Urteil des BPatG vom 13.12.2000
BPatG (marke, tier, unterscheidungskraft, verkehr, anordnung, gesellschafter, angabe, beschwerde, begriff, bild)
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 324/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 399 72 523.7
BPatG 152
10.99
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hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Meinhardt sowie
den Richter Baumgärtner und die Richterin Pagenberg
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluß der Marken-
stelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
3. Juli 2000 aufgehoben.
G r ü n d e :
I .
Die Wort-Bild-Marke
siehe Abb. 1 am Ende
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soll für
"Dienstleistungen eines Bewegungstherapeuten für Tiere, insbe-
sondere für Pferde"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschluß vom 3. Juli 2000 festgestellt, daß die Anmeldung als nicht eingereicht
gelte, da die Anmelderin F… GbR bzw. ihre Gesell-
schafter trotz der Beanstandung der mangelnden Fähigkeit einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts, Inhaberin einer Marke sein zu können, nicht klargestellt hät-
ten, ob und welche ihrer Gesellschafter im weiteren Verfahren als Anmelder
zugrunde gelegt werden sollten. Im übrigen stehe der Eintragung der angemel-
deten Marke auch entgegen, daß die in ihr enthaltene Wortfolge "Funktionaler Tier
Bewegungstherapeut" die direkte Angabe der angemeldeten Dienstleistung dar-
stelle. Sie sei aus diesem Grund nicht geeignet, die betreffende Dienstleistung
hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von derjenigen anderer zu un-
terscheiden. Des weiteren bestehe ein Freihaltungsbedürfnis an der Wortfolge, da
es Mitbewerbern unbenommen bleiben müsse, mit ihr auf die Art ihrer Dienst-
leistungen hinzuweisen. Die umrißartige Darstellung eines steigenden Pferdes in
der angemeldeten Marke stelle eine ebenfalls freihaltungsbedürftige und nicht un-
terscheidungskräftige Angabe über Gegenstand und Bestimmung der Dienst-
leistungen dar, die übrige Anordnung gehe nicht über das Darstellungsmaß hin-
aus, kreisrunde Gestaltungen mit schriftlichem und graphischem Inhalt seien prak-
tisch in allen Branchen werbeüblich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder, die unter Bezugnahme auf
ein im Anmeldeverfahren eingereichtes Schreiben vom 3.1.2000 auf ihre Anmel-
derschaft hinweisen und der Auffassung sind, daß der Marke aufgrund ihres Bild-
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bestandteils ein Freihaltungsbedürfnis nicht entgegenstehe und ihr auch die er-
forderliche Unterscheidungskraft zukomme.
Die Anmelder beantragen,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelder hat in der Sache Erfolg. § 7 Nr. 3 Mar-
kenG steht der Eintragung der angemeldeten Wort-Bild-Marke nicht mehr entge-
gen, da aufgrund der ausdrücklichen Erklärung der Anmelder feststeht, daß nicht
die zunächst anmeldende GbR, sondern sie als deren Gesellschafter Anmelder
sind; die gem. § 5 Abs. 3 MarkenV erforderlichen Angaben sind in dem Schreiben
vom 3.1.2000 enthalten gewesen.
Der angemeldeten Marke kann der Schutz nicht wegen eines Freihaltebedürfnis-
ses oder mangels Unterscheidungskraft versagt werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1
MarkenG).
Der Senat vermag an der vorliegend beanspruchten Wort-/Bildkombination aus
"Funktionaler Tier Bewegungstherapeut" und graphischer Anordnung dieser Wort-
folge in Verbindung mit der stilisierten Darstellung eines steigenden oder sprin-
genden Pferdes weder ein gegenwärtiges noch ein zukünftiges Freihal-
tungsbedürfnis für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen festzustellen.
Die Wortfolge "funktionaler Tierbewegungstherapeut" stellt eine Wortneubildung
dar, die weder lexikalisch nachweisbar noch sonst gebräuchlich ist, wie eine vom
Senat durchgeführte Internet-Recherche ergeben hat. Der Begriff existiert eben-
sowenig wie der eines "Tierbewegungstherapeuten" oder eines "funktionalen Be-
wegungstherapeuten". Die Wortfolge "funktionaler Tier Bewegungstherapeut" legt
zwar unabhängig hiervon die Assoziation eines Fachbegriffs nahe, doch ist ihr
Sinngehalt zu unscharf, um als die beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar
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beschreibend angesehen werden zu können, zumal sie nicht sprachregelgerecht
gebildet ist. Neben der fehlenden Verbindung der Elemente "Tier" und "Bewe-
gungstherapeut" ergibt der Bezug des Adjektivs "funktionaler", einer seltener be-
nutzten Form von "funktionell" mit der Bedeutung "die Funktionen betreffend, auf
Funktionen beruhend" auf den Therapeuten keinen von dem Verkehr sofort erfaß-
baren Sinn, denn der Therapeut betrifft weder die Funktionen noch beruht er auf
ihnen. Die Markenstelle hat dementsprechend im Erstbescheid, wenn auch mit
anderer Zielrichtung, darauf hingewiesen, daß nicht klar sei, was der Begriff "funk-
tionaler" Tierbewegungstherapeut bedeuten solle.
Um entsprechend den Erläute-
rungen der Anmelder die Wortfolge "funktionaler Tierbewegungstherapeut" als
Beschreibung eines speziellen Tiertherapeuten (dieser Begriff existiert), nämlich
eines Bewegungstherapeuten für Tiere verstehen, der deren auf funktionalen Be-
schwerden, also funktionelle Beeinträchtigungen an Organen, Gelenken, Sehnen
oder Muskeln resultierenden Bewegungsstörungen, durch gezielte Behandlung
(auch) der funktionalen Ursachen heilt oder lindert, bedürfte es einer analysieren-
den Einzelbetrachtung, die der Verkehr regelmäßig nicht vornimmt.
Zu dieser begrifflichen Unschärfe kommt hinzu die bildliche Ausgestaltung zu-
nächst der Wortfolge in kreisförmiger Anordnung, bei der die Form zwar als wer-
beüblich bekannt ist. Die angemeldete Marke weist hier aber die Besonderheit auf,
daß anders als in den von der Markenstelle recherchierten Beispielen der kreis-
förmig angeordnete Text keinen Sinn ergibt, sondern vielmehr um das in der Mitte
des Kreises angeordnete Wort "Tier" ergänzt werden muß. Des weiteren umfaßt
der graphische Teil der Marke die Darstellung eines steigenden oder springenden
Pferdes im inneren des Kreises. Dies kann im Zusammenhang mit den bean-
spruchten Dienstleistungen nicht ohne weiteres als Angabe über deren Gegens-
tand und Bestimmung angesehen werden, da sich die Abbildung ersichtlich auf ein
gesundes Tier bezieht, und daher allenfalls einen nicht sachbeschreibenden Hin-
weis auf die beabsichtigte Wirkung der Therapie darstellt. Es kann dahinstehen,
ob nicht die durch wenige, skizzenhaft wirkende Linien den Eindruck von Leichtig-
keit und Transparenz, in gewisser Weise an Felsmalerei erinnernde, originelle
Darstellung des Pferdes bereits die Eintragbarkeit begründen könnte, da der Mar-
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ke insgesamt aufgrund ihres dargestellten Gesamteindrucks kein ausschließlich
sachbeschreibender Gehalt zukommt, an dem ein relevantes Freihaltungsbedürf-
nis bestehen könnte.
Aus diesen Gründen kann der Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft
abgesprochen werden. Die allgemeinen Anforderungen an die Unterscheidungs-
kraft dürfen nach dem Willen des Gesetzgebers und der höchstrichterlichen
Rechtsprechung nicht zu hoch angesetzt werden (vgl. BGH I ZB 33/97 - WRP
2000, 1140, MarkenR 2000, 330 - "Bücher für eine bessere Welt" m.w.N.; Begr.
zum Reg. Entwurf BT-Drucksache 12(6581, S 70 = BlPMZ 1994, Sonderheft,
S 64). Die Eignung, als kennzeichnendes Unterscheidungsmittel für die angemel-
deten Waren zu dienen, kann einer Markenanmeldung im Regelfall nur abgespro-
chen werden, wenn für den Verkehr im Hinblick auf die beanspruchten Dienstlei-
stungen in erster Linie der beschreibende Aussagegehalt im Vordergrund steht
und zwar in einer Weise, daß die beschreibenden Hinweise nicht nur nach Art ei-
ner sprechenden Marke angedeutet werden oder aufgrund der Art der Zeichen-
bildung bzw. Gestaltung zurücktreten, sondern sie und damit die angemeldete
Marke insgesamt allein als reine Beschreibung verstanden werden. Dies ist, wie
ausgeführt, nicht der Fall, so daß im vorliegenden Fall jegliche Anhaltspunkte da-
für fehlen, daß der Verkehr das angemeldete Zeichen nicht als betrieblicher Her-
kunftshinweis deuten würde.
Meinhardt Baumgärtner
Richterin Pagenberg ist
wegen Urlaubs ver-
hindert zu unterschrei-
ben.
Meinhardt
Cl
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Abb. 1