Urteil des BVerfG vom 15.03.2004
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Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1591/03 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Stiftung ...,
vertreten durch den Vorstand,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwältin Silke Scheuch,
Weberstraße 10, 76133 Karlsruhe -
1. unmittelbar gegen
a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 2003 - VI ZR 237/02 -,
b) das Schlussurteil des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 6. Juni 2002 - 1 U 24/00 -,
c) das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 10. März 2000 - 4 O 65/97 -,
2. mittelbar gegen
§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO in der Fassung des Art. 2 ZPO-RG vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887)
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Papier,
die Richterin Haas
und den Richter Hoffmann-Riem
gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I
S. 1473) am 15. März 2004 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zivilgerichtliche Verurteilungen zum Schadensersatz und den
Beschluss des Bundesgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision. Sie rügt die Verletzung von
Verfahrensgrundrechten, insbesondere durch die Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Revision.
2
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche
verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten des
Beschwerdeführers angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a und b BVerfGG).
I.
3
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Landgericht und Oberlandesgericht eine Haftung der
Beschwerdeführerin aus dem Gesichtspunkt der Arzthaftung bejaht haben.
4
Eine das Gebot der Waffengleichheit verletzende Verteilung der Beweislast ergibt sich nicht aus der Annahme des
Oberlandesgerichts, dass nicht nur grobe Behandlungsfehler, sondern auch eine fehlerhaft unterlassene
Befunderhebung zu Beweiserleichterungen führen kann. Dafür beruft das Oberlandesgericht sich auf eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 1999, S. 3408), für deren Verfassungswidrigkeit die
Verfassungsbeschwerde nichts darlegt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).
5
Soweit sie sich gegen die Feststellung der Entscheidungsgrundlagen richtet, ist die Verfassungsbeschwerde
unbegründet. Entgegen den Ausführungen der Verfassungsbeschwerde ist das Sachverständigengutachten, auf das
das Oberlandesgericht sich maßgeblich gestützt hat, nicht widersprüchlich. Soweit hierin eine sonografische
Untersuchung für geboten erachtet wurde, bezog sich dies ersichtlich auf die konkrete Situation, in der weitere
Indikatoren für eine Risikogeburt vorlagen, nicht aber auf den bei Schwangerschaften allgemein anerkannten
medizinischen Standard im Jahre 1988.
6
Die
Verfassungsbeschwerde
rügt
auch
erfolglos
die
unterbliebene
Einholung
eines
weiteren
Sachverständigengutachtens. Sie legt nicht hinreichend dar, welche konkreten Erkenntnisse durch die Einholung
eines weiteren Sachverständigengutachtens zu erwarten gewesen wären, nachdem das Oberlandesgericht sich mit
den eingeholten Sachverständigengutachten eingehend auseinander gesetzt hat.
II.
7
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs ist verfassungsrechtlich gleichfalls nicht zu beanstanden.
8
Die Neuregelung der Zulassungsvoraussetzungen für das Rechtsmittel der Revision in § 543 Abs. 2 ZPO verletzt
nicht das Gebot effektiven Rechtsschutzes und ist auch nicht in rechtsstaatswidriger Weise unzureichend bestimmt
(vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Januar 2004 - 1 BvR 864/03 -, Umdruck S. 5 ff.). Auch
weist die Verfassungsbeschwerde keine Gesichtspunkte auf, nach denen die Nichtzulassung der Revision im
vorliegenden Fall verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre.
9
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
10
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Papier
Haas
Hoffmann-Riem