Urteil des BPatG vom 08.02.2006

BPatG (stand der technik, karte, einheit, bundesrepublik deutschland, fig, technik, herstellung, zone, stand, material)

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
2 Ni 50/04 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
9. Februar 2006
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 570 784
(= DE 693 01 760)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2006 unter Mitwirkung …
für Recht erkannt:
1. Das europäische Patent 0 570 784 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in folgendem
Umfang teilweise für nichtig erklärt:
a) Anspruch
1;
b) Ansprüche 3 bis 12 und 15, soweit sie unmittelbar oder
mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogen sind;
c) Ansprüche
16
bis
23,
soweit sie mittelbar auf das Verfah-
ren nach Anspruch 1 rückbezogen sind.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgeho-
ben.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt hinsichtlich der Gerichtsgebüh-
ren gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- 3 -
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesre-
publik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 570 784 (Streitpatent), das
am 8. Mai 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität der französischen Patentan-
meldung FR 9206169 vom 19. Mai 1992 angemeldet worden ist.
Das in der Verfahrenssprache Französisch veröffentlichte Streitpatent, das beim
Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 693 01 760 geführt
wird, betrifft eine „mindestens einen elektronischen Baustein enthaltende Karte
und Verfahren zur Herstellung der Karte“. Es umfasst nach Durchführung des Ein-
spruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt 23 Ansprüche, von denen
die Patentansprüche 1 bis 3 und 16 in der deutschen Übersetzung gemäß Patent-
schrift (mit Korrektur des Bezugszeichens im Anspruch 1, Merkmal IA, sowie
zweier Übersetzungsfehler im Anspruch 2, Merkmal IX) folgenden Wortlaut haben:
1. Verfahren zum Herstellen einer Karte (1;31;61;81;101) mit
mindestens einem elektronischen Element (2;125) und einer
dadurch gekennzeichnet, dass
nachstehenden Schritte umfasst:
IA) Auflegen einer ersten äusseren Schicht (4;110), gebildet
aus einem festen Material, auf eine Arbeitsoberfläche;
IB) Plazieren des elektronischen Elements und der mit die-
sem elektronischen Element elektrisch verbundenen Spu-
le auf der ersten äusseren Schicht (4;110);
IC) Aufbringen eines Bindemittels (10) auf die erste äussere
Schicht;
ID) Aufbringen, gegenüber der ersten äusseren Schicht und
auf das Bindemittel, einer zweiten äusseren Schicht
(6;102), gebildet aus einem festem Material;
welchen Schritten aufeinanderfolgend die nachstehenden
Schritte folgen:
- 4 -
IE) Aufbringen eines Druckes auf die erste und zweite äusse-
re Schicht (4;110 und 6;102) und auf das Bindemittel, das
sich dabei zumindest teilweise in einem nichtfesten Zu-
stand befindet, bis diese erste und zweite äussere Schicht
einander gegenüber mit einem vorbestimmten Abstand
befindlich sind, wobei das Bindemittel dann den Zwischen-
bereich füllt, der sich zwischen der ersten und der zweiten
äusseren Schicht befindet, um eine Zwischenschicht
(8;38;58;88) zu bilden, in der sich das elektronische Ele-
ment und die Spule befinden, wobei mindestens die
Hauptpartie der Innenoberfläche jeder der ersten und der
zweiten äusseren Schicht von dem Bindemittel bedeckt
ist;
IX) Aushärtenlassen des Bindemittels (10) derart, dass die
Zwischenschicht sich verfestigt, welche letztere dabei eine
vorbestimmte Dicke hat, wobei dieses Bindemittel dann
eine gleiche homogene Masse bildet, welche die durch
das elektronische Element und die Spule gebildete Einheit
umhüllt sowie diese Einheit und die erste und die zweite
äussere Schicht verbindet, welches Bindemittel die Kohä-
sion dieser ersten und dieser zweiten äusseren Schicht
mit der Zwischenschicht garantiert.
IF) Ausschneiden der Kontur der Karte derart, dass die Sei-
tenwandungen der Karte gebildet werden.
2. Verfahren zum Herstellen einer Karte (94) mit mindestens ei-
nem elektronischen Element (2) und einer Spule (12;42), da-
durch gekennzeichnet, dass es die nachstehenden Schritte
umfasst:
IB) Plazieren des elektronischen Elementes und der mit die-
sem elektronischen Element elektrisch verbundenen Spu-
le auf eine Arbeitsfläche;
- 5 -
IC) Aufbringen eines Bindemittels (10) auf die Arbeitsfläche,
welche Arbeitsfläche an dem Bindemittel nichthaftend ist;
welchen Schritten in dieser Reihenfolge die nachstehen-
den Schritte folgen:
IE) Aufbringen eines Drucks auf das Bindemittel, das sich da-
bei mindestens teilweise in einem nichtfesten Zustand be-
findet, in Richtung auf die Arbeitsfläche mit Hilfe einer
Presse, die eine an dem Bindemittel nichthaftende Kon-
taktfläche besitzt, bis das Bindemittel eine Schicht (95) bil-
det, in der die durch das elektronische Element und die
Spule gebildete Einheit enthalten ist, wobei diese Einheit
durch das Bindemittel umhüllt wird;
IX)
Aushärten des Bindemittels
(10) derart, dass diese
Schicht sich verfestigt, welche letztere dabei eine vorbe-
stimmte Dicke hat;
IF) Ausschneiden der Kontur der Karte derart, dass die Sei-
tenwandungen dieser Karte gebildet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
dass es vor dem Schritt IE den folgenden Schritt umfasst:
IG) Aufbringen einer Positionierstruktur (46;62;90;112), die ei-
ne interne Zone (48,63;118) begrenzt zum Positionieren der
Einheit derart, dass diese Einheit sich im Inneren der internen
Zone befindet; wobei sich diese Positionierstruktur nach dem
Schritt
IE innerhalb der durch das Bindemittel gebildeten
Schicht befindet.
- 6 -
16. Karte (31;61;81;94), erhalten mittels des Verfahrens nach ei-
nem der Ansprüche 3 bis 7, umfassend mindestens ein elekt-
ronisches Element (2) und eine elektrisch mit diesem elektro-
nischen Element verbundene Spule sowie eine Schicht
(38;58;88;95) die von einem Bindemittel (10) gebildet ist, in
dem die durch das elektronische Element und die Spule gebil-
dete Einheit eingebettet ist, welche Karte dadurch gekenn-
zeichnet, dass sie eine Positionierstruktur (46;62;90) umfasst,
angeordnet im Inneren der von dem Bindemittel (10) gebilde-
ten Schicht (38; 58; 88; 95), welche Positionierstruktur eine
interne Zone begrenzt, in deren Inneren sich die Einheit befin-
det, wobei die interne Zone von einer Hauptöffnung (48;63)
gebildet wird, welche die Positionierstruktur (46,62,90) durch-
setzt.
Wegen der Patentansprüche 4 bis 15 und 17 bis 23 wird auf die Patentschrift Be-
zug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streit-
patents sei nicht patentfähig, da ihm gegenüber dem Stand der Technik die Neu-
heit fehle. Zumindest ergebe er sich für den Fachmann in naheliegender Weise
aus dem Stand der Technik. Sie beruft sich hierzu auf folgende Unterlagen:
N1:
Deutsche Übersetzung der EP 570 784 B2
N2:
DE 26 59 573 C2
N3:
DE-OS 2 220 721
N4:
EP 0 350 179 A1 (zunächst B1-Schrift vorgelegt)
N5:
Merkmalsanalyse Anspruch 1
N6:
Merkmalsanalyse Anspruch 2
N7:
Merkmalsanalyse Anspruch 16
N8:
DE 33 38 597 A1
N9:
Zwischenentscheidung EPA vom 29. Januar 1999
- 7 -
N10: US
4,751,126
N11: VOGEL-FACHBUCH
„Kunststoff-Kompendium“, 2. Aufl. 1988,
Deckblatt + S. 5, 53-55, 98, 204-206
N12: WO 91/ 16718 A1
N13: WO 88/ 08592 A1
N14: DE 30 29 939 C2
N15: DE 26 33 164 A1
N16: Übersicht zu Merkmalen Streitpatent / Anlage N8
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 0 570 784 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das
Streitpatent für patentfähig. Zur Stützung Ihres Vorbringens bezieht sie sich auf
folgende Unterlagen:
NB1: EP 0 570 784 B2 (Streitpatentschrift)
NB2: Zwischenentscheidung EPA vom 29. Januar 1999
NB2a: deutsche Übersetzung NB2
NB3: Decision du 14 decembre 2001 - T 0377/99 - Beschwerdekammer 3.5.1
NB3a: deutsche Übersetzung NB3
NB4: Merkmalsanalyse Ansprüche 1, 2, 3 und 16
NB5: Internetausdruck „HISTORIQUE“ vom 7. Februar 2006 (3 Seiten)
NB6: WO 95/ 33246 A1.
- 8 -
Entscheidungsgründe
Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Ab-
satz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene
Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist teil-
weise begründet.
I
1. Das Streitpatent betrifft eine mindestens einen elektronischen Baustein enthal-
tende Karte und ein Verfahren zur Herstellung der Karte. In der Beschreibungsein-
leitung des Streitpatents wird zum Stand der Technik auf die Druckschriften
EP-A- 0 350 179, FR-A-2 520 541 und US-A- 4 999 742 Bezug genommen. Das
aus EP-A- 0 350 179 bekannte Verfahren wird insoweit als nachteilig betrachtet,
als es zu einer hohen Dicke der herzustellenden Karte führe und es insoweit
schwierig mache, die ISO-Norm zu erfüllen. Als ebenfalls problematisch ist ange-
geben, dass mit dem bekannten Verfahren kein gutes Anhaften einer der äußeren
Schichten an der Zwischenschicht und keine gute Positionierung der elektroni-
schen Baugruppe zu erzielen seien.
Demgegenüber sollen nach der Lehre des Streitpatents die mit dem Stand der
Technik verbundenen Nachteile behoben und ein kostenmäßig günstiges Karten-
herstellungsverfahren vorgeschlagen werden, das Karten von sehr guter Qualität
liefert.
Die diesbezüglichen technischen Lehren nach den unabhängigen Ansprüchen 1
und 2 sowie nach dem nebengeordneten Anspruch 16, der mindestens auf (den
nachfolgend ebenfalls wiedergegebenen) Anspruch 3 und dadurch auf Anspruch 1
oder 2 rückbezogen ist, lauten mit Gliederung (nach Vorschlag durch die Beklagte)
wie folgt:
- 9 -
Anspruch 1:
- 10 -
Anspruch 2:
- 11 -
Anspruch 3:
Anspruch 16:
- 12 -
Bei dem Herstellungsverfahren nach den Ansprüchen 1 und 2 sowie einer gemäß
Anspruch 16 hergestellten Karte wird der Fachmann, ein Diplom-Ingenieur der
Fachrichtung Verfahrenstechnik mit Schwerpunkt Kunststofftechnologie und mehr-
jähriger einschlägiger Berufserfahrung, von Folgendem ausgehen:
Für die Ausführung der Lehre nach Anspruch 1 werden benötigt zwei „äußere“
Schichten 4, 6 aus festem Material, eine Einheit, bestehend aus einer Spule 12
und einem elektronischen Element 2 sowie Bindemittel 10. Die Einheit 2, 12 wird
auf einer der beiden äußeren Schichten plaziert, das Bindemittel aufgebracht und
die zweite äußere Schicht gegenüber der ersten angeordnet. Dieses Gebilde wird
dann durch Druckausübung auf einen vorbestimmten Schichtenabstand gebracht
und nach Aushärtung auf die gewünschte Kartenkontur zugeschnitten. Nach Merk-
mal 1.5.3 ist „mindestens die Hauptpartie der Innenoberfläche jeder der ersten und
der zweiten äußeren Schicht von dem Bindemittel bedeckt“. In der „mindestens“-
Variante grenzt somit die Einheit, bestehend aus elektronischem Element und
Spule, direkt an die beiden äußeren Schichten. In der anderen Variante, bei der
die Innenflächen der beiden äußeren Schichten zur Gänze von Bindemittel be-
deckt sind, ist folglich auch die Einheit vollständig in Bindemittel eingehüllt, oder
anders formuliert, die Höhe der Einheit ist in diesem Fall geringer als der Abstand
der beiden äußeren Schichten.
- 13 -
Beim Verfahren nach Anspruch 2 wird auf einer Arbeitsfläche eine Einheit, beste-
hend aus einer Spule 12 und einem elektronischen Element 2, plaziert und ein
Bindemittel aufgebracht, wobei die Arbeitsfläche bezüglich des Bindemittels nicht-
haftend ist. Nachfolgend wird mit einer Presse mit nichthaftender Pressfläche
Druck auf die Einheit in der Weise ausgeübt, dass nach Aushärten das Bindemittel
mit von diesem umhüllter Einheit eine vorbestimmte Dicke aufweist. Anschließend
wird die „Karte“ auf Kontur geschnitten. Dieses Gebilde kann dann „als Bestandteil
bei der Herstellung einer anderen Karte verwendet werden, welche zwei äußere
Schichten oder eine Schale mit einer vorgeformten Ausnehmung für die Aufnahme
dieser Karte aufweist“ (siehe N1, S. 7, le. Abs. mit S. 8, 1. Abs.).
Der nebengeordnete Anspruch 16 bezieht sich auf eine Karte, die nach einem der
Verfahrensansprüche 3 bis 7 hergestellt wurde. Da die Verfahrensansprüche 4
bis 7 direkt oder indirekt auf Anspruch 3 rückbezogen sind, sind dessen Merkmale,
betreffend den Einsatz einer „Positionierstruktur“ für die Einheit aus Spule 12 und
elektronischem Element 2, auch Merkmale der Verfahrensansprüche 4 bis 7 und
gehören somit bereits aufgrund dieses Rückbezuges zur technischen Lehre von
Anspruch 16. Die Positionierstruktur ist daneben auch Bestandteil der Vorrich-
tungsmerkmale 16.3 und 16.4. Somit beinhaltet die Karte nach Anspruch 16 in je-
dem Fall eine Positionierstruktur und ist in der Variante nach den Verfahrensan-
sprüchen 3 und 1 mit zwei äußeren Schichten ausgestattet. Bei der Ausführungs-
form der Karte nach den Verfahrensansprüchen 3 und 2 sind keine äußeren
Schichten vorgesehen.
II
1. Die Gegenstände der Ansprüche 1, 3 (soweit auf 1 rückbezogen) und 16, so-
weit letzterer über Anspruch 3 mittelbar auf das Verfahren nach Anspruch 1 rück-
bezogen ist, beruhen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
- 14 -
In N14 (DE 30 29 939 C2) wird in Sp. 4, Z. 33 ff. i. V. m. den Figuren 1, 3a, 3b ein
Verfahren zur Herstellung einer Karte beschrieben, deren innerste Schicht durch
ein Karteninlett 11 gebildet wird, das einen durchgehenden Hohlraum 14 aufweist,
in welchem sich ein Trägerelement 6 mit darauf angebrachtem IC-Baustein 5 be-
findet. Das Karteninlett 11 ist auf jeder Seite mit einer Kaschierkleberschicht 17
bedeckt, wobei auf letztere jeweils eine äußere Schicht in Gestalt der Deckfolien
12, 13 folgt. Dieser in Fig. 3a dargestellte Kartenaufbau wird dann einem unter
Einsatz von Druck und Wärme ablaufenden Kaschierprozess unterzogen, bei dem
beispielsweise Kaschierplatten (Sp. 6, Z. 47; Anspruch 4) eingesetzt werden und
bei dem das Trägerelement 6 (mit IC-Baustein 5) durch den temperaturbedingt er-
weichten Kaschierkleber mit einer homogenen Ummantelung versehen und somit
eingehüllt wird (Sp. 4, Z. 54-61). Im Kaltzustand nach Beendigung des Kaschier-
vorgangs ist der Kaschierkleber nicht mehr fließfähig; er härtet bei einer Auswahl
des Klebers nach Anspruch 7 aus. Für die nach N14 herzustellende Karte ist die
ISO-Norm maßgeblich (Sp. 3, Z. 31). Folglich wird bei der Herstellung der Karte
nach N14 auch darauf geachtet, dass die zu erzeugende Karte die richtige Kontur
und Größe aufweist.
Die nach dem Kaschieren vorliegende Karte enthält somit (vgl. Fig. 3b mit Sp. 3,
Z. 10, 11)
-
zwei äußere Schichten 12, 13,
-
eine aus dem Karteninlett 11 gebildete Positionierstruktur, deren Hohlraum 14
eine innere Zone zur Aufnahme des Trägerelementes 6 (mit IC-Baustein 5) bil-
det,
-
eine aus Bindemittel (Kaschierkleber 17) gebildete Schicht, in deren Innerem
sich eine Positionierstruktur (Trägerinlett 11) zur Aufnahme des elektronischen
Elements (Trägerelements 6 mit IC-Baustein 5) befindet, wobei letzteres in
dem Bindemittel (Kaschierkleber 17) eingebettet ist.
Die im Rückbezug auf die Verfahrensansprüche 3 und 1 erhaltene Karte nach An-
spruch 16 gemäß Streitpatent unterscheidet sich hinsichtlich ihrer durch die ge-
nannten drei Ansprüche gegebenen Vorrichtungsmerkmale lediglich durch die mit
dem elektronischen Element elektrisch verbundenen Spule von der aus N14,
- 15 -
Fig. 3a, 3b hervorgehenden Karte. Hierin ist allerdings kein erfinderischer Unter-
schied zu sehen, denn N4 (EP 0 350 179 A1) - vgl. insbes. Sp. 1, Z. 43-48 - und
N13 (WO 88/ 08592 A1) - vgl. insbes. S. 2, Z. 21 bis Sp. 3, Z. 2 - beschreiben es
als gängige Technik, bei Karten der in Rede stehenden Art die zugehörigen elekt-
ronischen Elemente für die kontaktlose Kopplung nach außen elektrisch mit Spu-
len zu verbinden. Es liegt somit für den Fachmann auf der Hand, bei entsprechen-
der Anforderung aus der Praxis die betrachtete Karte nach N14 auf kontaktlosen
Betrieb dergestalt umzurüsten, dass das Trägerelement 6 - unter Einsparung der
Kontaktflächen 7 - elektrisch mit einer Spule verbunden wird. Da somit die Karte
nach Anspruch 16 mit Rückbezug auf die Ansprüche 3 und 1 nicht auf erfinderi-
scher Tätigkeit beruht, ist Anspruch 16 in dieser Rückbeziehung nicht rechtsbe-
ständig.
Bei dieser Sachlage, d. h. weitgehende Übereinstimmung der Karte nach N14,
Fig. 3a, 3b mit jener Karte nach Anspruch 16, die mittels des Verfahrens nach An-
spruch 3 mit Rückbezug auf Anspruch 1 erhalten wird, sind bei dem streitpatent-
gemäßen Verfahren keine Verfahrensschritte enthalten, die einen erfinderischen
Abstand zu dem Kartenherstellverfahren nach N14 erkennen lassen. Folglich be-
ruht auch das Verfahren nach Anspruch 3 mit Rückbezug auf Anspruch 1 nicht auf
erfinderischer Tätigkeit.
Das Verfahren nach Anspruch 1 enthält nicht den gemäß Anspruch 3 vorgesehe-
nen Einsatz einer Positionierstruktur. Der Einsatz einer solchen Positionierstruktur
ist nach den entsprechenden Angaben im Streitpatent (Sp. 4, Z. 29-42) vorteilhaft,
da hierdurch verhindert wird, dass das elektronische Element aus einer vordefi-
nierten Zone in der von dem Bindemittel gebildeten Schicht herausgelangen kann.
Diese vorteilhafte Maßnahme ist aber nicht notweniger Bestandteil des Verfahrens
nach Anspruch 1.
Das Verfahren nach Anspruch 3 mit Rückbezug auf Anspruch 1 beruht, wie vor-
stehend aufgezeigt, nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Demnach ist das Verfahren
nach Anspruch 1, bei dem der Nachteil der unsicheren Positionierung des elektro-
nischen Elements gegebenenfalls einfach in Kauf genommen wird, mangels erfin-
- 16 -
derischer Tätigkeit ebenfalls nicht patentfähig (vgl. Schulte, PatG mit EPÜ, 7. Aufl.,
Art. 56 EPÜ Rdn. 110) und Anspruch 1 deshalb nicht rechtsbeständig.
Hinsichtlich der Unteransprüche 4 bis 12 und 15, soweit sie direkt oder indirekt auf
Anspruch 1 rückbezogen sind und der Unteransprüche 17 bis 23, soweit sie auf
Anspruch 16 mit Rückbezug des letzteren auf Anspruch 3 und 1 rückbezogen
sind, wurden Sachverhalte, die eine eigenständige Patentfähigkeit der Gegenstän-
de dieser Unteransprüche begründen, weder vorgetragen noch sind solche er-
sichtlich. Diese Unteransprüche sind folglich ebenfalls nicht rechtsbeständig.
2. Die Gegenstände nach Anspruch 2 und 16, soweit letzterer mittelbar auf An-
spruch 2 rückbezogen ist, sind neu, da die betrachteten Druckschriften weder das
beanspruchte Verfahren noch die beanspruchte Karte vorwegnehmen. Die bean-
spruchten Gegenstände beruhen darüber hinaus auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Gegenstand von N13 als insoweit nächstliegendem Stand der Technik sind „pro-
ximity cards“, d. h. Karten, deren elektronische Einheit durch elektromagnetische
Kopplung über eine Antenne oder Spule mit dem zugehörigen Lesegerät in Ver-
bindung steht (S. 1, Z. 6-13; S. 2, Z. 21 bis S. 3, Z. 2). Nach dem im Anspruch 26
angegebenen Verfahren (vgl. hierzu auch S. 10, Z. 17 bis S. 11, Z. 4) wird zur
Herstellung einer solchen Karte zunächst eine Kernschicht benötigt, die Basissub-
strat für einen integrierten Schaltkreis und eine hiermit elektrisch gekoppelte ge-
druckte Schaltung (d. h. die oben erwähnte Antenne oder Spule) ist. Nachfolgend
wird die Kernschicht (mit darauf befindlichem integriertem Schaltkreis mit gedruck-
ter Schaltung) mit einer durch Erwärmung in einen fließfähigen Zustand gebrachte
Schicht bedeckt, beide Schichten unter Anwendung von Druck und Wärme lami-
niert (S. 13, Z. 25, 26) und die erwärmte Deckschicht, in der der integrierte Schalt-
kreis eingebettet wird, ausgehärtet (vgl. zusätzlich S. 11, Z. 5-7, Z. 10-12; S. 24,
Z. 9-17; Ansprüche 27 und 29). In einem weiteren Verfahrensschritt wird dann der
ausgehärtete Kartenaufbau durch Zuschneiden auf die geforderte Größe gebracht
(S. 21, Z. 12-19 mit Fig. 4).
- 17 -
Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich das Verfahren nach Anspruch 2
durch die unmittelbare Plazierung des elektronischen Elementes und der mit die-
sem elektrisch verbundenen Spule auf einer Arbeitsfläche. Zu dieser Einsparung
einer äußeren Schicht entsprechend der bei N13 vorhandenen „Kernschicht“ ver-
mag diese Druckschrift keine Anregung zu geben. Bei dem Kartenherstellverfah-
ren nach N13, Anspruch 26, dient, wie aufgezeigt, die Kernschicht als im Karten-
verbund verbleibende Auflageschicht für das elektronische Element mit Spule.
Auch bei den weiteren in N13 dargestellten Kartenherstellverfahren (vgl. Fig. 1, 2
mit zugehöriger Beschreibung) befindet sich das elektronische Element mit Spule
jeweils auf der Kernschicht 14, wobei dann dieser Verbund beiderseits jeweils von
einer Graphik-Schicht 18 und einer Schutzschicht 20 umgeben ist.
Folglich vermag N13 das Verfahren nach Anspruch 2 nicht nahezulegen.
In N2 wird in der Beschreibungseinleitung in Sp. 3, Z. 53 ff. bei der Betrachtung
des Standes der Technik auf ein Karten-Herstellverfahren Bezug genommen, bei
dem sich auf einer Folie, die auf einer ihrer Flächen mit einem Netz von in äuße-
ren Kontaktbereichen endenden Leiter versehen ist, eine Anordnung mit integrier-
ten Schaltungen (Sp. 3, Z. 15) befindet. Mit einer weiteren Folie wird die Anord-
nung abgedeckt. Beide Folien bestehen aus einem Werkstoff, der bei hoher Tem-
peratur weich wird, so dass durch Erwärmung auf diese Temperatur die beiden
Folien verschweißt und die Anordnung mit den integrierten Schaltungen in sie ein-
geschlossen wird. Auch bei diesem Stand der Technik befindet sich somit die mit
einem elektronischen Element vergleichbare Anordnung mit integrierten Schaltun-
gen auf einer Folie, die nach Beendigung des Herstellverfahrens weiter Bestand-
teil der Karte ist. Folglich vermag auch dieser Stand der Technik nicht zur Einspa-
rung der besagten Folie anzuregen.
Dieses gilt in gleicher Weise auch für die sonstige Offenbarung von N2 und die
weiteren im Verfahren herangezogenen Druckschriften N2 bis N4, N8, N10
bis N12, N14 und N15.
- 18 -
Die als „Erfindung“ in N2 beschriebene Karte besteht aus einer Folie 12 mit Hohl-
raum 20, in welchen ein Plättchen 30, bestehend aus Substrat 28 und Chip 22,
eingesetzt wird. Der Hohlraum wird dann von der einen Seite mit elektrisch isolie-
rendem Füllmaterial 36 aufgefüllt und ist auf der anderen Seite durch die Außen-
seite des Substrates 28 abgedeckt. In der Folie befinden sich Bohrungen 34,
durch welche die auf dem Substrat 28 befindlichen Kontaktbereiche 26 (= An-
schlüsse für den Chip 22) zugänglich sind (Fig. 1, 2 mit Sp. 5, Z. 20 ff.). Bei der
Ausführungsform nach Fig. 6 wird die Kartenseite mit dem Substrat 28 noch durch
die zweite Folie 64 abgedeckt.
Die Speicherkarte nach N3 besteht aus der Innenschicht 2 und den beiden äuße-
ren Schichten 3 und 4. Die Schicht 3 ist als Leiterplatte mit darauf befindlichen Lei-
terbahnen 9 ausgebildet, die mit einem in einer Aussparung 13 der mittleren
Schicht 2 untergebrachten Speicherplättchen 7 in Verbindung stehen. Das Spei-
cherplättchen 7 kann von einer federnden Einbettmasse 14 umgeben sein (Fig. 1
bis 4, S. 7, 2. Abs. ff.).
Die nach N4 (A1-Schrift), Anspruch 1, hergestellte Karte enthält zwei Abdeckun-
gen aus Material mit hoher Zugfestigkeit, zwischen denen sich ein oder mehrere
elektronische Elemente und Vorrichtungen (Spulen) für den Daten-Ein/Ausgang
befinden, die in Plastikmaterial eingehüllt sind. Zur Herstellung selbst werden die
beiden Abdeckungen in eine Form eingebracht, die elektronischen Elemente und
Daten-Ein/Ausgangsvorrichtungen dazwischen positioniert und nachfolgend Plas-
tikmaterial eingebracht. Die Karte wird dann nach Aushärtung des Plastikmaterials
der Form entnommen.
Die Abdeckungen können z. B. aus Polyester, Polycarbonat oder Polyimide (Sp. 2,
Z. 43, 44) und das Plastikmaterial aus Polyurethan oder Epoxy (Sp. 2, Z. 55) be-
stehen. Der Datenverkehr kann kontaktlos mittels Spule 4 (Fig. 1) durchgeführt
werden. Zum Schutz vor Beschädigungen durch Biegen der Karte können die
elektronischen Komponenten mit starren Umhüllungen 3 (Fig. 1; Sp. 2, Z. 34-38)
ausgestattet sein.
- 19 -
Beim Datenträger (=Kredit-, Ausweis- oder Identifikationskarte, vgl. S. 5, Z. 16)
nach N8, Fig. 4 bis 7, werden eine obere Deckschicht 14, eine unter Deck-
schicht 15 und eine dazwischen liegende Kernschicht 13 verwendet, wobei letzte-
re eine Aussparung 16 enthält, von welcher der IC-Teil eines Trägerelementes 2
aufgenommen wird. Das Trägerteil 2 besteht im Übrigen aus dem Substrat 10 mit
Kontaktflächen 9, wobei letztere zur oberen Deckschicht 14 orientiert sind. Zwi-
schen der anderen Seite des Trägerelements 2 und der Kernschicht 13 befindet
sich eine Klebefolie 19. Bei der Kartenherstellung wird der geschilderte Aufbau mit
Hilfe zweier Stahlplatten 21, 22 unter Einwirkung von Wärme und Druck zusam-
mengepresst.
Hierbei verformt sich auch die obere Deckschicht (S. 12, Z. 29-33) und verbindet
sich (teilweise) mit der Kernschicht 13 (Fig. 7; S. 13, Z. 16-22; Fig. 10, S. 15,
Z. 18-21).
N10 beschäftigt sich mit der Herstellung von gedruckten Leiterplatten mit Mehr-
schichten - oder räumlicher Verdrahtung (Abstract). Bei dem in Fig. 3A (Sp. 4,
Z. 31 ff.) dargestellten Beispiel werden drei harzhaltige Substrate 30, 31, 32 mit
zugehörigen, aus Harz und Metallpulver bestehenden Leiterbahnen 301, 303; 314,
311 - 312, 315; 321, 323, 324, 325 (Sp. 3, Z. 28 ff.) und Durchgangslöchern 302,
313, 322 verwendet, wobei zwischen den jeweiligen Substraten die benötigten
elektrischen Bauelemente eingebracht werden. Im konkreten Fall sind dies der Wi-
derstand 33 zwischen den Substraten 30, 31 und die Diode 34 zwischen den Sub-
straten 31, 32: Bei der eigentlichen Kartenherstellung erhalten die Substrate dann
durch Wärmepressung ihre endgültige Gestalt nach Fig. 3B, wobei durch Verfor-
mung der Substrate Raum für die elektrischen Bauelemente entsteht und durch
entsprechendes Fliessen der Leiterbahnen in die Durchgangslöcher die Kontakte
innerhalb der Substrate und nach außen hergestellt werden.
N11 wird lediglich als Beleg für das übliche Fachwissen des einschlägigen Fach-
mannes zitiert.
- 20 -
N12 behandelt das Aufbringen einer Spulenwicklung mit oder ohne Kern auf einer
Leiterplatte (Abstract).
Wie im Abschnitt II.1 dieses Urteils bereits dargestellt, wird in N14 die Herstellung
mehrschichtiger Ausweiskarten mit IC-Baustein unter Einsatz der Heißkaschier-
technik beschrieben, wobei die Karten nach den Figuren 2a, 2b und 3a, 3b jeweils
mit äußeren Schichten in Gestalt der Deckfolien 12, 13 ausgestattet sind. Bei den
Ausführungsformen gemäß den Figuren 4a, 4b bzw. 5a, 5b folgen auf die Deckfo-
lien noch obere Deckschichten 20, 21 bzw. 32, 40.
N15 zeigt in Fig. 3 den Schichtenaufbau einer Identitätskarte 1, bei der eine integ-
rierte Halbleiterschaltung 2 zwischen zwei Grundschichten 5, 5a eingebettet ist,
wobei diese Grundschichten ihrerseits durch Deckschichten 6, 7 abgedeckt sind.
Diese Schichten werden durch Druck und Temperatur miteinander verschweißt
(S. 7, le. Abs. mit S. 8, 1. Abs.).
Durch keine der abgehandelten Druckschriften, weder einzeln noch bei verbinden-
der Betrachtungsweise, wird somit das ohne äußere Schichten auskommende
Verfahren nach Anspruch 2 nahegelegt; dieser Anspruch ist demzufolge rechtsbe-
ständig.
Die durch den Vorrichtungsanspruch 16 mit Rückbezug auf die Verfahrensansprü-
che 3 und 2 charakterisierte Karte weist ebenfalls keine äußeren Schichten auf.
Diese Karte beruht demzufolge aus den Gründen, wie sie vergleichbar zum Ver-
fahrensanspruch 2 aufgezeigt wurden, ebenfalls auf erfinderischer Tätigkeit.
3. Die Unteransprüche 3 bis 15 bzw. 17 und 19 bis 23 (soweit sie mittelbar oder
unmittelbar auf Anspruch 2 zurückbezogen sind) beinhalten zweckmäßige, nicht
selbstverständliche Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 2 bzw. der
Karte nach Anspruch 16 mit Rückbezug des letzteren auf die Ansprüche 3 und 2
und sind somit ebenfalls rechtsbeständig.
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Der Gegenstand von Anspruch 18 (soweit nicht auf Anspruch 1 zurückbezogen)
beruht darüber hinaus auch eigenständig auf erfinderischer Tätigkeit. Die durch
diesen Anspruch charakterisierte Karte enthält eine „Basiskarte“, deren Herstel-
lung nach den Merkmalen zumindest der Verfahrensansprüche 3 und 2 erfolgt ist
und die somit im bereits ausgehärteten Zustand nach Anspruch 18 zusätzlich mit
Außenschichten versehen wird. Dieses lässt sich an der fertigen Karte durch die
jeweilige Trennfläche verifizieren, die zwischen der die Positionierstruktur einhül-
lenden Schicht und der jeweils nach innen orientierten, mit einer Kohäsionsbe-
schichtung versehenen Fläche der beiden Außenschichten auftritt. Dieser Karten-
aufbau wird durch den Stand der Technik nicht nahegelegt, da in allen Druck-
schriften, die Karten mit Außenschichten offenbaren, diese Außenschichten immer
in einem Herstellungsschritt mit den innenliegenden Kartenteilen verbunden wer-
den. Somit trägt der Herstellungsweg zur Patentfähigkeit der Karte nach An-
spruch 18 bei (BGH in Mitt. 2001, 422 „zipfelfreies Stahlband“).
III
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 84 Abs. 2 S. 1 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1
S. 1 ZPO, da beide Parteien in etwa zu gleichen Teilen obsiegt haben bzw. unter-
legen sind. Hierbei schätzt der Senat die Verminderung des gemeinen Werts des
Streitpatents durch die Teilnichtigerklärung auf etwa die Hälfte des ursprünglichen
Werts.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §
99
Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
gez.
Unterschriften