscheidungen für die Klärung der Frage festgelegt habe, ob eine kollektive
beherrschende Stellung begründet werde.
180.
Die Kommission erwidert, daß die Kriterien, die sie in der streitigen Entscheidung angewandt habe,
keineswegs im Widerspruch zu denjenigen stünden, die sie in anderen Entscheidungen zu Fällen einer
kollektiven beherrschenden Stellung benutzt habe. Denn für die Feststellung des Bestehens einer
kollektiven beherrschenden Stellung im vorliegenden Fall habe sie sich im wesentlichen auf drei
Kriterien gestützt: den Konzentrationsgrad des Marktes, der sich aus dem Zusammenschluß ergebe,
die strukturellen Einzelheiten in bezug auf die Natur des Marktes und die Merkmale des Erzeugnisses
sowie die strukturellen Beziehungen zwischen den betroffenen Unternehmen. Im übrigen müßten die
Kriterien für die Feststellung des Vorliegens einer kollektiven beherrschenden Stellung im Rahmen von
Artikel 86 des Vertrages und im Rahmen der Verordnung nicht die gleichen sein. Bei Artikel 86 sei auf
die Vergangenheit abzustellen, während im Rahmen der Verordnung die Untersuchung auf die
Zukunft auszurichten sei, da ihr Ziel in der Wahrung einer wirksamen Wettbewerbsstruktur und nicht
darin bestehe, den Mißbrauch einer beherrschenden Stellung abzustellen.
a) Zum Konzentrationsgrad des Marktes
181.
Die französische Regierung und die klagenden Unternehmen führen aus, die Erhöhung des
Konzentrationsgrades des Marktes sei nicht erheblich, denn dieMarktanteile von K + S und SCPA seien
aufgrund des Zusammenschlusses von
54 % auf 61 % gestiegen. Nach Ansicht der französischen Regierung ist die Untersuchung der
Kommission unvollständig, denn zum einen berücksichtige sie nicht, daß sich auf den
Zusammenschluß hin die Zahl der Wettbewerber auf dem Markt nur von zehn auf neun verringert
habe, und zum anderen würdige sie die Rolle zweier bedeutender Wirtschaftsteilnehmer wie CPL und
Coposa nicht gebührend.
182.
Die Kommission erwidert, ihre Untersuchung berücksichtige vollauf die Marktanteile sämtlicher
Erzeuger in der Gemeinschaft und sämtlicher auswärtiger Beteiligter. Sie habe die Existenz von CPL
und Coposa keineswegs verkannt, sondern festgestellt, daß diese beiden Gemeinschaftserzeuger
ihren Absatz nicht erhöhen könnten, um einen Teil des Marktes von K + S/MdK und SCPA zu erobern.
b) Zum Zustand des ausgeschalteten Wettbewerbers
183.
Die französische Regierung macht geltend, aus der erwähnten Entscheidung Nestlé/Perrier gehe
hervor, daß die Kommission bei ihrer Beurteilung der Begründung einer kollektiven beherrschenden
Stellung dem Umstand besondere Bedeutung beigemessen habe, daß der Zusammenschluß zur
Ausschaltung eines Wettbewerbers führe, der wegen seiner Größe und der von ihm eingenommenen
Stellung auf dem Markt einen wesentlichen Faktor eines wirksamen Wettbewerbs darstelle. Im
vorliegenden Fall sei es jedoch offensichtlich, daß die Übernahme von MdK durch K + S nicht zur
Ausschaltung eines solchen Wettbewerbers führe, denn MdK halte nur 7 % am relevanten Markt. Im
übrigen sei die Frage der „beeindruckenden Erzeugungskapazitäten“ von MdK, die die Kommission in
ihrer Klagebeantwortung anführe, in der streitigen Entscheidung nicht angeschnitten worden.
184.
Die Kommission, die außerdem die Ansicht vertreten habe, daß MdK sich in großen Schwierigkeiten
befinde, hätte zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß dieses Unternehmen kein Wettbewerber sei,
dessen Ausschaltung zu einer wesentlichen Änderung der Marktstrukturen führen würde, aus der sich
die Bildung eines Duopols ergeben könne.
185.
Die Kommission vertritt unter Bezugnahme auf Randnummer 120 der erwähnten Entscheidung
Nestlé/Perrier die Ansicht, ob die Verringerung der Anzahl der Erzeuger bei der Feststellung des
Vorliegens einer kollektiven beherrschenden Stellung zu berücksichtigen sei, hänge wesentlich davon
ab, ob diese Verringerung mehr als eine rein formale Änderung der Marktstruktur sei. Dies sei bei der
Übernahme von MdK durch K + S durchaus der Fall. In diesem Zusammenhang führt die Kommission
aus, daß MdK über eindrucksvolle Erzeugungskapazitäten verfüge, die nach einer beschleunigten
Umstrukturierung ein ganz erhebliches Wettbewerbspotential darstellen würden. Außerdem ergebe
sich die Bedeutung von MdK als Wettbewerber auf dem Markt der Gemeinschaft außerhalb
Deutschlands auch daraus, daß nicht mit hinreichender Sicherheit dargetan sei, daß die
Wettbewerbssituation beim Ausscheiden von MdK aus dem Markt und bei der Durchführung des
Zusammenschlusses praktisch die gleiche sei.
c) Zur Stellung der Wettbewerber
186.
Nach Ansicht der französischen Regierung läuft die Untersuchung der Kommission in bezug auf den
Grad des Wettbewerbsdrucks, der von den Konkurrenten auf das angebliche von K + S/MdK und SCPA
gebildete Duopol ausgeübt werden könne, auf ein verfälschtes Bild der tatsächlichen
Wettbewerbssituation auf dem Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands hinaus. Denn die
Kommission trachte danach, die Bedeutung verschiedener Wirtschaftsteilnehmer herunterzuspielen,
die ein Gegengewicht zur angeblichen Vormacht führender Unternehmen bilden könnten.
187.
Die Untersuchung der Kommission sei teilweise inkohärent. Während die Kommission bei der
Festlegung des geographischen Marktes das Gewicht auf die begrenzten Erzeugungskapazitäten von
CPL und Coposa lege, hebe sie die Bedeutung der Ausfuhren Spaniens und des Vereinigten
Königreichs in andere Mitgliedstaaten hervor. Ferner spiele sie die Bedeutung der Einfuhren aus
Drittländern mit der Feststellung herunter, daß Frankreich der wichtigste Kaliverbraucher in der
Gemeinschaft sei und daß seine Einfuhren aus Drittländern über SCPA kanalisiert würden. Auf diese
Weise beurteile die Kommission die Stellung der Wettbewerber sowohl in bezug auf den französischen
Markt als auch in bezug auf den Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands in unlogischem
Widerspruch zu ihrer eigenen Beschreibung des relevanten geographischen Marktes. Außerdem gebe
es entgegen der Behauptung der Kommission Kalieinfuhren aus der GUS immer noch, und ihr
Marktanteil habe sich nicht verringert, wie die Einleitung einer Überprüfung der Verordnung (EWG) Nr.
3068/92 des Rates vom 23. Oktober 1992 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die
Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Rußland, der Ukraine und Weißrußland (ABl. L 308, S. 41;
im folgenden: Antidumpingverordnung) beweise. Nach den Quellen IFA und Zoll seien die Einfuhren
aus der GUS auf 11 % des Absatzes in der Gemeinschaft im Jahr 1993 gestiegen.
188.
Die Argumentation der Kommission sei tatsächlich mit einem grundlegenden Fehler behaftet, denn
sie beruhe auf dem Bestehen eines geographischen Marktes, der alle Mitgliedstaaten der
Gemeinschaft außer Deutschland umfasse, obwohl es offensichtlich sei, daß Frankreich wegen seiner
besonderen Merkmale in bezug auf Erzeugung, Einfuhr und Vertrieb von Kalierzeugnissen nicht hätte
einbezogen werden dürfen.
189.
Nach Ansicht der Kommission besteht kein Widerspruch zwischen der Feststellung des Bestehens
erheblicher Ausfuhrströme aus Spanien in andere Mitgliedstaaten und der Feststellung, daß Coposa
kein Gegengewicht gegen das Duopol bilde.
190.
Daß die Einfuhren aus Drittländern über eines der Mitglieder des Duopols, SCPA, in einen
erheblichen Teil des relevanten geographischen Marktes, Frankreich, kanalisiert würden, das der
wichtigste Markt sei, bedeute, daß der Wettbewerbsdruck der Drittländer auf dieses Duopol
notwendigerweise begrenzt sei.
191.
Sie habe sich keineswegs darauf beschränkt, Kriterien anzuwenden, die ausschließlich den
französischen Markt beträfen. In bezug auf die Einfuhren aus der GUS habe sie nur festgestellt, daß
sich der Marktanteil von K + S/MdK und SCPA in Zukunft nicht nur wegen des erwarteten Rückgangs
der Einfuhren aus der GUS, sondern auch deshalb weiter erhöhen werde, weil der letzte unabhängige
Kalierzeuger in Kanada, PCA, durch ein Mitglied des Ausfuhrkartells Canpotex, PCS, übernommen
worden sei, dessen Lieferungen nach Frankreich und Irland über SCPA liefen. Auch stelle die
Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen keinen Beweis dafür dar, daß die Kalieinfuhren aus der GUS
fortgesetzt würden. Die Kommission habe nämlich in diesem Zusammenhang festgestellt, daß der
Absatz des wichtigsten Kalivertriebs der GUS in der Gemeinschaft seit dem Erlaß der
Antidumpingzollverordnung auf ein Achtel seiner Höhe von 1992 zurückgegangen sei.
d) Zur Marktposition von K + S/MdK und SCPA
192.
Erstens rügt die französische Regierung, daß die Kommission unter den Kriterien, die sie angewandt
habe, um das Vorliegen einer oligopolistischen beherrschenden Stellung festzustellen, dem
gemeinsamen Marktanteil von K + S/MdK und SCPA übermäßiges Gewicht beigelegt habe.
193.
Zweitens habe die Kommission die fehlende Symmetrie zwischen den beiden Einheiten, die
angeblich das Duopol bildeten, nicht berücksichtigt, während dieses Fehlen im Gegensatz dazu in
früheren Entscheidungen einen maßgebenden Umstand für die Verneinung des Vorliegens einer
oligopolistischen beherrschenden Stellung dargestellt habe. Zwischen den Marktanteilen von K +
S/MdK (23 %) und von SCPA (37 %) bestehe ein beträchtlicher Unterschied. Im übrigen habe die
Kommission zahlreiche tatsächliche Umstände außer acht gelassen, aus denen sich ein
offensichtliches Ungleichgewicht zwischen SCPA und K + S/MdK ergebe, wie ihre Erzeugungskapazität,
ihre Wirtschaftskraft und ihre unterschiedliche vertikale Eingliederung.
194.
Die Kommission weist darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung ein Marktanteil von ungefähr
60 % sehr wohl den Beweis für das Vorliegen einer kollektiven beherrschenden Stellung liefere,
insbesondere, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein erheblicher Unterschied zu den Marktanteilen der
Wettbewerber bestehe.
195.
Zwar räumt die Kommission ein, daß zwischen K + S/MdK und SCPA Unterschiede bestünden, sie
wendet sich jedoch gegen die Ansicht, daß ein Duopol
nur in Fällen vorstellbar sei, in denen die Positionen der betreffenden Unternehmen ähnlich seien,
zumal wenn, wie im vorliegenden Fall, bedeutende Beziehungen zwischen diesen Unternehmen
bestünden, die einen wirksamen Wettbewerb verhinderten.
e) Zur Wirtschaftskraft der Abnehmer
196.
Die französische Regierung rügt, daß die Kommission das Kriterium der Wirtschaftskraft der
Abnehmer nicht berücksichtigt habe. Die Untersuchung dieses Umstands hätte die Kommission zu der
Feststellung veranlaßt, daß die Abnehmer ein geeignetes Gegengewicht bildeten, um die Begründung
des angeblichen Duopols in Frage zu stellen. Auch stelle der erhebliche Rückgang der Nachfrage nach
Kali wegen der Änderungen der gemeinsamen Agrarpolitik einen intensiven Wettbewerbsfaktor für die
Kalierzeuger dar. Dies gelte um so mehr, als die Nachfrage nach Kali von 1988 bis 1993 in Europa um
beinahe 30 % gefallen sei, während sich die Einfuhren im selben Zeitraum nur um 23 % verringert
hätten.
197.
Die Kommission erwidert, zwar habe sie in einigen ihrer Entscheidungen angesichts des auf der
Seite der Käufer existierenden Gegengewichts zu dem Ergebnis gelangen können, daß keine
beherrschende Stellung vorliege; es handele sich jedoch nur um einen Faktor unter anderen, die sie
berücksichtige. Zwar sei ein Rückgang der Nachfrage nach Kali eingetreten, betreffe jedoch alle
Erzeuger in der Gemeinschaft. Außerdem sei dieser Rückgang in Anbetracht der begrenzten Elastizität
der Nachfrage nicht sehr stark, da Kali ein Dünger von wesentlicher Bedeutung für die Landwirtschaft
sei, der nicht durch einen anderen ersetzt werden könne.
f) Zu den Beschränkungen für den Zugang von Kalierzeugnissen zur Gemeinschaft
198.
Die französische Regierung macht geltend, die Kommission habe in dem Teil der Entscheidung, der
den geographischen Markt betreffe, Einzelheiten hervorgehoben, die in die Richtung eines offenen
und „leicht angreifbaren“ Marktes gingen. Bei der Feststellung des Vorliegens einer kollektiven
beherrschenden Stellung von K + S/MdK und SCPA habe die Kommission jedoch das geringe Ausmaß
der Beschränkungen für den Zugang von Kalierzeugnissen zur Gemeinschaft völlig verkannt.
199.
Die von der Kommission erstmals in ihrer Klagebeantwortung vorgebrachten Argumente, die sich
auf die Antidumpingzölle und das gesetzliche Monopol von SCPA stützten, belegten nicht, daß es
Beschränkungen für den Zugang zum geographischen Referenzmarkt gebe. Was das erste Argument
angehe, so seien die Antidumpingzölle Maßnahmen, die die Wiederherstellung der
Wettbewerbsbedingungen und nicht die Einführung einer Maßnahme zur Beschränkung des
grenzüberschreitenden Handels bezweckten. Zum anderen Argument, das das gesetzliche Monopol
von SCPA betrifft, führt die französische
Regierung aus, daß dieses Monopol zwar eine Beschränkung für den Zugang zum französischen Markt
schaffen könne, jedoch keine Auswirkungen auf den Zugang von Erzeugnissen aus Drittländern zu
den Märkten der anderen Mitgliedstaaten habe, die zusammen mit dem französischen Markt den
geographisch relevanten Markt darstellten.
200.
Die Kommission weist darauf hin, daß es keine Beschränkungen für den Zugang zur Gemeinschaft
gebe. Jedoch gebe es zwei Arten von Beschränkungen für den Zugang von Erzeugnissen von
Unternehmen dritter Länder: die Antidumpingmaßnahmen für die Einfuhren aus der GUS und das
gesetzliche Monopol von SCPA, das dazu führe, daß sämtliche französischen Einfuhren aus
Drittländern über dieses Unternehmen kanalisiert werden müßten. Die Antidumpingzölle stellten
Zugangsbeschränkungen dar, denn sie begrenzten gemeinsam mit den Transportkosten die für die
Importeure verfügbare Preisspanne. Im übrigen sei der Umstand, daß alle Einfuhren aus Drittländern
nach Frankreich, das der wichtigste Markt mit einem dreimal so hohen Verbrauch wie der zweitgrößte
Markt sei, über SCPA kanalisiert würden, eine Zugangsbeschränkung für Einfuhren in den
Gemeinschaftsmarkt allgemein.
g) Zu den Merkmalen des Marktes und des Erzeugnisses
201.
Die französische Regierung ist der Ansicht, daß die von der Kommission in Randnummer 57 der
streitigen Entscheidung angestellte Untersuchung der für die Begründung einer kollektiven
beherrschenden Stellung förderlichen objektiven Umstände, auf die sie in früheren Entscheidungen
wie insbesondere in den Entscheidungen Nestlé/Perrier, a. a. O., und 94/359/EG der Kommission vom
21. Dezember 1993 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen
Markt (Sache IV/M.358 — Pilkington-Techint/SIV) (ABl. 1994, L 158, S. 24) Gewicht gelegt habe, vage
und nicht überzeugend sei. Die Kommission habe grundlegende Untersuchungskriterien wie die
Preise, ihre Entwicklung, die Elastizität der Nachfrage und die Kosten der beiden Unternehmen, die
angeblich das Duopol bildeten, völlig außer acht gelassen. Imübrigen seien bestimmte Erwägungen
der Kommission nicht stichhaltig. Zur Homogenität des Erzeugnisses weist die französische Regierung
darauf hin, daß der allgemeine Begriff Kali vielfältige Erzeugnisse umfasse. Die Behauptung der
Kommission, der Kalimarkt sei transparent, stehe im Widerspruch dazu, daß die Kommission
Schwierigkeiten bei der Erstellung einer klaren und schnellen Übersicht über den Markt in bezug auf
Wert und Umfang gehabt habe.
202.
Die Kommission entgegnet zunächst, sie habe die Strukturelemente deutlich erwähnt, die sich auf
die Merkmale des Marktes und des Erzeugnisses bezögen. Die streitige Entscheidung sei zu einem
anderen Sachverhalt ergangen als die von der französischen Regierung angeführten Entscheidungen.
Der Hintergrund dieser Entscheidung sei ein Sachverhalt, bei dem es bereits vor dem
Zusammenschluß keinen wirksamen Wettbewerb zwischen den beiden wichtigsten Kalilieferanten in
der Gemeinschaft gegeben habe. Unter diesen Umständen seien die Einzelheiten,
die die französische Regierung bei den erwähnten Entscheidungen geprüft habe, nur einer der zu
berücksichtigenden Faktoren. Zur Homogenität des Erzeugnisses macht die Kommission geltend, daß
Kali sowohl chemisch betrachtet als auch von der Verwendung her identisch sei. Was die Transparenz
des Marktes angehe, kenne jeder Erzeuger seine Position und diejenige seiner Wettbewerber. Denn
die Produktionszahlen und die Preise seien allgemein bekannt, und es gebe Statistiken zum
Kaliverbrauch sowie eingehende Untersuchungen zum Kalimarkt.
h) Zum Vorliegen von parallelen Verhaltensweisen
203.
Die französische Regierung führt aus, die Kommission suche das Fortbestehen wettbewerbswidriger
Verhaltensweisen von K + S und SCPA mit der Feststellung zu belegen, obwohl eine in den 70er Jahren
zwischen diesen beiden Unternehmen geschlossene Kooperationsvereinbarung für mit Artikel 85 des
Vertrages unvereinbar erklärt worden sei (Entscheidung 73/212/EWG der Kommission vom 11. Mai
1973; ABl. L 217, S. 3) und unbeschadet der Erzeugungsüberkapazitäten in Deutschland gebe es nur
sehr geringe Handelsströme zwischen Deutschland und Frankreich, die nicht über SCPA kanalisiert
würden. Erstens sei es für den Nachweis einer kollektiven beherrschenden Stellung wesentlich, daß
das wettbewerbswidrige Verhalten erst seit kurzem erfolge. Zweitens hätten die für mit Artikel 85
unvereinbar erklärten Praktiken die gesamte Gemeinschaft betroffen. Doch sei die einzige Tatsache,
mit der die Kommission zu belegen suche, daß die erwähnte Vereinbarung fortbestehe, der
Handelsverkehr von Deutschland nach Frankreich. Drittens sei die Geringfügigkeit des
Handelsverkehrs, der nicht über SCPA kanalisiert werde, sehr relativ. Denn die Lieferungen nach
Frankreich beliefen sich nur auf 87 000 t, d. h. 6 % des französischen Verbrauchs, von denen nur 47
000 t über SCPA kanalisiert würden. Schließlich sei die Ansicht der Kommission unzutreffend, daß die
geringe Präsenz von K + S auf dem französischen Markt für den Nachweis des Vorliegens eines
Duopols von K + S/MdK und SCPA in der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands ausreiche.
204.
Die Kommission führt aus, sie habe in der streitigen Entscheidung nicht behauptet, sich für die
Herleitung einer kollektiven beherrschenden Stellung auf eine in den 70er Jahren geschlossene
Kooperationsvereinbarung gestützt zu haben. Sie habe festgestellt, daß das weitgehende Fehlen von
K + S auf dem französischen Markt und die Kanalisierung eines überwiegenden Teils ihrer Einfuhren
über SCPA Anhaltspunkte für das Vorliegen einer kollektiven beherrschenden Stellung seien.
i) Zum Vorliegen struktureller Verflechtungen zwischen den Unternehmen
205.
Nach Ansicht der französischen Regierung sind die drei von der Kommission zwischen K + S und
SCPA festgestellten Verflechtungen, nämlich das gemeinsame Unternehmen Potacan, die
Zusammenarbeit im Exportkartell Kali-Export GmbH und die Kanalisierung der Lieferungen von K + S in
Frankreich über SCPA, nicht geeignet, die Begründung eines Duopols infolge des Erwerbs von MdK
durch
K + S darzutun. Zweck des Exportkartells Kali-Export GmbH sei es, den Kaliexport seiner Mitglieder im
Gebiet außerhalb der Gemeinschaft zu fördern und zu koordinieren. Dieses Kartell berühre jedoch
nicht ihren Absatz innerhalb der Gemeinschaft. Die Befürchtung der Kommission, die Zusammenarbeit
innerhalb dieses Kartells beschränke den Wettbewerb zwischen K + S und SCPA in der Gemeinschaft,
sei durch kein Beweismittel belegt.
206.
In bezug auf Potacan machen die klagenden Unternehmen geltend, die Kommission habe ihre
Behauptung nicht belegt, die gegenwärtige Struktur von Potacan hindere ihre Gesellschafter, K + S
und SCPA, sich in unabhängiger Weise bei ihrer gemeinsamen Tochtergesellschaft für die Belieferung
der Märkte der Europäischen Gemeinschaft einzudecken.
207.
Die französische Regierung rügt in ihrer Erwiderung vier Beurteilungsfehler. Erstens lege die
Kommission in ihrer Untersuchung der Verflechtungen zwischen K + S und SCPA keine Verbindung
zwischen diesen Verflechtungen und ihren Folgen für den gesamten relevanten Markt dar, sondern
zeige nur, daß diese Verflechtungen lediglich in Frankreich von Bedeutung seien. So ziehe die
Kommission aus dem Umstand, daß zwischen K + S und SCPA in dem Staat, der den größten Teil des
erzeugten Kalis verbrauche, kein Wettbewerb bestehe, den Schluß, daß sich diese Unternehmen in
einer beherrschenden Stellung auf dem gesamten Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands
befänden. Dies stehe im Widerspruch zu dem Argument der Kommission, daß die jeweilige nationale
Lage kaum von Bedeutung sei, da feststehe, daß der Referenzmarkt von der Gemeinschaft außerhalb
Deutschlands gebildet werde.
208.
Zweitens führt die französische Regierung aus, daß die Kommission für die Zwecke ihrer Darlegung
einmal die Ansicht vertrete, Coposa führe selbständig erhebliche Mengen nach Frankreich aus (im
Rahmen der Beschreibung des relevanten geographischen Marktes), und ein anderes Mal geltend
mache, daß das spanische Unternehmen in Frankreich wenig präsent sei und daß ein erheblicher Teil
seines Absatzes kanalisiert werde (um zu belegen, daß die Zusammenarbeit in der Kali-Export GmbH
das Wettbewerbsverhalten der Mitglieder des Kartells in der Gemeinschaft beeinflusse). So wie die
Kriterien von der Kommission angewandt worden seien, hätten sie genausogut zu der Feststellung
eines Oligopols von K + S/MdK, SCPA und Coposa führen können. Die streitige Entscheidung sei in
diesem Punkt zumindest unzureichend begründet.
209.
Drittens meint die französische Regierung, daß in Frankreich ein Teil der Kalilieferungen von K + S,
der nur 1,4 % des Verbrauchs des Referenzmarktes betrage, über SCPA kanalisiert werde, könne nicht
als Anhaltspunkt dafür betrachtet werden, daß nach dem Erwerb von MdK durch K + S ein Duopol auf
diesem Markt begründet worden sei. Der relativ geringe Absatz von K + S in Frankreich genüge nicht
für die Feststellung, zwischen K + S und SCPA bestünden wettbewerbswidrige Verflechtungen, denn es
könne sehr wohl verschiedene Rechtfertigungsgründe geben. Einer könne sich z. B. aus dem
französischen Markt
oder der industriellen Strategie von K + S ergeben. Hierzu führt die französische Regierung aus, die
Ausfuhrpolitik von K + S orientiere sich in Richtung auf Länder außerhalb Europas, auf Mitgliedstaaten,
die keine Erzeugung hätten, und auf einen Erzeugerstaat, der, wie das Vereinigte Königreich,
Nachfrager nach Kali sei.
210.
Hierzu machen die klagenden Unternehmen geltend, die einzige Vertriebsbeziehung zwischen K + S
und SCPA bestehe in einem Vertrag über den Vertrieb von Kieserit, ein nicht aus Kali bestehendes
Erzeugnis, das einem anderen Produktmarkt angehöre. Die Beziehungen zwischen K + S und SCPA bei
Kalierzeugnissen umfaßten dagegen keine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Vertriebs und
beschränkten sich strikt auf Beziehungen zwischen Lieferant und Käufer entsprechend den üblichen
Marktbedingungen.
211.
Viertens rügt die französische Regierung, die Kommission habe keinen Kausalzusammenhang
zwischen der Übernahme von MdK und der angeblichen Begründung eines Duopols zwischen K +
S/MdK und SCPA nachgewiesen. Weder der Umstand, daß der gemeinsame Marktanteil von K + S und
SCPA nach dem Zusammenschluß von 54 % auf 61 % gestiegen sei, noch der Umstand, daß MdK einer
der wichtigsten Erzeuger in der Gemeinschaft sei, seien Faktoren der Begründung eines Duopols auf
dem relevanten Markt.
212.
Die klagenden Unternehmen machen geltend, nachdem die Kommission bei der Prüfung der
Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den deutschen Markt festgestellt habe, daß MdK auf alle
Fälle aus dem Markt ausscheiden werde, habe sie nicht zu dem Ergebnis gelangen können, daß die
Übernahme von MdK durch K + S zur Begründung einer beherrschenden Stellung von K + S/MdK und
SCPA führen werde.
213.
In bezug auf Potacan führt die Kommission aus, es ergebe sich insbesondere aus ihrer
Organisationsstruktur, daß keine wichtige Entscheidung auf dem Gebiet der Unternehmenspolitik
gegen den Willen eines der Partner getroffen werden könne. So sei die Eindeckung der französischen
Unternehmensgruppe mit Kali in erheblichen Mengen nicht möglich, wenn K + S sich dem widersetze.
214.
Zur Kali-Export GmbH genüge die Feststellung, daß ein Exportkartell den Absatz seiner Mitglieder in
der Gemeinschaft nicht berühre, nicht für den Nachweis, daß es den Wettbewerb zwischen diesen in
der Gemeinschaft nicht beschränke. Wegen der verschiedenen gegenseitigen Abhängigkeiten von K +
S und SCPA gebe es zwischen den beiden Bestandteilen des Oligopols in der Gemeinschaft außerhalb
Deutschlands keinen wirksamen Wettbewerb. Die Kommission führt aus: i) Obwohl das französische
Hoheitsgebiet für Kalierzeugnisse in der Gemeinschaft der wichtigste Absatzmarkt sei und es keine
Zugangsbeschränkung dahin gebe, sei K + S trotz ihrer Erzeugungskapazität, mit der sie weitgehend
den gesamten Markt der Gemeinschaft beliefern könne, auf dem französischen Markt nur am Rande
präsent; ii) obwohl K + S in allen Mitgliedstaaten ein gut ausgebautes Vertriebsnetz eingerichtet
habe, verfüge sie bisher in Frankreich über kein eigenes Vertriebsnetz; iii) CPL habe Zugang zum
französischen Markt erst nach dem Ausscheiden der Kali-Export GmbH erhalten und innerhalb von
sechs Jahren einen Anteil am französischen Markt von 13 % erobern können; Coposa als Mitglied der
Kali-Export GmbH sei auf dem französischen Markt kaum präsent, und ein erheblicher Anteil ihres Kalis
werde in Frankreich über SCPA verkauft. Aus diesen Umständen schließt die Kommission, daß es einen
eindeutigen Zusammenhang zwischen der Beteiligung an der Kali-Export GmbH und dem Absatz in
Frankreich gebe.
215.
In ihrer Gegenerwiderung führt die Kommission erstens aus, sie habe einen offensichtlichen
Zusammenhang zwischen den Verflechtungen zwischen K + S und SCPA, die nur Frankreich beträfen,
und dem Fehlen eines Wettbewerbs auf dem gesamten Markt der Gemeinschaft außerhalb
Deutschlands nachgewiesen (Randnrn. 57, 59, 61 und 67 der streitigen Entscheidung).
216.
Zweitens habe sie keineswegs behauptet, daß Coposa in erheblichem Umfang nach Frankreich
ausführe. Sie habe im Gegenteil festgestellt, daß es zwar Einfuhren von Coposa nach Frankreich gebe,
diese jedoch beschränkt seien und zum großen Teil über SCPA kanalisiert würden. Coposa sei nicht in
das Duopol zwischen K + S/MdK und SCPA einzubeziehen, denn sie sei mit K + S und SCPA nur durch
ihre Beteiligung an der Kali-Export GmbH verbunden. Außerdem führe sie trotz der geographischen
Nähe der deutschen Mineralien und trotz des Umstands, daß in Deutschland die Erzeugung viermal
höher als der Verbrauch sei, mehr Kali nach Frankreich aus als K + S. Im übrigen seien die
Vertriebsbeziehungen zwischen K + S und SCPA vor langer Zeit geknüpft worden.
217.
Drittens stellt die Kommission fest, daß die Strukturen des französischen Marktes CPL nicht daran
gehindert hätten, ohne den Weg über SCPA nach Frankreich vorzudringen. Auch sei die
Geschäftspolitik von K + S, die darin bestehe, in Frankreich nicht zu verkaufen, auf kommerzieller
Ebene unverständlich, da Frankreich ebenfalls ein Staat mit Nachfrage nach Kali sei, eine erhebliche
Überkapazität in Deutschland herrsche und die deutschen Mineralien sich in geographischer Nähe
befänden.
218.
Viertens stellt die Kommission fest, daß die Übernahme von MdK die strukturellen Voraussetzungen
des Marktes grundlegend verändert und aus folgenden Gründen zur Schaffung einer kollektiven
beherrschenden Stellung von K + S/MdK und SCPA geführt habe: i) MdK bestreite 25 % der gesamten
Kalierzeugung in der Gemeinschaft (Randnr. 51 der streitigen Entscheidung) und verfüge über
erhebliche Kalireserven; ii) die Kapazitätsauslastung bei MdK betrage zur Zeit nur ungefähr 50 %
(Randnr. 73 der streitigen Entscheidung), was bedeute, daß die Erzeugung leicht erhöht werden
könnte; iii) der Marktanteil von MdK von 7 % sei der maßgebende Faktor bei der Begründung der
gemeinsamen beherrschenden Stellung (Randnr. 62 der streitigen Entscheidung), da das Angebot
außerhalb der
Unternehmensgruppe K + S/MdK und SCPA zersplittert sei (Randnr. 54 der streitigen Entscheidung)
und da der Marktanteil von K + S/MdK und SCPA noch steigen dürfte (Randnr. 53 der streitigen
Entscheidung).
219.
Vor der Prüfung der Rügen, die die Klägerinnen gegen die Anwendung des Begriffes der kollektiven
beherrschenden Stellung durch die Kommission im vorliegenden Fall vorbringen, ist daran zu erinnern,
daß die Kommission das Ergebnis, daß eine kollektive beherrschende Stellung von K + S/MdK und
SCPA begründet werde, die geeignet sei, den Wettbewerb auf dem Markt derGemeinschaft außerhalb
Deutschlands erheblich zu behindern, insbesondere auf folgende Feststellungen in der streitigen
Entscheidung stützt:
— Der Kalimarkt sei ein ausgereifter Markt, der durch ein weitgehend homogenes Produkt und das
Fehlen technischer Innovationen gekennzeichnet sei (Randnr. 57 der streitigen Entscheidung);
— die Marktverhältnisse seien in hohem Maße transparent, so daß Informationen über Produktion,
Nachfrage, Absatz und Preise generell verfügbar seien (Randnr. 57 der streitigen Entscheidung);
— seit langer Zeit bestünden außergewöhnlich enge Verflechtungen zwischen K + S und SCPA, die
für sich genommen Anhaltspunkt für das Fehlen eines wirksamen Wettbewerbs zwischen diesen
beiden Unternehmen sein könnten; diese hielten im übrigen rund 53 % des Marktes der Gemeinschaft
außerhalb Deutschlands, berechnet anhand des Absatzes einschließlich, neben den Verkäufen aus
der eigenen Erzeugung von K + S und SCPA, der Verkäufe von SCPA von Kali, das unmittelbar aus
Drittländern stamme und über dieses Unternehmen eingeführt werden müsse, das auf diese Weise
die Versorgung von außerhalb der Gemeinschaft kontrollieren könne (Randnrn. 52, 56 und 57 der
streitigen Entscheidung);
— trotz der Überproduktion in Deutschland gebe es immer noch geringfügige Kalilieferungen von K +
S nach Frankreich, die nicht über SCPA kanalisiert würden, da Frankreich der bei weitem größte
Verbraucherstaat für Kali in der Gemeinschaft sei (Randnrn. 56 und 57 der streitigen Entscheidung);
— K + S und MdK, die nach dem Zusammenschluß ein gemeinsames Unternehmen bildeten, sowie
SCPA vereinigten 35 %, 25 % und 20 % der gesamten Kalierzeugung in der Gemeinschaft auf sich
(Randnr. 51 der streitigen Entscheidung);
— MdK sei der zweitgrößte Kalierzeuger in der Gemeinschaft, obwohl der Auslastungsgrad der
Kapazität des Unternehmens gegenwärtig nur ungefähr 50 % betrage (Randnrn. 51 und 73 der
streitigen Entscheidung);
— nach dem Zusammenschluß werde die Unternehmensgruppe K + S/MdK und SCPA, betrachtet
nach dem Absatz, einen zusammengefaßten Marktanteil von ca. 60 % halten (Randnr. 52 der
streitigen Entscheidung);
— das Angebot außerhalb dieser Unternehmensgruppe sei zersplittert (Randnr. 54 der streitigen
Entscheidung);
— die übrigen Erzeuger verfügten nicht über die Absatzbasis auf dem Markt, um gegenüber einem
Duopol K + S/MdK und SCPA bestehen zu können (Randnr. 62 der streitigen Entscheidung).
220.
Wie bereits ausgeführt worden ist, sind gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung
Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die
wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich
behindert würde, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.
221.
In bezug auf eine angebliche kollektive beherrschende Stellung muß die Kommission daher anhand
einer Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung des Referenzmarktes prüfen, ob der
Zusammenschluß, mit dem sie befaßt ist, zu einer Situation führt, in der ein wirksamer Wettbewerb auf
dem relevanten Markt von den zusammengeschlossenen Unternehmen und einem oder mehreren
dritten Unternehmen, die insbesondere aufgrund der zwischen ihnen bestehenden verbindenden
Faktoren zusammen die Macht zu einheitlichem Vorgehen auf dem Markt und in beträchtlichem
Umfang zu einem Handeln unabhängig von den anderen Wettbewerbern, ihrer Kundschaft und letztlich
den Verbrauchern besitzen, erheblich behindert wird.
222.
Ein solcher Vorgang erfordert eine aufmerksame Untersuchung insbesondere der Umstände, die
sich nach Lage des Einzelfalls als maßgebend für die Beurteilung der Auswirkungen des
Zusammenschlusses auf den Wettbewerb auf dem Referenzmarkt erweisen.
223.
In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die Grundregeln der Verordnung,
insbesondere Artikel 2, der Kommission ein bestimmtes Ermessen namentlich bei Beurteilungen
wirtschaftlicher Art einräumen.
224.
Daher muß die Kontrolle der Ausübung einer solchen Befugnis, die bei der Beschreibung der Regeln
für Zusammenschlüsse wesentlich ist, durch den Gemeinschaftsrichter unter Berücksichtigung des
Beurteilungsspielraums erfolgen, der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung für
Zusammenschlüsse sind, zugrunde liegt.
225.
Davon ausgehend ist festzustellen, daß die Untersuchung des Zusammenschlusses und seiner
Auswirkungen auf den relevanten Markt so, wie sie von der Kommission
durchgeführt wurde, bestimmte Fehler enthält, die die wirtschaftliche Beurteilung des betreffenden
Zusammenschlusses beeinträchtigen.
226.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Unternehmen K + S/MdK und SCPA, wie
aus den Randnummern 51 und 52 der streitigen Entscheidung hervorgeht, nach dem
Zusammenschluß anhand des Absatzes berechnete Anteile von 23 % und 37 % an dem relevanten
Markt haben werden. Ein auf diese Weise aufgeteilter Marktanteil von zusammen ungefähr 60 % kann
jedoch für sich genommen keinen maßgeblichen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer kollektiven
beherrschenden Stellung der Unternehmen darstellen.
227.
Zu den angeblichen strukturellen Verflechtungen von K + S und SCPA, die den wesentlichen Faktor
darstellen, auf den sich die Kommission für ihre eigene Beurteilung gestützt hat, ist zu bemerken, daß
einige der Rügen der Klägerinnen, die darauf abzielen, die Bedeutung dieser Verflechtungen als
Anhaltspunkt für die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung der beiden betroffenen
Unternehmen als geringer erscheinen zu lassen, begründet sind.
228.
So zeigt sich, daß die Feststellung der Kommission, die Beteiligung von K + S und SCPA am
Ausfuhrkartell Kali-Export GmbH könne Auswirkungen auf ihr Wettbewerbsverhalten in der
Gemeinschaft haben, nicht durch hinreichend signifikante und überzeugende Beweismittel erhärtet
wird. Die Kommission führt nämlich in diesem Zusammenhang nur aus, daß der britische Erzeuger CPL
mit dem unabhängigen Vertrieb seiner Erzeugnisse auf dem französischen Markt erst begonnen habe,
nachdem er das Kartell 1987 verlassen habe, da er den geplanten direkten Wettbewerb mit SCPA in
Frankreich nicht mit einer weiteren Mitgliedschaft in dem Kartell habe vereinbaren können (Randnr. 60
der streitigen Entscheidung). Selbst wenn man von dem Umstand absehen würde, daß das Argument
der Kommission nur die angeblichen Auswirkungen der Zugehörigkeit zum Kartell auf einen Teil des
Marktes der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands betrifft, ist zu bemerken, daß der spanische
Erzeuger Coposa, obwohl er ebenfalls Mitglied des Kartells Kali-Export GmbH ist, in Frankreich
unabhängig eine Kalimenge vertreibt, die etwas mehr als 5 % des französischen Verbrauchs
entspricht. Eine solche Menge stellt ungefähr 47 % der Ausfuhren von Coposa in den relevanten Markt
und zugleich beinahe zwei Drittel seiner Ausfuhren nach Frankreich dar, und wurde im übrigen im
Rahmen der Beschreibung des relevanten geographischen Marktes als erheblich erachtet (Randnr. 38
der streitigen Entscheidung). Daher zeigt sich, daß die Kommission das Vorliegen eines
Kausalzusammenhangs zwischen der Zugehörigkeit von K + S und SCPA zum Ausfuhrkartell und ihrem
wettbewerbswidrigen Verhalten auf dem relevanten Markt nicht rechtlich hinreichend dargetan hat.
229.
Zu den angeblichen Verflechtungen zwischen K + S und SCPA im Zusammenhang mit den
Lieferungen von K + S in Frankreich ist zu bemerken, daß die Kommission zum einen K + S auferlegt
hat, die gegenwärtige Zusammenarbeit mit
SCPA als Vertriebspartner für den französischen Markt zu beenden, und daß sie zum anderen
zugelassen hat, daß K + S zu marktüblichen Bedingungen Verkäufe an SCPA abschließt (Randnr. 63
der streitigen Entscheidung). Somit ist die Kommission davon ausgegangen, daß zwischen K + S und
SCPA eine partnerschaftliche Beziehung für den Vertrieb von deutschem Kali in Frankreich bestand.
230.
Nach den Akten bezogen sich jedoch die einzigen besonderen Vertriebsbeziehungen zwischen den
beiden Unternehmen auf Kieserit, d. h. ein Erzeugnis, das nicht zum relevanten Produktmarkt gehört.
Im übrigen beschränkte sich SCPA darauf, bei K + S zu marktüblichen Bedingungen Kali zu kaufen, das
von EMC benutzt wurde oder zum Verbrauch außerhalb des französischen Marktes bestimmt war.
231.
Somit zeigt es sich, daß K + S und SCPA keine privilegierte Beziehung für den Vertrieb von
Kalierzeugnissen unterhielten.
232.
Nach allem ist das Gewebe der strukturellen Verflechtungen zwischen K + S und SCPA, das, wie die
Kommission selbst einräumt, im Mittelpunkt der streitigen Entscheidung steht, insgesamt nicht so
dicht und nicht so schlüssig erwiesen, wie dies die Kommission darzustellen versucht hat.
233.
Im übrigen hat die Kommission in der streitigen Entscheidung festgestellt, daß zwischen K + S und
SCPA auf dem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb bestehe. In Randnummer 57 der streitigen
Entscheidung heißt es, daß „der Grund für die Annahme fehlenden wirksamen Wettbewerbs zwischen
K + S und SCPA in den zwischen den beiden Unternehmen bestehenden außergewöhnlich engen
Verflechtungen [liegt], die sich über einen langen Zeitraum erstrecken.“
234.
Weiter geht aus der erwähnten Randnummer der streitigen Entscheidung hervor, daß die
Übernahme von MdK durch K + S aufgrund des Zusammenschlusses für das letztgenannte
Unternehmen eine Hinzufügung der Marktanteile von MdK bedeuten würde, die die Kommission in
ihren Ausführungen als beträchtlich bezeichnet.
235.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß MdK über den Marktanteil von 7 % hinaus,
den sie in der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands hält, nach K + S der zweitgrößte Kalierzeuger in
der Gemeinschaft ist, obwohl ihre Anlagen nur zu 50 % ausgelastet sind (siehe Randnrn. 51, 52, 62
und 76 der streitigen Entscheidung).
236.
Daher wird der Zusammenschluß eine erhebliche Stärkung der industriellen Kapazität von K + S
nach sich ziehen. Denn K + S und MdK bestreiten 35 % bzw. 25 % der gesamten Kalierzeugung in der
Gemeinschaft, während diejenige von SCPA maximal 20 % beträgt und ihre heimischen Kalireserven bis
2004 völlig erschöpft sein werden (siehe Randnrn. 51 und 66 der streitigen Entscheidung).
237.
Im übrigen geht aus den Akten hervor, daß K + S eine Tochtergesellschaft eines der wichtigsten
Düngemittelverarbeiter, der BASF, ist, deren Wirtschaftskraft sehr viel höher als diejenige der
Unternehmensgruppe EMC ist, der SCPA angehört.
238.
Schließlich steht fest, daß die Nachfrage nach Kali von 1988 bis 1993 in Europa insbesondere
wegen der eingetretenen Änderungen in der gemeinsamen Agrarpolitik um beinahe 30 %
zurückgegangen ist. Im allgemeinen wird jedoch davon ausgegangen, daß ein rückläufiger Markt
grundsätzlich den Wettbewerb zwischen den Unternehmen des betroffenen Sektors fördert.
239.
Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung dessen, daß sich die Bedeutung der
strukturellen Verflechtungen zwischen K + S und SCPA als bedeutend geringer erweist, als dies die
Kommission behauptet, erscheint das der Feststellung der Begründung einer kollektiven
beherrschenden Stellung K + S/MdK und SCPA zugrunde liegende Argument, daß die „bedeutende“
Angliederung von MdK an das einzelne Unternehmen K + S bei der deutschen Unternehmensgruppe
und SCPA ein gemeinsames Interesse aufrechterhalten werde, nicht in einen aktiven Wettbewerb
untereinander einzutreten, in Ermangelung anderer maßgebender Umstände nicht hinreichend
stichhaltig.
240.
Zum übrigen Vorbringen, auf das die Kommission ihr Ergebnis stützt, daß die Übernahme von MdK
durch K + S zur Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung führe, ist auf Randnummer 57
der streitigen Entscheidung zu verweisen. Dort wird folgendes festgestellt: „Der Kalimarkt ist ein
ausgereifter Markt, der durch ein weitgehend homogenes Produkt und das Fehlen technischer
Innovationen gekennzeichnet ist. Die Marktverhältnisse sind in hohem Maße transparent.
Informationen über Produktion, Nachfrage, Absatz und Preise sind in diesem Markt generell verfügbar.
Ferner sind die Marktanteile von K + S und SCPA in den letzten vier Jahren stabil geblieben ...
Schließlich gab es in der Vergangenheit eine Vereinbarung zwischen K + S und SCPA, die sich unter
anderem auf die gemeinsame Festlegung der Mengen und der Qualität der von den Parteien jeweils
exportierten Kaliprodukte bezog. Diese Vereinbarung wurde ... für unvereinbar mit Artikel 85 des EWG-
Vertrags erklärt. In diesem Zusammenhang ist gleichwohl festzuhalten, daß es auch nach dieser
Entscheidung und ungeachtet der Überproduktion in Deutschland immer noch nur einen
geringfügigen grenzüberschreitenden Handel von Deutschland nach Frankreich gibt, der nicht über
SCPA kanalisiert ist.“
241.
Im vorliegenden Fall können diese Angaben jedoch nicht als ausschlaggebend zugunsten des
Ergebnisses der Kommission betrachtet werden. Insbesondere stellt die Vereinbarung zwischen K + S
und SCPA, die 1973 für mit Artikel 85 des Vertrages unvereinbar erklärt wurde (ABl. 1973, L 217, S. 3),
wegen des Zeitraums von zwanzig Jahren, der zwischen der Erklärung der Unvereinbarkeit und
derAnmeldung des Zusammenschlußvorhabens vergangen ist, einen äußerst schwachen, wenn nicht
gar unerheblichen Anhaltspunkt für die Vermutung eines fehlenden
Wettbewerbs zwischen K + S und SCPA und erst recht zwischen K + S/MdK und SCPA dar. In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Behauptung der Kommission, es bestehe immer noch
nur ein geringfügiger grenzüberschreitender Handelsstrom von Deutschland nach Frankreich, der
nicht über SCPA kanalisiert sei, im vorliegenden Fall den Wert der erwähnten Vereinbarung als
Anhaltspunkt im Sinne der von der Kommission vertretenen Auffassung nicht untermauert. Erstens
stellt der angeblich geringfügige grenzüberschreitende Handelsstrom dennoch beinahe die Hälfte des
Kaliabsatzes von K + S in Frankreich dar. Zweitens ist die Untersuchung der Kommission, da sie sich
allein auf den französischen Markt beschränkt, auf jeden Fall unvollständig, weil der relevante Markt
der Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands ist.
242.
Zu der Untersuchung der Kommission in bezug auf den Grad des Wettbewerbsdrucks, der von den
Konkurrenten auf die angeblich durch K + S/MdK und SCPA gebildete Gruppe ausgeübt werden kann,
ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission in ihrer streitigen Entscheidung ausgeführt hat, die
Einfuhren aus der GUS, die 1992 8 % des Marktes der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands
(einschließlich der über SCPA kanalisierten Einfuhren) ausgemacht hätten, seien anscheinend seit
dem Erlaß der Antidumpingverordnung zurückgegangen (Randnr. 53 der streitigen Entscheidung).
243.
Nach den von der Kommission nicht bestrittenen Angaben der französischen Regierung erreichten
diese Einfuhren 1993 11 % des Absatzes innerhalb der Gemeinschaft.
244.
Daher läßt sich unter Berücksichtigung des Umstands, daß der deutsche Markt für ausländische
Erzeuger sehr schwer zugänglich ist und daß es sich nicht erwiesen hat, daß das Größenverhältnis von
ungefähr 4 zu 1 zwischen dem Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands und dem deutschen
Markt sich inzwischen geändert hätte, folgern, daß die Kalieinfuhren aus der GUS zwar 1993 11 % des
Absatzes innerhalb der Gemeinschaft erreichten, jedoch bestimmt einen höheren Prozentsatz des
Absatzes in der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands ausmachten.
245.
Daher entspricht die Behauptung der Kommission in Randnummer 53 der streitigen Entscheidung,
daß die erwähnten Einfuhren im Rahmen des Marktes der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands seit
dem Erlaß der Antidumpingverordnung zumindest teilweise zurückgegangen seien, nicht der
Wirklichkeit, da damit verdeckt wird, daß der Marktanteil der GUS auf dem Referenzmarkt zugenommen
hat.
246.
Ferner beruht unter Berücksichtigung der Entwicklung der Einfuhren von der GUS in die
Gemeinschaft außerhalb Deutschlands im Jahr 1993 die Feststellung, daß der Wettbewerbsdruck, den
diese Einfuhren auf die Gruppe K + S/MdK und SCPA ausüben können, auf die Qualität der Erzeugnisse
und die Schwierigkeiten der Gewährleistung rascher und fristgerechter Lieferungen betreffenden
Gründen begrenzt sei, auf einer zumindest wenig konsequenten Begründung. Denn um die
Auswirkungen, die ein Zusammenschluß auf den Wettbewerb auf dem relevanten
Markt hervorbringen kann, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beurteilen zu können, muß man sich
notwendigerweise auf eine gründliche Untersuchung des Gewichtes der Wettbewerber stützen.
247.
In bezug auf Coposa, die einen Anteil am Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands von
etwas weniger als 10 % hält, behauptet die Kommission, daß ihre Erzeugungskapazität vom
kommenden Jahr an wegen der Schließung eines ihrer Bergwerke erheblich zurückgehen werde. Die
französische Regierung trägt hierzu von der Kommission unbestritten vor, daß die Überkapazität von
Coposa derzeit ungefähr 70 % betrage. Daher konnte aus der bloßen Feststellung, daß sich die
Erzeugungskapazität von Coposa in Kürze erheblich verringern werde, ohne nähere Angaben nicht
hergeleitet werden, daß sie nicht über die notwendige Grundlage verfüge, um ihren Marktanteil zu
halten oder zu erhöhen und damit Zwang auf das angebliche Duopol auszuüben, zumal der Kalimarkt,
wie in Randnummer 238 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, rückläufig ist.
248.
Es zeigt sich somit, daß es der Kommission nicht gelungen ist, das Fehlen eines wirksamen
Gegengewichts im Wettbewerb zu der angeblich aus K + S/MdK und SCPA gebildeten Gruppe darzutun.
249.
Nach allem zeigt es sich, daß die Kommission, ohne daß entschieden zu werden braucht, ob ihre
Feststellungen in der streitigen Entscheidung ausgereicht hätten, auf das Vorliegen einer kollektiven
beherrschenden Stellung zu schließen, wenn die zuvor aufgeführten Fehler nicht begangen worden
wären, auf jeden Fall rechtlich nicht hinreichend dargetan hat, daß der Zusammenschluß eine
kollektive beherrschende Stellung von K + S/MdK und SCPA begründen würde, die ein erhebliches
Hemmnis für einen wirksamen Wettbewerb auf dem relevanten Markt bilden könnte.
250.
Dem dritten Teil des Klagegrundes ist daher zu folgen.
Zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung
251.
Die französische Regierung beantragt die vollständige Nichtigerklärung der Entscheidung, während
die klagenden Unternehmen den Gegenstand ihrer Nichtigkeitsklage ausdrücklich auf die
Bedingungen beschränkt haben, mit denen die in der Entscheidung erfolgte Vereinbarkeitsklärung
versehen ist.
252.
Nach Ansicht der klagenden Unternehmen würde die teilweise Nichtigerklärung den Kern der
streitigen Entscheidung unberührt lassen, die lediglich unbedingt würde.
253.
Die Kommission macht geltend, daß die Bedingungen, mit denen die streitige Entscheidung
versehen sei, in keiner Weise eingeschränkt werden dürften, denn sie bildeten einen Teil des
eigentlichen Kerns der Entscheidung.
254.
Der Abschnitt des verfügenden Teils, mit dem der in Rede stehende Zusammenschluß für mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird, begünstigt die Interessen der Unternehmen, an die die
Entscheidung förmlich gerichtet ist, und ist von den klagenden Unternehmen nicht als beschwerend
angesehen worden.
255.
Die französische Regierung hat zwar in ihren Schriftsätzen die vollständige Nichtigerklärung der
streitigen Entscheidung beantragt, im Verfahren vor dem Gerichtshof jedoch klargestellt, daß sie nicht
bezwecke, ein Verbot des Zusammenschlusses von K + S und MdK zu erwirken.
256.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die teilweise, auf die mit der Entscheidung
verbundenen Bedingungen beschränkte Nichtigerklärung einer Entscheidung möglich, soweit sich die
Bedingungen vom übrigen Teil der Entscheidung abtrennen lassen (siehe dahin gehend die Urteile
vom 28. Juni 1972 in der Rechtssache 37/71, Jamet/Kommission, Slg. 1972, 483, Randnr. 11, und vom
23. Oktober 1974 in der Rechtssache 17/74, Transocean Marine Paint/Kommission, Slg. 1974, 1063,
Randnr. 21). Die teilweise Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission auf dem Gebiet der
Fusionskontrolle gehört im übrigen zu den in Artikel 10 Absatz 5 der Verordnung ausdrücklich
geregelten Fällen.
257.
Jedoch ist eine Nichtigerklärung, die auf den die in Randnummer 63 enthaltenen Bedingungen und
Zusagen betreffenden Abschnitt des verfügenden Teils der streitigen Entscheidung beschränkt wäre,
nicht möglich, ohne daß der Kern der Entscheidung verändert würde.
258.
In diesem Zusammenhang ergibt sich aus der Entscheidung und den Akten insgesamt, daß die
erwähnten Bedingungen mit der im verfügenden Teil enthaltenen Vereinbarkeitserklärung eine
untrennbare Einheit bilden. Denn die Bedingungen folgen aus einer negativen Beurteilung des
Zusammenschlusses in der angemeldeten Form durch die Kommission und werden von der
Kommission als unerläßlich dafür erachtet, daß der Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt
vereinbar erklärt werden kann.
259.
Daher ist der gesamte verfügende Teil der streitigen Entscheidung für nichtig zu erklären.
Kosten
260.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. In der Rechtssache C-68/94 sind daher der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
In der Rechtssache C-30/95 sind die Kosten ebenfalls der Kommission aufzuerlegen, da die Société
commerciale des potasses et de l'azote (SCPA) und die Entreprise minière et chimique (EMC) im Kern
obsiegt haben. Nach Artikel 69 § 4 Unterabsatz 2 der Verfahrensordnung, wonach
der Gerichtshof entscheiden kann, daß ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt, tragen die Kali und
Salz GmbH und die Kali und Salz Beteiligungs-AG ihre eigenen Kosten.
261.
Nach Artikel 69 § 4 Unterabsatz 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem
Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher tragen die Regierungen, die
dem vorliegenden Rechtsstreit als Streithelferinnen beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung 94/449/EG der Kommission vom 14. Dezember 1993 in einem
Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Fall Nr. IV/M.308 — Kali +
Salz/MdK/Treuhand) wird für nichtig erklärt.
2. In der Rechtssache C-68/94 trägt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften
die Kosten des Verfahrens.
3. In der Rechtssache C-30/95 trägt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften
die Kosten des Verfahrens. Die Kali und Salz GmbH und die Kali und Salz Beteiligungs-AG
tragen ihre eigenen Kosten.
4. Die Bundesrepublik Deutschland, Streithelferin in der Rechtssache C-68/94, und die
Französische Republik, Streithelferin in der Rechtssache C-30/95, tragen ihre eigenen
Kosten.
Rodríguez Iglesias
Gulmann
Ragnemalm
Mancini
Moitinho de Almeida
Kapteyn
Murray
Edward
Puissochet
Hirsch
Jann
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 31. März 1998.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias
Verfahrenssprache: Französisch.