Urteil des BPatG vom 10.11.2005
BPatG (stand der technik, grund, profil, bildung, ausbildung, anlage, gegenstand, fachmann, kunststoff, form)
BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
2 Ni 37/03 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
10. November 2005
…
In der Patentnichtigkeitssache
…
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 826 863
(= DE 597 02 277)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 10. November 2005 unter Mitwirkung des Richters
Gutermuth als Vorsitzendem sowie der Richter Dipl.-Ing. Dr.
Henkel,
Dipl.-Phys. Skribanowitz, Ph.D./M.I.T. Cambridge, Dipl.-Ing. Harrer und Müller
für Recht erkannt:
1. Das europäische Patent 0 826 863 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-
klärt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des europäischen Patents
EP 0 826 863 B1 (Streitpatent), das am 17. Juli 1997 unter Inanspruchnahme der
Priorität vom 29. August 1996 aus dem Gebrauchsmuster DE 296 14 913 U1 beim
Europäischen Patentamt angemeldet worden ist und gegen dessen deutschen Teil
(DE 597 02 277) die Nichtigkeitsklage gerichtet ist. Der Veröffentlichungstag der
Erteilung des Streitpatents ist der 30. August 2000.
Das in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlichte Streitpatent betrifft einen
„Rolladenstab“. Es umfasst 14 Patentansprüche, wovon die Ansprüche 2 bis 14
dem Anspruch 1 untergeordnet sind.
- 3 -
Der erteilte Anspruch 1 lautet:
- 4 -
Bezüglich der Ansprüche 2 bis 14 wird auf die Streitpatentschrift (Anlage NK 1)
verwiesen.
Das Streitpatent ist mit der Nichtigkeitsklage in vollem Umfang angegriffen.
Die Klägerin macht geltend, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht
patentfähig sei, insbesondere sei er gegenüber der prioritätsbegründenden
DE 296 14 913 U1 (Anlage NK 3) nicht neu und gegenüber der bereits im Prü-
fungsverfahren berücksichtigten EP 0 167 137 A2 (Anlage NK 4) nicht erfinde-
risch. Die Neuheit fehle auch gegenüber dem Hohlstabprofil CD 100 der Klägerin,
welches offenkundig vorbenutzt sei.
Die Klägerin stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:
NK 3:
DE 296 14 913 U1
NK 4:
EP 0 167 137 A2
NK 5:
Auszug aus dem Patent- und Gebrauchsmusterregister
NK 6:
Zeichnung eines Hohlstabprofils der Firma Dreisternwerk vom
1. März 1977
NK
7: Telex der Firma Dreisternwerk an die Klägerin vom
21. April 1978
NK 8:
Auszug aus der Preisliste 1995/1 der Klägerin
NK 10: Auftragsbestätigung
der
Klägerin an die Firma Rollo-
Möller GmbH vom 10. Mai 1995
- 5 -
NK
11: Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamts vom
6. August 2004 in der das Gebrauchsmuster DE 296 14 913 U1
betreffenden Löschungssache
NK 12: Beschluss-Ausfertigung des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 25. Januar 2005 in der vorgenannten Gebrauchsmusterlö-
schungssache mit Anschreiben vom 9. Februar 2005
NK 13: DE 44 39 718 A1
NK 14: DE 44 26 261 A1
NK 15: FR 2 704 897 A3.
In der mündlichen Verhandlung wurden übergeben:
Zeichnung „Richtstich“ RG 146, 18794 – 06,
3 Originalprofilmuster CD 100, Fa. Alulux
Prospekt der Klägerin „… das ausgeschäumte Profil“ und
Preisliste 1977/II.
Daneben bietet die Klägerin zum Nachweis der offenkundigen Vorbenutzung des
Hohlstabprofils CD 100 (NK 6-8, 10) die Einvernahme der Zeugen C…
und H… an.
Als Anlage NK 9 legt die Klägerin eine Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 vor.
Die Klägerin beantragt,
das Patent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
- 6 -
Der Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und ver-
teidigt das Patent im erteilten Umfang. Er bestreitet die unter Zeugenbeweis ge-
stellte offenkundige Vorbenutzung des Hohlstabprofils CD 100 (NK 6-8, 10).
Zur Stützung seines Vorbringens nennt er folgende Druckschriften und Unterla-
gen:
NB3:
bearbeitete Figuren
2 und
3 aus dem Gebrauchsmuster
DE 296 14 913 U1
NB4: bearbeitete Merkmalsgliederung
NB5: Entscheidung des Europäischen Patentamts vom
3. Dezember 2002 über die Zurückweisung des Einspruchs gegen
das Streitpatent
NB6: handschriftlich aufbereitete Figur 3 aus der EP 0 167 137 A2
NB7: handschriftlich aufbereitete Figur 3 des Streitpatents
NB8: Zwischenbescheid des Europäischen Patentamts vom 22. Mai 2002
im Einspruchsverfahren über das Streitpatent.
Hilfsweise verteidigt der Beklagte das Streitpatent in folgenden sieben, in der
mündlichen Verhandlung am 10. November 2005 übergebenen Fassungen, wobei
sich an den jeweiligen Anspruch 1 die bisherigen Unteransprüche anschließen
sollen, mit Ausnahme des Entfallens von Unteranspruch 4 bei Hilfsantrag 3:
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 (Anlage NB1):
- 7 -
- 8 -
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 (Anlage NB1x):
- 9 -
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 (Anlage NB1 mit Ergänzung):
- 10 -
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 (Anlage NB2):
- 11 -
- 12 -
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 (Anlage NB2x):
- 13 -
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 (Anlage NB2a):
- 14 -
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 (Anlage: NB2ax):
- 15 -
- 16 -
Der Beklagte sieht in den Hilfsanträgen 2 und 5 lediglich eine Klarstellung, keine
Beschränkung.
Die Klägerin hält ihren Klageantrag auch gegenüber den Hilfsanträgen aufrecht.
Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze
nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 4. August 2005
durch uneidliche Vernehmung der Zeugen C… und H…. Wegen
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom
10. November 2005 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Nichtigkeitsklage ist begründet, denn der Gegenstand des Streitpa-
tents ist in keiner der verteidigten Fassungen gegenüber dem Stand der Technik,
zu dem auch das offenkundig vorbenutzte Rolladenprofil CD 100 (NK6-8,10) und
die als prioritätsbegründend genannte Gebrauchsmusterschrift
DE 296 14 913 U1 (NK3) gehören, patentfähig (Art.
II §
6 Abs.
1 IntPatÜG,
Art. 138 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ).
I.
Das Streitpatent betrifft einen Rolladenstab
Gebäudeöffnungen, wie er im Wohnungsbau sowohl beim Neubau als auch zum
nachträglichen Einbau im Zuge der Modernisierung oder Renovierung verwendet
wird und beispielsweise aus der von der Beklagten stammenden EP 0 167 137 A2
(NK 4) bekannt ist. Ein derartiger Rolladenstab besteht aus einem Hohlkammer-
- 17 -
profil, das aus einem Metallband gerollformt, mit Kunststoff ausgeschäumt und auf
die Rolladenbreite abgelängt ist. Das Profil weist einen im Geschlossenzustand
die Gebäudeöffnung abdeckenden Deckbereich und einen an dessen Oberkante
sich anschließenden Bereich mit einem doppelwandigen Haken auf. Im Deckbe-
reich besteht das Profil aus zwei beabstandeten, gleichsinnig gekrümmten Haupt-
abschnitten, also einem außenseitig des Profils konvexen und einem außenseitig
des Profils konkaven Hauptabschnitt. Dabei ist eine große Breite des Deckbe-
reichs - also der Höhenbeitrag eines Stabes zum geschlossenen Rolladen - für
eine hohe Stabilität in Längsrichtung und für eine geringe Reparaturanfälligkeit
günstig, für einen geringen Durchmesser des aufgewickelten Rolladens aus Platz-
und Optikgründen jedoch ungünstig. Die im Profil eingeformte Krümmung bewirkt
neben einer guten Wickelfähigkeit eine hohe Stabilität vor allem in Querrichtung,
jedoch im Geschlossenzustand eine verringerte Gewichtskraftaufnahme für die
darüberliegenden Stäbe. Ein kleines Hohlkammervolumen des ausgeschäumten
Profils ist aus Kostengründen wegen der geringen Menge an Kunststoff-Isolier-
material günstig.
Die beiden Hauptabschnitte des Profils bilden an ihrer Unterkante eine Verbreite-
rung, in welcher eine teilweise doppelwandige Aufnahmekammer mit einem Ge-
genhaken zur Aufnahme des Hakens des benachbarten Stabs ausgebildet ist.
Beim Abrollen der einzelnen Rolladenstäbe hängt jeweils der untere Stab über
den Haken an seiner Oberkante am Gegenhaken in der Aufnahmekammer des
oberen Stabes. Durch im Bereich des Hakens angeordnete Schlitze ist gedämpfter
Lichteinfall bei teilweise geschlossenem Rolladen möglich. Bei völlig geschlosse-
nem Rolladen liegen die Unterkanten der Hauptabschnitte auf den Oberkanten
des unteren Stabes auf, so dass die Haken benachbarter Stäbe entlastet werden
und sich die Deckbereiche benachbarter Stäbe nahtlos aneinanderreihen.
Nachteilig an den bekannten Rolladenstäben ist, dass sie keine optimale Lösung
der zum Teil widersprüchlichen Anforderungen darstellen (vgl. die Streitpatent-
schrift, S. 2, Z. 27-28).
- 18 -
Der Erfindung liegt demnach die Aufgabe zugrunde, ein Aluminiumhohlkammer-
profil zu schaffen, das im unteren Bereich, das heißt bei kleiner Windungszahl,
sehr gut aufwickelt, um für Rolläden kleinerer Höhen (bis ca. 120 cm, was Stan-
dardfenstern entspricht) kleine Rolladenkästen einsetzen zu können; weiterhin soll
das neue Querschnittsprofil im Verhältnis zu bekannten Hohlkammerprofilen, ins-
besondere zu den standardisierten Hohlkammerprofilen mit einer Deckbreite von
37 mm und den standardisierten Mini-Profilen mit einer Deckbreite von 32 mm,
wirtschaftlicher herstellbar sein und gleichzeitig eine hohe Stabilität in Längsrich-
tung aufweisen, so dass auch größere Fensterbreiten mit einem solchen Rolladen
ausgestattet werden können (vgl die Streitpatentschrift, S. 2, Z. 20-26).
Die Lösung dieser Aufgabe soll in der Schaffung eines neuen Querschnittprofils
für Rolladenstäbe mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) lie-
gen gemäß folgender Merkmalsgliederung, die i. W. derjenigen der Klägerin ent-
spricht (Anlage NK9), jedoch mit dem erteilten Anspruch 1 entsprechender Kom-
masetzung nach dem Teilmerkmal „ggf. entlang der Tangente,“.
(1) Rolladenstab (1) mit einem in Längsrichtung konstanten Profil in
Form einer flächigen Hohlkammer (8),
(1.1) deren Mantel aus einem Metall-, insbesondere Aluminium-
band (7) gerollformt ist,
(1.2) und die vorzugsweise mit Kunststoff (9) ausgeschäumt ist,
(1.3) wobei die beiden Flachseiten (10, 11) der Hohlkammer (8)
gleichsinnig gekrümmt sind,
(1.4) so dass sie außenseitig einerseits einen konvexen sowie
andererseits einen konkaven Hauptabschnitt (10, 11) bilden,
(2) und an je einer ersten Längskante
(3) dieses Hauptab-
schnitts (10, 11) abgekröpft sind,
(2.1) wobei sie erst aufeinander zu (19, 20) und dann im gegenseiti-
gen Kontakt (21) parallel nach außen (22) gebogen sind,
(2.2) und schließlich unter anschließender Bildung eines
doppelwandigen Hakens
(4) zum außenseitig konkaven
Hauptabschnitt (11) hin umgebogen sind,
- 19 -
(2.3) wo die Bandkanten einander umfassen,
(3) und wobei die jeweils anderen Längskanten der beiden Hauptab-
schnitte (10, 11) miteinander verbunden sind,
(3.1) unter Ausbildung einer zu der Profillängskante (26) hin offenen
und an ihrem Grund (31) etwa halbkreisförmig gerundeten
Aufnahmekammer (5) für die Hakenkante (4) des nächsten
Rolladenstabs (1),
(3.2) deren etwa zueinander parallele Kammerseitenwände (29, 30)
durch scharfkantiges Rückbiegen (27, 28) der Profilhauptab-
schnitte (10, 11) gebildet sind,
(3.3) und deren offene Kammerseite einen doppelwandigen Gegen-
haken
(32) für die Hakenkante
(4) des nächsten Rolla-
denstabs (1) aufweist,
(3.4) zu dessen Bildung die Rückbiegung (28) des außenseitig
konkaven Profilhauptabschnitts (11) endseitig in die Kam-
mer (5) hinein umgebogen (33) ist,
- Oberbegriff -
(4) wobei das Aluminiumband (7) im Bereich des Übergangs von der
den Schaft des doppelwandigen Gegenhakens (32) bildenden Kam-
merseitenwand (30) in den konkaven Hauptabschnitt (11) sich zu-
nächst an den Grund (31) der Aufnahmekammer (5) anschmiegt,
(5) bis die Tangente an den Grund (31) der Aufnahmekammer (5) mit
dem konkaven Hauptabschnitt einen Schnittpunkt in der Nähe der
Aufnahmekammer (5) bildet,
(6) und dass das Aluminiumband sich sodann von der Aufnahmekam-
mer löst,
(7) gegebenenfalls entlang der Tangente, zu dem Schnittpunkt mit dem
konkaven Hauptabschnitt (11) verläuft
(8) und dort unter Ausbildung einer kantenförmigen Biegung in den
konkaven Hauptabschnitt (11) übergeht.
- Kennzeichen -
- 20 -
Dabei soll das Erfindungswesentliche die Ausbildung der Verbreiterung am unte-
ren Rand der beiden Hauptabschnitte, also des Übergangsbereichs des Rolla-
denstabs zwischen der Aufnahmekammer und dem außenseitig konkaven Haupt-
abschnitt sein.
Der für das Verständnis der Erfindung und die Beurteilung der Erfindungshöhe
maßgebliche Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur für Maschinenbau, der
einschlägige Kenntnisse und Erfahrung in Entwicklung und Fertigung von Rolla-
denstäben für Rolladen an Türen und Fenstern aufweist.
II.
Aufgrund der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats (§ 286 Abs. 1
offenkundige Vorbenutzung des Profils
mäß Art. 54 Abs. 2 EPÜ zum Stand der Technik gehört.
1. Der Zeuge C… hat angegeben, dass das Profil CD 100 von 1978
bis - glaublich - 1998 produziert wurde, und zwar in einer Menge von beispiels-
weise 128.700 m im Jahr 1990 und 46.700 m im Jahr 1995. Die Zeichnung gemäß
Anlage NK 6 hat er als Grundlage für das Profil CD 100 identifiziert, die Zeichnung
des Profils auf der zweiten Seite der Anlage NK 8 hat er als ihm bekannt bestätigt.
Der Zeuge H… hat ausgesagt, dass die Produktion des Profils CD 100 im
Jahr 1978 bei der Klägerin begonnen wurde und bis 1998 lief. Es handele sich um
das in der Anlage NK 8 als CD 100 wiedergegebene Produkt. Ebenso entspreche
die Anlage NK 6 dem Profil CD 100. Bei dem zu den Gerichtsakten gereichten
Mustersatz handele es sich um Originalprofile des Produkts CD 100.
Das Produkt sei während der Produktionszeit im Grundsatz unverändert geblie-
ben. Bei einer Produktion von mehreren Millionen Metern habe der Rollensatz im
Bereich von zehntel Millimetern nachjustiert werden müssen, um den Zustand
gemäß den Zeichnungen beizubehalten. Eine bewusste Änderung des Profils sei
im gesamten Zeitraum nicht vorgenommen worden.
- 21 -
Die Lieferung von CD 100-Profilen an den Kunden R… GmbH gemäß der
als Anlage NK 10 vorgelegten Auftragsbestätigung sei sicher erfolgt.
2. Der Senat hat keine Veranlassung, die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Zweifel
zu ziehen.
Der Zeuge C… hat nicht versucht, seine Angaben über den Zeitraum vor
seinem Eintritt bei der Klägerin (1986) als auf eigenen Erfahrungen beruhend dar-
zustellen, sondern er hat von vornherein die Vorgänge um die Anfertigung des
Rollensatzes durch die Firma D… gemäß Anlage NK 6 anhand des mit-
gebrachten Ordners erläutert und den Zeitpunkt des Produktionsbeginns mit 1978
angegeben. Aus eigener Kenntnis konnte er als Leiter des Einkaufs und techni-
scher Leiter bei der Klägerin jedenfalls Angaben zur Produktion des Profils seit
seinem Eintritt in das Unternehmen machen bis zum Auslaufen der Produktion -
wie er glaubt - 1998. Ein eigenes Interesse des Zeugen am Ausgang des Rechts-
streits ist nicht ersichtlich, zumal er nach dem Eintritt in den Ruhestand nicht mehr
bei der Klägerin beschäftigt ist.
Der seit 1. April 1973 bei der Klägerin angestellte Zeuge H… konnte als
Leiter des Vertriebs Innendienst aus eigener Kenntnis Angaben zur Produktion
des Profils CD 100 machen. Die Aussage ist in sich widerspruchsfrei und bei-
spielsweise zum Produktionsbeginn durch den Prospekt 1977/II untermauert. Die
eigene Kenntnis von der Auftragsbestätigung NK 10 hat er nachvollziehbar damit
erläutert, für die Kontrolle der Aufträge zuständig gewesen zu sein. Vor diesem
Hintergrund genügt allein der Umstand, dass der Zeuge als leitender Angestellter
bei der Klägerin beschäftigt ist, nicht, um seine Glaubwürdigkeit in Zweifel zu zie-
hen.
3. Es ist somit bewiesen, dass das Profil CD 100 seit dem Produktionsbe-
ginn 1978 in unveränderter Gestalt - von Fertigungstoleranzen abgesehen - wie
als Profilmuster vorgelegt produziert, in Form von Prospekten und Preislisten wie
die Preisliste 1977/II und die Anlage NK 8 beworben und vor dem Prioritätszeit-
- 22 -
punkt in erheblichem Umfang verkauft worden ist, beispielsweise an die Firma
R… GmbH im Jahr 1995 (Auftragsbestätigung gemäß Anlage NK 10). Als offen-
kundige Vorbenutzung zählt es zum Stand der Technik (Art. 54 EPÜ).
III.
Gebrauchsmuster
(NK3)
Prioritätsanmeldung nicht gegeben sind und es am 2. Januar 1997 bekanntge-
macht wurde.
In der NK3 ist ein Rolladenstab für Rolladen zur Abdeckung von Gebäudeöffnun-
gen offenbart, wie er in Kap. I., Abs. 1, beschrieben und darüber hinaus durch die
beanspruchten konkreten Maße seines Profils insbesondere hinsichtlich Wand-
stärken, Krümmungsradien und Winkel der Hakenkante für den Einbau in kleinen
Rolladenkästen gekennzeichnet ist. Der Stab nach NK3 offenbart aber nicht die im
Streitpatent als erfindungswesentlich beanspruchte Ausbildung des Übergangsbe-
reichs zwischen dem außenseitig des Profils konkaven Hauptabschnitt und der
Aufnahmekammer. Nach der einzigen diesbezüglichen Textstelle in der NK3, S. 7,
Z. 4-8, besteht dieser Übergangsbereich in einer „Verbreiterung 17 des Deckbe-
reichs 2 im Bereich der Aufnahmekammer 5 an dem inneren Hauptabschnitt 11,
damit die Kammer 5 einen der Hakennase 18 entsprechenden Querschnitt erhal-
ten kann“. Weiter gehende Angaben, die diesen Übergangsbereich entsprechend
den Merkmalen (4)-(8) der Merkmalsgliederung des erteilten Anspruchs 1 näher
spezifizieren würden, sind jedoch in NK3 nicht zu finden.
Zwar ist aus Fig. 2 (bzw. der i. W. übereinstimmenden Fig. 3) in der zeichneri-
schen Darstellung des Übergangsbereichs ein Knick im Verlauf des konkaven
Hauptabschnitts nahe der Aufnahmekammer ersichtlich. Aber darin kann ein
Fachmann ohne irgendeinen Hinweis in der Beschreibung bzw. den Ansprüchen
der NK3 nicht das nach dem Streitpatent Erfindungswesentliche herauslesen. Kei-
nesfalls erkennt er daraus den im Streitpatent beanspruchten Verlauf einer
- 23 -
Tangente an den Grund der Aufnahmekammer oder gar ihren Schnittpunkt mit
dem konkaven Hauptabschnitt entsprechend dem Merkmal (5) der Merkmalsglie-
derung des erteilten Anspruchs 1. In NK3 sind weder Hinweise in der Aufgabe
noch sonstige Einzelheiten über den Verlauf des Aluminiumbandes im Über-
gangsbereich angegeben. Die nur zeichnerisch dargestellte „kantenförmige Bie-
gung“ weist weder eine Bezugsziffer auf noch ist sie näher beschrieben und geht
somit in der Menge der anderen Merkmale unter, ist daher für den Fachmann nicht
als erfindungswesentlich erkennbar (Schulte, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 318). Damit
ist die für die Anerkennung der Priorität aus NK3 erforderliche Deutlichkeit der
Offenbarung der Erfindungsmerkmale des Streitpatents in der Voranmeldung NK3
nicht gegeben (vgl. Schulte, a. a. O., § 41 Rdn. 25ff.).
Für die Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung bei fehlender wörtli-
cher Übereinstimmung könnte es auch ausreichen, wenn in beiden Anmeldungen
der Erfindungsgedanke gleich ist (Schulte, a. a. O., § 41 Rdn. 31). Auch dies trifft
beim Vergleich von NK3 mit dem Streitpatent nicht zu, weil sich die Voranmeldung
NK3 - wie insbesondere die Kennzeichenteile ihrer nebengeordneten Ansprü-
che 1-3 zeigen - mit speziellen Dimensionierungen aller Maße des Hohlkammer-
profils für die Verwendung in kleinen Rolladenkästen befasst, das Streitpatent
aber im Wesentlichen mit dem Übergangsbereich zwischen Aufnahmekammer
und konkavem Hauptabschnitt, insbesondere mit dem Schnittpunkt der Tangente
an den Grund der Aufnahmekammer mit dem konkaven Hauptabschnitt. Auch in
BGH GRUR 2002, 146 Luftverteiler wird ausgeführt, dass die Merkmalskombina-
tion, die in der Nachanmeldung beansprucht wird, für den Fachmann auch als zur
Voranmeldung gehörig erkennbar offenbart sein muss. Die den Übergangsbereich
betreffende Kombination der Merkmale
(4)-(8) des nachangemeldeten An-
spruchs 1 ist aber in NK3 nicht enthalten.
Der Einwand des Beklagten, wonach sich der Inhalt einer Prioritätsanmeldung auf
den Gesamtinhalt der Anmeldeunterlagen und nicht nur auf die Ansprüche be-
ziehe (Schulte, a. a. O., § 41 Rdn. 29), führt zu keinem abweichenden Ergebnis,
weil auch die Gesamtheit der NK3 keine Hinweise auf eine Ausbildung des Über-
- 24 -
gangsbereichs mit einer Tangente an den Aufnahmekammergrund und ihrem
Schnittpunkt mit dem konkaven Hauptabschnitt gibt, sondern i. W. nur auf die Ab-
messungen des Hohlkammerprofils für ihre Aufnahme in kleinen Rolladenkästen.
Schließlich greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, wonach der
nachgereichte Anspruch 3 zum Gebrauchsmuster DE 296 14 913 U1 (NK3) die
Tangente an den Grund der Aufnahmekammer zusätzlich zur Figur 2 bzw. 3 ent-
halte. Dieser Anspruch 3 ist erst am 19. November 2001 im Rahmen eines
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nachgereicht worden und sein, die
Tangente betreffendes Merkmal war am Anmeldetag der NK3 nicht ursprünglich
offenbart (weshalb die Gebrauchsmusterlöschungsabteilung diesen nachgereich-
ten Anspruch 3 auch als nicht gewährbar abgelehnt hat).
Die in der NK3 nicht enthaltenen Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents
sind auch nicht als Weiterbildung des Gegenstands der NK3 in der Nachanmel-
dung anzusehen. Denn dafür wäre Voraussetzung (Art. 87 Abs. 1, 88 Abs. 4 EPÜ,
Schulte, a. a. O., § 41 Rdn. 33), dass die Weiterentwicklung, also im vorliegenden
Fall die kennzeichnenden Merkmale (4)-(8) des Anspruchs 1 des Streitpatents,
den Erfindungsgedanken der Voranmeldung (NK3) nicht verändern, weil dann
Vor- und Nachanmeldung nicht mehr dieselbe Erfindung i. S. d. Art. 87 Abs. 1
EPÜ betreffen würden. Der Erfindungsgedanke der vorangemeldeten NK3 ist je-
doch - wie dargelegt - die Angabe der konkreten Abmessungen für das Hohlkam-
merprofil, insbesondere hinsichtlich Wandstärken, Krümmungsradien und Winkel
der Hakenkante, zum Einbau in kleine Rolladenkästen. Dagegen ist der Erfin-
dungsgedanke der Nachanmeldung in der speziellen Konstruktion des Über-
gangsbereichs mit einer Tangente 42 an den Grund 31 der Aufnahmekammer 5
und dem Schnittpunkt 43 der Tangente 42 mit dem konkaven Hauptabschnitt 11
zu sehen, um damit Vorteile hinsichtlich Stabilität in Längs- und Vertikalrichtung,
Wickelradius, Volumen der Hohlkammer 8, sowie Steifigkeit der Aufnahmekam-
mer 5 durch verlängerte Doppelwandigkeit 40, 44 zu erreichen.
- 25 -
Wenn die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents, also
der Bereich des Übergangs mit der Tangente 42 an den Grund 31 der Aufnahme-
kammer 5 und dem Schnittpunkt 43 dieser Tangente 42 mit dem konkaven Haupt-
abschnitt 11, schon am Anmeldetag des Gebrauchsmusters DE 296 14 913 U1 als
erfindungswesentlich erkannt worden wären, so hätte zum Erreichen der ge-
wünschten Prioritätswirkung bereits ein diesen Übergangsbereich zwischen Auf-
nahmekammer und konkavem Hauptabschnitt betreffender Beschreibungshinweis
auf seine Konstruktion oder seine Vorteile oder ein auf diesen speziellen Über-
gangsbereich gerichteter Unteranspruch als ausreichend deutliche Offenbarung
genügt (vgl. BGH GRUR 1982, 406 -Verteilergehäuse).
Daher ist NK3 zum Stand der Technik zu zählen (Art. 54 Abs. 2 EPÜ), was für die
Hilfsanträge 4 bis 7 maßgeblich ist.
IV.
Zur Schutzfähigkeit der erteilten Fassung der Patentansprüche
Die Offenbarung der Merkmale dieser Ansprüche am Anmeldetag (17. Juli 1997)
der Patentanmeldung EP 0 826 863 A2, mit der die Patentschrift EP 0 826 863 B1
i. W. übereinstimmt, ist unstrittig. Gegenüber der Patentanmeldung ist der erteilte,
zwei Alternativen umfassende Anspruch 1 in zulässiger Weise insofern geändert,
als aufgrund der geänderten Kommasetzung im Merkmal (7) der Umfang der
1. alternativen Fassung des erteilten Anspruchs 1 klargestellt ist, in welcher nun
nur die Worte „ggf. entlang einer Tangente,“ entfallen. Dagegen ist die
2. alternative Fassung des erteilten Anspruchs 1 gekennzeichnet durch Entfall des
fakultativen Begriffs „ggf.“, wobei dann das Komma nach „Tangente“ ohne Be-
deutung ist.
Wie in Kap. II. dargelegt, ist die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung des
Rolladenprofils CD 100 (NK6-8, 10) dem Stand der Technik zu zurechnen. Der
Auszug aus der Preisliste 1995/1 der Klägerin (NK8), S. 6, zeigt unter der Art.-
- 26 -
Nr. CD 100 eine zeichnerische Abbildung des Querschnittprofils des offenkundig
vorbenutzten Rolladenstabs. Er besteht aus gerollformten Aluminumband, das ein
mit Kunststoff ausgeschäumtes Hohlkammerprofil bildet mit zwei beabstandeten,
gleichsinnig gekrümmten Hauptabschnitten, also einem außenseitig des Profils
konvexen und einem außenseitig des Profils konkaven Hauptabschnitt. Die beiden
Hauptabschnitte bilden an ihrer Oberkante einen doppelwandigen Haken und an
ihrer Unterkante eine Verbreiterung, in welcher eine teilweise doppelwandige Auf-
nahmekammer mit parallelen Seitenwänden, mit einem etwa halbkreisförmigen
Grund und mit einem Gegenhaken zur Aufnahme des Hakens des nächsten Stabs
ausgebildet ist.
Damit sind aus NK8 die Merkmale (1)-(3.4) des Oberbegriffs des erteilten An-
spruchs 1 gemäß der Merkmalsgliederung bekannt.
Wie aus NK8 weiter ersichtlich, schmiegt sich das Aluminiumband zunächst an
den Grund der Aufnahmekammer an (entsprechend Merkmal (4) des erteilten An-
spruchs 1), löst sich sodann vom Grund der Aufnahmekammer (entsprechend
Merkmal (6) des erteilten Anspruchs 1) und verläuft anschließend zu einem Punkt
am konkaven Hauptabschnitt (entsprechend Merkmal
(7) des erteilten An-
spruchs 1 ohne das fakultative Teilmerkmal „ggf. entlang der Tangente“, wo das
Band unter Ausbildung einer kantenförmigen Biegung in den konkaven Hauptab-
schnitt übergeht (entsprechend Merkmal (8) des erteilten Anspruchs 1).
Damit sind aus NK8 auch die den Übergangsbereich zwischen der Aufnahme-
kammer und dem konkaven Hauptabschnitt betreffenden Merkmale (4) und (6)-(8)
des Kennzeichenteils des erteilten Anspruchs 1 bekannt - zumindest in der Fas-
sung des erteilten Anspruchs 1 ohne das fakultative Teilmerkmal in Merkmal (7)
„ggf. entlang der Tangente“.
Bei Betrachtung des Profils CD 100 nach NK8 erkennt der Fachmann ohne weite-
res diese Merkmale (1)-(4) und (6)-(8) der Fassung des erteilten Anspruchs 1
ohne das fakultative Teilmerkmal „ggf. entlang der Tangente“. Aber auch das
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Merkmal (5) ist für den Fachmann als selbstverständlich oder nahezu unerlässlich
zu ergänzen (vgl. BGH BlPMZ 1995/313 - Elektrische Steckverbindung), da er
eine gedachte, an jede Krümmung - hier der gekrümmte Grund der Aufnahme-
kammer - anlegbare Tangente, die mit einer gedachten Linie entlang des konka-
ven Hauptabschnitts einen Schnittpunkt bildet, lediglich als Hilfskonstruktion für
die Beschreibung des Bandverlaufs im Übergangsbereich zwischen Aufnahme-
kammer und konkavem Hauptabschnitt ansieht. Dabei ist zu beachten, dass der
Bandverlauf nach der Fassung des erteilten Anspruchs 1 ohne das fakultative
Teilmerkmal „entlang der Tangente“ nach dem Lösen von der Aufnahmekammer
trotz einer an den Grund der Aufnahmekammer gelegten Tangente nicht geradli-
nig, also nicht entlang einer (geraden) Tangente, zu sein braucht.
Diese Forderung ist erst bei der weiteren Fassung des erteilten Anspruchs 1 mit
Entfall des fakultativen Begriffs „ggf.“, also mit dem Teilmerkmal im Merkmal (7)
„entlang einer Tangente“, zwingend, weil dann das Band entlang einer (geraden)
Tangente an den Grund der Aufnahmekammer verlaufen muss. Diese Fassung
des erteilten Anspruchs 1 kann bei der Beurteilung des Anspruchs 1 gemäß
Hauptantrag dahingestellt bleiben, weil sie aufgrund des Begriffs „ggf.“ den
Schutzbereich einschränkt (vgl. dazu Ausführungen zum Hilfsantrag 1, der die
2. Fassung des Anspruchs 1 mit Entfall des fakultativen Begriffs „ggf.“ betrifft).
Da somit das offenkundig vorbenutzte Profil CD 100 alle Merkmale des erteilten
Anspruchs 1 in seiner Fassung ohne das fakultative Teilmerkmal „ggf. entlang der
Tangente“ vorweggenommen hat, ist die Erfindung nach dem erteilten Anspruch 1
nicht neu.
Aus diesen Gründen hat der erteilte Anspruch 1 mangels Patentfähigkeit seines
Gegenstandes keinen Bestand.
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Zum Hilfsantrag 1
Zur Zulässigkeit
Der Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem erteilten Anspruch lediglich durch die
Beschränkung , dass die bisher nur fakultative Fassung des erteilten Anspruchs 1
jetzt als verbindlich gilt, also im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 im Merkmal (7)
gemäß der Merkmalsgliederung der fakultative Begriff „ggf.“ vor dem Teilmerkmal
„entlang der Tangente,“ entfällt, was für alle folgenden Hilfsanträge gilt.
Die Offenbarung der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist somit un-
strittig.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist daher zulässig.
Zur Patentfähigkeit
Wie zum Hauptantrag dargelegt, ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1
nicht neu gegenüber dem offenkundig vorbenutzten Profil CD 100, wenn das nur
fakultative Teilmerkmal des erteilten Anspruchs 1 nicht berücksichtigt wird, also
Merkmal (7) des Anspruchs 1 unberücksichtigt bleibt, dass das Aluminiumband 7
„entlang der Tangente“ zu dem Schnittpunkt 43 mit dem konkaven Hauptab-
schnitt 11 verläuft. Der Verlauf des Bandes 7 nach Ablösen von der Aufnahme-
kammer 5 zum Schnittpunkt 43 der Tangente 42 mit dem konkaven Hauptab-
schnitt 11 ist ohne das beschränkende Merkmal „entlang der Tangente“ freige-
stellt.
Mit der nach Hilfsantrag 1 (und allen folgenden Hilfsanträgen) beantragten Be-
schränkung muss das Band 7 aber entlang der - an den Grund 31 der Aufnahme-
kammer 5 als konstruktive Hilfslinie angelegten - Tangente 42 zum Schnitt-
punkt 43 verlaufen, also aufgrund des Begriffs „Tangente“ entlang einer Geraden.
Zwar ist zur Länge dieses geradlinigen Verlaufs im Anspruch 1 nichts angegeben,
aber trotzdem erkennt der Fachmann bei Betrachtung des Profils CD 100 nicht
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ohne weiteres, dass das Band entlang einer Tangente verläuft, also zumindest
über eine gewisse Strecke einen geradlinigen Verlauf hat.
Aus diesem Grund ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 zwar
neu, beruht aber gegenüber dem offenkundig vorbenutzten Profil CD 100 nicht auf
erfinderischer Tätigkeit.
Denn der Fachmann erkennt am Profil CD 100 zwar keinen längeren, als geradli-
nig zu bezeichnenden Bandverlauf im Übergangsbereich zwischen der Aufnahme-
kammer und dem konkaven Hauptabschnitt, aber für ihn stellt es nur eine einfa-
che, in seinem konstruktiven Belieben liegende Maßnahme dar, je nach den Er-
fordernissen - wie geringer Aufwand beim Rollformen, erhöhte Stabilität durch
Krümmungen, Verringerung des Kammervolumens - den Verlauf des Bandes im
Übergangsbereich zwischen der Aufnahmekammer und dem konkaven Hauptab-
schnitt mehr oder weniger lang gerade, also entlang einer an den Grund der Auf-
nahmekammer angelegten Tangente auszuführen. Dies ist eine rein handwerkli-
che Maßnahme, wie sie immer im Ermessen des Fachmannes liegt und begründet
keine erfinderische Tätigkeit.
Aus diesen Gründen hat der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 mangels Patentfä-
higkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
Zum Hilfsantrag 2
Zur Zulässigkeit
Der Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Hilfsantrag 1 dadurch, dass im An-
spruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 im Merkmal (5) gemäß der Merkmalsgliederung an-
statt des Begriffs „der Tangente“ aufgenommen ist „eine beim Anschmiegen ent-
stehende Tangente 42“ und im Merkmal (7) nach dem Begriff „entlang der
Tangente 42“ die Formulierung „unter Bildung eines geradlinigen beziehungsweise
ebenen Abschnitts“ aufgenommen ist.
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Diese Änderungen in den Merkmalen (5) und (7) können den Figuren 2 und 3 der
Patentanmeldung bzw. des Streitpatents entnommen werden.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 kann somit als zulässig angesehen werden.
Zur Patentfähigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich sachlich
nicht von demjenigen gemäß Hilfsantrag 1, weil die Änderungen gemäß Hilfsan-
trag 2 in den Merkmalen (5) und (7) nur als eine Klarstellung anzusehen sind, aber
keine Änderung des Gegenstands von Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ergeben.
Daher trifft auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 zu,
dass er - wie derjenige gemäß Hilfsantrag 1 - gegenüber dem offenkundig vorbe-
nutzten Profil CD 100 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
Aus diesen Gründen hat auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 mangels Pa-
tentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
Zum Hilfsantrag 3
Zur Zulässigkeit
Der Hilfsantrag 3 entspricht dem Hilfsantrag 1 mit dem Unterschied, dass nach
dem Merkmal (8) sich die Merkmale des erteilten Anspruchs 4 anschließen, womit
Anspruch 4 beim Hilfsantrag 3 entfällt.
Die Offenbarung der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist ebenso
unstrittig wie diejenige nach Haupt- bzw Hilfsantrag 1.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist daher zulässig.
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Zur Patentfähigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von
demjenigen gemäß Hilfsantrag 1 nur durch das beschränkende Merkmal aus dem
erteilten Anspruch 4, wonach sich die kantenförmige Biegung 43 etwa mittig
oberhalb des Grundes 31 der Aufnahmekammer 5 befindet. Für diese durch die
Einschränkung „etwa mittig“ ungefähre Lage der kantenförmigen Biegung 43 im
Verlauf des Bandes 7 ist ebenfalls das offenkundig vorbenutzte Profil CD 100
nach NK8 Vorbild, da dort die kantenförmige Biegung nahe zur Mitte, aber jeden-
falls deutlicher zur Mitte als zum Rand der Aufnahmekammer versetzt und damit
„etwa mittig“ ist.
Daher ist das zusätzliche Merkmal aus dem erteilten Anspruch 4 für sich nicht
neu, ergibt aber auch in Verbindung mit den übrigen Anspruchsmerkmalen keine
überraschende Wirkung der Merkmalskombination des Anspruchs 1 gemäß Hilfs-
antrag 3.
Der von der Beklagten vorgebrachte Einwand, wonach die mittige Anordnung
durch gleichmäßige Verteilung der Gewichtskraft darüberliegender Stäbe auf
beide Seitenwände der Aufnahmekammer eine erhöhte Stabilität des Profils er-
gäbe, trifft wegen der Einschränkung „etwa mittig“ auch auf das Profil CD 100
nach NK8 zu - zumindest entnimmt der Fachmann dem bekannten Profil die Anre-
gung, die kantenförmige Biegung näher zur Mitte als zu einem Rand der Aufnah-
mekammer zu legen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 kann - wie derjenige ge-
mäß Hilfsantrag 1 - wegen des geradlinigen Verlaufs des Bandes entlang der
Tangente zwar als neu angesehen werden, beruht aber gegenüber dem offenkun-
dig vorbenutzten Profil CD 100 - wie zum Hilfsantrag 1 dargelegt - ebenfalls nicht
auf erfinderischer Tätigkeit.
Aus diesen Gründen hat auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 mangels Pa-
tentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
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Zum Hilfsantrag 4
Zur Zulässigkeit
Der Hilfsantrag 4 entspricht dem Hilfsantrag 1 mit dem Unterschied, dass nach
dem Merkmal (8) das zusätzliche Merkmal aufgenommen ist, wonach das Alumi-
niumband 7 „bei seinem Verlauf entlang der Tangente mit der Ebene 25 des Rol-
ladenpanzers einen Winkel zwischen 30° und 90° einschließt“.
Dieses Merkmal ist aus der Patentanmeldung, S. 3, Z. 16-17, bzw. aus dem
Streitpatent, S. 3, Z. 17-18, zu entnehmen.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist daher zulässig.
Zur Patentfähigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von
demjenigen gemäß Hilfsantrag 1 durch das beschränkende Merkmal, wonach das
Band 7 bei seinem Verlauf entlang der Tangente 42 mit der Ebene 25 des Rolla-
denpanzers einen Winkel zwischen 30° und 90° einschließt.
Wie bereits zu Hilfsantrag 1 dargelegt, muss wegen der Beschränkung gegenüber
dem erteilten Anspruch 1 das Band 7 entlang der Tangente 42 zum Schnitt-
punkt 43 verlaufen. Zwar ist zur Länge dieses Verlaufs im Anspruch 1 nichts an-
gegeben, aber trotzdem erkennt der Fachmann bei Betrachtung des offenkundig
vorbenutzten Profils CD 100 nicht ohne weiteres, dass das Band entlang einer an
den Grund der Aufnahmekammer gezeichneten Tangente verläuft, also zumindest
über eine gewisse Strecke einen geradlinigen Verlauf hat. Daher kann das Pro-
fil CD 100 keine Hinweise auf Winkel zwischen der Ebene des Rolladenpanzers
und einer - aufgrund fehlender ausreichend langer Geradlinigkeit - näher zu defi-
nierenden Tangente geben.
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Dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 näherkommend als das
Profil CD 100 ist daher der Rolladenstab nach der DE 296 14 913 U1 (NK3), die -
wie in Kap. III. dargelegt - zum Stand der Technik gehört. Aus NK3 ist nämlich be-
reits ein Rolladenstab bekannt, der alle Merkmale (1)-(3.4) des Oberbegriffs des
Anspruchs 1 jeglichen Antrags aufweist. In NK3 ist außerdem aufgrund der zeich-
nerischen Darstellung des Übergangsbereichs in den Figuren 2 und 3 der Verlauf
des Bandes zwischen Aufnahmekammer und konkavem Hauptabschnitt für den
Fachmann bei der Betrachtung des Standes der Technik zur Lösung seiner Auf-
gabe, insbesondere hinsichtlich Erhöhung der Stabilität des Stabes, ausreichend
deutlich offenbart, so dass er bei aufmerksamer Lektüre der NK3 den Bandverlauf
im Übergangsbereich beachtet und ohne weiteres erkennt (vgl. BlPMZ 1995/319 -
Elektrische Steckverbindung). Die NK3 offenbart dem Fachmann einen geradlini-
gen Verlauf des Bandes nach seinem Lösen vom Grund der Aufnahmekammer bis
zu einem Schnittpunkt mit dem konkaven Hauptabschnitt in Form einer kanten-
förmigen Biegung. Insbesondere erkennt der Fachmann dort, dass zwischen die-
sem geradlinigen Bandverlauf und der Ebene des Rolladenpanzers ein bestimmter
Winkel vorliegt. Nach den Figuren 2 und 3 liegt der Winkel ohne weiteres ersicht-
lich mit ca. 60° zwischen 30° und 90°. Für den Fachmann stellt es dann nur eine in
seinem konstruktiven Belieben liegende Maßnahme dar, einen Winkelbereich
festzulegen, wobei er durch einfache Versuche mit unterschiedlichen Winkeln zur
Lösung der Aufgabe gelangt.
Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 gegenüber
dem Rolladenstab nach NK3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Aus diesen Gründen hat auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 mangels Pa-
tentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
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Zum Hilfsantrag 5
Zur Zulässigkeit
Der Hilfsantrag 5 entspricht dem Hilfsantrag 2 mit dem Unterschied, dass - wie
nach Hilfsantrag 4 - nach dem Merkmal (8) das zusätzliche Merkmal aufgenom-
men ist, wonach das Aluminiumband 7 „bei seinem Verlauf entlang der Tangente
mit der Ebene 25 des Rolladenpanzers einen Winkel zwischen 30° und 90° ein-
schließt“.
Dieses Merkmal ist - entsprechend dem Hilfsantrag 4 - aus der Patentanmeldung,
S. 3, Z. 16-17, bzw. dem Streitpatent, S. 3, Z. 17-18, zu entnehmen.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 kann somit als zulässig angesehen werden.
Zur Patentfähigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich sachlich
nicht von demjenigen gemäß Hilfsantrag 4, weil die Änderungen gemäß Hilfsan-
trag 5 in den Merkmalen (5) und (7) - wie zu Hilfsantrag 2 bereits festgestellt - nur
als Klarstellung anzusehen sind, aber keinen geänderten Gegenstand des An-
spruchs 4 ergeben.
Daher trifft auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 zu,
dass er - wie derjenige gemäß Hilfsantrag 4 - gegenüber dem Rolladenstab nach
NK3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
Aus diesen Gründen hat auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 mangels Pa-
tentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
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Zum Hilfsantrag 6
Zur Zulässigkeit
Der Hilfsantrag 6 entspricht dem Hilfsantrag 4 mit dem Unterschied, dass der Win-
kel, den das Aluminiumband mit der Ebene 25 des Rolladenpanzers einschließt,
nicht wie nach Hilfsantrag 4 zwischen 30° und 90°, sondern zwischen 30° und 70°
liegt.
Diese Winkel sind aus der Patentanmeldung, S. 3, Z. 14-18, bzw. dem im Streit-
patent, S. 3, Z. 15-19, angegebenen Winkelangaben entnehmbar.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 kann somit als zulässig angesehen werden.
Zur Patentfähigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 unterscheidet sich von
demjenigen gemäß Hilfsantrag 4 nur durch eine verkleinerte obere Grenze für den
Winkelbereich. Diesen Wert von 90° auf 70° zu verringern, stellt für den Fachmann
- wie schon die Festlegung des Winkelbereichs nach Hilfsantrag 4 - nur eine in
seinem konstruktiven Belieben liegende Maßnahme dar, wobei er durch einfache
Versuche mit unterschiedlichen Winkeln zur Lösung der Aufgabe gelangt.
Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 gegenüber
dem Rolladenstab nach NK3 ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Aus diesen Gründen hat auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 mangels Pa-
tentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
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Zum Hilfsantrag 7
Zur Zulässigkeit
Der Hilfsantrag 7 entspricht dem Hilfsantrag 5 mit dem Unterschied, dass der Win-
kel, den das Aluminiumband mit der Ebene 25 des Rolladenpanzers einschließt,
nicht wie nach Hilfsantrag 5 zwischen 30° und 90°, sondern - wie nach Hilfsan-
trag 6 - zwischen 30° und 70° liegt.
Diese Winkel sind - entsprechend dem Hilfsantrag 6 - aus dem im Streitpatent,
S. 3, Z. 15-19, angegebenen Winkelangaben entnehmbar.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 kann somit als zulässig angesehen werden.
Zur Patentfähigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 7 unterscheidet sich sachlich
nicht von demjenigen gemäß Hilfsantrag 6, weil die Änderungen gemäß Hilfsan-
trag 7 in den Merkmalen (5) und (7) - wie zu Hilfsantrag 2 und zu Hilfsantrag 5 be-
reits festgestellt - nur als Klarstellung anzusehen sind, aber keinen geänderten
Gegenstand des Anspruchs 7 ergeben.
Daher trifft auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 7 zu,
dass er - wie derjenige gemäß Hilfsantrag 6 - gegenüber dem Rolladenstab nach
NK3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
Aus diesen Gründen hat auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 mangels Pa-
tentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
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Unteransprüche
Da die Gegenstände der Unteransprüche nicht als eigenständig erfinderisch ver-
folgt werden und in ihnen auch nichts erkennbar ist, was eine erfinderische Tätig-
keit begründen könnte, fallen sie mit den jeweiligen Ansprüchen 1 der gestellten
Anträge.
V.
Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen,
§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Gutermuth Dr.
Henkel Skribanowitz Harrer
Müller
Pr