Urteil des EuG vom 12.08.2009

Gericht Erster Instanz, Satzung, Verfahrensordnung, Sammlung

BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)
12. August 2009
)
„Offensichtliche Unzuständigkeit“
In der Rechtssache T-141/09
Hans Molter
Rechtsanwalt T. Damerau,
Kläger,
gegen
Bundesrepublik Deutschland,
Beklagte,
wegen einer Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, die darauf gerichtet ist, dem
Europäischen Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des Art. 119 EG vorzulegen,
hilfsweise auf Ersatz des Schadens, der dem Kläger aufgrund der Verletzung der Pflicht
zur Vorlage einer Frage an den Gerichtshof durch die deutschen Gerichte entstanden
sein soll, sowie, weiter hilfsweise, festzustellen, dass die deutschen Gerichte ihre
Vorlagepflicht verletzt haben,
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro, sowie der Richter S. Papasavvas
und A. Dittrich (Berichterstatter),
Kanzler: E. Coulon,
folgenden
Beschluss
Sachverhalt, Verfahren und Anträge des Klägers
1
Mit Klageschrift, die am 9. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat
der Kläger die vorliegende Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben.
2
Der Kläger, ein wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzter
deutscher Beamter, macht geltend, dass die Begründung, mit der der Hessische
Verwaltungsgerichtshof seine Klage auf Zahlung des Differenzbetrags zwischen zwei
Besoldungsgruppen abgelehnt hat, gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot
verstößt.
3
Er beantragt,
– dem Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des europäischen
Antidiskriminierungsrechts und insbesondere des Art. 119 EG zur
Vorabentscheidung vorzulegen ;
– hilfsweise, aufgrund der Verletzung der Pflicht zur Vorlage einer Frage an den
Gerichtshof durch die deutschen Gerichte, insoweit handelnd als europäische
Organe, Schadensersatz zu erhalten ;
– weiter hilfsweise festzustellen, dass die deutschen Gerichte, insoweit handelnd als
europäische Organe, ihre Vorlagepflicht verletzt haben.
Gründe
4
Nach Art. 111 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn es für eine Klage
offensichtlich unzuständig ist, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss
entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.
5
Im vorliegenden Fall ist das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts in der Lage, in
Anwendung dieses Artikels ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.
6
Mit der vorliegenden gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Klage begehrt
der Kläger, dass das Gericht dem Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des
europäischen Antidiskriminierungsrechts und insbesondere des Art. 119 EG zur
Vorabentscheidung vorlegt.
7
Das Gericht verfügt über die in Art. 225 EG aufgezählten Zuständigkeiten, die in Art. 51
der Satzung des Gerichtshofs und Art. 1 des Anhangs der Satzung des Gerichtshofs
näher festgelegt worden sind. Nach diesen Bestimmungen ist das Gericht nicht für eine
von einer natürlichen oder juristischen Person gegen einen Mitgliedstaat erhobene
Klage zuständig.
8
Darüber hinaus ist das Gericht gemäß Art. 225 EG nicht befugt, dem Gerichtshof nach
Artikel 234 EG eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen. Nur die nationalen
Gerichte können nämlich dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegen.
Die vorliegende Rechtssache ist daher auch nicht wegen der ausschließlichen
Zuständigkeit des Gerichtshofs an diesen nach Art. 112 der Verfahrensordnung des
Gerichts und Art. 54 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs zu verweisen.
9
Art. 225 Abs. 3 EG bestimmt zwar, dass das Gericht in besonderen in der Satzung
festgelegten Sachgebieten für Vorabentscheidungen nach Art. 234 EG zuständig ist,
aber in der Satzung sind keine Sachgebiete festgelegt worden, in denen das Gericht für
aber in der Satzung sind keine Sachgebiete festgelegt worden, in denen das Gericht für
die Beantwortung von Vorabentscheidungsersuchen zuständig wäre. Beim
gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts verfügt es daher nicht über eine solche
Zuständigkeit.
10
Mit seinem hilfsweise geltend gemachten Antrag begehrt der Kläger Ersatz des
Schadens, der ihm dadurch entstanden sein soll, dass dem Gerichthof keine Frage zur
Vorabentscheidung vorgelegt wurde.
11
Das Gericht ist nach Art. 235 EG und 288 Abs. 2 EG nur für Klagen auf Ersatz von
Schäden zuständig, die durch die Organe der Gemeinschaft oder deren Bedienstete in
Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursacht wurden.
12
Im vorliegenden Fall ist der Urheber des beanstandeten Verhaltens, das einen Schaden
verursacht haben soll, weder ein Organ noch eine Einrichtung der Gemeinschaft.
13
Weiter hilfsweise begehrt der Kläger die Feststellung durch das Gericht, dass die
deutschen Gerichte ihre Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof verletzt haben.
14
Dazu ist festzustellen, dass das Gericht entsprechend der ihm übertragenen
Zuständigkeiten weder für die Beurteilung des Verhaltens eines nationalen Gerichts (vgl.
in diesem Sinne Beschluss vom 14. Juni 2007, Di Pasquale/Italien, T-77/07, nicht in der
amtlichen Sammlung veröffentlicht) noch gegebenenfalls für die Feststellung einer
Verletzung von Art. 234 Abs. 3 EG durch das nationale Gericht zuständig ist (Beschluss
vom 19. Mai 2009, Delice/Erlangen und Kommission, T-528/08, nicht in der amtlichen
Sammlung veröffentlicht).
15
Demnach ist die vorliegende Klage wegen offensichtlicher Unzuständigkeit
abzuweisen, ohne dass es der Zustellung der Klageschrift an die Beklagte bedarf.
Kosten
16
Da der vorliegende Beschluss vor Zustellung der Klageschrift an die Beklagte ergeht
und ihr somit keine Kosten entstehen konnten, ist gemäß Art. 87 § 1 der
Verfahrensordnung nur zu entscheiden, dass der Kläger seine eigenen Kosten trägt.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Achte Kammer)
beschlossen:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt seine eigenen Kosten.
Luxemburg, den 12. August 2009
Der Kanzler
Die Präsidentin
E. Coulon
M. E. Martins Ribeiro
Verfahrenssprache: Deutsch.