Urteil des BSG vom 26.07.2007

BSG: im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten., sachliche zuständigkeit, materielles recht, rentenanspruch, erwerbsfähigkeit, abgrenzung, ausnahme, krankengeld, umdeutung

Bundessozialgericht
Urteil vom 26.07.2007
Sozialgericht Nürnberg S 11 RJ 730/99
Bayerisches Landessozialgericht L 20 R 569/01
Bundessozialgericht B 13 R 38/06 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. November 2005 wird
zurückgewiesen. Die Klägerin hat der Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren
zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I
1
Die Beteiligten streiten über einen Erstattungsanspruch der klagenden Betriebskrankenkasse (BKK) gegenüber der
Beklagten, einem Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung; die Klägerin begehrt von der Beklagten die
Erstattung von gezahltem Krankengeld (KrG) an einen Versicherten, dessen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation
(Reha) die Beklagte zu Unrecht nicht als Rentenantrag behandelt und entsprechend beschieden habe.
2
Der im April 1940 geborene W. H. (im Folgenden: H.) war bei der A. Hausgeräte GmbH (im Folgenden: AGmbH)
versicherungspflichtig beschäftigt und seit dem 27.3.1998 arbeitsunfähig erkrankt; nach Ablauf der Entgeltfortzahlung
zahlte ihm die Klägerin KrG. In der Folgezeit einigte sich H. mit der AGmbH darüber, dass sein Arbeitsverhältnis zum
30.11.1998 enden sollte. Er stellte am 8.6.1998 einen Antrag auf betriebliches Ruhegeld ab dem 1.12.1998 und nahm
das Angebot der AGmbH vom 28.8.1998 an, das Arbeitsverhältnis zum 30.11.1998 gegen eine Abfindung von DM
6.000,-- brutto aufzuheben. Am 12.10.1998 wurde H. durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK)
untersucht, dem er von der bevorstehenden Auflösung seines Arbeitsverhältnisses berichtete und von einer in
Aussicht gestellten vorgezogenen betrieblichen Altersversorgung im Vorgriff auf das Altersruhegeld mit Vollendung
des 60. Lebensjahrs. Mit Schreiben vom 16.10.1998 forderte die Klägerin H. zur Stellung eines Antrags auf Reha bei
der Beklagten auf; gleichzeitig meldete sie dort vorsorglich einen Erstattungsanspruch an. Den Reha-Antrag des
Klägers vom 4.11.1998 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.1998 ab. Die Voraussetzungen des § 9 Sechstes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien nicht gegeben, weil H. ab 1.12.1998 Vorruhestandsgeld beziehe; nach den
objektiven Gegebenheiten sei eine dauerhafte Eingliederung bzw eine Rückkehr in das Erwerbsleben nicht zu
erwarten. Im Namen der AGmbH erteilte die EHG-Elektroholding GmbH (im Folgenden: EGmbH) unter dem
27.11.1998 dem H. einen "Bescheid" über betriebliches Ruhegeld in Höhe von DM 451,98 brutto/Monat; bis zur
Bewilligung der Sozialversicherungsrente erhalte H. ferner ein zusätzliches Ruhegeld von DM 252,30 brutto/Monat. H.
sei verpflichtet, spätestens zum 1.5.2000 die Altersrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung in Anspruch zu
nehmen. Die Klägerin stellte die KrG-Zahlung mit dem 23.9.1999 ein.
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Die Klägerin bat die Beklagte im Dezember 1998 telefonisch um Prüfung, ob der Antrag des H. als Rentenantrag
umgedeutet werden könne. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.1.1999 ab; § 116 Abs 2 SGB VI finde hier
keine Anwendung, im Übrigen sei der Bescheid vom 11.11.1998 rechtskräftig. Auch ein Schreiben der Klägerin vom
28.1.1999 wurde entsprechend abschlägig beschieden (Schreiben der Beklagten vom 16.3.1999).
4
Am 24.8.1999 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, 1. den Antrag des H. vom 16.10.1998 nach § 116 Abs 2
SGB VI in einen Rentenantrag umzudeuten, 2. das Vorliegen von Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit (BU/EU) zu prüfen
und ggf festzustellen sowie 3. die Beklagte ggf zu verurteilen, ihren geltend gemachten Erstattungsanspruch zu
erfüllen. Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat die Klage mit Urteil vom 16.5.2001 abgewiesen. Es hat das klägerische
Begehren im Kern als Leistungsklage aufgefasst, die lediglich durch die differenzierte Antragstellung die Herstellung
der notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs (Antrag 1) sowie die sachliche
Zuständigkeit der Beklagten zur Entscheidung über das Bestehen eines Rentenanspruchs (Antrag 2) gesondert
ausweise. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch komme allein § 103 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht; dessen Tatbestandsvoraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Die Beklagte
habe H. keine Rente gewährt und sei auch nicht verpflichtet gewesen, über einen Rentenanspruch des H. wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit zu entscheiden. Über den von der Klägerin im Verfahren nach § 51 Abs 1 Fünftes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB V) initiierten Reha-Antrag des H. habe die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.1998
abschließend entschieden. Sie habe auch keine Sachentscheidung über einen Rentenanspruch wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit zu Unrecht unterlassen. Die Fiktion des § 116 Abs 2 SGB VI greife nicht ein. Diese setze voraus,
dass der Versicherte mindestens berufsunfähig und eine erfolgreiche Reha nicht zu erwarten sei. An beidem fehle es.
Auch wenn H. seine letzte Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können, setze BU zusätzlich voraus, dass auch sozial
und gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeiten nicht mehr ohne zeitliche Einschränkung bewältigt werden
könnten; insoweit aber fehlten offensichtliche Hinweise. Zu Recht habe sich die Beklagte darauf beschränkt, den
Reha-Antrag ohne medizinische Prüfung aus versicherungsrechtlichen Gründen abzulehnen. Denn H. sei bereits
dauerhaft aus dem Erwerbsleben ausgeschieden gewesen. Außerdem habe er iS des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI eine
Leistung bezogen, die regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters bezahlt werde, nämlich in Form der
arbeitsvertraglich zugesagten betrieblichen Rentenansprüche; auf deren konkrete Höhe komme es nicht an. Ein
sozialrechtlicher Herstellungsanspruch der Klägerin bestehe nicht und könne insbesondere nicht mit einem Verstoß
gegen die Zusammenarbeitspflicht nach § 86 SGB X begründet werden. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG)
hat mit Urteil vom 9.11.2005 die Berufung der Klägerin im Wesentlichen aus den Gründen des SG-Urteils
zurückgewiesen.
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Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 116 Abs 2 SGB VI. Die
Ablehnung der Umdeutung des Antrags nach § 51 Abs 1 SGB V sei rechtswidrig gewesen. Aus der gesetzlichen
Systematik sei ersichtlich, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor KrG-Leistungen hätten. Folge man den
Vorinstanzen, liefe das Recht der Krankenkassen (KK), den Versicherten zur Stellung eines Antrags nach § 51 Abs 1
SGB V aufzufordern und somit eine Abgrenzung der Leistungszuständigkeit einzuleiten, ins Leere. Auch wenn an sich
ein Reha-Antrag aus rechtlichen Gründen abzulehnen wäre, sei § 116 Abs 2 SGB VI gleichwohl analog anzuwenden.
Es entspreche dem Gesetzesplan, dass der Krankenversicherungsträger über das Verfahren nach § 51 SGB V
letztlich das Vorliegen der Voraussetzungen einer Rente prüfen lassen könne. Diese Verfahrenskette dürfe nicht allein
deswegen abgebrochen werden, weil die formalen Reha-Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Für die Abgrenzung der
Leistungszuständigkeit der Sozialversicherungsträger könne es aus Sicht der KK nicht auf den zufälligen Umstand
der Möglichkeit einer Wiedereingliederung in das Erwerbsleben ankommen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9.11.2005 sowie des
Sozialgerichts Nürnberg vom 16.5.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr das an den zwischenzeitlich
verstorbenen Versicherten gezahlte Krankengeld zu erstatten, soweit dieses geleistet worden ist, weil dessen Reha-
Antrag nicht als Rentenantrag angesehen worden sei.
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Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Schon nach dem Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) habe der Gesetzgeber davon abgesehen, den KK ein
eigenes Antragsrecht auf Leistungen der Rentenversicherung für ihre Versicherten zur Verfügung zu stellen.
Insbesondere durch die Regelung des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI habe der Gesetzgeber in der Terminologie der
Klägerin den vorzeitigen "Abbruch der Verfahrenskette" für Fälle wie den vorliegenden normiert. Wenn nun stattdessen
dennoch eine verwaltungsaufwendige Prüfung erfolgen müsse, widerspreche dies dem erklärten Ziel der
Kostenersparnis durch diese neue Vorschrift. Die Klägerin handele mit ihrer Forderung nach einer medizinischen
Prüfung auch dem in § 86 SGB X niederlegten Gebot der Zusammenarbeit zuwider, weil sie einen
unverhältnismäßigen Prüfungsaufwand fordere, obwohl dessen Sinnlosigkeit zumindest in Bezug auf eine Reha-
Maßnahme von vornherein feststehe.
II
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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Erstattungsanspruch gegen die
Beklagte.
Beklagte.
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1. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als zulässig angesehen. Unabhängig von der Formulierung der in den
Tatsacheninstanzen gestellten Anträge im Einzelnen ist iS des § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über den von der
Klägerin erhobenen Erstattungsanspruch zu entscheiden. Die Klägerin macht insoweit geltend, ihr stehe ein solcher
Anspruch zu, weil die Beklagte den von ihr gemäß § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V initiierten Antrag des H. auf Leistungen
zur medizinischen Reha und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu Unrecht nicht gemäß § 116 Abs 2 SGB VI als Antrag
auf Rente behandelt und positiv beschieden habe, wodurch gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V der Anspruch des
H. auf KrG geendet hätte.
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2. Als gesetzliche Grundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch kommt lediglich § 103 SGB X in
Betracht. Nach dessen Abs 1 gilt: "Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese
nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger
erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen
Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat."
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Die Klägerin macht insoweit geltend, der Anspruch des H. auf KrG (§ 44 SGB V) sei - ab einem von ihr nicht
spezifizierten Datum - entfallen, denn dem H. habe, wie von der Beklagten fälschlicherweise nicht geprüft, Rente
wegen EU zugestanden. Insoweit regelt § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V, dass der KrG-Anspruch für Versicherte, die
Rente wegen EU beziehen, von Beginn dieser Leistungen an endet. Sinngemäß macht die Klägerin hilfsweise geltend,
H. habe Rente wegen EU oder wegen BU von einem Zeitpunkt an zugestanden, der nach dem Beginn der
Arbeitsunfähigkeit (AU) lag. Für diesen Fall regelt § 50 Abs 2 Nr 1 bzw Nr 2 SGB V, dass das KrG um den Zahlbetrag
der jeweiligen Rente zu kürzen ist.
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3. Auf der geschilderten Grundlage steht dem Anspruch der Klägerin nach § 103 Abs 1 SGB X vordergründig
entgegen, dass die Beklagte dem H. niemals Rente wegen EU bzw BU bewilligt hat; demgemäß lag insoweit weder iS
des § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V ein "Beginn" der Rente wegen EU vor noch iS des § 50 Abs 2 SGB V eine
"Zuerkennung" dieser Rente oder einer Rente wegen BU. Die Klägerin beruft sich zwar darauf, dass der auf den Reha-
Antrag des H. ergangene ablehnende Bescheid der Beklagten vom 11.11.1998 insoweit fehlerhaft sei, als er nicht
gleichzeitig über einen Anspruch des H. auf Rente wegen EU oder BU entschieden und ihm demgemäß auch keine
solche Leistung bewilligt habe. Wie im Senatsurteil vom 1.9.1999 (SozR 3-1300 § 86 Nr 3 S 6 mwN) im Einzelnen
dargelegt, hat jedoch beim Streit über einen Erstattungsanspruch der nachrangige oder unzuständige Leistungsträger
die Entscheidung des vorrangigen oder zuständigen Leistungsträgers grundsätzlich hinzunehmen. Der auf Erstattung
in Anspruch genommene Leistungsträger kann sich in der Regel auf die bindende Entscheidung einschließlich ihrer
Tatbestandswirkung berufen; dies gilt im Grundsatz auch für den Fall, dass der die Leistung bewilligende oder
ablehnende Verwaltungsakt fehlerhaft ist. Nur der Versicherte selbst, nicht aber die KK war berechtigt, den Bescheid
vom 11.11.1998 anzufechten.
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4. a) Von diesem Grundsatz gibt es freilich (wie ebenfalls aaO des Näheren dargelegt) auf Grund der in § 86 SGB X
normierten Pflicht der Leistungsträger, "bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetzbuch eng
zusammenzuarbeiten", eine Ausnahme: Dem in Anspruch genommenen Leistungsträger ist es dann versagt, auf der
getroffenen Entscheidung zu beharren, wenn sich diese als offensichtlich fehlerhaft erweist und sich dies zum
Nachteil des anderen Leistungsträgers auswirkt. Wenn die getroffene Entscheidung objektiv unter Berücksichtigung
der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen dem materiellen Recht deutlich widerspricht, hat der Leistungsträger im
Erstattungsstreit die Fehlentscheidung zu korrigieren.
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b) Diese von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme vom Grundsatz der Bindung der Leistungsträger
untereinander an gegenüber den Berechtigten ergangene Bescheide kommt der Klägerin im vorliegenden Fall jedoch
nicht zugute. Entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin war die Beklagte weder gemäß § 116 Abs 2 SGB VI noch
sonst im Sinne der zitierten Rechtsprechung "offensichtlich" verpflichtet, auf den Antrag des H. vom 4.11.1998 über
einen Anspruch auf Rente wegen EU bzw BU zu entscheiden noch gar, ihm eine derartige Rente zu bewilligen.
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Zwar galt nach § 116 Abs 2 Nr 1 SGB VI in der damals anwendbaren Fassung ein Antrag auf Leistungen zur Reha als
Antrag auf Rente ua dann, wenn der Versicherte erwerbsunfähig oder berufsunfähig und eine erfolgreiche Reha nicht
zu erwarten war. Diese Voraussetzungen lagen jedoch nach den das Bundessozialgericht (BSG) bindenden
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen nicht offensichtlich vor. Das LSG hat durch Verweisung auf die Gründe
des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 153 Abs 2 SGG dessen tatsächliche Feststellungen bestätigt. Hiernach fehlen
offensichtliche Hinweise dafür, dass bei H. auf Grund der damals vorliegenden dauerhaften gesundheitlichen
Veränderungen die medizinischen Voraussetzungen eines Leistungsfalles zumindest der BU vorlagen. Der MDK hatte
in seinem Gutachten vom 13.10.1998 die Einschätzung vertreten, dass H. in seiner letzten Beschäftigung als
Kundendiensttechniker wohl auf Dauer arbeitsunfähig bleibe. Hiermit ist jedoch nichts über dessen BU oder gar EU
ausgesagt, da nahe lag, dass ihm sozial und gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeiten noch ohne zeitliche
Einschränkung möglich waren. Gegen diese Feststellungen hat die Klägerin Verfahrensrügen nicht erhoben (§ 163
SGG).
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War aber H. im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheids vom 11.11.1998 weder berufs- noch erwerbsunfähig, fehlte es
bereits an dieser Voraussetzung, um seinen Reha-Antrag vom 4.11.1998 gemäß § 116 Abs 2 SGB VI (auch) als
Rentenantrag zu behandeln und zu bescheiden. Auf dieser Grundlage kann der Senat offen lassen, ob der von der
Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe den Reha-Antrag des H. zu Unrecht nicht in einen Rentenantrag
umgedeutet, im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung als Verstoß gegen "materielles Recht" zu werten wäre.
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Im vorliegenden Zusammenhang unerheblich ist, ob sich - was eher unwahrscheinlich erscheint - im Nachhinein
feststellen ließe, ob der (inzwischen verstorbene) H. im November 1998 in der Tat berufs- oder erwerbsunfähig war.
Denn das Abstellen darauf, ob die Entscheidung der Beklagten, den Reha-Antrag des H. nicht gleichzeitig als
Rentenantrag zu behandeln und ihm auch keine Rente zu bewilligen, "offensichtlich" fehlerhaft war, soll gerade
verhindern, dass in Erstattungsverfahren wie dem vorliegenden noch umfangreich zu ermitteln ist (vgl BSG vom
14.5.1985 - 4a RJ 79/84, USK 8582 S 427): Was offensichtlich ist, bedarf keiner weiteren Klärung.
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c) Ebenso offen lassen kann der Senat, ob er - für das hier anzuwendende Recht - der Rechtsauffassung des 3.
Senats des BSG zum (früheren) Rechtszustand folgt, dass auch unabhängig von der Vorläufervorschrift zu § 116 Abs
2 SGB VI (nämlich § 1241d Abs 3 RVO, § 18d Abs 3 Angestelltenversicherungsgesetz) der Reha-Antrag in aller Regel
von vornherein zugleich das Ersuchen um Rentengewährung beinhalte, falls sich die Erwerbsminderung nicht
beseitigen lasse. Dies hat der 3. Senat daraus hergeleitet, dass bei dem Leistungsbegehren eines Versicherten nicht
am Wortlaut seiner Erklärung zu haften sei; der Versicherungsträger müsse vielmehr entsprechend der Bestimmung
des § 2 Abs 2 Halbsatz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch davon ausgehen, dass der Versicherte die ihm günstigste
Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen wolle (Urteil vom 10.10.1979 - 3 RK 25/79, ErsK 1980, 46, 49).
Selbst wenn jedoch die Beklagte auf den Antrag vom 4.11.1998 ausdrücklich entschieden hätte, dass dem H. keine
Rente wegen BU oder EU zustehe, so wäre diese Entscheidung nach den dargelegten tatsächlichen Feststellungen
jedenfalls iS der oben erläuterten Rechtsprechung nicht offensichtlich fehlerhaft gewesen.
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5. Nach alledem kann dahinstehen, ob, wie von der Beklagten vertreten, die gesetzliche Fiktion des § 116 Abs 2 SGB
VI, ein Reha-Antrag gelte unter bestimmten Voraussetzungen als Rentenantrag, jedenfalls dann nicht anwendbar ist,
wenn der Reha-Antrag bereits gemäß § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI abzulehnen ist. Nach dieser Vorschrift (in der hier
maßgebenden Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25.9.1996, BGBl I 1461)
werden Leistungen zur Reha nicht für Versicherte erbracht, die eine Leistung beziehen, die regelmäßig bis zum
Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird.
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Die Rentenversicherungsträger gehen davon aus, dass in solchen Fällen keine Umdeutung in einen Rentenantrag
gemäß oder entsprechend § 116 Abs 2 Nr 1 SGB VI stattfinde (VerbandsKomm, § 12 SGB VI Anm 6.1, Stand: März
2007); die Prüfung nach § 116 Abs 2 Nr 1 SGB VI, "ob eine erfolgreiche Reha nicht zu erwarten ist" setze vielmehr
"wortimmanent" voraus, dass eine Reha-Leistung durch den Rentenversicherungsträger dem Grunde nach überhaupt
zulässig sei. Dies aber treffe im Rahmen der Ausschlussregelung des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI gerade nicht zu;
daher komme auch der Grundsatz "Reha vor Rente" hier nicht zum Tragen.
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Im Gegensatz hierzu vertritt die Revision die Rechtsansicht, dass bei einer derartigen Verfahrensweise das Recht der
KK unangemessen verkürzt werde, ihre Pflicht zur Krankengeldzahlung dadurch zu beenden, dass sie den
Versicherten gemäß § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V zur Stellung eines Reha-Antrags auffordere, der über die gesetzliche
Fiktion des § 116 Abs 2 SGB VI ggf zur Bewilligung einer Rente wegen EU bzw BU in den oben angegebenen Folgen
des § 50 Abs 1 bzw Abs 2 SGB V führe.
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Auf diese Streitfrage kommt es jedoch für die Entscheidung über die Klage nicht an, weil es im Rahmen der
"Offensichtlichkeits"-Prüfung bereits am deutlichen (offensichtlichen) Vorliegen einer BU oder EU bei H. fehlte. Damit
hatte der Senat auch nicht zu überprüfen, ob bei H. die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB
VI (hierzu BSG vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R, RdNr 46 ff) vorlagen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG-
Änderungsgesetzes vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) am 2.1.2002 geltenden Fassung, die vorliegend noch anzuwenden
ist, weil der Rechtstreit bereits im Jahre 1999 beim SG anhängig geworden ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24).