Urteil des EuG vom 09.12.1997

EuG: verordnung, unterbrechung der verjährung, kommission, öffentliches interesse, veröffentlichung des urteils, verjährungsfrist, entschädigung, satzung, gericht erster instanz, ablauf der frist

URTEIL DES GERICHTS (Erste erweiterte Kammer)
9. Dezember 199
​[234s„Schadensersatzklage — Außervertragliche Haftung — Milch — Zusatzabgabe — Referenzmenge —
Verordnung (EWG) Nr. 2055/93 — Entschädigung der Erzeuger — Verjährung“​[s
In den verbundenen Rechtssachen T-195/94 und T-202/94
Friedhelm Quiller,
Johann Heusmann,
vertreten durch die Rechtsanwälte Bernd Meisterernst, Mechtild Düsing, Dietrich Manstetten, Frank Schulze
und Winfried Haneklaus, Münster, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Lambert Dupong und Guy
Konsbruck, 14a, rue des Bains, Luxemburg,
Kläger,
gegen
Rat der Europäischen Union
Beistand: Rechtsanwälte Hans-Jürgen Rabe und Georg M. Berrisch, Hamburg und Brüssel,
Zustellungsbevollmächtigter: Generaldirektor Alessandro Morbilli, Direktion für Rechtsfragen der
Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,
und
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwälte Hans-Jürgen Rabe und Georg M. Berrisch, Hamburg und Brüssel,
Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-
Kirchberg,
Beklagte,
wegen eines Antrags gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag auf Ersatz der Schäden, die den
Klägern dadurch entstanden sind, daß sie aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31.
März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr.
804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der durch die Verordnung (EWG) Nr.
1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten und durch die Verordnung (EWG) Nr.
764/89 des Rates vom 20. März 1989 (ABl. L 84, S. 2) geänderten Fassung an der Vermarktung von Milch
gehindert waren,
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten A. Saggio sowie der Richter C. P. Briët, A. Kalogeropoulos, der Richterin V.
Tiili und des Richters R. M. Moura Ramos,
Kanzler: A. Mair, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 1997,
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1. Um einen Überschuß bei der Milcherzeugung in der Gemeinschaft zu verringern, erließ der Rat 1977
die Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die
Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L
131, S. 1). In dieser Verordnung wurde den Erzeugern als Gegenleistung für die Übernahme einer für
einen Zeitraum von fünf Jahren geltenden Verpflichtung zur Nichtvermarktung oder Umstellung der
Bestände eine Prämie angeboten.
2. Um der anhaltenden Überproduktion entgegenzuwirken, erließ der Rat 1984 die Verordnung (EWG) Nr.
856/84 vom 31. März 1984 (ABl. L 90, S. 10) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates
vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148,
S. 13). Durch den neuen Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 wurde eine „Zusatzabgabe“ auf die von
den Erzeugern gelieferten Milchmengen eingeführt, die über eine „Referenzmenge“ hinausgehen.
3. In der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die
Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 im Sektor Milch und
Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) wurde festgelegt, daß die Referenzmenge eines Erzeugers seiner in
einem Referenzjahr gelieferten Erzeugung entspricht.
4. Mit Urteilen vom 28. April 1988 in den Rechtssachen 120/86 (Mulder, Slg. 1988, 2321; im folgenden:
Urteil Mulder I) und 170/86 (von Deetzen, Slg. 1988, 2355) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr.
857/84 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den
Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L
132, S. 11) ergänzten Fassung wegen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes für
ungültig.
5. Um den genannten Urteilen nachzukommen, erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 764/89 vom 20.
März 1989 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 84, S. 2). Nach dieser
Änderungsverordnung erhielten die Erzeuger, die Nichtvermarktungs- oder
Umstellungsverpflichtungen eingegangen waren, eine (auch als „Quote“ bezeichnete) „spezifische“
Referenzmenge. Solche Erzeuger werden als „SLOM-I-Erzeuger“ bezeichnet.
6. Die Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge war von mehreren Voraussetzungen abhängig;
außerdem war die Referenzmenge auf 60 % der vom Erzeuger in dem Zeitraum von zwölf
Kalendermonaten vor dem Monat der Einreichung des Antrags auf Gewährung der Nichtvermarktungs-
oder Umstellungsprämie verkauften Menge Milch oder Milchäquivalent begrenzt.
7. Einige dieser Voraussetzungen sowie die Begrenzung der spezifischen Referenzmenge auf 60 %
wurden vom Gerichtshof mit Urteilen vom 11. Dezember 1990 in den Rechtssachen C-189/89 (Spagl,
Slg. 1990, I-4539) und C-217/89 (Pastätter, Slg. 1990, I-4585) für ungültig erklärt.
8. Im Anschluß an diese Urteile erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 vom 13. Juni 1991 zur
Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 150, S. 35), mit der den betroffenen Erzeugern eine
spezifische Referenzmenge zugeteilt wurde. Sie werden als „SLOM-II-Erzeuger“ bezeichnet.
9. Der durch die Verordnung Nr. 764/89 eingefügte Artikel 3a der Verordnung Nr. 857/84 enthielt im
übrigen in Absatz 1 zweiter Gedankenstrich eine sogenannte „Antikumulierungs“-Regel. Nach dieser
konnten die Übernehmer einer Nichtvermarktungsprämie nur dann eine spezifische Referenzmenge
beanspruchen, wenn sie nicht bereits früher für eine andere Fläche, die keiner Nichtvermarktungs-
oder Umstellungsverpflichtung unterlag, eine Referenzmenge nach Artikel 2 der Verordnung Nr.
857/84 erhalten hatten. Die Erzeuger, denen eine Referenzmenge verweigert wurde, weil ihnen bereits
für eine andere Fläche eine Referenzmenge zugeteilt worden war, werden als „SLOM-III-Erzeuger“
bezeichnet.
10. Die Antikumulierungsvorschrift des Artikels 3a Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr.
857/84 wurde durch Urteil des Gerichtshofes vom 3. Dezember 1992 in der Rechtssache C-264/90
(Wehrs, Slg. 1992, I-6285) wegen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ebenfalls für
ungültig erklärt.
11. Zur Durchführung dieses Urteils erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2055/93 vom 19. Juli 1993 zur
Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen
(ABl. L 187, S. 8). Nach dieser Verordnung wurde denjenigen Erzeugern eine spezifische
Referenzmenge zugeteilt, die als Übernehmer von Nichtvermarktungsprämien von der Anwendung des
Artikels 3a der Verordnung Nr. 857/84 ausgeschlossen worden waren, weil sie eine Referenzmenge
gemäß Artikel 2 dieser Verordnung erhalten hatten.
12. Einer der Erzeuger, die die zur Feststellung der Ungültigkeit der Verordnung Nr. 857/84 durch das
Urteil Mulder I führende Klage eingereicht hatten, hatte inzwischen zusammen mit anderen Erzeugern
gegen den Rat und die Kommission Klage auf Ersatz der durch die Nichtzuteilung einer Referenzmenge
aufgrund dieser Verordnung erlittenen Schäden erhoben.
13. Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und
Kommission, Slg. 1992, I-3061; im folgenden: Urteil Mulder II) entschied der Gerichtshof, daß die
Gemeinschaft für diese Schäden hafte; er forderte die Parteien auf, sich über die Höhe der
Entschädigung zu einigen, und behielt sich eine spätere Entscheidung vor.
14. Nach dem Urteil Mulder II haben alle Erzeuger, die nur wegen ihrer Nichtvermarktungs- oder
Umstellungsverpflichtung an der Vermarktung von Milch gehindert waren, grundsätzlich Anspruch auf
Ersatz ihrer Schäden. Der Gerichtshof verneinte jedoch in diesem Urteil, daß die Gemeinschaft
aufgrund der in den Urteilen Spagl und Pastätter für ungültig erklärten Begrenzung der spezifischen
Referenzmenge auf 60 % der vom Erzeuger in den zwölf Monaten vor der Einreichung des
Prämienantrags verkauften Milchmenge hafte. Diese Begrenzung stelle keine hinreichend qualifizierte
Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm im Sinne der Rechtsprechung dar, die eine Haftung der
Gemeinschaft gegenüber den Erzeugern begründen könne.
15. Angesichts der großen Zahl betroffener Erzeuger und der Schwierigkeiten bei der Aushandlung
individueller Lösungen veröffentlichten der Rat und die Kommission am 5. August 1992 die Mitteilung
92/C 198/04 (ABl. C 198, S. 4; im folgenden: Mitteilung vom 5. August 1992). Unter Hinweis auf die
Auswirkungen des Urteils Mulder II und um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten, teilten die
Organe ihre Absicht mit, die praktischen Modalitäten für die Entschädigung der betroffenen Erzeuger
zu erlassen. Sie verpflichteten sich, bis zum Erlaß dieser Modalitäten gegenüber allen
entschädigungsberechtigten Erzeugern von der Geltendmachung der Verjährung gemäß Artikel 43 der
EWG-Satzung des Gerichtshofes (im folgenden: Satzung) abzusehen. Die Verpflichtung war jedoch an
die Bedingung geknüpft, daß der Entschädigungsanspruch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der
Mitteilung oder zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Erzeuger an eines der Organe wandte, noch nicht
verjährt war.
16. Im Anschluß an die Mitteilung vom 5. August 1992 erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2187/93
vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder
Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S.
6).
Sachverhalt
17. Die Kläger sind Milcherzeuger in Deutschland. Am 2. April 1984 erhielten sie für ihre
landwirtschaftlichen Betriebe in Lienen bzw. in Loxstedt (Deutschland), deren Inhaber sie sind, gemäß
Artikel 2 der Verordnung Nr. 857/84 originäre Referenzmengen, d. h. von der Abgabe gemäß Artikel 5c
der Verordnung Nr. 804/68 befreite Milchmengen. Diese Mengen betrugen 142 000 bzw. 536 700 kg.
18. Im Jahr 1978 hatte der Kläger Quiller einen anderen Betrieb gepachtet, der dem Landwirt Friedrich
Beckmann gehörte. Dieser war im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eine
Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen, die sich auf die Zeit vom 1. Juni 1978 bis zum 31. Mai
1983 erstreckte, und hatte die dieser Verpflichtung entsprechende Prämie erhalten, der eine Menge
von 32 642 kg Milch zugrunde lag. Durch Erklärung vom 26. Oktober 1978 gemäß Artikel 6 der
Verordnung Nr. 1078/77 übernahm der Kläger als Pächter des Betriebes des Landwirts Beckmann (im
folgenden: Betrieb Beckmann) dessen Verpflichtungen.
19. 1988 erbte die Ehefrau des Klägers Quiller den Betrieb Beckmann. Der Kläger bewirtschaftet diesen
Betrieb seitdem auf der Grundlage eines „Nutzungsverhältnisses“.
20. Der Kläger Quiller erhielt 1984 für den Betrieb Beckmann keine Referenzmenge, da sich die von ihm
übernommenen Verpflichtungen auf das nach der Verordnung Nr. 857/84 vorgesehene Referenzjahr
erstreckten. Er konnte daher die Vermarktung von in diesem Betrieb erzeugter Milch nicht
wiederaufnehmen.
21. Die Ehefrau des Klägers Heusmann ist Inhaberin eines Milchwirtschaftsbetriebs in Bramel
(Deutschland) (im folgenden: Betrieb Bramel), der 1980 von ihrem Vater, Herrn Kriegs, bewirtschaftet
wurde. Dieser ging im Laufe dieses Jahres im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eine
Nichtvermarktungsverpflichtung ein, die am 9. Oktober 1985 auslief. Als Gegenleistung für diese
Verpflichtung wurde ihm am 8. Juli 1980 eine Nichtvermarktungsprämie auf der Grundlage von 263 104
kg Milch bewilligt.
22. Am 1. August 1980 übernahm der Kläger Heusmann die von Herrn Kriegs bewirtschafteten Flächen
und trat in dessen Nichtvermarktungsverpflichtung ein.
23. Als diese Verpflichtung am 9. Oktober 1985 auslief, erhielt er für den Betrieb Bramel keine
Referenzmenge, da sich die Verpflichtung auf das nach der Verordnung Nr. 857/84 vorgesehene
Referenzjahr erstreckte. Er konnte daher die Vermarktung von in diesem Betrieb erzeugter Milch nicht
wiederaufnehmen.
24. Im Anschluß an das Urteil Wehrs erhielten die Kläger von den deutschen Behörden spezifische
Referenzmengen. Der Kläger Quiller erhielt am 2. Dezember 1993 eine Milchmenge von 27 746 kg. Der
Kläger Heusmann erhielt am 1. Februar 1993 eine Milchmenge von 223 638 kg.
Verfahren
25. Mit Schreiben vom 12. Januar 1994 an die Kommission forderte der Kläger Quiller Ersatz des Schadens,
den er dadurch erlitten habe, daß er in der Zeit vom 1. April 1984 bis zum 29. Juli 1993, dem Zeitpunkt
der Veröffentlichung der Verordnung Nr. 2055/93, keine Milch habe liefern können. Am 29. März 1994
antwortete ihm die Kommission, daß sie nicht in der Lage sei, ihm eine Entschädigung anzubieten.
26. Am 24. Mai 1994 hat der Kläger Quiller die erste der vorliegenden Klagen erhoben; sie ist unter dem
Aktenzeichen T-195/94 eingetragen worden.
27. Mit Schreiben vom 11. April 1991 an die Kommission und an den Rat forderten der Kläger Heusmann
und seine Ehefrau Ersatz des Schadens, den sie dadurch erlitten hätten, daß sie aufgrund der
Ablehnung der Erteilung einer Referenzmenge für den Betrieb Bramel in der Zeit vom 9. Oktober 1985
bis April 1991 keine Milch hätten liefern können. Mit Schreiben vom 2. und vom 15. Mai 1991, die am 7.
und am 17. Mai eingingen, antworteten die Organe, daß die Voraussetzungen einer Haftung der
Gemeinschaft nicht vorlägen.
28. Mit Schreiben vom 13. Januar 1994 forderte der Kläger Heusmann die Kommission auf, zu erklären, ob
sie bis zur Veröffentlichung des angekündigten Urteils des Gerichtshofes über die Höhe der
Entschädigungen darauf verzichte, sich auf Verjährung zu berufen. Am 29. März 1994 antwortete die
Kommission, daß sie nicht in der Lage sei, ihm eine Entschädigung anzubieten.
29. Am 1. Juni 1994 hat der Kläger Heusmann die zweite der vorliegenden Klagenerhoben; sie ist unter
dem Aktenzeichen T-202/94 eingetragen worden.
30. Mit Beschluß vom 31. August 1994 hat das Gericht die Rechtssachen T-195/94 und T-202/94 zu
gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
31. Das schriftliche Verfahren in den beiden Rechtssachen hat am 10. Mai 1995 mit der Einreichung der
Gegenerwiderung geendet.
32. Mit Schreiben vom 22. Januar 1996 hat der Kläger Heusmann dem Gericht mitgeteilt, er und seine Frau
hätten ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit Wirkung vom 1. Juni 1995 an ihren Sohn Jan Heusmann
übergeben. In Durchführung dieses Vertrages sei ein Teil der Flächen einschließlich des Betriebes
Bramel Herrn Jan Heusmann übereignet worden; für den übrigen Teil sei ihm für die Dauer von 10
Jahren ein Nutzungsrecht eingeräumt worden. Durch diesen Vertrag seien auch ihre Ansprüche gegen
die Gemeinschaft auf ihren Sohn übertragen worden.
33. Der Kläger hat daher beantragt, seine Klageanträge dahin zu ändern, daß die Zahlung der
beantragten Entschädigung an Herrn Jan Heusmann zu leisten ist.
34. Mit Schreiben vom 29. Februar 1996 haben die Beklagten erklärt, daß sie gegen die vom Kläger
beantragte Änderung keine Einwände hätten.
Anträge der Parteien
35. In der Rechtssache T-195/94 beantragt der Kläger,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm für die vom 2. April 1984 bis zum 29. Juli
1993 entstandenen Schäden eine Entschädigung in Höhe von 61 573,60 DM sowie 8 % Zinsen
für den Zeitraum ab 19. Mai 1992 zu zahlen;
die Beklagten als Gesamtschuldner zur Übernahme der Kosten zu verpflichten.
36. In seiner Erwiderung beantragt der Kläger außerdem, die Beklagten zur Übernahme der Kosten des
der Erwiderung beigefügten Gutachtens vom 9. März 1995 zu verpflichten.
37. In der Rechtssache T-202/94 beantragt der Kläger,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm für die vom 9. Oktober 1985 bis zum 1.
Februar 1993 entstandenen Schäden eine Entschädigung in Höhe von 600 924 DM sowie 8 %
Zinsen für den Zeitraum ab 19. Mai 1992 zu zahlen;
die Beklagten als Gesamtschuldner zur Übernahme der Kosten zu verpflichten.
38. In seiner Erwiderung beantragt der Kläger außerdem, die Beklagten zur Übernahme der Kosten des
der Erwiderung beigefügten im Februar 1995 erstellten Gutachtens zu verpflichten.
39. Mit Schreiben vom 22. Januar 1996 hat der Kläger seine Anträge dahin gehend geändert, daß die
Zahlung der Entschädigung an Jan Heusmann erfolgen soll.
40. Die Beklagten beantragen,
die Klagen als unzulässig — hilfsweise als unbegründet — abzuweisen;
den Klägern die Kosten aufzuerlegen.
Zur Zulässigkeit der Klage in der Rechtssache T-195/94
41. Die Beklagten tragen vor, die Klage sei wegen Verstoßes gegen Artikel 44 § 1 Buchstabe c der
Verfahrensordnung unzulässig, da sie lediglich auf die Verordnung Nr. 2187/93 verweise und kein
schlüssiges Vorbringen enthalte. In ihr fehle insbesondere eine Berechnung des entgangenen
Gewinns nach den Grundsätzen des Urteils Mulder II.
42. Der Kläger bestreitet, daß die Klage wegen Verstoßes gegen Artikel 44 der Verfahrensordnung
unzulässig sei. Vielmehr sei der eingetretene Schaden in der Klageschrift substantiiert dargelegt.
Darüber hinaus fügt der Kläger ein Gutachten, mehrere Schreiben und eine Bescheinigung der
Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe bei, die die Richtigkeit seines Vorbringens zum Betrieb
Beckmann beweisen sollen.
43. Gemäß Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung muß die Klageschrift den Streitgegenstand
und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.
44. Diesen Erfordernissen ist im vorliegenden Fall genügt. Die geltend gemachten Klagegründe gehen aus
der Klageschrift klar hervor, und die beklagten Organe haben sie im übrigen sachgerecht bestreiten
können. Zu dem Umstand, daß die Berechnung des angeblichen Schadens nur auf die Verordnung Nr.
2187/93 gestützt worden ist, die im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, ist festzustellen, daß in der
Klageschrift Art und Umfang des behaupteten Schadens und dessen Zusammenhang mit einer
Handlung der Gemeinschaft angegeben worden sind (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 2. Dezember
1971 in der Rechtssache 5/71, Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, Slg. 1971, 975, 984, und des
Gerichts vom 18. September 1996 in der Rechtssache T-387/94, Asia Motor France u. a./Kommission,
Slg. 1996, II-961, Randnr. 107) und daß diese Angaben in der Erwiderung ergänzt werden durften.
45. Die Unzulässigkeiteinrede ist daher zurückzuweisen, und die Klage ist für zulässig zu erklären.
Zum Bestehen und zum Umfang eines Anspruchs auf Schadensersatz nach Artikel 215 EG-
Vertrag
46. Zur Begründung ihrer Anträge machen die Kläger geltend, daß die Voraussetzungen für eine
außervertragliche Haftung der Gemeinschaft vorlägen. In der Rechtssache T-195/94 erstrecke sich
diese Haftung auf die Schäden, die in der Zeit vom 2. April 1984, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der
Verordnung Nr. 857/84, bis zur Veröffentlichung der Verordnung Nr. 2055/93 am 29. Juli 1993
entstanden seien. In der Rechtssache T-202/94 erstrecke sie sich auf die Schäden, die in der Zeit
vom 9. Oktober 1985, dem Zeitpunkt des Auslaufens der Nichtvermarktungsverpflichtung des Klägers
für seinen Betrieb Bramel, bis zum 1. Februar 1993, als er eine Referenzmenge für diesen Betrieb
erhalten habe, entstanden seien. Die Kläger machen außerdem geltend, daß ihr Anspruch auf
Entschädigung nicht verjährt sei.
47. Die Beklagten bestreiten, daß die Gemeinschaft den Klägern hafte. Jedenfalls sei ein
Entschädigungsanspruch verjährt.
1.
48. Voraussetzung für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für einen durch ihre Organe
verursachten Schaden nach Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag ist, daß ein Tatbestand erfüllt ist, dessen
Merkmale die Rechtswidrigkeit des dem Gemeinschaftsorgan zur Last gelegten Verhaltens, das
Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten
und dem geltend gemachten Schaden sind (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1981 in
den Rechtssachen 197/80, 198/80, 199/80, 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80, Ludwigshafener
Walzmühle u. a./Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 18, und des Gerichts vom 13.
Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in Levende Varkens u.
a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 80).
49. Auf dem Gebiet der Haftung für normative Handlungen muß das der Gemeinschaft vorgeworfene
Verhalten nach ständiger Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofes Zuckerfabrik
Schöppenstedt/Rat, Randnr. 11, vom 25. Mai 1978 in den Rechtssachen 83/76 und 94/76, 4/77, 15/77
und 40/77, Bayerische HNL u. a./Rat und Kommission, Slg. 1978, 1209, Randnr. 4, Urteil des Gerichts
vom 15. April 1997 in der Rechtssache T-390/94, Schröder u. a./Kommission, Slg. 1997, II-501, Randnr.
52) eine Verletzung einer höherrangigen, den einzelnen schützenden Rechtsnorm darstellen. Wenn
das Organ die Handlung in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen hat, wie dies auf dem Gebiet
der gemeinsamen Agrarpolitik der Fall ist, muß diese Verletzung außerdem hinreichend qualifiziert, d.
h. offenkundig und schwerwiegend sein (Urteile des Gerichtshofes Bayerische HNL u. a./Rat und
Kommission, Randnr. 6, vom 8. Dezember 1987 in der Rechtssache 50/86, Grands Moulins de
Paris/EWG, Slg. 1987, 4833, Randnr. 8, und Mulder II, Randnr. 12, Urteil des Gerichts vom 14.
September 1995 in den Rechtssachen T-480/93 und T-483/93, Antillean Rice Mills u. a./Kommission,
Slg. 1995, II-2305, Randnr. 194).
50. Es ist zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in den vorliegenden Fällen erfüllt sind.
Vorbringen der Parteien
51. Die Kläger tragen vor, der Gerichtshof habe im Urteil Wehrs (Randnrn. 13 bis 15) entschieden, daß
das schutzwürdige Vertrauen der SLOM-III-Erzeuger verletzt worden sei. Der Erzeuger, der eine
Nichtvermarktungsverpflichtung übernehme, sei nicht anderes zu behandeln als derjenige, der sie
eingegangen sei. Wäre für die Kläger vorhersehbar gewesen, daß sie an der Milcherzeugung
gehindert sein würden, so hätten sie die von Herrn Beckmann bzw. Herrn Kriegs eingegangenen
Nichtvermarktungsverpflichtungen nicht übernommen. In dem herabgesetzten Preis, zu dem sie die
streitigen Betriebe übernommen hätten, sei nur der Zeitraum berücksichtigt, in dem die
Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtung bestanden habe.
52. Die Beklagten behaupten, daß die Kläger die mit Nichtvermarktungsverpflichtungen belasteten
Betriebe freiwillig übernommen hätten. Sie könnten daher trotz des Urteils Wehrs nicht geltend
machen, daß die Ablehnung der Zuteilung einer Referenzmenge sie in ihrem schutzwürdigen
Vertrauen verletzt habe. Nach ständiger Rechtsprechung dürften die Wirtschaftsteilnehmer, die ihre
Erzeugung während eines bestimmten Zeitraums veranlaßt durch eine Handlung der Gemeinschaft
unterbrochen hätten, nach Ablauf dieses Zeitraums nicht Beschränkungen unterworfen werden, die
sie gerade deswegen in besonderer Weise beeinträchtigten, weil sie die durch die
Gemeinschaftsregelung gebotenen Möglichkeiten in Anspruch genommen hätten. Anders als die
Betriebsinhaber, die eine Nichtvermarktungsverpflichtung originär eingegangen seien, seien die SLOM-
III-Erzeuger nicht durch eine Handlung der Gemeinschaft dazu veranlaßt worden, eine derartige
Verpflichtung einzugehen. Jedenfalls spiegele der niedrigere Preis, zu dem die SLOM-III-Erzeuger ihre
Betriebe erworben hätten, das wirtschaftliche Risiko der eventuellen Nichtzuteilung einer spezifischen
Referenzmenge wieder.
Würdigung durch das Gericht
53. Der Gerichtshof hat in den Randnummern 13 und 14 des Urteils Wehrs entschieden, daß die SLOM-III-
Erzeuger darauf vertrauen durften, daß sie nicht einer Regelung unterworfen werden würden, wie sie
sich aus der Antikumulierungsvorschrift der Verordnung Nr. 857/84 ergibt. In Randnummer 15 des
Urteils hat er diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes für
ungültig erklärt. Im Urteil Mulder II (Randnr. 15) hatte er zuvor darauf hingewiesen, daß dieser
Grundsatz eine höherrangige, den einzelnen schützende Rechtsnorm darstellt.
54. Da die Antikumulierungsvorschrift auf die Kläger angewendet worden ist, was übrigens unstreitig ist,
ist das Vorbringen der Beklagten in Wirklichkeit darauf gerichtet, eine bereits durch das Urteil Wehrs
entschiedene Frage erneut aufzuwerfen. Es ist daher zurückzuweisen.
55. Zu dem Argument der Beklagten, daß die SLOM-III-Erzeuger nicht durch eine Handlung der
Gemeinschaft veranlaßt worden seien, eine Nichtvermarktungsverpflichtung einzugehen, ist darauf
hinzuweisen, wie dies der Gerichtshof im Urteil Wehrs (Randnrn. 13 bis 15) getan hat, daß das
berechtigte Vertrauen der betroffenen Erzeuger verletzt wird, wenn sie nach dem Ende einer von
ihnen übernommenen Nichtvermarktungsverpflichtung Beschränkungen unterworfen werden, die sie
wegen dieser Verpflichtung in besonderer Weise beeinträchtigen.
56. Zurückzuweisen ist auch die Argumentation der Beklagten mit dem angeblich niedrigeren Preis, zu
dem die Beklagten die mit SLOM-Verpflichtungen belasteten Betriebe übernommen hätten. Wie die
Kläger vortragen, ist dieser niedrigere Preis allein auf die Berücksichtigung der Wertminderung der
Flächen entsprechend dem Zeitraum der Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtung
zurückzuführen.
57. Im vorliegenden Fall ist daher eine höherrangige Rechtsnorm verletzt worden.
58. Eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm ist gegeben, wenn die
Organe die Grenzen ihres Ermessens offenkundig und erheblich überschreiten, ohne sich auf ein
höheres öffentliches Interesse zu berufen. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine solche
Überschreitung vor, wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber die besondere Lage einer klar abgegrenzten
Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern unberücksichtigt läßt, insbesondere wenn die erlassene
Maßnahme unvorhersehbar war und über die Grenzen der normalen wirtschaftlichen Risiken
hinausgeht (vgl Urteil Mulder II, Randnrn. 16 und 17; vgl. auch Urteil des Gerichtshofes vom 4. Oktober
1979 in der Rechtssache 238/78, Ireks-Arkady/Rat und Kommission, Slg. 1979, 2955, Randnr. 11).
59. Es ist zu prüfen, ob diese Merkmale im vorliegenden Fall gegeben sind.
A. Zur Nichtberücksichtigung einer klar abgegrenzten Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern
Vorbringen der Parteien
60. Nach Auffassung der Kläger befinden sich die SLOM-III-Erzeuger genau in der gleichen Lage wie die
SLOM-I- und SLOM-II-Erzeuger. Ebenso wie diese seien sie durch rechtswidrige Verordnungen
vollständig von der Wiederzuteilung der Menge ausgeschlossen worden, auf die sich ihre
Nichtvermarktungsverpflichtung erstreckt habe. Außerdem stellten die SLOM-III-Erzeuger eine klar
abgegrenzte Gruppe dar, deren Namen sich aus den Akten der zuständigen Behörden ergäben.
61. Der Gemeinschaftsgesetzgeber habe dadurch, daß er, ohne sich auf ein höheres öffentliches
Interesse zu berufen, den SLOM-III-Erzeugern keine Referenzmenge zugeteilt habe, die Lage einer klar
abgegrenzten Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern unberücksichtigt gelassen. Er habe in der
Verordnung Nr. 764/89 gegenüber den SLOM-III-Erzeugern keine wirtschaftspolitische Entscheidung im
Sinne der Randnummer 21 des Urteils Mulder II getroffen. In dieser Verordnung habe der Rat die
Interessen dieser Erzeuger überhaupt nicht berücksichtigt; diese seien daher ebenso behandelt
worden wie die SLOM-I- und SLOM-II-Erzeuger durch die Verordnung Nr. 857/84 in ihrer ursprünglichen
Fassung.
62. Die Nichtzuteilung einer Referenzmenge an die SLOM-III-Erzeuger sei in keiner Weise gerechtfertigt.
Entgegen dem Vorbringen der Beklagten könne das Allgemeininteresse an einem stabilen Milchmarkt
eine derartige Entscheidung nicht rechtfertigen, da die für die SLOM-III-Landwirte erforderlichen
Milchmengen das Marktgleichgewicht nicht gefährden könnten. Daß die Kläger eine Referenzmenge
gehabt hätten, die nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 857/84 für einen keiner
Nichtvermarktungsverpflichtung unterliegenden Betrieb zugeteilt worden sei, und also nicht
vollständig von der Milcherzeugung ausgeschlossen gewesen seien, seiohne Bedeutung. Insoweit sei
nur der SLOM-Betrieb zu berücksichtigen, und nur auf diesen seien die Kriterien des Urteils Mulder II
anzuwenden. Der Umstand, daß die Kläger in einem anderen Betrieb Milch erzeugt hätten, beweise
ihre Absicht, die Milcherzeugung im SLOM-Betrieb nach dem Ende der Nichtvermarktungsverpflichtung
wieder aufzunehmen.
63. Die Beklagten tragen vor, daß die SLOM-III-Erzeuger anders als die SLOM-I-Erzeuger keine abgegrenzte
Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern darstellten. Die SLOM-I-Erzeuger seien dadurch definiert gewesen,
daß sie aufgrund einer Verpflichtung, die sie vor Erlaß der sie beschwerenden Verordnung
eingegangen seien, keine Milch geliefert hätten. Die SLOM-III-Erzeuger seien dadurch definiert, daß sie
einen einer Verpflichtung unterliegenden Betrieb übernommen hätten. Diese Übernahme könne vor
oder nach dem Erlaß der Verordnung Nr. 857/84 erfolgt sein. Die Kläger hätten daher bei Erlaß dieser
Verordnung nicht zu einer abgegrenzten Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern gehört. Auf das
Vorbringen, die SLOM-III-Erzeuger seien anhand der Akten der die Nichtvermarktungsprämien
bewilligenden Behörden zu ermitteln gewesen, entgegnen die Beklagten, daß das Vorhandensein
dieser Verzeichnisse nichts daran ändere, daß die Übernahme von Nichtvermarktungsverpflichtungen
de jure und de facto auch nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 857/84 habe erfolgen können
und daß die Erzeuger zu diesem Zeitpunkt keine abgegrenzte Gruppe dargestellt hätten.
64. In den Vorschriften der Verordnung Nr. 764/89 sei die Lage der SLOM-III-Erzeuger nicht außer acht
gelassen worden. Da diese Erzeuger nämlich eine Referenzmenge aufgrund von Artikel 2 der
Verordnung Nr. 857/84 gehabt hätten, seien sie nicht vollständig und dauernd vom Markt
ausgeschlossen gewesen und hätten ihre Erzeugung fortsetzen können, obwohl sie keine
Referenzmenge für den SLOM-Betrieb gehabt hätten. Die Gemeinschaft hafte daher nicht dafür, daß
den SLOM-III-Erzeugern durch die Verordnungen Nr. 857/84 und Nr. 764/89 keine Referenzmenge
zugeteilt worden sei. Entgegen den Behauptungen der Kläger in ihren Erwiderungen bezögen sich die
im Urteil Mulder II (Randnr. 17) genannten Haftungsvoraussetzungen nur auf den Fall eines
vollständigen Ausschlusses der betroffenen Erzeuger von der Milchvermarktung. Im übrigen habe die
Einführung der Antikumulierungsvorschrift nicht zu einer Schlechterstellung der SLOM-III-Erzeuger im
Verhältnis zu den SLOM-I- und SLOM-II-Erzeugern geführt, sondern ihre Lage lediglich nicht verbessert.
65. Angesichts der prekären Lage auf dem Milchmarkt und des Umstands, daß die SLOM-III-Erzeuger, die
sich in der Lage der Kläger befänden, in ihrem Nicht-SLOM-Betrieb weiter hätten produzieren können,
hätten die Beklagten mit der Differenzierung zwischen diesen beiden Gruppen in Anbetracht ihres
Ermessens keine offenkundig rechtswidrige Entscheidung getroffen. Die Organe hätten ein höheres
öffentliches Interesse berücksichtigt, als sie es abgelehnt hätten, den SLOM-III-Erzeugern
Referenzmengen zuzuteilen. Beim Erlaß der Verordnung Nr. 764/89 hätten die Organe eine
wirtschaftspolitische Entscheidung getroffen, die darin bestanden habe, den SLOM-III-Erzeugern keine
Referenzmenge zuzuteilen, um das Gleichgewicht auf dem Milchmarkt nicht zu stören. Durch diese
Entscheidung sei der Ermessensspielraum, über den sie auf diesem Gebiet verfügt hätten, nicht
überschritten worden. Die betroffenen Erzeuger hätten sich in einer besonderen Lage befunden, da
sie bereits eine originäre Referenzmenge erhalten hätten, was eine andere Behandlung gerechtfertigt
habe. Diese Gründe ergäben sich eindeutig aus der zweiten, der dritten und der fünften
Begründungserwägung der Verordnung Nr. 764/89. Der Gesetzgeber habe eine Abwägung
widerstreitender Interessen vorgenommen und die Zuteilung der Referenzmenge denjenigen
Erzeugern vorbehalten, die noch keine erhalten hätten.
Würdigung durch das Gericht
66. Die SLOM-III-Erzeuger waren Landwirte, die sich der durch die Verordnung Nr. 1078/77 vorgesehenen
Regelung nicht unmittelbar unterworfen, sondern einen Betrieb übernommen hatten, dessen früherer
Inhaber sich dieser Regelung unterworfen hatte. Auch wenn für sie im Hinblick auf die Verordnung Nr.
857/84 dieselbe Regelung wie für die anderen SLOM-Erzeuger galt, waren sie wegen dieser
Besonderheit in einer anderen Lage. Aufgrund dieses Merkmals waren sie SLOM-Erzeuger, denen im
Anschluß an die Verordnung Nr. 764/89 jegliche spezifische Referenzmenge versagt blieb. Erst mit
Inkrafttreten dieser Verordnung änderte sich die Grundlage der auf sie angewendeten Regelung, aber
als Erzeuger befanden sie sich in einer anderen Lage, seit sie die Betriebe, die mit im Rahmen der
Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Verpflichtungen belastet waren, übernommen hatten.
67. Das Argument der Beklagten, die Gruppe müsse schon vor dem Erlaß der für rechtswidrig erklärten
Regelung formal als solche gekennzeichnet gewesen sein, ist unbegründet. Dies war zwar der Fall bei
den SLOM-I-Erzeugern, die vor dem Erlaß der Verordnung Nr. 857/84, die ihre Lage regelte, eine
Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen waren, doch schließt der Umstand, daß nach den
späteren Änderungen dieser Verordnung nur eine einzige Restgruppe in dem Sinne bestehen blieb,
daß nur für diese Gruppe die frühere allgemeine Regelung fortgalt, nicht aus, ihr einen
eigenständigen Charakter zuzuerkennen.
68. Außerdem bildeten die SLOM-I- und die SLOM-II-Erzeuger, wie sich aus den Urteilen Mulder I und Mulder
II ergibt, zusammen eine eigenständige Gruppe von Erzeugern. Da die SLOM-III-Erzeuger dadurch
gekennzeichnet sind, daß sie bis 1993 in derselben Lage waren wie die anderen Gruppen, bilden sie
wie diese eine eigenständige Gruppe, der unter Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm keine
Referenzmenge gewährt wurde (vgl. oben, Randnr. 53).
69. Schließlich ist das Vorbringen der Beklagten zurückzuweisen, im vorliegenden Fall habe es keinen
vollständigen Ausschluß gegeben, da die SLOM-III-Erzeuger in ihrem ursprünglichen Betrieb hätten
produzieren können. Da dieses Vorbringen auf die Tatsache abstellt, daß die SLOM-III-Erzeuger nicht
vollständig an der Milchvermarktung gehindert waren, hätten die Organe das Verhältnis zwischen den
auf den ursprünglichen Betrieb und den auf den SLOM-Betrieb entfallenden Referenzmengen
berücksichtigen müssen. Indem sie dieses Verhältnis nicht bei jedem einzelnen dieser Erzeuger
berücksichtigt haben, haben die Beklagten die Lasten, die sich daraus ergeben, daß „es dringend
erforderlich ist, das derzeitig auf dem Markt für Milcherzeugnisse bestehende prekäre Gleichgewicht
nicht zu erschüttern“ (fünfte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 764/89), jedem einzelnen
SLOM-III-Erzeuger gegenüber willkürlich unterschiedlich aufgeteilt. Unter diesen Umständen wurde das
wirtschaftliche Opfer, das angeblich erforderlich war, um diesem öffentlichen Interesse gerecht zu
werden, in objektiv ungleicher Weise aufgeteilt. Daher haben die Organe das Ermessen, über das sie
insoweit verfügten, überschritten.
b) Zu der Frage, ob die getroffene Maßnahme unvorhersehbar war und die Grenzen der normalen
wirtschaftlichen Risiken überschritt
Vorbringen der Parteien
70. Die Kläger tragen vor, daß die ihnen durch Vorenthaltung einer Referenzmenge auferlegten
wirtschaftlichen Opfer über die durch die Rechtsprechung, insbesondere das Urteil Mulder II,
anerkannten Grenzen hinausgegangen seien. Unter Berücksichtigung der Referenzmengen, die sie im
Anschluß an das Urteil Wehrs erhalten hätten (vgl. oben, Randnr. 11), sei ihnen in den Jahren von
1984 bis 1993 ein erheblicher Schaden entstanden. Die Gründe, die den Gerichtshof veranlaßt
hätten, im Urteil Mulder II im Fall der durch die Verordnung Nr. 764/89 auf 60 % begrenzten
spezifischen Referenzmengen eine Schadensersatzpflicht zu verneinen, gälten also für den
vorliegenden Fall nicht.
71. Der Kläger in der Rechtssache T-195/94 macht geltend, die spezifische Referenzmenge, die ihm 1993
aufgrund der SLOM-III-Regelung zugeteilt worden sei, habe 23,94 % der originären Referenzmenge
betragen (vgl. oben, Randnr. 18). Wenn man die im vorliegenden Verfahren geforderte Entschädigung
nach dem Urteil Mulder II berechne, belaufe sich dieser Prozentsatz auf 26,3 %.
72. Der Kläger in der Rechtssache T-202/94 macht geltend, die spezifische Referenzmenge, die ihm
aufgrund der SLOM-III-Regelung hätte zugeteilt werden müssen, habe — berechnet nach den Kriterien
des Urteils Mulder II — 31,4 % der originären Referenzmenge betragen (vgl. oben, Randnr. 21). In der
Erwiderung trägt der Kläger vor, die ihm tatsächlich zugeteilte Menge habe 41,67 % betragen; wenn
man aber die Berechnung unter Berücksichtigung der Kürzungen vornehme, der die Menge aufgrund
der anwendbaren Regelung unterzogen worden sei, belaufe sich dieser Prozentsatz auf 45,55 % oder
49 % der originären Referenzmenge.
73. Nach Ansicht der Beklagten war die Tatsache, daß die Kläger an der Wiederaufnahme der Erzeugung
gehindert waren, nicht unvorhersehbar, insbesondere nicht in der Rechtssache T-195/94, in der der
Kläger sein Nutzungsrecht nach Erlaß der Verordnung Nr. 857/84 erworben habe. Außerdem habe der
Ausschluß der Wiederaufnahme der Erzeugung nicht die Grenzen der normalen wirtschaftlichen
Risiken überschritten. Insoweit betrage die den Klägern verweigerte Referenzmenge weniger als 40 %
der Summe der fraglichen originären und spezifischen Referenzmengen. Der Gerichtshof habe jedoch
im Urteil Mulder II anerkannt, daß die Haftung der Gemeinschaft nicht ausgelöst werde, wenn die
SLOM-Referenzmenge um weniger als 40 % unterschritten werde. Die Lage dieser Erzeuger entspreche
nämlich der Lage, für die im Urteil Mulder II die Haftung der Gemeinschaft in bezug auf die 60 %-Regel
des Artikels 3a Absatz 2 der Verordnung Nr. 857/84 in der Fassung der Verordnung Nr. 764/89
ausgeschlossen worden sei.
Würdigung durch das Gericht
74. Die Kläger waren, wie alle SLOM-III-Erzeuger, in ihren SLOM-Betrieben während des Zeitraums zwischen
dem Ende der im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Verpflichtung und dem
Zeitpunkt, zu dem sie im Anschluß an das Urteil Wehrs eine spezifische Referenzmenge erhielten,
vollständig daran gehindert, Milch zu vermarkten. Da ihnen eine Referenzmenge im April 1984 bzw.
Oktober 1985 versagt und erst im Dezember bzw. Februar 1993 zugeteilt worden war, steht fest, daß
ihnen ein erhebliches Opfer auferlegt worden ist.
75. Entgegen den Behauptungen der Beklagten war dieses Opfer weder vorhersehbar, noch hielt es sich
innerhalb der Grenzen der mit der fraglichen wirtschaftlichen Betätigung verbundenen normalen
Risiken.
76. Zur Frage, ob der Schaden unvorhersehbar war, ist festzustellen, daß sich die Kläger als SLOM-III-
Erzeuger in derselben Lage befanden wie die SLOM-I-Erzeuger, da sie in bezug auf den durch die
Nichtvermarktungsverpflichtung gebundenen Betrieb aufgrund der Verordnung Nr. 857/84 vollständig
und dauernd von der Zuteilung einer Referenzmenge ausgeschlossen worden waren (Urteil Mulder II,
Randnr. 17). Wie der Gerichtshof entschieden hat, wurden die SLOM-I-und die SLOM-III-Erzeuger einer
Beschränkung unterworfen, die sie wegen dieser Verpflichtung in besonderer Weise beeinträchtigte
(vgl. Urteile Mulder I, Randnr. 24, und Wehrs, Randnr. 13).
77. Diese Feststellung gilt auch dann, wenn sich der Rechtstitel, kraft dessen die Kläger den SLOM-Betrieb
bewirtschafteten, nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89 geändert hat. Da der Eintritt in die
Nichtvermarktungsverpflichtungen vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist, durften die Erzeuger nämlich auf
die Möglichkeit zur Wiederaufnahme der Vermarktung nach Auslaufen dieser Verpflichtungen
vertrauen (vgl. Urteil Wehrs, Randnr. 13).
78. Zur Frage, wann die Grenzen der normalen wirtschaftlichen Risiken überschritten sind, hat der
Gerichtshof im Urteil Mulder II (Randnr. 17) entschieden, daß die Haftung der Gemeinschaft dadurch
ausgelöst wurde, daß für die SLOM-I-Erzeuger keine Referenzmenge vorgesehen war mit der Folge, daß
diese vollständig von der Erzeugung ausgeschlossen waren. Dagegen hat er es nicht als
haftungsauslösend angesehen, daß für die SLOM-II-Erzeuger eine Referenzmenge vorgesehen war, die
auf 60 % der den Erzeugern normalerweise zustehenden Referenzmenge herabgesetzt war.
79. Wie bereits erwähnt (vgl. oben, Randnr. 76), ist die Lage der Kläger ähnlich wie die der SLOM-I-
Erzeuger, da sie auf der mit der übernommenen Verpflichtung belasteten Fläche vollständig von der
Erzeugung ausgeschlossen sind.
80. Außerdem unterscheidet sich die Lage der Kläger entgegen dem Vorbringen der Beklagten in
mehrfacher Hinsicht von der der SLOM-II-Erzeuger.
81. Die Schäden, um die es im Urteil Mulder II ging, waren bei Verkündung der Entscheidung des
Gerichtshofes über den Entschädigungsanspruch bereits vollständig eingetreten. Die
Milchvermarktung war nämlich vom Inkraftreten der Verordnung Nr. 857/84 in ihrer ursprünglichen
Fassung an bis zum Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89 (vgl. oben, Randnr. 5) in allen SLOM-
Betrieben ausgeschlossen. Vom letztgenannten Zeitpunkt an bis zum Inkrafttreten der Verordnung Nr.
1639/91 waren die SLOM-I- und die SLOM-II-Erzeuger für die Vermarktung ihrer Erzeugnisse einer
Begrenzung auf 60 % der originären Referenzmenge unterworfen (vgl. oben, Randnr. 6). Sie erhielten
schließlich erst gemäß der Verordnung Nr. 1639/91 eine Referenzmenge (vgl. oben, Randnr. 8).
-
82. Daher hat der Gerichtshof im Urteil Mulder II die Haftung der Gemeinschaft nur in bezug auf eine
Begrenzung (auf 60 %) von bestimmter Dauer (etwa zwei Jahre) der in den zwölf Monaten vor der
Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtung gelieferten oder verkauften Milchmenge verneint.
Der vollständige oder teilweise Ausschluß konnte also höchstens sieben Jahre, nämlich vom Auslaufen
der der ersten Verpflichtungen im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 oder dem Erlaß der
Verordnung Nr. 857/84 bis zum Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91, dauern. Für die SLOM-I- und
die SLOM-II-Erzeuger dauerte der Ausschluß also höchstens fünf Jahre, und die Haftung der
Gemeinschaft für diesen Ausschluß wurde bejaht.
83. Im vorliegenden Fall wurde den Klägern wie allen SLOM-III-Erzeugern eine ihnen zustehende
Referenzmenge (vgl. Urteil Wehrs) vollständig verweigert. Diese Verweigerung erstreckte sich vom
Beginn der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 auf sie bis zur Zuteilung einer Referenzmenge, die
erst nach dem am 3. Dezember 1992 ergangenen Urteil Wehrs erfolgte.
84. Unter diesen Umständen sind die Natur und die Dauer der den Klägern zugemuteten Verweigerung
der Referenzmenge Merkmale, die ihre Lage eindeutig von der Lage der Erzeuger unterscheiden, zu
deren Gunsten nach dem UrteilMulder II die Haftung der Gemeinschaft nicht ausgelöst wurde.
85. Diese Verweigerung geht über die mit der fraglichen wirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen normalen
Risiken hinaus und kann die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft begründen.
86. Die Kläger machen geltend, daß ihnen als Erzeuger, denen eine Referenzmenge verweigert worden
sei, Schäden entstanden seien. Die Beklagten bestreiten das Vorliegen solcher Schäden, weil die
Kläger keine Erzeuger seien und deshalb keinen Anspruch auf Zuteilung einer Referenzmenge hätten
erheben können.
Vorbringen der Parteien
87. Nach Auffassung der Kläger ergibt sich aus Schriftstücken der Landwirtschaftskammern Westfalen-
Lippe und Hannover vom 19. Juli 1991 und vom 21. Februar 1995, daß ihnen Schäden entstanden
seien, da sie die SLOM-Betriebe nach der Übernahme der auf ihnen lastenden
Nichtvermarktungsverpflichtungen weiter bewirtschaftet hätten. Nur wegen der Unsicherheit
hinsichtlich der Rechtslage habe der Kläger in der Rechtssache T-202/94 seinen Antrag auf eine
Referenzmenge zusammen mit seiner Frau eingereicht.
88. Entgegen den Behauptungen der Beklagten sei es unerheblich, daß die spezifische Referenzmenge
für den durch die Nichtvermarktungsverpflichtung nicht belasteten Betrieb beantragt worden sei.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes reiche es für die Wiederzuteilung oder die endgültige
Zuteilung einer Referenzmenge aus, wenn der Kläger diese Menge in seinem Betrieb erzeuge und
wenn er innerhalb dieses Betriebes den mit einer Nichtvermarktungsverpflichtung belasteten Betrieb
zumindest noch teilweise weiter bewirtschafte (Urteil vom 3. Dezember 1992 in der Rechtssache C-
86/90, O'Brien, Slg. 1992, I-6251). Außerdem könne ein Betrieb nach Artikel 9 Buchstabe d der
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer
Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 405, S. 1) aus mehreren getrennten landwirtschaftlichen
Betriebsstätten bestehen. Der Kläger in der Rechtssache T-202/94 habe beabsichtigt, nach Ablauf
des Nichtvermarktungszeitraums auch im ehemaligen SLOM-Betrieb Milch zu erzeugen. Aus dem der
Erwiderung beigefügten Sachverständigengutachten gehe hervor, daß der Kläger dies nach Zuteilung
der spezifischen Referenzmenge auch tatsächlich getan habe.
89. Die beklagten Organe tragen vor, daß den Klägern unabhängig von der durch die Verordnung Nr.
764/89 eingeführten Antikumulierungsvorschrift kein Schaden entstanden sei. Sie hätten keinen
Anspruch auf eine Referenzmenge gehabt, da sie keine Erzeuger im Sinne des Artikels 3a Absatz 1 der
Verordnung Nr. 857/84 gewesen seien und keinen Beweis für diese Eigenschaft vorgelegt hätten.
90. In der Rechtssache T-195/94 habe die Ehefrau des Klägers, die Erbin des SLOM-Betriebes, diese
Eigenschaft besessen. Der Kläger könne sich nicht auf die Bescheinigung der Landwirtschaftskammer
Westfalen-Lippe vom 19. Juli 1991 stützen, da die Kammer lediglich seine Angaben übernommen habe.
Ebenso sei die Verweisung auf die Definition des Begriffes des Betriebes in der Verordnung Nr.
3950/92 nicht schlüssig. Diesem Begriff liege die Vorstellung der Bewirtschaftung einer Gesamtheit
von Produktionseinheiten zugrunde. Im vorliegenden Fall sei aber gerade fraglich, ob der Kläger den
SLOM-Betrieb tatsächlich bewirtschaftet habe.
91. In der Rechtssache T-202/94 gehe aus der Bescheinigung der Landwirtschaftskammer Hannover vom
25. Januar 1990 hervor, daß der Antrag auf Zuteilung einer Referenzmenge von der Ehefrau des
Klägers gestellt worden sei. Diese sei also Erzeuger im Sinne von Artikel 3a Absatz 1 der Verordnung
Nr. 857/84. Durch die Bescheinigung der Landwirtschaftskammer Hannover vom 21. Februar 1995
über die Erzeugereigenschaft des Klägers ließen sich insoweit nicht alle Zweifel ausräumen.
92. Auf jeden Fall hätten die Kläger unabhängig von der Antikumulierungsvorschrift des Artikels 3a Absatz
1 der Verordnung Nr. 857/84 keinen Anspruch auf die spezifische Referenzmengen gehabt, die sie bei
den deutschen Behörden beantragt hätten, da aus ihren Anträgen hervorgehe, daß sie diese Menge
in ihren eigenen Betrieben und nicht in den übernommenen Betrieben hätten erzeugen wollen. Die
betreffende Regelung (Artikel 3a Absatz 1 erster Gedankenstrich und Buchstabe b der Verordnung)
sehe nämlich den Anspruch auf eine spezifische Referenzmenge für die Erzeuger vor, die nachweisen
könnten, daß sie diese Menge in ihrem Betrieb erzeugen könnten. Dies werde durch das Urteil vom
22. Oktober 1991 in der Rechtssache C-44/89 (von Deetzen, Slg. 1991, I-5119, Randnr. 21) bestätigt,
in dem der Gerichtshof festgestellt habe, daß der Umstand, daß die Referenzmengen nicht
kommerziell verwertet werden könnten, das berechtigte Vertrauen der Erzeuger nicht verletze. Wenn
die Kläger aber die betreffende Menge in einem anderen Betrieb als dem Betrieb erzeugten, der durch
eine Nichtvermarktungsverpflichtung gebunden gewesen sei, versuchten sie, diese Menge zu
übertragen.
93. Die Verweisung der Kläger auf das Urteil O'Brien gehe fehl. Dieses Urteil beziehe sich auf Artikel 3a
Absatz 3 der Verordnung Nr. 857/84 und nicht auf deren Artikel 3a Absatz 1. Dort sei entschieden
worden, daß ein Erzeuger nur dann einen Anspruch auf eine spezifische Referenzmenge geltend
machen könne, wenn er weiterhin den Betrieb bewirtschafte, der Gegenstand seiner
Nichtvermarktungsverpflichtung gewesen sei. Vorliegend sei jedoch fraglich, ob die Kläger den SLOM-
Betrieb tatsächlich selbst bewirtschaftet hätten und ob eine Bewirtschaftung im Sinne der Verordnung
Nr. 857/84 auch dann vorliege, wenn dieser Betrieb nicht mehr zur Milcherzeugung verwendet werde.
94. Die Beklagten bestreiten das Bestehen eines Kausalzusammenhangs und tragen hierzu in der
Gegenerwiderung vor, daß der Kläger in der Rechtssache T-195/94 eine originäre Referenzmenge
hätte erhalten können, wenn er die Milchlieferungen 1983 nach dem Ablauf der
Nichtvermarktungsverpflichtung wieder aufgenommen hätte. Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr.
1371/84 und die einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften hätten es nämlich gestattet, diesen
Erzeugern eine aufgrund der tatsächlichen Lieferungen berechnete Referenzmenge zu gewähren. Daß
der Kläger diese Referenzmenge nicht erhalten habe, sei auf ihn selbst zurückzuführen, und es fehle
an einem Kausalzusammenhang zwischen den entstandenen Schäden und der Verordnung Nr.
857/84.
Würdigung durch das Gericht
95. Die Kläger erhielten am 23. Dezember 1993 und am 1. Februar 1993 von den zuständigen nationalen
Behörden eine als SLOM-III bezeichnete spezifische Referenzmenge. Gemäß Artikel 1 der Verordnung
Nr. 2055/93 war eine solche Referenzmenge den Milcherzeugern zu gewähren, denen zuvor eine
Referenzmenge versagt worden war. Folglich waren die Kläger für die nationalen Behörden zu diesem
Zeitpunkt in den fraglichen landwirtschaftlichen Betrieben Erzeuger im Sinne der
Gemeinschaftsregelung, und sie waren folglich gemäß der Verordnung Nr. 857/84 an der Vermarktung
von Milch gehindert worden. Dies wird durch die Bescheinigungen der Landwirtschaftskammern
Hannover und Westfalen-Lippe vom 25. Januar 1990 und vom 19. Juli 1991 bestätigt.
96. Zum Vorbringen der Beklagten, die Kläger seien für ihre Schäden verantwortlich, da sie die
Referenzmengen für ihre originären Betriebe und nicht für die SLOM-Betriebe beantragt hätten, ist
festzustellen, daß sich aus Artikel 3a Absatz 1 der Verordnung Nr. 857/84 in der Fassung der
Verordnung Nr. 764/89 ergibt, daß die Bedingungen, die sich auf die konkreten Modalitäten der
Erzeugung der spezifischen Referenzmenge beziehen, insbesondere die des Buchstaben b, die
Erteilung einer solchen Referenzmenge voraussetzen. Diese Bedingungen gelten also nur dann, wenn
der Erzeuger Anspruch auf eine spezifische Referenzmenge hat, deren Zuteilung in Absatz 1 erster
und zweiter Gedankenstrich geregelt ist. Die Kläger waren aber jedenfalls von einer solchen Zuteilung
durch die Antikumulierungsvorschrift des zweiten Gedankenstrichs dieses Absatzes ausgeschlossen,
da sie bereits für ihre eigenen Betriebe eine Referenzmenge erhalten hatten.
97. Zum Vorbringen der Beklagten in der Rechtssache T-195/94, es fehle an einem Kausalzusammenhang
zwischen den Schäden und dem Verhalten der Gemeinschaft, ist festzustellen, daß die Verordnung Nr.
1371/84 erst am 18. Mai 1984 in Kraft trat. Da die auf der Betriebsfläche des Klägers lastende
Verpflichtung am 31. Mai 1983 auslief, konnte er also zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, daß er bei
einer Wiederaufnahme der Erzeugung eine Referenzmenge erhalten könne. Hiervon konnte er erst
durch den Erlaß der Verordnung Nr. 1371/84 erfahren. Die Auslegung der Organe läuft also darauf
hinaus, an die Entscheidung des Klägers, die Erzeugung im Jahr 1983 nicht aufzunehmen, bestimmte
Folgen zu knüpfen, die zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehbar waren. Daher ist dieses Vorbringen
zurückzuweisen, und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs steht im vorliegenden Fall außer
Zweifel.
98. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß die Gemeinschaft für die den Klägern
entstandenen Schäden haftet.
2.
99. Zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang den Ansprüchen der Kläger die Verjährung entgegensteht.
100. Die Kläger tragen vor, die Verjährungsfrist habe nicht mit dem Ende der
Nichtvermarktungsverpflichtung und auch nicht am 2. April 1984, dem Tag des Inkrafttretens der
Verordnung Nr. 857/84, auf die ihre Schäden zurückzuführen seien, begonnen.
101. Zwar habe die Verordnung Nr. 857/84 alle SLOM-Erzeuger geschädigt und die Verordnung Nr. 764/89
habe die Lage der SLOM-III-Erzeuger weiter verschlechtert, doch seien in bezug auf die Kläger die
Voraussetzungen des Artikels 43 der Satzung erst bei Erlaß des Urteils Wehrs erfüllt gewesen, durch
das die Verordnung Nr. 764/89 für ungültig erklärt worden sei. Zu diesen Voraussetzungen gehöre
nämlich die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der schädigenden Handlung, da diese eine Rechtsvorschrift
sei. Einem Bürger könne nicht zugemutet werden, daß er sofort nach Erlaß einer rechtswidrigen
Verordnung den Anspruch auf Schadensersatz gerichtlich geltend mache. Die unsichere Rechtslage,
die Vermutung der Gültigkeit der Verordnung Nr. 857/84 und vor allem die Notwendigkeit, eine
spezifische Referenzmenge zu erlangen, erklärten die Nichterhebung einer Schadensersatzklage. Der
Kläger in der Rechtssache T-202/94 räumt jedoch ein, daß er vom Ablauf der auf seinem SLOM-Betrieb
lastenden Nichtvermarktungsverpflichtung an Klage hätte erheben können.
102. Zur Unterbrechung der Verjährungsfrist tragen die Kläger vor, die SLOM-III-Erzeuger dürften nicht
anders behandelt werden als die SLOM-I- und SLOM-II-Erzeuger. Daraus folge, daß die Regelung in
Artikel 8 der Verordnung Nr. 2187/93 für sie ebenso wie für die anderen Erzeuger gelten müsse.
Ferner müsse die Mitteilung vom 5. August 1992, durch die die Organe die Verjährung unterbrochen
hätten, in dem Sinne auf sie angewendet werden, daß sie den Beklagten verbiete, eine
Verjährungseinrede zu erheben. Zum Zeitpunkt dieser Mitteilung seien ihre Ansprüche noch nicht
verjährt gewesen, weil die Verordnung Nr. 764/89 die den Schäden zugrunde liegende Handlung sei.
Selbst wenn die Verjährungsfrist schon am Ende des Nichtvermarktungszeitraums zu laufen begonnen
haben sollte, begännen die Zeiträume, für die keine Verjährung eingetreten sei, am 5. August 1987,
d. h. fünf Jahre vor dem 5. August 1992, an dem die Verjährung unterbrochen worden sei.
103. Der Kläger in der Rechtssache T-195/94 trägt vor, daß er die Verjährung jedenfalls durch das
Schreiben vom 12. Januar 1994 an die Organe unterbrochen habe, auf das die Kommission am 29.
März 1994 geantwortet und den Ersatz des eingetretenen Schadens abgelehnt habe. Entsprechend
Artikel 43 der Satzung, sei die Klage innerhalb von zwei Monaten nach Zugang des
Ablehnungsschreibens erhoben worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die aufgrund der Verordnung Nr.
764/89 entstandenen Entschädigungsansprüche noch nicht verjährt gewesen.
104. Der Kläger in der Rechtssache T-202/94 behauptet ebenfalls, daß die Verjährungsfrist für ihn durch
sein Schreiben vom 11. April 1991 an die Organe unterbrochen worden sei. Nach Artikel 43 der
Satzung bestehe keine Verpflichtung, nach einem solchen Schreiben unverzüglich Klage zu erheben.
Auf jeden Fall hätten die Kommission und der Rat in ihren Antwortschreiben vom 2. bzw. 15. Mai 1991
ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet; der Kläger habe sich hierauf verlassen. Die
Wirkungen dieses Verzichts seien durch die Verordnung Nr. 2187/93, die nicht unmittelbar und
individuell an den Kläger gerichtet und gegen die also keine Klage möglich gewesen sei, nicht
aufgehoben worden. Im übrigen habe er mit Schreiben vom 13. Januar 1994 bei den Organen
angefragt, ob sie ihren Verzicht aufrechterhielten. Nur die Kommission habe mit Schreiben vom 29.
März 1994 geantwortet und darin die Zahlung einer Entschädigung an die SLOM-III-Erzeuger
abgelehnt. Da dieses Schreiben eine Ablehnung enthalte, sei die vorliegende Klage innerhalb der
Zweimonatsfrist des Artikels 43 der Satzung erhoben worden.
105. Nach Auffassung der Beklagten sind die Forderungen der Kläger verjährt und die Klagen daher
unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und Artikel 43 der Satzung beginne die
Verjährungsfrist, sobald alle Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhänge, erfüllt seien, und
— wenn die Haftung auf einen Rechtsetzungsakt zurückgehe — mit Eintritt der Folgen dieses Aktes
(Urteile vom 27. Januar 1982 in den verbundenen Rechtssachen 256/80, 257/80, 265/80, 267/80 und
5/81, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, Slg. 1982, 85, Randnr. 10, und in der Rechtssache
51/81, De Franceschi/Rat und Kommission, Slg. 1982, 117, Randnr. 10).
106. Im vorliegenden Fall habe die Verjährungsfrist in der Rechtssache T-195/94 am 2. April 1984, dem Tag
des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 857/84, und in der Rechtssache T-202/94 am 9. Oktober 1985,
dem Tag, an dem der Nichtvermarktungszeitraum geendet habe, begonnen. Zu diesen Zeitpunkten
seien die Voraussetzungen des Artikels 215 erfüllt gewesen: Die Haftung der Gemeinschaft sei durch
einen Rechtsakt, die Verordnung Nr. 857/84 in ihrer ersten Fassung, ausgelöst worden, der dann mit
dem Urteil Mulder I für ungültig erklärt worden sei, da er in qualifizierter Weise den höherrangigen
Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt habe.
107. Der von den Klägern geltend gemachte Schaden sei darauf zurückzuführen, daß sie für die von ihnen
übernommenen SLOM-Betriebe keine Referenzmenge hätten erhalten können. An dieser Rechtslage
habe sich weder durch die Übernahme dieser Betriebe noch durch die Verordnung Nr. 764/89, durch
die der Artikel 3ain die Verordnung Nr. 857/84 eingefügt worden sei, etwas zu Lasten der Kläger
geändert. Die Kläger hätten also vom Inkrafttreten der Verordnung Nr. 857/84 an die Möglichkeit
gehabt, deren Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen. Die Vermutung der Rechtmäßigkeit, die für jede
Verordnung gelte, hindere die Wirtschaftsteilnehmer nicht daran, die Rechtswidrigkeit einer
Verordnung feststellen zu lassen (Urteil vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 101/78, Granaria,
Slg. 1979, 623, Randnr. 5). Dies hätten die Kläger in den den Urteilen Mulder I und Wehrs zugrunde
liegenden Rechtssachen getan, die anders als die Kläger die mit einer Klageerhebung verbundenen
Risiken nicht hätten vermeiden wollen.
108. Die Beklagten bestreiten sodann die Behauptung der Kläger, daß die Verjährungsfrist nach dem 2.
April 1984 bzw. nach dem 9. Oktober 1985 begonnen habe (siehe oben, Randnr. 106). Erstens sei das
zu berücksichtigende Datum nicht der 28. April 1988, an dem der Gerichtshof das Urteil in der
Rechtssache Mulder I erlassen habe, durch das die Verordnung Nr. 857/84 teilweise für ungültig
erklärt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei für die Ingangsetzung der
Verjährungsfrist erforderlich, daß der Geschädigte das schadensstiftende Ereignis gekannt habe oder
hätte kennen können (Urteil vom 7. November 1985 in der Rechtssache 145/83, Adams/Kommission,
Slg. 1985, 3539, Randnr. 50); dessen Rechtswidrigkeit brauche er nicht zu kennen. Zweitens könne es
für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf die Verordnung Nr. 764/89 ankommen, mit der die
Antikumulierungsvorschrift eingeführt worden sei, die der Lage der SLOM-III-Erzeuger einen
eigenständigen Charakter gegeben habe. Diese Verordnung habe die seit dem Erlaß der Verordnung
Nr. 857/84 (ursprüngliche Fassung) bestehende Lage des Klägers nicht verschlechtert, da bereits die
letzgenannte Verordnung von ihrem Inkrafttreten an die Gewährung von Referenzmengen an die
SLOM-Betriebe der Kläger ausgeschlossen habe. Drittens habe die Verjährung auch nicht am 3.
Dezember 1992, dem Tag der Verkündung des Urteils Wehrs, begonnen, da das den Schaden der
Kläger stiftende Ereignis die durch die Verordnungen Nr. 857/84 und 764/89 eingeführte Regelung
und nicht die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit gewesen sei.
109. Die Beklagten bestreiten auch, daß die Verjährungsfrist für die Kläger Tag für Tag neu zu laufen
beginne. Selbst wenn dies die in Artikel 8 der Verordnung Nr. 2187/93 vorgesehene Lösung sei, sei sie
nicht zwingend der Regelung des Artikels 43 der Satzung zugrunde zu legen.
110. Die Beklagten machen ferner geltend, die Mitteilung vom 5. August 1992 stehe der Erhebung der
Verjährungseinrede durch sie nicht entgegen. In Nummer 2 dieser Mitteilung sei erklärt worden, die
Verpflichtung, keine Verjährungseinrede zu erheben, gelte nur insoweit, als der betreffende
Entschädigungsanspruch bei Veröffentlichung der Mitteilung noch nicht verjährt sei. Auf jeden Fall
betreffe diese Mitteilung nur SLOM-I- und SLOM-II-Erzeuger, wie die Bezugnahme auf die dem Urteil
Mulder II zugrunde liegende Rechtssache, das nur diese Erzeugergruppen betreffe, und der Wortlaut
der Nummer 1 der Mitteilung beweise, die die Erzeuger betreffe, die infolge der Inanspruchnahme der
in der Verordnung Nr. 1078/77 vorgesehenen Regelung keine Milchquoten hätten erhalten können.
111. Zur Unterbrechung der Verjährung tragen die Beklagten in der Rechtssache T-195/94 vor, das
Schreiben des Klägers an die Kommission vom 12. Januar 1994 habe keine Unterbrechung der
Verjährung bewirkt, da die Klage nicht innerhalb der in Artikel 43 Satz 3 der Satzung vorgesehenen
Zweimonatsfrist erhoben worden sei. Diese Frist beginne nicht mit dem Zugang des
Antwortschreibens der Kommission auf das Schreiben, mit dem der Kläger seinen Anspruch geltend
gemacht habe, sondern mit dem Zugang des letztgenannten Schreibens. Da im vorliegenden Fall die
Klage nach Ablauf der Frist erhoben worden sei, habe das Schreiben vom 12. Januar 1994 an die
Kommission die Verjährung nicht unterbrochen.
112. In der Rechtssache T-202/94 machen die Beklagten ebenfalls geltend, daß die Verjährung durch das
Schreiben des Klägers vom 11. April 1991 nicht unterbrochen worden sei, weil innerhalb der Frist des
Artikels 43 der Satzung keine Klage erhoben worden sei. In ihren Antwortschreiben vom 2. bzw. 15. Mai
1991 hätten die Kommission und der Rat auf die Einhaltung der Frist nur insoweit verzichtet, als die
betreffenden Ansprüche noch nicht verjährt gewesen seien. Da die Frist am 9. Oktober 1985 (vgl.
oben, Randnr. 106) zu laufen begonnen habe, sei die Verjährung am 9. Oktober 1990, also vor dem
Schreiben des Klägers, eingetreten. Außerdem habe der Verzicht auf die Geltendmachung der
Verjährung drei Monate nach dem Urteil Mulder II, das am 19. Mai 1992 ergangen sei, geendet, und
der Kläger habe innerhalb dieses Zeitraums keine Klage eingereicht. Dabei sei das Vorbringen des
Klägers unzutreffend, daß dieser Verzicht bis zur Veröffentlichung des im Urteil Mulder II
angekündigten Urteils über die Höhe der Entschädigungen bestehen bleibe: Mit dem Urteil Mulder II
seien alle zum Haftungsgrund gehörenden wichtigen Fragen entschieden worden; allein darauf sei es
allen Beteiligten angekommen.
113. Im Ergebnis machen die Beklagten geltend, daß die Ansprüche der Kläger seit dem 2. April 1989 bzw.
dem 9. Oktober 1990 verjährt seien, da die Verjährungsfrist am 2. April 1984 bzw. am 9. Oktober 1985
zu laufen begonnen habe. Zumindest erfasse die Verjährung in der Rechtssache T-195/94 alle
Ansprüche bis zum 24. Mai 1989, d. h. dem fünf Jahre vor der Klageerhebung am 24. Mai 1994
liegenden Zeitpunkt. In der Rechtssache T-202/94 seien alle Ansprüche bis zum 1. Juni 1989, d. h.
dem fünf Jahre vor der Klageerhebung liegenden Zeitpunkt, verjährt.
114. Die Verjährungsfrist des Artikels 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes läuft nicht, solange nicht alle
Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfüllt sind und insbesondere — in Fällen, in
denen die Haftung auf einen Rechtsetzungsakt zurückgeht — die Schadensfolgen dieses Aktes nicht
eingetreten sind (Urteile Birra Wührer und De Franceschi, Randnr. 10, Urteil des Gerichts vom 16. April
1997 in der Rechtssache T-20/94, Hartmann/Rat und Kommission, Slg. 1997, II-595, Randnr. 107).
115. Um festzustellen, in welchem Umfang die Ansprüche verjährt sind, ist zu ermitteln, wann der Schaden
eingetreten ist und wann gegebenenfalls eine Unterbrechung der Verjährung stattgefunden hat.
116. Im vorliegenden Fall ist ein Schaden von dem Tag an entstanden, an dem die Kläger — nach Auslaufen
der Nichtvermarktungsverpflichtungen, in die sie eingetreten waren — in ihren SLOM-Betrieben
erzeugte Milch hätten liefern können, wenn ihnen nicht gemäß der Verordnung Nr. 857/84 eine
Referenzmenge versagt worden wäre.
117. In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der Kläger zurückzuweisen, die Verjährungsfrist habe
erst nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 764/89, durch die unter Änderung der Verordnung Nr.
857/84 die Antikumulierungsvorschrift eingeführt worden sei, beginnen können. Denn auch wenn die
Lage der fraglichen Erzeugergruppe erst durch den Erlaß dieser Vorschrift ihren eigenständigen
Charakter erhielt (siehe oben, Randnr. 66), war dieses Ergebnis doch nur die Folge der Einführung
einer neuen Regelung für diejenigen SLOM-Erzeuger, denen von diesem Zeitpunkt an eine spezifische
Referenzmenge zugeteilt werden konnte. Dagegen blieb die Lage der SLOM-III-Erzeuger in dem Sinne
unverändert, daß die neue Vorschrift, obwohl der in die Verordnung Nr. 857/84 eingefügte Artikel 3a
diese Erzeuger erfaßte, nur dazu führte, daß für sie die frühere Regelung des vollständigen
Ausschlusses von der Vermarktung beibehalten wurde.
118. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß den Klägern ein Schaden entstanden ist, der auf die
Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 in ihrer ursprünglichen Fassung zurückgeht, und daß ihnen
dieser Schaden nach der Einfügung des Artikels 3a in diese Verordnung durch die Verordnung Nr.
764/89 weiter entstanden ist. Daher ist die dem Schaden zugrunde liegende Handlung die
Verordnung Nr. 857/84. Da die Verordnung Nr. 764/89 mit der Entstehung des Schadens nichts zu tun
hat, ist sie auch für die Frage der Verjährungsfrist unerheblich.
119. Somit ist den Klägern ein Schaden zu dem Zeitpunkt entstanden, zu dem die Verordnung Nr. 857/84
auf sie angewendet wurde; dies wird im übrigen durch den Zeitpunkt bestätigt, von dem an sie
Schadensersatz begehren (vgl. oben, Randnrn. 35 und 37). In der Rechtssache T-195/94 ist dieser
Zeitpunkt der des Inkrafttretens der Verordnung, der 2. April 1984, da dem Kläger eine
Referenzmenge erst ab diesem Zeitpunkt verweigert worden ist, auch wenn die
Nichtvermarktungsverpflichtung zu einem früheren Zeitpunkt ausgelaufen ist. In der Rechtssache T-
202/94 ist dieser Zeitpunkt der 9. Oktober 1985, der Tag nach dem Auslaufen der
Nichtvermarktungsverpflichtung, in die der Kläger eingetreten ist.
120. Sodann ist die Frage zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Ersatzpflicht der Gemeinschaft, von deren
Erfüllung die Ingangsetzung der Verjährungsfrist abhängt, entsprechend den Urteilen Birra Wührer
und De Franceschi und dem Vortrag der Beklagten zu dem wie oben festgelegten Zeitpunkt des
Schadenseintritts oder entsprechend dem Vortrag der Kläger erst mit dem Erlaß der Urteile Mulder I
oder Wehrs erfüllt waren, mit denen die Ungültigkeit der Verordnung Nr. 857/84 in ihrer
ursprünglichen bzw. der durch die Verordnung Nr. 764/89 geänderten Fassung festgestellt wurde.
121. Die Argumentation der Kläger geht im wesentlichen dahin, daß die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der
dem Schaden zugrunde liegenden Handlung eine der Voraussetzungen sei, von denen die Haftung
der Gemeinschaft abhänge und deren Erfüllung nach den Urteilen Birra Wührer und De Franceschi
den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setze. Nach dieser Argumentation kann folglich die Frist des
Artikels 43 der Satzung nicht vor der Feststellung der Rechtswidrigkeit beginnen.
122. Eine auf Artikel 215 EG-Vertrag gestützte Klage braucht wegen der Eigenständigkeit der
Schadensersatzklage gegenüber der Nichtigkeitsklage (Urteil Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, und
Beschluß des Gerichtshofes vom 21. Juni 1993 in der Rechtssache C-257/93, Van Parijs u. a./Rat und
Kommission, Slg. 1993, I-3335, Randnrn. 14 und 15) nicht zusammen mit einer auf Nichtigerklärung
oder Feststellung der Ungültigkeit gerichteten Klage erhoben zu werden und setzt eine solche Klage
auch nicht voraus, was einen verstärkten Schutz der Bürger gewährleistet (Urteil Hartmann/Rat und
Kommission, Randnr. 128). Folglich stellte die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 857/84 oder die
Feststellung ihrer Ungültigkeit keine Voraussetzung für eine Entschädigung der Kläger dar; diese
konnten also ihre Klage gegen die Gemeinschaft einreichen, sobald ihnen durch die Anwendung der
Verordnung Nr. 857/84 in ihrer ursprünglichen Fassung ein Schaden entstanden war (vgl. auch Urteil
des Gerichts vom 16. April 1997 in der Rechtssache T-554/93, Saint und Murray/Rat und Kommission,
Slg. 1997, II-563, Randnr. 81).
123. Daher waren die Voraussetzungen, von denen die Haftung der Gemeinschaft abhängt, zu dem
Zeitpunkt erfüllt, zu dem die Verordnung Nr. 857/84 auf die Kläger angewendet wurde (vgl. oben,
Randnr. 119). Somit hat die Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt begonnen.
124. Die Beklagten können nicht geltend machen, sämtliche Ansprüche der Kläger seien fünf Jahre nach
Beginn der Verjährungsfrist verjährt gewesen.
125. Die Schäden, die die Gemeinschaft ersetzen muß, sind nämlich nicht sofort eingetreten. Sie sind
durch die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Handlung Tag für Tag über eine gewisse Zeit,
nämlich solange entstanden, wie die Kläger keine Referenzmenge erhalten und daher keine Milch
liefern konnten. Folglich erfaßt die Verjährung des Artikels 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes die
mehr als fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung liegende Zeit, ohne die später
entstandenen Ansprüche zu beeinflussen (Urteil Hartmann/Rat und Kommission, Randnr. 132).
126. Was die Frage der Unterbrechung der Verjährungsfrist angeht, ist zuerst das beiden Klagen
gemeinsame Vorbringen zur Anwendung der Mitteilung vom 5. August 1992 und der Verordnung Nr.
2187/93 auf die vorliegenden Fälle zu prüfen; sodann sind die Wirkungen der mit jeder Klage geltend
gemachten Unterbrechungshandlungen zu untersuchen.
127. Das Vorbringen der Kläger, sie könnten sich auf die Mitteilung vom 5. August 1992 berufen, ist
zurückzuweisen. Durch diese Mitteilung verpflichteten sich die Organe nämlich, gegenüber den
Erzeugern, denen das Urteil Mulder II einen Entschädigungsanspruch zuerkannt hatte, von der
Geltendmachung der Verjährungseinrede abzusehen. Der persönliche Geltungsbereich dieser
Handlung war daher auf die Erzeuger beschränkt, die nach der Verordnung Nr. 857/84 in ihrer
ursprünglichen Fassung keine Referenzmenge, sondern eine solche erst im Anschluß an die
Verordnung Nr. 764/89 erhalten hatten. Sie war also nur an die SLOM-I- und SLOM-II-Erzeuger
gerichtet. Da die besondere Lage der SLOM-III-Erzeuger im Urteil Mulder II nicht berücksichtigt worden
war, konnte den Betroffenen die zu Lasten der Organe ergangene Entscheidung nicht zugute
kommen. Folglich betraf sie die Mitteilung vom 5. August 1992 nicht, und die Organe waren durch
diese Mitteilung nicht daran gehindert, gegenüber den Klägern die Verjährungseinrede geltend zu
machen.
128. Die SLOM-III-Erzeuger können sich auch nicht auf die Verordnung Nr. 2187/93, insbesondere deren
Artikel 8 über die Unterbrechung der Verjährung, berufen. Insoweit genügt der Hinweis, daß diese
Verordnung nach ihrem Artikel 2 nur für die Erzeuger gilt, die gemäß den Verordnungen Nr. 764/89
und Nr. 1639/91 spezifische Referenzmengen erhalten haben. Da die Kläger nicht zu diesem
Personenkreis gehören, können sie sich nicht auf die Verordnung Nr. 2187/93 berufen.
129. Daß diese Rechtsvorschrift nicht für sie gilt, bedeutet keine Verletzung des Gleichheitssatzes. Eine
Verletzung dieses Grundsatzes setzt voraus, daß vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich
behandelt worden sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-143/89,
Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1995, II-917, Randnr. 55). Wie bereits festgestellt (Randnrn. 127 und
128), war die Lage der SLOM-III-Erzeuger von der Lage der Anspruchsberechtigten nach der
Verordnung Nr. 2187/93 verschieden. Ohnehin ist diese Verordnung, wie das Gericht entschieden hat
(Urteile vom 16. April 1997 in der Rechtssache T-541/93, Connaughton u. a./Rat, Slg. 1997, II-549,
Randnr. 35, und Saint und Murray/Rat und Kommission, Randnr. 41), der Sache nach ein
Vergleichsvorschlag, der den Erzeugern, denen ein Anspruch auf Entschädigungeingeräumt wird, nur
einen zusätzlichen Weg zu deren Erlangung eröffnet.
130. Zu der Frage, welche Handlungen die Verjährung unterbrochen haben, ist festzustellen, daß der
Kläger in der Rechtssache T-195/94 mit Schreiben vom 12. Januar 1994, das nur an die Kommission
gerichtet war, Ersatz der zwischen dem 2. April 1984 und dem Zeitpunkt der Zuteilung einer
endgültigen Referenzmenge entstandenen Schäden verlangt hat. Mit Schreiben vom 29. März 1994
hat die Kommission diese Forderung zurückgewiesen. Der Rat hat nicht geltend gemacht, daß eine
Berufung auf die Unterbrechung ihm gegenüber ausgeschlossen sei.
131. Da die Klage am 20. Mai 1994, also binnen zwei Monaten nach dem Schreiben der Kommission vom 29.
März 1994, eingereicht worden ist, ist die Verjährung am 12. Januar 1994 gemäß Artikel 43 der
Satzung unterbrochen worden.
132. Das Vorbringen der Organe, daß die Klage binnen zwei Monaten ab dem Schreiben vom 12. Januar
1994 hätte eingereicht werden müssen, geht fehl. Die Verweisung im letzten Satz von Artikel 43 der
Satzung auf die Artikel 173 und 175 EG-Vertrag hat zur Folge, daß auf dem Gebiet der
Verjährungsunterbrechung die in diesen Artikeln enthaltenen Vorschriften für die Fristenberechnung
anzuwenden sind. Die Antwort der Kommission ist mehr als zwei Monate nach dem Schreiben des
Klägers, aber noch innerhalb der Frist für die Anfechtung einer stillschweigenden Ablehnung ergangen
und hat deshalb eine neue Frist in Gang gesetzt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 1. April 1993 in der
Rechtssache C-25/91, Pesqueras Echebastar/Kommission, Slg. 1993, I-1719). Da die Klage vor dem
Ende dieser zweiten Frist eingereicht worden ist, ist die Unterbrechung der Verjährung am 12. Januar
1994 eingetreten.
133. Nach der Rechtsprechung (Urteile Birra Wührer und De Franceschi, Randnrn. 10, Hartmann/Rat und
Kommission, Randnr. 140, und Saint und Murray/Rat und Kommission, Randnr. 93) entspricht der für
eine Entschädigung in Betracht kommende Zeitraum den fünf Jahren vor der Unterbrechung. Er
erstreckt sich folglich vom 12. Januar 1989 bis zum 28. Juli 1993, dem Tag der Zuteilung einer
Referenzmenge an den Kläger.
134. In der Rechtssache T-202/94 ist zunächst festzustellen, daß sich der Kläger am 11. April 1991 an den
Rat und die Kommission gewandt und Ersatz der bis dahin entstandenen Schäden gefordert hat. In
ihren Antworten vom 2. und vom 15. Mai 1991 haben die Organe ihre Haftung verneint, sich aber
verpflichtet, bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten nach der Veröffentlichung des Urteils Mulder II
die Verjährungseinrede nicht geltend zu machen. Diese Verpflichtung erfaßte nur die Ansprüche, die
zum Zeitpunkt der fraglichen Schreiben noch nicht verjährt waren.
135. Entgegen der Auffassung des Klägers kann dieser Schriftwechsel nicht als Bezugnahme auf das im
Anschluß an das Urteil Mulder II zu erlassende Urteil angesehen werden. Das Urteil Mulder II hat die
Fragen zum Bestehen einer Haftung der Gemeinschaft beantwortet. Wie aus seinem Tenor
hervorgeht, war nur noch die Höhe der Entschädigung festzusetzen. Die Schreiben der Organe vom 2.
und vom 15. Mai 1991 bezogen sich also auf das Urteil Mulder II.
136. Überdies haben die Organe mit diesen Schreiben für den darin genannten Zeitraum auf die
Geltendmachung der Verjährungseinrede verzichtet. Angesichts des fraglichen Schriftwechsels wollten
sie die sofortige Einreichung einer Klage vermeiden („Im Interesse der Prozeßökonomie ist [der Rat/die
Kommission] jedoch bereit, ... die Einrede der Verjährung nicht geltend zu machen“). Dies entsprach
der damaligen Praxis der Organe, an die Erzeuger, die von ihnen Ersatz ihrer Schäden forderten,
Schreiben in diesem Sinne zu senden.
137. Daher sind die Wirkungen der von den Organen eingegangenen Verpflichtung zu bestimmen, die die
Erzeuger veranlaßte, im Gegenzug zum Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede keine
Klage zu erheben.
138. Dem Vorbringen der Organe, dem Kläger könne, nur weil er nicht innerhalb der Frist des Artikels 43
der Satzung nach Ablauf von drei Monaten nach Veröffentlichung des Urteils Mulder II Klage erhoben
habe, entgegengehalten werden, daß die Verjährungsfrist vom Datum der Schreiben vom 2. und vom
15. Mai 1991 an weitergelaufen sei, so als wäre die Verpflichtung von den Organen nicht eingegangen
worden, kann nicht gefolgt werden. Diese Verpflichtung war nämlich eine einseitige Handlung der
Organe, durch die sie den Kläger veranlassen wollten, keine Klage einzureichen. Die Beklagten können
sich daher nicht auf den Umstand berufen, daß sich der Kläger zu einem Verhalten entschied, das nur
für sie vorteilhaft war.
139. Unter diesen Umständen war der Lauf der Verjährungsfrist vom 7. Mai 1991, dem Zeitpunkt des
Zugangs des Schreibens des Klägers an die Kommission, bis zum 17. September 1992, dem Tag des
Ablaufs einer Frist von drei Monaten ab der Veröffentlichung des Tenors des Urteils Mulder II im
vom 17. Juni 1992, gehemmt.
140. Zweitens ist der Zeitpunkt der Unterbrechung der Verjährung zu bestimmen. Der Kläger forderte die
Kommission mit einem Schreiben am 13. Januar 1994 auf, zu bestätigen, daß sie ihren Verzicht auf die
Geltendmachung der Verjährungseinrede bis zur Veröffentlichung des im Urteil Mulder II
angekündigten Urteils über die Höhe der Entschädigungen aufrechterhalte. Mit Schreiben vom 29.
März 1994, eingegangen am 5. April 1994, antwortete die Kommission, daß die Gemeinschaft für die
Verluste des Klägers nicht hafte.
141. Da die Klage zwei Monate nach Zugang dieser Anwort eingereicht worden ist und das Schreiben vom
13. Januar 1994 als Geltendmachung eines Anspruchs im Sinne des Artikels 43 der Satzung
anzusehen ist, ist die Verjährung am 13. Januar 1994 unterbrochen worden.
142. Unter diesen Umständen müßte in der Rechtssache T-202/94 der für eine Entschädigung zu
berücksichtigende Zeitraum nach der Rechtsprechung (vgl. oben, Randnr. 133) fünf Jahre vor dem
Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung beginnen und am 1. Februar 1993, dem Tag der Zuteilung
einer spezifischen Referenzmenge, enden. Da jedoch der Lauf der Verjährungsfrist vom 7. Mai 1991 bis
zum 17. September 1992, also während sechzehn Monaten und zehn Tagen, gehemmt war (vgl. oben,
Randnr. 139), ist der Zeitraum, für den eine Entschädigung zu leisten ist, der vom 3. September 1987
bis zum 31. Januar 1993.
3.
143. Bei der Verbindung der Rechtssachen sind die Parteien aufgefordert worden, ihr Vorbringen auf die
Frage des Bestehens eines Entschädigungsanspruchs zu konzentrieren.
144. Demgemäß haben die Kläger zwar die geforderte Entschädigung in ihren Klageschriften (vgl. oben,
Randnrn. 35 und 37) beziffert, konnten sich jedoch nicht speziell zur Höhe einer Entschädigung für
den vom Gericht berücksichtigten Zeitraum äußern.
145. Unter diesen Umständen gibt das Gericht den Parteien auf, sich unter Berücksichtigung des
vorliegenden Urteils und der im Urteil Mulder II enthaltenen Angaben über die Art und Weise der
Schadensberechnung binnen zwölf Monaten um eine Einigung über diesen Punkt zu bemühen. Wird
keine Einigung erzielt, so haben die Parteien dem Gericht innerhalb dieser Frist ihre bezifferten
Anträge vorzulegen.
Kosten
146. In Anbetracht der Ausführungen in Randnummer 145 ist die Kostenentscheidung vorzubehalten.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Beklagten sind verpflichtet, die Schäden zu ersetzen, die die Kläger zum einen
durch die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984
über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung
(EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse in der durch die Verordnung
(EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den
Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung
(EWG) Nr. 804/68 ergänzten Fassung insoweit erlitten haben, als diese
Verordnungen keine Zuteilung einer Referenzmenge für Betriebe vorsahen, die mit
einer im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und
Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände eingegangenen
Verpflichtung belastet waren, wenn die Erzeuger während des von dem
betreffenden Mitgliedstaat gewählten Referenzjahres keine Milch geliefert hatten,
und die sie zum anderen durch die Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 in der
Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 764/89 des Rates vom 20. März 1989 insoweit
erlitten haben, als Artikel 3a Absatz 1 zweiter Gedankenstrich die Übernehmer einer
gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 gewährten Prämie von der Zuteilung einer
spezifischen Referenzmenge ausschloß.
2. Der Zeitraum, für den den Klägern die durch die Anwendung der Verordnung Nr.
857/84 erlittenen Schäden zu ersetzen sind, beginnt in der Rechtssache T-195/94 am
12. Januar 1989 und endet am 28. Juli 1993; in der Rechtssache T-202/94 beginnt
dieser Zeitraum am 3. September 1987 und endet am 31. Januar 1993.
3. Den Parteien wird aufgegeben, dem Gericht binnen zwölf Monaten nach dem Erlaß
des vorliegenden Urteils mitzuteilen, auf welche zu zahlenden Beträge sie sich
geeinigt haben.
4. Wird eine Einigung nicht erzielt, so legen sie dem Gericht binnen derselben Frist ihre
bezifferten Anträge vor.
5. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
SaggioBriët
Kalogeropoulos
Tiili Moura Ramos
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. Dezember 1997.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
A. Saggio
Verfahrenssprache: Deutsch.