Urteil des BVerwG vom 26.11.1999

BVerwG (zeichen, hamburg, begründung, bundesverwaltungsgericht, versehen, fahrzeug, annahme, fahrbahn, träger, lasten)

Rechtsquellen:
StVO § 39 Abs. 2 Sätze 2, 3, 4, 5, § 41 Abs. 2 Nr. 8
Stichworte:
Abschleppmaßnahme, Rechtmäßigkeit einer - wegen Verstoßes ge-
gen Haltverbot; Umsetzung eines Kraftfahrzeugs wegen Verstoßes
gegen Haltverbot; Haltverbot, Rechtmäßigkeit einer Abschlepp-
maßnahme wegen Verstoßes gegen -; eingeschränktes Haltverbot,
Zusatzzeichen zu -; Zusatzschild, Bezug eines -s zu Verkehrs-
zeichen; Verkehrszeichen, Zuordnung eines Zusatzschilds zu ei-
nem -.
Leitsatz:
Ein Zusatzschild im Sinne des § 39 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 StVO,
welches sich unter mehreren übereinander angebrachten Ver-
kehrszeichen befindet, gilt nur für das unmittelbar über dem
Zusatzschild angebrachte Verkehrszeichen.
Urteil des 3. Senats vom 13. März 2003 - BVerwG 3 C 51.02
I. VG Hamburg vom 22.06.2001 - Az.: VG 5 VG 5130/99 -
II. OVG Hamburg vom 27.08.2002 - Az.: OVG 3 Bf 312/01 -
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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 3 C 51.02
OVG 3 Bf 312/01
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k ,
Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i , K i m m e l
und Dr. B r u n n
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsver-
fahrens.
G r ü n d e :
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Frage, ob ein an-
geordnetes Haltverbot (Zeichen 283) durch ein Zusatzschild
zeitlich eingeschränkt ist, welches zwar unterhalb dieses Ver-
kehrszeichens, aber räumlich unterbrochen durch ein anderes
Verkehrszeichen (eingeschränktes Haltverbot, Zeichen 286) an-
gebracht ist.
An einem Freitagabend - nach 21.00 Uhr - des Jahres 1999 war
das später umgesetzte (abgeschleppte) Fahrzeug des Klägers auf
einem Straßenabschnitt in Hamburg abgestellt, der - insoweit
zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig - durch zwei
Haltverbotszeichen (Zeichen 283) als Anfangs- und Endpunkte
einer Verbotszone gekennzeichnet war. Das den Beginn der Ver-
botszone markierende und den Streit verursachende Haltverbots-
zeichen war mit einem Richtungspfeil in Fahrtrichtung verse-
hen. Darunter waren zunächst ein Verbotszeichen 286 (einge-
schränktes Haltverbot) mit Richtungspfeil entgegen der Fahrt-
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richtung und darunter schließlich ein zeitlich einschränkendes
Zusatzschild ("Mo-Fr 8 bis 18 h/Sa 8 bis 12 h") angebracht.
Widerspruch und Klage gegen die verfügte Belastung des Klägers
mit Abschleppkosten in Höhe von annähernd 200 DM waren erfolg-
los. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers
gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zu-
rückgewiesen mit der Begründung, das sachlich uneingeschränkte
Haltverbotszeichen habe ein auch zeitlich nicht eingeschränk-
tes Verbot ausgesprochen, weil sich das Zusatzschild nur auf
das die Verbotszone sowie die Abschleppmaßnahme nicht betref-
fende Verkehrszeichen 286 bezogen habe; Zusatzschilder gälten
nur für das jeweils unmittelbar über ihnen angebrachte
Verkehrszeichen.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen und auf Aufhe-
bung des Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids
vom 26. November 1999 zielenden Revision wiederholt und ver-
tieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen. § 39 Abs. 2
Satz 4 StVO bestimme, dass die Zusatzschilder dicht unter "den
Verkehrszeichen" angebracht seien. Deshalb bezögen sie sich
auf sämtliche darüber angebrachten Verkehrszeichen, weil an-
sonsten davon die Rede sein müsste, dass sie unter "dem Ver-
kehrszeichen" anzubringen seien. Die Straßenverkehrsbehörde
hätte demnach ihre Absicht, das uneingeschränkte Haltverbot
auch zeitlich uneingeschränkt gelten zu lassen, entweder durch
eine deutliche räumliche Trennung oder dadurch zum Ausdruck
bringen müssen, dass sie das Zeichen 283 unter dem Zusatz-
schild anbrachte; nur dann wäre dem Erfordernis genügt gewe-
sen, dass ein Verkehrsteilnehmer bei durchschnittlicher Auf-
merksamkeit durch einen beiläufigen Blick eine Verkehrsrege-
lung verstehen kann; hingegen sei die getroffene Regelung zu-
mindest verwirrend und damit unwirksam.
Die Beklagte sowie der Vertreter des Bundesinteresses beim
Bundesverwaltungsgericht verteidigen das angefochtene Urteil.
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II.
Die Revision ist unbegründet. Die entscheidungstragende Annah-
me des Oberverwaltungsgerichts, das Kraftfahrzeug des Klägers
habe umgesetzt (abgeschleppt) werden dürfen, weil es zwischen
zwei Verkehrszeichen 283 (Haltverbot) im Sinne des § 41 Abs. 2
Nr. 8 StVO abgestellt gewesen sei und ein diese Haltverbots-
zone zeitlich einschränkendes Zusatzzeichen 1042/1043 im Sinne
des § 39 Abs. 2 Satz 2 StVO tatsächlich und rechtlich nicht
vorhanden gewesen sei, steht mit Bundesrecht im Sinne des
§ 137 Abs. 1 VwGO im Einklang. Namentlich trifft es zu, dass
ein Zusatzschild wie das im Streitverfahren in Rede stehende
nur für ein unmittelbar über ihm angebrachtes Verkehrszeichen
gilt.
1. Der Kläger stellt mit seiner Revision zwar weder ausdrück-
lich noch sinngemäß in Abrede, dass - erstens - sein Fahrzeug
zum Abschleppzeitpunkt von einem Haltverbot gemäß Zeichen 283
erfasst war, welches jedes Halten auf der Fahrbahn verbietet,
und - zweitens - die Abschleppmaßnahme nach dem vom Oberver-
waltungsgericht bindend herangezogenen einschlägigen Landes-
recht der Freien und Hansestadt Hamburg zulässig und überdies
im Sinne des bundesverfassungsrechtlichen Grundsatzes der Ver-
hältnismäßigkeit (vgl. Beschluss vom 18. Februar 2002 - BVerwG
3 B 149.01 - Buchholz 442.151 § 12 StVO Nr. 10 m.w.N.) nicht
übermäßig war, sofern das Haltverbot in der gebotenen Klarheit
zeitlich uneingeschränkt verlautbart wurde, so dass Ver-
kehrsteilnehmer insoweit nicht in berechtigte Zweifel geraten
konnten. Er behauptet aber, ein an demselben Pfosten wie das
eine der beiden Verkehrszeichen 283 angebrachtes Zusatzschild
("Mo-Fr 8 bis 18 h/Sa 8 bis 12 h") habe sich entgegen der im
Streitverfahren vertretenen Annahme der Behörden und Gerichte
nicht lediglich auf das unmittelbar darüber angebrachte Ver-
kehrszeichen 286 (eingeschränktes Haltverbot), sondern auch
auf das darüber angebrachte Verkehrszeichen 283 bezogen; des-
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halb sei das Abstellen des Fahrzeugs an einem Freitagabend zu-
lässig gewesen bzw. müsse eine Unklarheit zu Lasten der Behör-
de gehen. Es liegt indessen auf der Hand und bedarf keiner
vertieften Begründung, dass dieser Einwand unbeachtlich ist,
weil das Haltverbot mit der notwendigen Klarheit auch zeitlich
uneingeschränkt ausgesprochen worden ist.
2. Wie das angefochtene Urteil zutreffend darlegt, bestimmt
§ 39 Abs. 2 Satz 4 StVO im Zusammenhang mit Zusatzschildern,
dass sie "dicht unter den Verkehrszeichen angebracht" sind.
a) Hieraus folgern die Rechtsprechung und das einschlägige
Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig und zu Recht, dass
ein Zusatzschild nur für das unmittelbar darüber angebrachte
Verkehrszeichen Geltung beansprucht, nicht aber für - zuläs-
sig - auf dem Träger weiterhin angebrachte Verkehrszeichen
(vgl. BayObLG, Beschlüsse vom 27. Juli 1988 - 1 ObOWi 108/88 -
NZV 1989, 38 = BayVBl 1989, 122 und vom 19. Januar 2001
- 1 ObOWi 665/00 - NZV 2001, 220 = BayVBl 2001, 444 f., je-
weils m.w.N.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 39
StVO Rn. 31 a - a.E. - sowie Jagow, in: Janiszewski u.a.,
Straßenverkehrsrecht, 17. Aufl., § 39 Rn. 19 b). Der erkennen-
de Senat macht sich die hierfür angegebene Begründung, wie sie
auch das angefochtene Urteil enthält, zu Eigen. Hingegen
trifft die vom Kläger vertretene Auffassung offensichtlich
nicht zu, aus dem Umstand, dass nach § 39 Abs. 2 Satz 4 StVO
die Zusatzschilder unter "den Verkehrszeichen" angebracht
sind, folge schon nach dem Wortlaut eine Zuordnung eines Zu-
satzschildes zu mehreren Verkehrszeichen. Da der Verordnungs-
geber eine Vielzahl von Zusatzschildern in den Blick nehmen
musste und genommen hat, war er aus zwingenden sprachlichen
Gründen gehalten, auch die Bezugsobjekte (Verkehrszeichen) in
einer unbestimmten Vielzahl anzusprechen.
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b) Angesichts dessen durfte der Kläger nicht annehmen, das Zu-
satzzeichen schränke auch das angeordnete uneingeschränkte
Haltverbot ein, zumal die beiden in Rede stehenden unter-
schiedlichen Verbotszeichen, auf welche sich das Zusatzschild
überhaupt nur beziehen konnte, mit unterschiedlichen Rich-
tungspfeilen versehen waren und das Zeichen 283 als Markie-
rungsbeginn der sachlich uneingeschränkten Haltverbotszone
seine Entsprechung in einem weiteren - mangels jeglichen Zu-
satzzeichens - uneingeschränkten Zeichen 283 als Endpunkt die-
ser Verbotszone in Sichtweite hatte. Selbst unter der Voraus-
setzung einer hier unterstellten Unklarheit der Regelung und
einer hierdurch hervorgerufenen Verwirrung hätte sich der Klä-
ger daher mit nur geringer Mühe Klarheit über Inhalt und Um-
fang der Haltverbotszeichen verschaffen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Borgs-Maciejewski
Kimmel Dr. Brunn
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfah-
ren - in etwa entsprechend der berufungsgerichtlichen Festset-
zung (190,30 DM) - auf 97,30 € festgesetzt.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Brunn