Urteil des EuG vom 05.07.2005

Kommission, Juristische Person, Klage auf Nichtigerklärung, Gemeinde

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS
5. Juli 2005
)
„Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – Antrag auf Aussetzung des Vollzugs –
Richtlinie 92/43/EWG – Keine Dringlichkeit“
In der Rechtssache T‑117/05 R
Andreas Rodenbröker,
dieses Beschlusses aufgeführte Antragsteller, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
H. Glatzel,
Antragsteller,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
B. Schima als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Antragsgegnerin,
wegen Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung 2004/813/EG der Kommission vom 7.
Dezember 2004 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der
Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen
biogeografischen Region (ABl. L 387, S. 1)
erlässt
DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
folgenden
Beschluss
Rechtlicher Rahmen und dem Antrag auf einstweilige Anordnung zugrunde
liegender Sachverhalt
1 Am 21. Mai 1992 erließ der Rat die Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen
Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7, im
Folgenden: Richtlinie).
2 Nach ihrem Artikel 2 Absatz 1 hat die Richtlinie zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt
durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und
durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und
Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat,
beizutragen.
3 Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen nach ihrem Artikel 2
Absatz 2 darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume
und der wild lebenden Tier‑ und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu
bewahren oder wiederherzustellen.
4 Wie sich aus der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie ergibt, sind zur
Wiederherstellung oder Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen
Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse besondere Schutzgebiete
auszuweisen, um nach einem genau festgelegten Zeitplan ein zusammenhängendes
europäisches ökologisches Netz zu schaffen.
5 Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie umfasst dieses als „Natura 2000“ bezeichnete
Netz die besonderen Schutzgebiete sowie die von den Mitgliedstaaten aufgrund der
Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild
lebenden Vogelarten (ABl. L 103, S. 1) ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete.
6 Ein besonderes Schutzgebiet ist nach Artikel 1 Buchstabe l der Richtlinie „ein von den
Mitgliedstaaten durch eine Rechts‑ oder Verwaltungsvorschrift und/oder eine vertragliche
Vereinbarung als ein von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewiesenes Gebiet, in dem
die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen
Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für
die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden“.
7 Artikel 4 der Richtlinie sieht ein dreiphasiges Verfahren für die Ausweisung der
besonderen Schutzgebiete vor. Nach Artikel 4 Absatz 1 legt jeder Mitgliedstaat eine Liste
von Gebieten vor, in der die in diesen Gebieten vorkommenden natürlichen
Lebensraumtypen des Anhangs I und einheimischen Arten des Anhangs II aufgeführt
sind. Binnen drei Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie wird der Kommission diese
Liste gleichzeitig mit den Informationen über die einzelnen Gebiete zugeleitet.
8 Nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie erstellt die Kommission aus diesen Listen auf der
Grundlage der in Anhang III der Richtlinie festgelegten Kriterien jeweils im
Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste der Gebiete von
gemeinschaftlicher Bedeutung. Die Liste der Gebiete, die als Gebiete von
gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt wurden, wird von der Kommission nach dem
Verfahren des Artikels 21 der Richtlinie festgelegt. Gemäß Artikel 4 Absatz 3 wird diese
Liste binnen sechs Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie erstellt.
9 Ist ein Gebiet aufgrund des in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie genannten Verfahrens als
Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichnet worden, so weist der betreffende
Mitgliedstaat dieses Gebiet nach Absatz 4 dieses Artikels so schnell wie möglich –
spätestens aber binnen sechs Jahren – als besonderes Schutzgebiet aus und legt dabei
die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die
Wiederherstellung
eines
günstigen
Erhaltungszustands
eines
natürlichen
Lebensraumtyps des Anhangs I oder einer Art des Anhangs II und für die Kohärenz des
Lebensraumtyps des Anhangs I oder einer Art des Anhangs II und für die Kohärenz des
Netzes Natura 2000 sowie danach fest, inwieweit diese Gebiete von Schädigung oder
Zerstörung bedroht sind.
10 Ergänzend bestimmt Artikel 4 Absatz 5 der Richtlinie, dass ein Gebiet, sobald es in die
von der Kommission erstellte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung
aufgenommen ist, den Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2, 3 und 4 unterliegt.
11 Artikel 6 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen
Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete
aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und
geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die
den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und
der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen
Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der
Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu
vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie
erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in
Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch
einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich
beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses
Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der
Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen
einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben,
dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls
die Öffentlichkeit angehört haben.
(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen
des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder
wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung
nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen,
um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der
Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen
Ausgleichsmaßnahmen.
Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp
und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang
mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im
Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach
Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden
öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.“
12 Nach ihrem Artikel 7 treten „ab dem Datum für die Anwendung“ der Richtlinie die
Verpflichtungen nach ihrem Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 an die Stelle der Pflichten, die
Verpflichtungen nach ihrem Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 an die Stelle der Pflichten, die
sich aus Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409 ergeben.
13 Das Vogelschutzgebiet Senne mit Teutoburger Wald mit der Code-Nummer
DE4118401 ist ein geschütztes Gebiet nach der Richtlinie 79/409.
14 Auf der Grundlage von Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie wurde die
Entscheidung 2004/813/EG der Kommission vom 7. Dezember 2004 gemäß der
Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von
gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region (ABl. L 387,
S. 1, im Folgenden: streitige Entscheidung oder Entscheidung) erlassen. In dieser Liste
sind folgende Gebiete aufgeführt:
– DE4117301 Sennebäche;
– DE4117302 Holter Wald;
– DE4118301 Senne mit Stapelager Senne.
Verfahren und Anträge der Parteien
15 Mit Klageschrift, die am 9. März 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist,
haben Andreas Rodenbröker und die 81 weiteren im Anhang des vorliegenden
Beschlusses aufgeführten Antragsteller nach Artikel 230 Absatz 4 EG Klage auf
Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben.
16 Mit besonderem Schriftsatz, der am 25. März 2005 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, haben die Antragsteller den vorliegenden Antrag auf einstweilige
Anordnung gestellt.
17 In diesem Schriftsatz sind die Antragsteller in folgende sechs Gruppen eingeteilt:
– Andreas Rodenbröker, Bernhard Bröckling, Johannes Bröckling, Hedwig
Bröckling, Josef Flüter, Karl-Heinz Fritze, Heinz Göke, Alwine Griffiths, Dieter
Johannesmeier, Reinhard Jostwerner, Meinolf Kirchhoff, Ursula Klausfehring,
Gerhard Korsmeier, Raimund Korsmeier, Mike Leuschner, Jürgen Linse, Martin
Steffens, Hartwig Pollmeier, Anton Rampsel, Irene Rampsel, Franz-Josef
Regenhard, Johannes Relard, Karl-Heinz Relard, Hubert Rodehutscord und Heinz
Schlotmann (im Folgenden: Anlieger des Haustenbaches);
– Norbert Altemeyer, Beate Beckmann, Gerhard Benteler, Rainer Benteler, Carl-
Stefan Biermeier, Josef Biermeier, Manfred Block, Ludwig Brinkmann, Karl-Heinz
Deppe, Friedhelm Dirks, Siegfried Engelns, Wilhelm Ennekens, Johannes Evers,
Elke Furlkröger, Reinhard Furlmeier, Andreas Gutsche, Franz Hachmann, Heinz
Meermeier, Barbara Meermeier, Heike Meuser, Ferdinand Brock, Maria Brock,
Monika Plaßhenrich, Heinrich Plaßhenrich, Manfred Jürgenliemke, Ludwig
Teichmann, Ute Teichmann, Senne Großwild Safariland GmbH, Renate Henning,
Udo Henning, Karl-Heinz Kleinemeier, Hubert Sander und Elisabeth Kipshagen (im
Folgenden: Anlieger des Furlbaches);
– Meinolf Benteler, Richard Berens, Hans-Josef Joachim, Inge Jostameling, Rudolf
Jürgenliemke, Edmund Jürgenliemke, Kunigunde Jürgenliemke, Franz-Josef
Kipshagen, Heidrun Kreyer, Werner Lienen, Ulrich Wend, Monika Winter,
Christiane Füchtemeier und Frank Röllke (im Folgenden: Anlieger des Wehrbaches
und des Wapelbaches);
– Gabriele Berenbrinker, Josef Delker, Josef Dresselhaus, Norbert Hunke, Heribert
Rodenbeckenschnieder und Josef Ewers (im Folgenden: Anlieger des
Rodenbaches, des Rodenbaches und Wapelbaches und der Nördlichen
Moosheide);
– Gemeinde Hövelhof (im Folgenden: Gemeinde);
– Bussemas & Pollmeier GmbH & Co. KG, Reinhard Goldkuhle und Meinolf
Maasjost (im Folgenden: Anlieger des Holter Waldes).
18 Mit ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung beantragen die Antragsteller, der
Kommission aufzugeben,
– erstens den Vollzug der streitigen Entscheidung bezüglich der Aufnahme der
Gebiete DE4117301 Sennebäche, DE4118301 Senne mit Stapelager Senne,
DE4118401 Vogelschutzgebiet Senne mit Teutoburger Wald und DE4117302
Holter Wald (im Folgenden: streitige Gebiete) bis zur Entscheidung in der
Hauptsache auszusetzen;
– zweitens die vorläufige Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung in den
genannten Bereichen der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen;
– drittens die Kosten des Verfahrens zu tragen.
19 Mit ihrer schriftlichen Stellungnahme, die am 13. April 2005 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, hat die Kommission im Wesentlichen beantragt, den Antrag als
unbegründet zurückzuweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.
20 Am 21. April 2005 haben die Antragsteller bei der Kanzlei des Gerichts unaufgefordert
eine Stellungnahme zur Stellungnahme der Kommission eingereicht.
21 Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 21. April 2005 ist diese ergänzende
Stellungnahme der Antragsteller zu den Akten genommen und die Kommission
aufgefordert worden, hierzu bis zum 29. April 2005 erneut Stellung zu nehmen.
22 Am 27. April 2005 hat die Kommission dem Präsidenten mitgeteilt, dass sie zu der
ergänzenden Stellungnahme der Antragsteller keine Bemerkungen zu machen habe.
Entscheidungsgründe
23 Nach den Artikeln 242 EG und 243 EG in Verbindung mit Artikel 225 Absatz 1 EG kann
das Gericht, wenn es dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der
angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen
angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen
treffen.
24 Nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung müssen Anträge auf einstweilige
Anordnungen den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen
sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (fumus boni juris). Diese
Voraussetzungen gelten kumulativ, so dass der Antrag auf einstweilige Anordnung
zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen fehlt (Beschluss des Präsidenten des
Gerichtshofes vom 14. Oktober 1996 in der Rechtssache C‑268/96 P[R], SCK und
FNK/Kommission, Slg. 1996, I‑4971, Randnr. 30).
25 In Anbetracht des Akteninhalts ist der Richter der einstweiligen Anordnung der
Auffassung, dass er über alle erforderlichen Angaben verfügt, um über den vorliegenden
Antrag auf einstweilige Anordnung zu entscheiden, ohne dass eine vorherige mündliche
Anhörung der Parteien zweckdienlich wäre.
Vorbringen der Parteien
Zur Zulässigkeit
26 Die Antragsteller tragen vor, dass ihr Antrag auf Aussetzung des Vollzugs alle
Voraussetzungen nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung erfülle. Ferner sei die
Klage zulässig, denn sie seien in den Eigentumsrechten an ihren Grundstücken
unmittelbar und individuell von der Entscheidung betroffen, die auch nicht als eine bloß
vorbereitende Maßnahme gewertet werden könne. Ihre Veröffentlichung bringe vielmehr
den Willen der Kommission zum Ausdruck, der Entscheidung bindende
Rechtswirkungen zu verleihen.
27 Was die Frage angehe, ob sie unmittelbar betroffen seien, so ließen die in Frage
stehenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften keinerlei Raum für Ermessen. Ihre
Rechtswirkungen ergäben sich automatisch und ausschließlich aus dem
Gemeinschaftsrecht. Dieser Automatismus ergebe sich klar sowohl aus der Richtlinie
selbst als auch aus den zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Bestimmungen, die
inhaltlich nicht von den Gemeinschaftsvorschriften abwichen.
28 Die Rechtswirkungen von Artikel 4 Absatz 5 der Richtlinie sowie insbesondere das in
deren Artikel 6 Absatz 2 normierte Verbot einer Verschlechterung der natürlichen
Lebensräume und Habitate und die Verpflichtung aus Artikel 6 Absatz 3 zur
Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung für Pläne und Projekte in Gebieten der
Gemeinschaftsliste erstreckten sich bereits heute unmittelbar auf die Grundstücke der
Antragsteller. So sei nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie für Pläne und Projekte, die
ihre Grundstücke beträfen, eine Verträglichkeitsprüfung zwingend durchzuführen, um
erhebliche Beeinträchtigungen auszuschließen. Seien diese nicht auszuschließen, so
müssten nach Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden.
29 Nach Artikel 6 der Richtlinie seien das Verschlechterungsverbot und die obligatorische
Verträglichkeitsprüfung außerdem nicht auf die Schutzgebiete selbst beschränkt,
sondern schlössen auch den Schutz ihrer Umgebung ein. Daher befänden sich alle ihre
Grundstücke im Anwendungsbereich der Richtlinie.
Grundstücke im Anwendungsbereich der Richtlinie.
30 Ein Beispiel hierfür sei der Fall von Herrn Jürgenliemke, der zu den Anliegern des
Furlbaches gehöre. Er habe auf seine Bauvoranfrage für sein Grundstück, das etwa 85
Meter südlich von einem der streitigen Gebiete liege, vom zuständigen Bauordnungsamt
bereits einen Bescheid mit der Auflage erhalten, alle Handlungen zu unterlassen, die zu
einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung, zu einer nachhaltigen Störung oder
zu einer Verschlechterung des geschützten Gebietes führen könnten.
31 Schließlich werde nach dem Wortlaut von Artikel 6 der Richtlinie für dessen
Anwendung auch nicht danach unterschieden, ob ein Sachenrecht wie das Eigentum
oder ein schuldrechtlicher Anspruch, etwa aus einem Pachtvertrag, in Frage stehe.
Pächter seien damit von der streitigen Entscheidung ebenso betroffen wie Eigentümer.
32 Die Antragsteller seien auch individuell betroffen, da sich die streitigen Gebiete von den
anderen in der Entscheidung aufgeführten Gebieten dadurch unterschieden, dass sie als
Einzige die in der Richtlinie festgelegten Kriterien nicht erfüllten. Individuell betroffen
seien nicht nur die Eigentümer, sondern auch die Pächter, die Gemeinde und die
Anlieger des Holter Waldes.
33 Nach Auffassung der Kommission ist der vorliegende Antrag unzulässig, da er nicht die
Voraussetzungen nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung erfülle und auch die ihm
zugrunde liegende Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung ihrerseits offensichtlich
unzulässig sei. Außer der Gemeinde sei keiner der Antragsteller von der Entscheidung
unmittelbar betroffen. Auch individuell seien sie von der Entscheidung nicht betroffen.
34 Zu den nach Artikel 104 der Verfahrensordnung erforderlichen Voraussetzungen sei
darauf hinzuweisen, dass die Antragsteller keinen Zusammenhang zwischen dem
angefochtenen Teil der Entscheidung und ihrer angeblichen Betroffenheit darlegten.
Mangels dieses Zusammenhangs lasse die Antragsschrift keine Klagebefugnis der
Kläger erkennen. Damit seien die Voraussetzungen nach Artikel 104 der
Verfahrensordnung nicht erfüllt.
35 Soweit die Antragsteller Rechtswirkungen der Entscheidung im Gebiet DE4118401
rügten, sei der Antrag schon nach dem ersten Anschein deshalb unzulässig, weil dieses
Gebiet im Anhang der Entscheidung nicht aufgeführt sei.
36 Der Antragsschrift lasse sich auch nicht entnehmen, welche Anlieger des
Haustenbaches aufgrund der Lage ihrer Grundstücke in dem von der Entscheidung
erfassten Gebiet DE4118301 und welche aufgrund der Lage ihrer Grundstücke in dem
von der Entscheidung nicht erfassten Gebiet DE4118401 angeblich unmittelbar betroffen
seien. Somit lasse sich nicht ohne weiteres feststellen, für welche Anlieger des
Haustenbaches dargetan sei, dass sie klagebefugt seien.
37 Gemäß Artikel 7 der Richtlinie seien die Verpflichtungen aus ihrem Artikel 6 Absätze 2,
3 und 4 ab dem Datum für die Anwendung der Richtlinie oder danach ab dem Datum
anwendbar, an dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der
Richtlinie 79/409 zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt
werde. Die Entscheidung habe daher überhaupt keine Rechtswirkungen für die
werde. Die Entscheidung habe daher überhaupt keine Rechtswirkungen für die
Antragsteller. Deren Rechtsauffassung, dass der Zeitpunkt der Anwendung der Richtlinie
auf das Gebiet DE4118401 der Zeitpunkt des Erlasses der Gemeinschaftsliste sei, sei
offensichtlich unzutreffend.
38 Hinsichtlich der Klagebefugnis sei zunächst festzustellen, dass die Antragsteller mit
Ausnahme der Gemeinde offensichtlich nicht unmittelbar betroffen seien.
39 Die Frage, ob die betreffenden Bestimmungen unmittelbar anwendbar seien, sei streng
von der Frage zu unterscheiden, ob sie Einzelne unmittelbar beträfen. Im vorliegenden
Fall seien die Bestimmungen der Richtlinie in Verbindung mit der streitigen
Entscheidung geeignet, eine unmittelbare Handlungspflicht der nationalen Behörden
auszulösen.
40 Für die Beurteilung dieser Frage sei ausschlaggebend, ob die nationalen Behörden
über ein Ermessen verfügten. Nur wenn dies nicht der Fall sei, könne man von
unmittelbarer Betroffenheit sprechen.
41 Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie normiere die Pflicht, Verschlechterungen und
Störungen eines Schutzgebietes zu vermeiden. Artikel 6 Absätze 3 und 4 schreibe ein
Genehmigungsverfahren für Pläne und Projekte vor, die sich auf das Gebiet auswirken
könnten. In beiden Fällen handele es sich um Pflichten der Mitgliedstaaten und nicht des
Einzelnen.
42 Was zunächst Artikel 6 Absatz 2 angehe, so seien die Mitgliedstaaten durch diese
Vorschrift aufgerufen, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um in den besonderen
Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der
Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden seien, zu
vermeiden, sofern sich solche Störungen im Hinblick auf die Ziele der Richtlinie
erheblich auswirken könnten.
43 Die Vorschrift belasse den Mitgliedstaaten zumindest in zwei Punkten ein Ermessen,
nämlich bei der Beurteilung der Frage, wann sich eine Störung erheblich auswirken
könne, und bei der Prüfung, welche Maßnahmen geeignet seien, um
Verschlechterungen oder Störungen zu vermeiden. Bis ein Mitgliedstaat sein Ermessen
ausgeübt habe, sei ungewiss, ob und in welcher Weise allenfalls die Rechtsstellung der
Antragsteller beeinträchtigt sein könnte.
44 Was zweitens die individuelle Betroffenheit anbelange, so hätten die Antragsteller
nachzuweisen, dass jeder Einzelne von ihnen nach seiner Lage von der Richtlinie
individuell betroffen sei.
45 Dieser Nachweis sei nicht erbracht.
46 Insbesondere sei das Vorbringen zurückzuweisen, dass Pächter von der Richtlinie
ebenso betroffen seien wie Eigentümer. Das Vorbringen der Antragsteller sei insoweit
unzureichend. Zu der angeblichen individuellen Betroffenheit der Pächter unter ihnen
fehle es an jedem Argument. Daher lasse sich auf den ersten Blick nicht feststellen,
welche Antragsteller individuell betroffen seien.
Zur Dringlichkeit
47 Die Antragsteller machen geltend, dass sie ohne die Aussetzung des Vollzugs der
Entscheidung einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden erlitten.
48 So beeinträchtige die Entscheidung ihre Eigentumsrechte dadurch, dass sie ihre
Grundstücke nicht mehr frei bewirtschaften könnten. Angesichts der gegenwärtigen
wirtschaftlichen Lage könne jede Einschränkung der freien Bewirtschaftung entweder
unmittelbar durch das Verschlechterungsverbot nach Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie
oder durch eine Bewirtschaftungsauflage dazu führen, dass der land‑ oder
forstwirtschaftliche Betrieb, die Fischzucht oder das Kleingewerbe nicht mehr rentabel
seien und deshalb aufgegeben werden müssten; es handele sich daher dabei nicht nur
um finanzielle Schäden, sondern auch um die mögliche Vernichtung von Existenzen und
Arbeitsplätzen.
49 Zweitens greife die Entscheidung in die durch das deutsche Verfassungsrecht
geschützte Planungshoheit der Gemeinde ein.
50 Drittens sei die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung auch deshalb erforderlich,
weil für die weiteren Verfahren von ihnen Beweise dafür zu sammeln seien, dass sich
die geschützten Tier‑ und Pflanzenarten tatsächlich nicht in den streitigen Gebieten
befänden.
51 Die Kommission meint, die ersten beiden Argumente seien gänzlich pauschal,
allgemein und hypothetisch formuliert und durch keinerlei Beweise gestützt.
52 Was das dritte Argument der Antragsteller angehe, so hätten sie im Rahmen des
Verfahrens zur Hauptsache Gelegenheit, den fraglichen Nachweis zu führen. Die
Antragsteller hätten daher eine Dringlichkeit nicht dargetan.
Beurteilung durch den Richter der einstweiligen Anordnung
Vorbemerkungen zur Zulässigkeit
53 Wie vorab hervorzuheben ist, ist es nach ständiger Rechtsprechung gemäß Artikel 104
§ 2 der Verfahrensordnung erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und
rechtlichen Umstände, auf die sich der Antrag stützt, in kohärenter und verständlicher
Weise schon aus dem Wortlaut der Antragsschrift ergeben (Beschlüsse des Präsidenten
des Gerichts vom 7. Mai 2002 in der Rechtssache T‑306/01 R, Aden u. a./Rat und
Kommission, Slg. 2002, II‑2387, Randnr. 52, und vom 10. November 2004 in der
Rechtssache T‑303/04 R, European Dynamics/Kommission, noch nicht in der amtlichen
Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 63 und 64).
54 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Antragsschrift, wie die Kommission zu
Recht bemerkt hat, nur wenige Angaben enthält, die dem Richter der einstweiligen
Anordnung die Prüfung ermöglichen, ob der Erlass der beantragten Maßnahmen dem
ersten Anschein nach gerechtfertigt ist. Trotz ihrer mangelnden Klarheit und ihrer
unübersichtlichen Gestaltung lassen sich der Antragsschrift eine Reihe von Rügen und
Argumenten entnehmen, mit denen dargelegt werden soll, dass die Voraussetzungen
eines fumus boni juris und der Dringlichkeit erfüllt sind. Dieses Vorbringen hat es der
eines fumus boni juris und der Dringlichkeit erfüllt sind. Dieses Vorbringen hat es der
Kommission ermöglicht, zu der Antragsschrift Stellung zu nehmen, und erlaubt es dem
Richter der einstweiligen Anordnung, über sie zu entscheiden. Daher ist der Antrag nicht
wegen Verstoßes gegen Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung für unzulässig zu
erklären.
Zur Zulässigkeit der Klage
55 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage der Zulässigkeit der Klage grundsätzlich
nicht im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu prüfen, um der Entscheidung zur
Hauptsache nicht vorzugreifen. Jedoch kann es, wenn wie im vorliegenden Fall die
offensichtliche Unzulässigkeit der dem Antrag auf einstweilige Anordnung zugrunde
liegenden Klage geltend gemacht wird, erforderlich sein, festzustellen, ob Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass die Klage dem ersten Anschein nach zulässig ist (Beschlüsse des
Präsidenten des Gerichts vom 15. Februar 2000 in der Rechtssache T‑1/00 R, Hölzl
u. a./Kommission, Slg. 2000, II‑251, Randnr. 21, und vom 8. August 2002 in der
Rechtssache T‑155/02 R, VVG International u. a./Kommission, Slg. 2002, II‑3239,
Randnr. 18).
56 Nach Artikel 230 Absatz 4 EG kann „[j]ede natürliche oder juristische Person … gegen
die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage
erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete
Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen“. Zwar behandelt
Artikel 230 Absatz 4 EG nicht ausdrücklich die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage von
Einzelnen gegen eine Richtlinie; der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des
Gerichts ist jedoch zu entnehmen, dass dies allein nicht ausreicht, um solche Klagen für
unzulässig zu erklären (Urteil des Gerichts vom 17. Juni 1998 in der Rechtssache
T‑135/96, UEAPME/Rat, Slg. 1998, II‑2335, Randnr. 63, und Beschluss des Gerichts
vom 10. September 2002 in der Rechtssache T‑223/01, Japan Tobacco und JT
International/Parlament und Rat, Slg. 2002, II‑3259, Randnr. 28).
57 Außerdem hat nach ständiger Rechtsprechung ein Rechtsakt dann allgemeine Wirkung,
wenn er für objektiv bestimmte Sachverhalte gilt und Rechtswirkungen gegenüber
allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (Urteil des Gerichts
vom 10. Juli 1996 in der Rechtssache T‑482/93, Weber/Kommission, Slg. 1996, II‑609,
Randnr. 55, und Beschluss des Gerichts vom 15. Dezember 2000 in der Rechtssache
T‑113/99, Galileo und Galileo International/Rat, Slg. 2000, II‑4141, Randnr. 45).
58 Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Bestimmung, obwohl sie ihrer Art
und Tragweite nach allgemeiner Natur ist, eine natürliche oder juristische Person
unmittelbar und individuell betrifft (Urteile des Gerichtshofes vom 18. Mai 1994 in der
Rechtssache C‑309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I‑1853, Randnr. 19, und vom 22.
November 2001 in der Rechtssache C‑451/98, Antillean Rice Mills/Rat, Slg. 2001,
I‑8949, Randnr. 46).
59 Dabei ist nach gefestigter Rechtsprechung ein Einzelner nur dann unmittelbar betroffen,
wenn sich die beanstandete Gemeinschaftsmaßnahme unmittelbar auf seine
Rechtsstellung auswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind,
keinerlei Ermessen lässt, diese Durchführung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich
keinerlei Ermessen lässt, diese Durchführung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich
allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass dabei zwischengeschaltete
Vorschriften angewandt werden (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1998 in der
Rechtssache C‑386/96 P, Dreyfus/Kommission, Slg. 1998, I‑2309, Randnr. 43 und die
dort zitierte Rechtsprechung, sowie Beschluss des Gerichts vom 15. März 2004 in der
Rechtssache T‑139/02, Institouto N. Avgerinopoulou u. a./Kommission, Slg. 2004, noch
nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 62 und die dort zitierte
Rechtsprechung).
60 Was das individuelle Interesse anbelangt, so kann eine Handlung allgemeiner Geltung
bestimmte natürliche oder juristische Personen individuell betreffen, wenn sie sie wegen
bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen
Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise
individualisiert wie einen Adressaten (Urteile des Gerichts vom 16. Mai 1991 in der
Rechtssache C‑358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I‑2501, Randnr. 16,
Codorniu/Rat, zitiert oben in Randnr. 58, Randnr. 20, Antillean Rice Mills/Rat, zitiert oben
in Randnr. 58, Randnr. 49, und vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C‑50/00 P, Unión
de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 2002, I‑6677, Randnr. 36).
61 Überdies ist eine Klage, die von mehreren Klägern erhoben wird, bereits dann zulässig,
wenn nur einer von ihnen klagebefugt ist. In diesem Fall braucht nicht geprüft zu werden,
ob auch die anderen Kläger klagebefugt sind (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes
vom 24. März 1993 in der Rechtssache C‑313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993,
I‑1125, Randnrn. 30 und 31).
62 Im vorliegenden Fall sind gesondert die Lage der Antragsteller, die Anlieger des
Haustenbaches, des Furlbaches, des Wehrbaches und Wapelbaches, des
Rodenbaches, des Rodenbaches und Wapelbaches, der Nördlichen Moosheide und des
Holter Waldes sind (im Folgenden: Anlieger), und die Lage der Gemeinde zu prüfen.
63 Was erstens die Möglichkeit angeht, dass die Anlieger durch die streitige Entscheidung
unmittelbar und individuell betroffen sind, so bestehen angesichts des Vorbringens der
Parteien ernste Zweifel. Nach der oben in Randnummer 59 zitierten Rechtsprechung ist
es Sache der Anlieger, den Nachweis zu führen, dass die streitige Entscheidung sie
unmittelbar betrifft. Im vorliegenden Fall ergibt sich indessen aus den Akten dem ersten
Anschein nach nicht, dass die Richtlinie, auf deren Grundlage die Entscheidung
erlassen wurde, den deutschen Stellen, die mit der Anwendung der zur Umsetzung der
Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften betraut sind, keinerlei Ermessen
beließe.
64 Was zweitens die Gemeinde angeht, so ist sie von der Entscheidung unstreitig
unmittelbar betroffen.
65 Folglich ist die Klage zulässig, wenn die Gemeinde nachweisen kann, dass die
Entscheidung sie wegen besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen
heraushebender Umstände berührt.
66 Die Gemeinde hat allerdings nichts angeführt, was belegen könnte, dass die
Entscheidung sie aus im Vergleich zu den übrigen Antragstellern besonderen Gründen
Entscheidung sie aus im Vergleich zu den übrigen Antragstellern besonderen Gründen
in einer Weise berührt, die sie hinreichend heraushebt, um sie als individuell betroffen
anzusehen.
67 Zu dem Vorbringen, das in der Antragsschrift insoweit unterschiedslos alle Antragsteller
betrifft, ist erstens festzustellen, dass der Umstand, dass die streitigen Gebiete angeblich
die einzigen in der Entscheidung genannten Gebiete sind, die nicht die in der Richtlinie
festgelegten Kriterien erfüllen, dem ersten Anschein nach nicht genügt, um die
Gemeinde als von der Entscheidung individuell betroffen zu betrachten.
68 Zweitens reicht nach ständiger Rechtsprechung das allgemeine Interesse, das eine
juristische Person wie die Gemeinde als die für die in ihrem Gebiet auftretenden
Wirtschaftsfragen zuständige Einheit an einem für den Wohlstand dieses Gebietes
günstigen Ergebnis haben kann, für sich allein nicht aus, um sie als im Sinne von Artikel
230 Absatz 4 EG unmittelbar betroffen anzusehen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. April
2003 in der Rechtssache C‑142/00, Kommission/Nederlandse Antillen, Slg. 2003,
I‑3483, Randnr. 69).
69 Daher bestehen angesichts des Vorbringens der Antragsteller im gegenwärtigen
Stadium des Verfahrens ernste Zweifel an der Möglichkeit, dass die Gemeinde von der
streitigen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist.
70 Darüber hinaus erscheint es dem Richter der einstweiligen Anordnung nach den
Umständen des vorliegenden Falles nicht erforderlich, die Prüfung der Frage
fortzusetzen, ob die Nichtigkeitsklage dem ersten Anschein nach zulässig ist. Denn die
Antragsteller haben jedenfalls nicht nachgewiesen, dass der Erlass der beantragten
einstweiligen Anordnungen dringlich ist.
Zur Dringlichkeit
71 Die Dringlichkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung beurteilt sich nach der
Notwendigkeit, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, damit der Antragsteller keinen
schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden erleidet (Beschluss des
Präsidenten des Gerichtshofes vom 6. Februar 1986 in der Rechtssache 310/85 R,
Deufil/Kommission, Slg. 1986, 537, Randnr. 15, und Beschluss des Präsidenten des
Gerichts vom 30. Juni 1999 in der Rechtssache T‑13/99 R, Pfizer Animal Health/Rat, Slg.
1999, II‑1961, Randnr. 134). Der Antragsteller ist dafür beweispflichtig, dass er die
Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne einen solchen
Schaden zu erleiden (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 8. Mai 1991 in
der Rechtssache C‑356/90 R, Belgien/Kommission, Slg. 1991, I‑2423, Randnr. 23, und
Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 15. November 2001 in der Rechtssache
T‑151/01 R, Duales System Deutschland/Kommission, Slg. 2001, II‑3295, Randnr. 187).
72 Zwar ist es für den Nachweis eines schweren und irreparablen Schadens im Rahmen
eines Verfahrens der einstweiligen Anordnung nicht erforderlich, dass der Eintritt des
Schadens mit absoluter Gewissheit belegt wird, und es genügt, dass er mit einem
hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist. Jedoch obliegt es den
Antragstellern, die Tatsachen zu beweisen, die die Erwartung eines solchen schweren
und irreparablen Schadens begründen sollen, damit der Richter der einstweiligen
Anordnung die Wahrscheinlichkeit beurteilen kann (in diesem Sinne Beschluss des
Gerichtshofes vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache C‑280/93 R, Deutschland/Rat, Slg.
1993, I‑3667, Randnr. 34, und Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14.
Dezember 1999 in der Rechtssache C‑335/99 P[R], HFB u. a./Kommission, Slg. 1999,
I‑8705, Randnr. 67).
73 Im vorliegenden Fall ist zunächst zwischen der angeblichen Beeinträchtigung der
Anlieger, die nach dem Vorbringen der Antragsteller infolge der Entscheidung in den
Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, und der angeblichen Beeinträchtigung der
Gemeinde zu unterscheiden.
74 Was die Beeinträchtigung der freien Ausübung der Nutzungsrechte der Anlieger
entweder als Eigentümer oder als Pächter anbelangt, so handelt es sich um vage und
nur hypothetische Gefahren. Aus der Antragsschrift ergibt sich insoweit kein konkreter
Beweis, und sie erklärt nicht, worin diese Gefahren bestehen sollen. Die angegebenen
Umstände begründen auch keine gegenwärtige Gefahr, sondern stellen nur ein
künftiges, ungewisses und zufallsabhängiges Risiko dar.
75 Soweit das Argument der Antragsteller, dass die Entscheidung bestimmte Arbeitsplätze
schädige, dahin aufzufassen sein sollte, dass der behauptete Schaden anderen
Personen als den Antragstellern entstehe, ist festzustellen, dass sich die Antragsteller
auf einen derartigen Schaden deshalb nicht berufen können, weil die Dringlichkeit in
ihrer Person selbst gegeben sein muss (oben in Randnr. 71 zitierter Beschluss Pfizer
Animal Health/Rat, Randnr. 136).
76 Soweit das Vorbringen zur Beeinträchtigung der Rechte der Anlieger einschließlich des
Verlustes ihrer eigenen Arbeitsplätze dahin aufzufassen sein sollte, dass es sich um
einen finanziellen Schaden handelt, genügt der Hinweis, dass ein solcher Schaden,
außer unter besonderen Umständen, nicht als irreparabel oder auch nur schwer
reparabel angesehen werden kann, da er später finanziell ausgeglichen werden kann
(oben in Randnr. 71 zitierter Beschluss Pfizer Animal Health/Rat, Randnr. 137 und die
dort zitierte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller jedoch nichts
dafür vorgetragen, dass besondere Umstände vorliegen.
77 Was die angebliche Beeinträchtigung der Planungshoheit der Gemeinde angeht, so ist
das Vorbringen der Gemeinde hypothetischer Art. Wie sie selbst ausführt, betrifft dieses
Vorbringen künftige Planungsvorhaben. Die Antragsschrift enthält zu diesen Vorhaben
außerdem nur unvollständige Angaben. Sie enthält insoweit auch keinen konkreten
Beweis und erklärt nicht, inwiefern dieser behauptete Schaden schwerwiegend und
sogar irreparabel sein soll. Ein solches Vorbringen belegt nicht das Bestehen einer
gegenwärtigen Schadensgefahr, sondern nur das eines künftigen, ungewissen und
zufallsabhängigen Risikos.
78 Soweit die Antragsteller drittens dahin argumentieren, es müsse ihnen der Beweis
ermöglicht werden, dass keine geschützten Tier‑ und Pflanzenarten in den streitigen
Gebieten lebten, hat die Kommission zu Recht darauf hingewiesen, dass sich aus
diesem Vorbringen nicht die Perspektive eines schweren und irreparablen Schadens
ergibt.
79 Nach alledem ist festzustellen, dass das Vorbringen der Antragsteller, das, wie
vorstehend dargelegt, nur allgemeiner, vager und hypothetischer Art ist und nicht durch
genügende Beweise gestützt wird, nicht in rechtlich hinreichender Weise die
Feststellung ermöglicht, dass die Antragsteller ohne den Erlass der beantragten
Anordnungen einen schweren und irreparablen Schaden erlitten.
80 Die Antragsteller haben folglich nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzung der
Dringlichkeit erfüllt ist. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist demnach
zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die übrigen Voraussetzungen
für den Erlass einstweiliger Anordnungen gegeben sind.
Aus diesen Gründen
hat
DER PRÄSIDENT DES GERICHTS
beschlossen:
1. Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Luxemburg, den 5. Juli 2005
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
B. Vesterdorf
ANHANG
Bernhard Bröckling,
Johannes Bröckling,
Hedwig Bröckling,
Josef Flüter,
Karl-Heinz Fritze,
Heinz Göke,
Alwine Griffiths,
Dieter Johannesmeier,
Reinhard Jostwerner,
Meinolf Kirchhoff,
Ursula Klausfehring,
Gerhard Korsmeier,
Raimund Korsmeier,
Mike Leuschner,
Jürgen Linse,
Martin Steffens,
Hartwig Pollmeier,
Anton Rampsel,
Irene Rampsel,
Franz-Josef Regenhard,
Johannes Relard,
Karl-Heinz Relard,
Hubert Rodehutscord,
Heinz Schlotmann,
Norbert Altemeyer,
Beate Beckmann,
Gerhard Benteler,
Rainer Benteler,
Carl-Stefan Biermeier,
Josef Biermeier,
Manfred Block,
Ludwig Brinkmann,
Karl-Heinz Deppe,
Friedhelm Dirks,
Siegfried Engelns,
Wilhelm Ennekens,
Johannes Evers,
Elke Furlkröger,
Reinhard Furlmeier,
Andreas Gutsche,
Franz Hachmann,
Heinz Meermeier,
Barbara Meermeier,
Heike Meuser,
Ferdinand Brock,
Maria Brock,
Monika Plaßhenrich
Heinrich Plaßhenrich,
Manfred Jürgenliemke,
Ludwig Teichmann,
Ute Teichmann,
Senne Großwild Safariland GmbH
Renate Henning,
Udo Henning,
Karl-Heinz Kleinemeier,
Hubert Sander,
Elisabeth Kipshagen,
Meinolf Benteler,
Richard Berens,
Hans-Josef Joachim,
Inge Jostameling,
Rudolf Jürgenliemke,
Edmund Jürgenliemke,
Kunigunde Jürgenliemke,
Franz-Josef Kipshagen,
Heidrun Kreyer,
Werner Lienen,
Ulrich Wend,
Monika Winter,
Christiane Füchtemeier,
Frank Röllke,
Gabriele Berenbrinker,
Josef Delker,
Josef Dresselhaus,
Norbert Hunke,
Heribert Rodenbeckenschnieder,
Josef Ewers,
Gemeinde Hövelhof (Deutschland),
Bussemas & Pollmeier GmbH & Co. KG mit Sitz in Verl (Deutschland),
Reinhard Goldkuhle,
Meinolf Maasjost,
Verfahrenssprache: Deutsch.