Urteil des BPatG vom 27.10.2004
BPatG (beschreibende angabe, casino, bremen, stadt bremen, bezeichnung, marke, unterhaltung, betrieb, dienstleistung, angabe)
BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 330/02
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
27. Oktober 2004
…
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 301 47 349.8
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin
Winkler, Richter Sekretaruk und Richter Kruppa
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beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts – Markenstelle für Klasse 41 – vom
6. August 2002 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hin-
sichtlich der Dienstleistungen "Unterhaltung" und "sportliche
und kulturelle Aktivitäten" zurückgewiesen wurde.
2.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die am 1. August 2001 angemeldete Wortmarke
Casino Bremen
die nach Beschränkung im Beschwerdeverfahren nur noch für die Dienst-
leistungen
Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb von
öffentlichen Spielcasinos im Rahmen gesetzlich geregelter
Konzessionen
beansprucht wird, hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte
Markenstelle für Klasse
41 des Deutschen Patent- und Markenamtes mit
Beschluss vom 12. November 2002 für die vorgenannten Dienstleistungen we-
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gen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es,
"Casino Bremen" stelle nur eine beschreibende Angabe im Hinblick auf die
beanspruchten Dienstleistungen dar, die typischerweise von einem Casino
erbracht würden bzw. mit dem Betrieb eines Casinos verbunden seien. Die
angesprochenen Verkehrskreise wüßten nicht, dass es in Bremen nur ein Casino
gebe. Die Bezeichnung sei so allgemein gehalten, dass der Gedanke an eine
betriebliche Herkunft nicht aufkomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Zur Begründung trägt sie vor, in Bremen gebe es aus Rechtsgründen nur eine
staatlich konzessionierte Spielbank. Den angesprochenen Verbrauchern sei be-
kannt, dass es in Städten üblicherweise nicht mehr als ein Casino gebe. Deshalb
sei die Marke unterscheidungskräftig. Die angemeldete Bezeichnung sei für die
beanstandeten Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitä-
ten" nicht beschreibend, denn diese Dienstleistungen bildeten nicht den Tätig-
keitsschwerpunkt eines Casinos. Im übrigen bestehe wegen der Monopolstellung
der Anmelderin kein der Schutzbewilligung entgegenstehendes Freihaltebedürfnis.
Bereits im Eintragungsverfahren sei zu prüfen, ob Mitbewerber ggf. auf die Ver-
wendung des angemeldeten Zeichens angewiesen seien. Wenn eine Monopol-
stellung durch eine staatliche Reglementierung gerade gefördert werden solle, wie
dies bei der Vergabe von Spielbankkonzessionen der Fall sei, komme die Rege-
lung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zur Anwendung. Im übrigen gebe es auch
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anmelderin die Betriebserlaubnis für das Ca-
sino in Zukunft verlieren werde.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Hinsichtlich der Dienstleistun-
gen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" stehen einer Eintragung
keine Schutzhindernisse entgegen. Bezüglich der Dienstleistung "Betrieb von öf-
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fentlichen Spielcasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionen" verbleibt
es im Ergebnis bei der Entscheidung der Markenstelle.
1. Für die zuletzt genannte Dienstleistung kann "Casino Bremen" als Merkmalsbe-
zeichnung dienen, so dass die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von
der Eintragung ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der
Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben beste-
hen, die im Verkehr zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstlei-
stungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographische
Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen
oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen können (vgl. BGH GRUR 2002,
64, 65 – INDIVIDUELLE). An solchen Angaben besteht daher ein Allgemein-
interesse an ihrer Freihaltung.
In Bezug auf die Dienstleistung "Betrieb von öffentlichen Spielcasinos im Rahmen
gesetzlich geregelter Konzessionen" stellt der Begriff "Casino Bremen" eine An-
gabe dar, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft (Bremen)
und der Art der Dienstleistung (Casino) dienen kann. In unmittelbar verständlicher
Weise wird die Sachinformation vermittelt, es gehe um den Betrieb eines Spielca-
sinos in der Stadt Bremen.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin entfällt das Schutzhindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hier auch nicht deshalb ausnahmsweise, weil wegen ihrer
Monopolstellung mangels ernsthafter Mitbewerber kein sog. Freihaltebedürfnis
vorliege. Der im Markengesetz selbst nicht enthaltene Begriff des "Freihaltebe-
dürfnisses" kann nicht als einzelfallbezogenes Korrektiv herangezogen werden.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass
zur Bezeichnung von Produktmerkmalen dienliche Angaben von allen frei verwen-
det werden können. Dieses Allgemeininteresse ist ein abstraktes, das immer zu
berücksichtigen ist, wenn Zeichen zur Merkmalsbezeichnung dienen können, un-
abhängig davon, ob im Einzelfall für Mitbewerber "Bedarf" besteht oder nicht, etwa
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wegen Monopolstellung oder weil eine beschreibende Angabe durch beliebtere
Synonyma überholt ist (vgl. EuGH MarkenR 2004, KPN/Postkantoor Tz 54 ff).
Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann daher nur durch Ver-
kehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden werden. Bei der Ver-
kehrsdurchsetzung handelt es sich um eine durch intensive Benutzung "verdiente"
Rechtsposition, während dem gegenüber sich die Monopolstellung der Anmelderin
aus der Gesetzeslage ergibt. Der bisherige Vortrag der Anmelderin reicht für die
Glaubhaftmachung einer Durchsetzung des Zeichens als Marke der Anmelderin
nicht aus.
Abgesehen davon, ist es der Anmelderin auch nicht gelungen nachzuweisen, dass
sie eine auch für die Zukunft unanfechtbare Monopolstellung inne hat. Nach § 3
des Bremer Spielbankgesetzes wird die Spielbankkonzession unter dem Vorbehalt
der Änderung und des Widerrufs für zehn Jahre erteilt. Es ist daher nicht auszu-
schließen, dass es künftig einen Wechsel des Casinobetreibers geben wird. Ein
solcher durch Ablauf, Verzicht oder Entzug und Neuvergabe der Konzession be-
wirkter Wechsel stellt keineswegs eine bloß theoretische Möglichkeit dar. Wenn
die Marke zugunsten des jetzigen Kasinokonzessionärs eingetragen würde, be-
stünde nach einem Konzessionswechsel die Möglichkeit, dass sich Konzession
und Marke nicht in einer Hand befinden. Dies hätte zur Folge, dass der neue Ca-
sinobetreiber gehindert wäre, seine Einrichtung als "Casino Bremen" zu bezeich-
nen.
Ob hinsichtlich dieser Dienstleistung die angemeldete Marke zusätzlich noch jegli-
cher Unterscheidungskraft entbehrt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), kann dahingestellt
bleiben.
2. a) Eine andere Beurteilung ist hinsichtlich der Dienstleistungen "Unterhaltung,
sportliche und kulturelle Aktivitäten" angezeigt. Für diese Dienstleistungen ist "Ca-
sino Bremen" keine glatt beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
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Es konnte nämlich nicht festgestellt werden, dass diese Bezeichnung gegenwärtig
für diese Dienstleistungen im Verkehr als Merkmalsangabe verwendet wird. An-
haltspunkte dafür, dass "Casino Bremen" künftig als Produktmerkmalsbezeich-
nung dienlich sein könnte, sind nicht erkennbar.
b) Damit konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Begriff "Casino Bremen"
eine im Vordergrund stehende Sachangabe für die Dienstleistungen "Unterhal-
tung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" ist und der Marke jegliche Unterschei-
dungskraft fehlt. Zumindest ein noch maßgeblicher Teil des Verkehrs wird diese
Dienstleistungen nicht mit der üblichen Tätigkeit eines Spielcasinos in Verbindung
bringen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zur höchstrichterli-
chen Klärung der Frage zugelassen, ob ein Freihalteinteresse gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG auch unter Berücksichtigung einer Monopolstellung der Anmelderin
besteht.
Winkler Richter
Sekretaruk ist wegen Ab-
ordnung an das LG München an
der Unterschrift gehindert.
Winkler
Kruppa
Hu