Urteil des BSG vom 17.03.2009

BSG: schüler, schulgeld, fahrtkosten, ausbildung, ddr, erfahrung, bekleidung, stadt, selbstbehalt, unterhaltspflicht

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Kassel, den 10. März 2009
Terminvorschau Nr. 17/09
Der Termin um 10.45 Uhr in der Sache B 14 AS 53/07 R wurde aufgehoben.
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 17. März 2009 über sechs
Revisionen aus der
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Verhandlung zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 14 AS 15/08 R - Sch. ./. Stadtverwaltung Jena
Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem
SGB II für den Zeitraum vom 1.2.2006 bis zum 31.1.2007. Er wendet sich gegen die volle
Berücksichtigung einer Verletztenrente als Einkommen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung
nach dem SGB II. Die Verletztenrente wird dem Kläger wegen einer
Wehrdienstbeschädigung (dauernde Lärmschwerhörigkeit) gewährt, die er als Wehrpflichtiger
bei der Nationalen Volksarmee (NVA) der ehemaligen DDR erlitten hat. Die Beklagte hat
seinem Begehren, die Verletztenrente in Höhe der entsprechenden Grundrente nach dem
Bundesversorgungsgesetz (BVG) nicht als Einkommen zu berücksichtigen, nicht
stattgegeben. Das SG hat diese Entscheidung bestätigt. Seiner Auffassung nach ergibt sich
auch aus der Tatsache, dass der Kläger die Rente auf Grund einer Wehrdienstbeschädigung
bezieht, die er in der DDR erlitten hat, keine andere Bewertung.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision. Er rügt
eine Verletzung des § 11 SGB II sowie von Art 3 Abs 1 GG. Die Verletztenrente, die er
erhalte, werde zwar nicht unmittelbar von der Privilegierung des § 11 Abs 1 Satz 1 2.
Halbsatz SGB II erfasst, müsse aber aus Gründen der Gleichbehandlung der vorgenannten
Regelung gleichgestellt werden. Hätte er die Dienstbeschädigung in den alten Bundesländern
erlitten, wäre diese nach § 80 Soldatenversorgungsgesetz in entsprechender Anwendung der
Vorschriften des BVG entschädigt worden und die zu gewährende Leistung wäre beim
Zusammentreffen mit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 11 Abs 1
Satz 1 SGB II bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG anrechnungsfrei.
SG Altenburg - S 37 AS 2447/06 -
2)
Der Termin wurde aufgehoben.
- B 14 AS 53/07 R - S.L., S.L., J.L. ./. AGAS
Arbeitsgemeinschaft für Arbeit und Soziales
Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB
II für die Zeit vom 1.1. bis 31.3.2005. Der 1976 geborene Kläger zu 1 und die 1982 geborene
Klägerin zu 2 sind verheiratet und Eltern des im Jahre 2003 geborenen Klägers zu 3. Die
Klägerin zu 2 bezog bis zum 30.11.2003 Arbeitslosengeld (Alg), anschließend
Mutterschaftsgeld, der Kläger zu 1 bezog bis zum 12.5.2003 Alg. Für die Folgezeit bewilligte
ihm die BA einen Existenzgründungszuschuss in Höhe von 360 Euro monatlich. Neben
seiner selbständigen Tätigkeit war der Kläger zu 1 abhängig beschäftigt. Der Mutter der
Klägerin zu 2 wurde Kindergeld gewährt, das seit März 2005 an die Klägerin zu 2 ausgezahlt
wurde. Der Kläger zu 1 war privat kranken- und pflegeversichert; der monatliche Beitrag
betrug ab Januar 2005 für die Krankenversicherung 255,99 Euro und für die
Pflegeversicherung 16,91 Euro. Im April 2005 vereinbarte der Kläger zu 1 rückwirkend ab
dem 1.1.2005 eine Anwartschaftsversicherung mit monatlichen Kosten von 33,82 Euro.
Die Beklagte bewilligte den Klägern für die Zeit vom 1.1. bis 31.3.2005 Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts. Streitig ist zwischen den Beteiligten vor allem, in welcher
Höhe Einkommen anzurechnen sei. Anders als das SG ist das LSG davon ausgegangen,
dass der dem Kläger zu 1 gewährte Existenzgründungszuschuss eine zweckbestimmte
Einnahme iS von § 11 Abs 3 Nr 1a SGB II darstelle. Im Übrigen streiten die Beteiligten um
die Berücksichtigung des für den Kläger zu 3 und die Klägerin zu 2 gezahlten Kindergeldes.
Das LSG hat zusätzliche Leistungen für den Kläger zu 1 in Höhe von 413,32 Euro, für die
Klägerin zu 2 in Höhe von 269,38 Euro und für den Kläger zu 3 in Höhe von 403,57 Euro
ermittelt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt, dass der
Existenzgründungszuschuss des Klägers zu 1 als Einkommen zu berücksichtigen sei;
außerdem habe das LSG bei der Berechnung der Ansprüche der Kläger § 9 Abs 2 Satz 3
SGB II nicht beachtet.
SG Heilbronn - S 7 AS 161/05 -
LSG Baden-Württemberg - L 7 AS 880/06 -
3) bis 5) 11.30 Uhr
- B 14 AS 61, 62 und 63/07 R - N. ./. ARGE SGB II Landkreis Mittweida
Die 1988 geborene Klägerin lebte gemeinsam mit ihrer Mutter, deren Partner und zwei
jüngeren Geschwistern in einem Haushalt. Sie absolvierte seit August 2004 eine dreijährige
Ausbildung zur staatlich geprüften Diätassistentin an einer Berufsfachschule. Zur Förderung
dieser Ausbildung erhielt sie Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
(BAföG) in Höhe von 192 Euro monatlich (sog Schüler-BAföG), daneben wurde für sie
Kindergeld in Höhe von monatlich 154 Euro gezahlt. Für die von ihr besuchte
Berufsfachschule zahlte sie ein Schulgeld in Höhe von 115 Euro monatlich. Die Wege zur
Ausbildungsstätte legte sie mit einem Moped zurück.
Für den Bewilligungsabschnitt von Januar 2005 bis Juni 2005, der Gegenstand des
Verfahrens B 14 AS 61/07 R ist, bewilligte die Beklagte der Klägerin und den mit ihr
zusammen wohnenden Personen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II; für die Klägerin in Höhe von jeweils 65,08 Euro monatlich. Dabei rechnete sie auf
den Bedarf der Klägerin neben dem Kindergeld die Leistungen nach dem BAföG in Höhe von
153,60 Euro (80 vom Hundert) als Einkommen an. Das SG hat die Beklagte verurteilt, der
Klägerin über die bereits bewilligten Leistungen hinaus monatlich weitere 146,60 Euro zu
gewähren. Von dem Schüler-BAföG seien das gezahlte Schulgeld sowie eine monatliche
Pauschale in Höhe von 70 Euro für sonstige ausbildungsbedingte Ausgaben (Fahrtkosten,
Bekleidung, Fachliteratur etc) als zweckbestimmte Einnahme nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a
SGB II abzusetzen.
Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Beklagten geändert. Das
Schulgeld und die Fahrtkosten seien als zweckbestimmte Einnahme vom Schüler-BAföG
nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II abzusetzen, wobei die Fahrtkosten auf Grundlage der
jeweils nachgewiesenen Wegstrecken nach den Pauschalen des § 3 Abs 1 Nr 3 Buchst b
der Alg II-V in der ab dem 1.10.2005 geltenden Fassung mit 20 Cent pro Kilometer zu
berechnen seien. Dagegen scheide die Berücksichtigung einer Pauschale für sonstige
ausbildungsbedingte Ausgaben aus. Solche Kosten seien nicht ausreichend nachgewiesen.
Im Ergebnis ergaben sich daraus für die einzelnen Monate geringfügig niedrigere Leistungen
als vom SG angenommen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Vom Schüler-
BAföG sei lediglich eine Pauschale von 20 vom Hundert für ausbildungsbedingte Kosten
abzusetzen. Im Übrigen diene die Ausbildungsförderung nach dem BAföG nicht einem
anderen Zweck iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, da sie wie die Leistungen nach
dem SGB II überwiegend zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sei.
Die Beklagte wendet sich mit der Revision gegen die Entscheidung des LSG. Die Klägerin
hält die durch das SG zugesprochene Höhe der Leistungen im Wesentlichen für zutreffend.
Neben Schulgeld und Fahrtkosten sei ihr in analoger Anwendung von § 68 Abs 2 und 3 SGB
III eine Pauschale in Höhe von 11 Euro im Monat für benötigte Berufskleidung sowie 8 Euro
für notwendige Lern- und Arbeitsmittel zu gewähren. Belege für angeschaffte Arbeitsmittel
habe sie mangels Erfahrung mit den Vorschriften des SGB II nicht aufbewahrt.
Der Rechtsstreit B 14 AS 62/07 R betrifft den Bewilligungsabschnitt vom 1.7.2005 bis zum
31.12.2005, der Rechtsstreit B 14 AS 63/07 R den Bewilligungsabschnitt vom 20.2.2006 bis
August 2006.
SG Chemnitz - S 22 AS 1305/05
Sächsisches LSG - L 2 AS 43/07 -
SG Chemnitz - S 22 AS 2451/06
Sächsisches LSG - L 2 AS 44/07 -
SG Chemnitz - S 22 AS 2272/06 -
Sächsisches LSG - L 2 AS 58/07 -
6) 12.30 Uhr - B 14 AS 34/07 R - H. ./. Jobcenter Stadt Karlsruhe
1 Beigeladener
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung einer Abzweigung von Leistungen nach dem
SGB II, die der Beigeladene von dem beklagten Grundsicherungsträger erhält. Der
Beigeladene ist der Vater der 1991 geborenen Klägerin; er hat dieser auf der Grundlage eines
Unterhaltstitels Unterhalt zu leisten. Er bezieht seit dem 1.1.2005 von der Beklagten
Leistungen nach dem SGB II. Neben der Regelleistung und Kosten der Unterkunft erhielt er
einen Zuschlag nach § 24 SGB II. Die Klägerin beantragte durch ihren Beistand im Februar
2005 bei der Beklagten eine Abzweigung der an den Beigeladenen gewährten Leistungen in
Höhe von monatlich 284 Euro. Die Beklagte lehnte dies ab; der Beigeladene benötige die
laufende Geldleistung zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts. Auch bei einer
verschärften Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs 2 Satz 1 BGB müsse dem
Unterhaltspflichtigen der nach der Düsseldorfer Tabelle zu bestimmende Selbstbehalt
belassen werden. Dieser betrage hier 770 Euro; dieser Betrag werde durch die Leistungen
zum Lebensunterhalt nach dem SGB II nicht erreicht. Die gegen den ablehnenden Bescheid
gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
SG Karlsruhe - S 14 AS 4057/05 -
LSG Baden-Württemberg - L 7 AS 5570/06 -