Urteil des BPatG vom 06.06.2000

BPatG: wiedereinsetzung in den vorigen stand, patent, fax, auskunft, verschulden, beschwerdefrist, beschwerdeschrift, gebühr, bezahlung, kopie

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 113/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 19 518.8
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 6.
Juni
2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Ing. Hellebrand, des Richters Albert und der Richterin Friehe-Wich
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
I. Der Antrag, der Anmelderin gegen die Versäumung der Be-
schwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ge-
währen, wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde der Anmelderin wird als unzulässig verwor-
fen.
G r ü n d e
I.
Durch Beschluß vom 28. Juli 1998 hat die Markenstelle für Klasse 9 des Deut-
schen Patent- und Markenamts die Anmeldung der Wortmarke "Doppelklick" für
"Softwareproduktion, CD, CD-ROM" und durch Beschluß vom 5. November 1999
die hiergegen gerichtete Erinnerung der Anmelderin zurückgewiesen. Der Erinne-
rungsbeschluß wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin am
15. November 1999 zugestellt. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten
vom 15. Dezember 1999, per Fax am selben Tag eingegangen, hat die Anmelde-
rin Beschwerde gegen den Erinnerungsbeschluß eingelegt. In der Beschwerde-
schrift ist ua ausgeführt, ein Verrechnungsscheck über die entstandene Be-
schwerdegebühr in Höhe von A… DM sei dem Schreiben beigefügt. Dem Fax der
Beschwerdeschrift lag ein Fax eines Schecks über A… DM bei. Das Original des
Schecks ging am 16. Dezember 1999 ein.
Die Anmelderin begehrt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäu-
mung der Beschwerdefrist. Diese sei nicht verschuldet, da auf eine telefonische
Anfrage hin das Deutsche Patent- und Markenamt die Übermittlung des Schecks
per Fernkopie zur Fristwahrung als ausreichend bezeichnet habe. Die Anmelderin
führt hierzu aus, man habe erst am Fristablaufstage Beschwerde einlegen können.
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Um zu klären, wie am besten die fristgerechte Einzahlung der Beschwerdegebühr
sicherzustellen sei, habe die Kanzlei ihres Verfahrensbevollmächtigten mit dem
zuständigen Sachbearbeiter des Deutschen Patent- und Markenamts telefonisch
Rücksprache gehalten und hierbei die Auskunft bekommen, es sei vollkommen
ausreichend, den Verrechnungsscheck mit der Beschwerdegebühr vorab per Fax
an das Deutsche Patent- und Markenamt zu senden. Dies habe man getan. Daher
habe die Anmelderin schuldlos gehandelt, denn ihre Verfahrensbevollmächtigten
hätten keine Veranlassung gehabt, die Auskunft des Amtes in Frage zu stellen.
Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags hat die Anmelderin eine eidesstattliche
Versicherung einer Frau Esther Rautenberg vorgelegt.
Mit dem Schriftsatz vom 6. März 2000 in dem Wiedereinsetzung begehrt wird, hat
die Anmelderin erneut Beschwerde eingelegt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt (MarkenG § 91 Abs 2 - 4). Gleichwohl war Wiedereinsetzung nicht zu
gewähren, weil die Fristversäumung durch die Verfahrensbevollmächtigten der
Anmelderin nicht unverschuldet war (MarkenG § 91 Abs 1) und dieses Verschul-
den der Anmelderin zuzurechnen ist.
Gemäß PatGebZV §§ 1 Nr 1 b, 3 Nr 2 ist die Beschwerdegebühr erst am 16. De-
zember 1999 eingegangen, also verspätet (MarkenG § 66 Abs 5 S 2). Die Art und
Weise, in der die Zahlung der Gebühr erfolgte, also mittels Schecks, wurde nach
dem Vortrag der Anmelderin durch deren Verfahrensbevollmächtigte bewußt, also
vorsätzlich so gewählt. Ob dies - wie die Anmelderin vorträgt - aufgrund einer feh-
lerhaften Auskunft des Deutschen Patent- und Markenamts geschah, ist uner-
heblich. Denn grundsätzlich haftet ein Rechtsanwalt für einen Rechtsirrtum; eine
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fehlerhafte rechtliche Auskunft eines anderen kann ihn in der Regel nicht exkul-
pieren. Ein Ausnahmefall (vgl hierzu Thomas/Putzo, ZPO, 22.
Aufl, §
233
RdNr 31;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58.
Aufl, §
233
RdNr 113 f) liegt hier keinesfalls vor, weil sich die wirksamen Zahlungsmodalitäten
klar aus der PatGebZV ergeben und die tatsächliche Rechtslage damit unschwer
festzustellen ist (hinzu kommt, daß es auch naheliegt, die (Fern-)Kopie eines
Schecks noch nicht wie einen Geldeingang zu behandeln). Bei Zweifeln ist der
Rechtsanwalt verpflichtet, so zu handeln, daß die Parteiinteressen auf jeden Fall
gewahrt sind (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, RdNr
120); die
PatGebZV gibt hierzu auch die Möglichkeiten (zB in § 3 Nr 3).
Unerheblich ist auch, daß das behauptete Telefonat mit dem Deutschen Patent-
und Markenamt - offenbar aufgrund der Zweifel des Verfahrensbevollmächtigten,
wie die rechtzeitige Zahlung sichergestellt werden solle - durch eine Mitarbeiterin
des Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin geführt wurde und nicht durch
diesen selbst. Denn um das "wie" der rechtzeitigen Bezahlung der Beschwerde-
gebühr - zumal bei Einlegung der Beschwerde am letzten Tag der Frist - muß sich
der Rechtsanwalt selbst Gedanken machen; sollte er - wofür der Vortrag der An-
melderin allerdings nicht spricht - dies allein einer Mitarbeiterin überlassen haben,
ergäbe sich schon hieraus sein eigenes der Anmelderin zuzurechnendes Ver-
schulden.
Nach alledem war der Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen.
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Da die Beschwerdegebühr nicht rechtzeitig gezahlt wurde, gilt die Beschwerde als
nicht eingelegt (MarkenG § 66 Abs 5). Die nachträgliche - verspätete - Zahlung
und nochmalige Beschwerdeeinlegung war verfristet (MarkenG § 66 Abs 2), so
daß diese Beschwerde als unzulässig zu verwerfen war (MarkenG § 70 Abs 2).
Friehe-Wich