Urteil des BPatG vom 15.09.2003
BPatG: stadt hamburg, beschreibende angabe, hamburger, unterscheidungskraft, organisation, werbung, verkehr, unternehmen, wortmarke, lebensmittel
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 266/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 301 54 684. 3
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 20. Februar 2006 unter Mitwirkung …
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Am 13. September 2001 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wort-
marke
Alster Kids
für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 16: Kataloge, Broschüren, Prospekte, Plakate, Faltblätter,
Zeitschriften, Bücher, sonstige Druckereierzeugnisse,
Fotografien, Schreibwaren;
Klasse 35: Organisation und Durchführung von Ausstellungen
und Messen, Veranstaltungen wirtschaftlicher und
werblicher Art; Werbung; Unternehmensberatung;
Klasse 41: Organisation und Durchführung von Kongressen,
Konferenzen, Seminaren, Symposien und sonstigen
Veranstaltungen wirtschaftlicher, werblicher, kulturel-
ler, unterhaltender und sportlicher Art.
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Mit Beschluss vom 15. September 2003 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch
einen Angestellten des höheren Dienstes die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG teilweise zurückgewiesen und zwar für die Waren und
Dienstleistungen:
Kataloge, Broschüren, Prospekte, Plakate, Faltblätter, Zeitschrif-
ten, Bücher, sonstige Druckereierzeugnisse, Fotografien; Organi-
sation und Durchführung von Ausstellungen, Veranstaltungen
wirtschaftlicher und werblicher Art; Organisation und Durchführung
von Veranstaltungen wirtschaftlicher, werblicher kultureller, unter-
haltender und sportlicher Art.
Nach Auffassung der Markenstelle bezeichnet die Marke im Hinblick auf ihre Be-
standteile "Alster" (Nebenfluss der Elbe, der das Stadtbild von Hamburg präge)
und "Kids" (lexikalisch belegbares Wort für Kinder und Jugendliche) Kinder und
Jugendliche rund um die Alster. Für die Waren der Klasse 16 stelle die angemel-
dete Marke damit eine Beschreibung dar, dass sich die Waren mit Alster Kids be-
fassten bzw. diese zum Gegenstand hätten. So könnten Druckereierzeugnisse
etwa Geschichten von Kindern enthalten, die rund um die Alster aufgewachsen
seien. Hierfür werde die Marke nur als Inhaltsangabe verstanden. Ebenso fehle
der Marke die Unterscheidungskraft für solche Dienstleistungen, die der Erstellung
solcher Werke und deren Verbreitung dienten, wie etwa Organisation und Durch-
führung von Ausstellungen. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich bei der ange-
meldeten Wortfolge um eine neue Wortzusammenstellung handele. Der Verkehr
sei an solche Wortneubildungen gewöhnt und sehe darin allein keinen Herkunfts-
hinweis.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der
sie sinngemäß beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
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Zur Begründung führt sie aus, dass der Anmeldemarke "AlsterKids" kein derart im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt innewohne, dass man
sogleich an Kinder denke, die an der Alster wohnten oder dort zusammenkämen.
Die Markenstelle habe einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Charak-
ter von bildhaften oder zeichenhaften Begriffen vorschnell angenommen und sich
damit in Widerspruch zur Amtspraxis und Rechtsprechung gesetzt. Hiergegen
sprächen auch nicht die von der Markenstelle in Bezug genommenen Entschei-
dungen BGH – "Gute Zeiten – Schlechte Zeiten" und - "REICH UND SCHÖN", da
es sich bei den Marken, die diesen Entscheidungen zugrunde gelegen haben, um
völlig farblose und die betroffenen Waren selbst bezeichnende Begriffe gehandelt
habe. Insbesondere sei auch nicht einsehbar, wieso die Bezeichnung "Alster Kids"
ungeeignet sein solle, Veranstaltungsdienstleistungen eines Veranstalters von
denjenigen eines anderen zu unterscheiden. Auch das Patentamt habe verschie-
dene Marken mit dem Bestandteil "Alster" oder "Kids" eingetragen, aus denen eine
konkrete Merkmalsbezeichnung nicht ohne weiteres ersichtlich sei (z. B. "Alster"
für Autoteile, "Alster Web" für Unternehmensverwaltung, "Graffiti Kids" für Backwa-
ren, "Kangoroo Kids" für Lebensmittel). Die angemeldete Marke sei auch in Ham-
burg nicht in irgendeiner Weise gebräuchlich oder weise einen konkreten Begriffs-
gehalt auf. Ergänzend verweist die Anmelderin auf Voreintragungen der Marken
"ISAR" für elektronische Bauelemente, "ISAR ART" für sportliche und kulturelle
Aktivitäten, Werbung, "ISARTALER" für Lebensmittel und "Die Isartaler Hexen" für
Musikdarbietungen.
Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten
Recherche übersandt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die zur Eintragung angemeldete Bezeichnung "Alster Kids Marke" weist für die
streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht die für eine Marke erfor-
derliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), da sie über einen
im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakter verfügt.
Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer
die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser
Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren
oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen
und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH
GRUR 2002, 804 Nr. 35 Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr. 30, 48 - Henkel).
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren
oder Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise
zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und ver-
ständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen
ist. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder
handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder
einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa wegen einer entspre-
chenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt
dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH GRUR 2003, 1050,
1051 - Cityservice).
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Die angemeldete Marke setzt sich aus den Bestandteilen "Alster" und "Kids" zu-
sammen. Das Wort "Alster" bezeichnet, wie die Markenstelle richtig festgestellt
hat, einen Nebenfluss der Elbe, der durch Hamburg fließt und mit seinen Kanälen,
vor allem auch mit seinen zusammenhängenden Wasserflächen (Binnenalster,
Außenalster) das Stadtbild von Hamburg maßgebend mitprägt. Ähnlich wie die
Flussbezeichnungen "Spree", "Isar" und "Main" häufig als synonyme Bezeichnun-
gen für die Städte Berlin, München und Frankfurt/Main verwendet werden, so wird
auch das Wort "Alster" häufig verwendet, um damit allgemein einen Bezug zu
Hamburg auszudrücken. Als Beispiele seien etwa folgende Veröffentlichungen der
Süddeutschen Zeitung genannt:
Überschrift: "Alster-News" (Beilage zur SZ vom 25. Juni 2002);
Überschrift: "Jodeln an der Alster" (SZ vom 25. Juni 2003);
"Trotz der gleichen Sprache: Das sind die feinen Unterschiede, die Dialekte zwi-
schen Hip Hop von Isar und Alster" (SZ vom 4. Juli 2000);
"… kommen zum größten Teil aus - Hamburg. Die Alster-Stadt ist Deutschlands
Metropole der Geschäftsberichte-Macher." (SZ vom 20. August 2004).
Häufig werden auch Hamburger Einwohner oder sonstige Personen bzw. Perso-
nengruppen, die der Stadt Hamburg zugeordnet werden, dadurch bezeichnet,
dass ihrer Benennung das Wort "Alster" vorangestellt wird, etwa:
"Alsteranlieger" (SZ vom 8. September 1995); "Alsteranwohner" (Morgenpost vom
10. August 2001); "Alster-Akteure" (SZ vom 30. April 1999); "Alster-Torhüter
Hendrik Sievers" (SZ vom 21. Oktober 2002); "… eine jener Fragen an, die außer
bleichgesichtigen Alster-Redakteuren niemand stellt." (SZ vom 8. Januar 1999).
Der zweite Markenbestandteil "Kids" stellt einen bekannten englischen Slang-Aus-
druck für das Wort "Kinder" dar, der in dieser Bedeutung auch in die deutsche
Umgangssprache übernommen worden ist. In diesem Sinne hat der Senat den
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Ausdruck "Kids" häufig belegen können, sogar in Zusammenhang mit Kindern aus
dem Hamburger Raum z. B.:
"Tipps für Kids… Eiskalte Lesung für coole Kids" (www.hamburg-maga-
zin.de/fr_kids_kinder-in-hamburg-aktuell.htm);
"Alles Hamburg - Alles Alster!
1200 Kids aus Hamburg haben beim Schreibwettbewerb "Alles Alster" mitgemacht
und sind Autoren geworden. Tolle Geschichten über die Hansestadt sind dabei
herausgekommen; …"
(www.geo.de/GEOlino/community/alles_alster/2005_11_-
GEOlino_alster_azubis…);
"…
damit Hamburger Kids Musik machen oder Sport treiben können,
…"
(www.aktive-buergerschaft.de/vab/presse/pressespiegel/2004-01-21a.php);
"Hamburger Kids wissen, dass man sich schnell anmelden muss, um einen der
vielen Preise zu ergattern." (www.chessbase.de/nachrichten.asp?newsid = 3681);
"Der guten Stimmung der Hamburger Kids tat das keinen Abbruch."
(www.holstencityman.de/news/?& artikelNr=3&offset=circa6).
Auch wenn die angemeldete Wortkombination "Alster Kids" selbst nicht als aktuell
verwendete beschreibende Wortkombination belegt werden konnte, so zeigen die
o. g. tatsächlichen Anhaltspunkte dennoch, dass der Begriff "Kids" ohne weiteres
mit einer vorangestellten geographischen Bezeichnung wie "Hamburger" kombi-
niert werden kann, um damit in beschreibender Weise Kinder aus der Umgebung
der Stadt Hamburg zu benennen. Zugleich geht aus den o. g. Hinweisen hervor,
dass das Wort "Alster" beliebigen Bezeichnungen von Personen bzw. Personen-
gruppen vorangestellt werden kann, um so auf deren Zugehörigkeit zur Stadt
Hamburg (beschreibend) hinzuweisen. Auf dieser Linie üblicher beschreibender
Bezeichnungen liegt damit auch die angemeldete Wortkombination "Alster Kids".
Sie bezeichnet - für jedermann ohne weiteres verständlich - Kinder aus der Stadt
Hamburg.
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Für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen, soweit sie geistige
Inhalte enthalten können, wie etwa Kataloge, Broschüren, Zeitschriften, Bücher,
sonstige Druckereierzeugnisse, Fotografien, aber auch Veranstaltungsdienstleis-
tungen, insbesondere kultureller und unterhaltender Art, stellt die angemeldete
Wortkombination damit eine Angabe über den inhaltlichen Gegenstand bzw. das
Thema der Waren oder Dienstleistungen dar. Zugleich kann die Anmeldemarke
auch eine direkte Benennung der angesprochenen Verkehrskreise darstellen, an
die sich Waren wie Bücher und vor allem die beanspruchten Veranstaltungs-
dienstleistungen wenden. Je nach der konkreten Art der damit gekennzeichneten
Ware oder Dienstleistung und dem Zusammenhang, in dem diese präsentiert wird,
steht dabei entweder das eine oder das andere Merkmal im Vordergrund. In jedem
Fall wird die angemeldete Marke vom Verkehr ohne weiteres als beschreibende
Angabe verstanden. Wegen dieses im Vordergrund stehenden beschreibenden
Charakters fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft, so dass
sie nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die
Beschwerde war damit zurückzuweisen.
gez.
Unterschriften