Urteil des BGH vom 13.03.2017

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 204/03
Verkündet am:
22. April 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHR:
ja
Nds. FischG §§ 8, 11, 13; GG Art. 14 A
§§ 11 und 13 des Niedersächsischen Fischereigesetzes sind verfassungskon-
form dahin auszulegen, daß der Inhaber eines Fischereirechts, das auf die Be-
nutzung bestimmter Fanggeräte beschränkt ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nds. FischG),
dieses Recht verpachten darf und daß er oder der Pächter Dritten die (entgelt-
liche) Erlaubnis zum Fischfang erteilen dürfen (§ 13 Abs. 1 Nds. FischG). § 13
Abs. 3 Nds. FischG steht dem nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 22. April 2004 - III ZR 204/03 - LG Lüneburg
AG Dannenberg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des
Landgerichts Lüneburg vom 11. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszuges trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte zu 1 ist Inhaber eines selbständigen Fischereirechts auf
einer bestimmten Strecke der Elbe diesseits und jenseits der Mündung der
Jeetzel. Dieses berechtigt nach seinem in der Regelungsurkunde vom 13. Sep-
tember 1923 festgehaltenen und im Wasserbuch eingetragenen Inhalt dazu,
die besagte Strecke "von Ufer zu Ufer mit allen kleinen Geräten und mit Aal-
hamen" zu befischen.
Der Beklagte zu 1 verpachtete das Fischereirecht mit Vertrag vom
11. Dezember 1994 an den Beklagten zu 2, der seinerseits am 31. Dezember
1996 mit den Beklagten zu 3 und 4 einen Unterpachtvertrag abschloß. Seither
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geben die Beklagten zu 3 und 4 an Dritte gegen Bezahlung Fischereierlaubnis-
scheine aus.
Die klagende Stadt, die auf derselben Strecke der Elbe ebenfalls ein
selbständiges Fischereirecht innehat - allerdings ohne Einschränkungen hin-
sichtlich der Fanggeräte - macht geltend, diese Handhabung durch die Beklag-
ten sei rechtswidrig. Da es sich bei dem Recht des Beklagten zu 1 nur um ein
"beschränktes" Fischereirecht im Sinne des Niedersächsischen Fischereige-
setzes (Nds. FischG) handele, könne es weder verpachtet werden noch ver-
schaffe es die Berechtigung zur Erteilung von Fischereierlaubnissen an Dritte.
Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 1 auf Unterlassen der Verpachtung sei-
nes Fischereirechts und sämtliche Beklagte auf Unterlassen des Ausstellens
von Fischereierlaubnisscheinen in Anspruch (Anträge zu 2 und 4), verbunden
mit der Androhung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft für jeden Fall der
Zuwiderhandlung (Antrag zu 5). Zugleich begehrt die Klägerin die Feststellung,
daß der Pachtvertrag zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Beklagten zu 2
sowie der Unterpachtvertrag zwischen dem Beklagten zu 2 und den Beklagten
zu 3 und 4 unwirksam seien (Anträge zu 1 und 3).
Amtsgericht und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträ-
ge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
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I.
Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen, wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat, keine Bedenken. Unterstellt man – wie von der Klä-
gerin geltend gemacht wird -, das Verpachten und kommerzielle Ausnutzen des
Fischereirechts des Beklagten zu 1 durch die Beklagtenseite sei vom Inhalt
dieses Rechts nicht gedeckt, also rechtswidrig, so beeinträchtigt dies die
- ebenfalls auf kommerzielle Verwertung ausgerichtete - Rechtsposition der
Klägerin. Ein Rechtsschutzinteresse für die Unterlassungsanträge kann der
Klägerin daher nicht abgesprochen werden. Das Feststellungsinteresse für die
Feststellungsanträge ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin nicht
selbst an den Pachtverträgen beteiligt ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1993
- VIII ZR 222/92 - NJW 1993, 2539, 2540 m.w.N).
II.
In der Sache hat das Berufungsgericht die Klage mit Recht abgewiesen.
Weder sind die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche
gegeben, noch sind die auf seiten der Beklagten geschlossenen Verträge un-
wirksam.
1.
a) Das Berufungsgericht nimmt an, daß es sich bei dem Fischereirecht
des Beklagten zu 1 nur um ein "beschränktes" Fischereirecht im Sinne des § 8
Abs. 1 Satz 1 Nds. FischG handelt, worunter das Gesetz ein (selbständiges)
Fischereirecht versteht, "das auf den Fang bestimmter Fischarten, die Benut-
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zung bestimmter Fanggeräte, auf den Bedarf eines Haushalts oder auf andere
Weise beschränkt ist". Das ist richtig.
b) Aber auch als beschränktes Fischereirecht sei - so führt das Beru-
fungsgericht weiter aus - das Fischereirecht des Beklagten zu 1 verpachtbar
gewesen, und zwar auch an mehr als nur eine Person und auch zum Zwecke
der Vergabe von Fischereierlaubnisscheinen an Sport- und Freizeitangler. § 13
Abs. 3 Nds. FischG, der den Inhaber eines beschränkten Fischereirechts aus-
drücklich nur für berechtigt erklärt, "einer natürlichen Person (zu) erlauben,
sein Recht an seiner Stelle auszuüben", stehe einer solchen Auslegung nicht
entgegen. Diese Vorschrift dürfe nämlich im Blick auf das Grundrecht des
Art. 14 Abs. 1 GG nicht so strikt angewendet werden, wie ihr Wortlaut es zu-
nächst nahelege. Bei verfassungskonformer Auslegung sei der Anwendungs-
bereich der Vorschrift auf diejenigen überkommenen beschränkten Fischerei-
rechte einzugrenzen, die - wie etwa die sogenannte Küchenfischerei - men-
genmäßig beschränkt waren. Wenn auch Beschränkungen des Fischereirechts
in anderer Hinsicht, insbesondere hinsichtlich der zulässigen Fanggeräte oder
der Fischarten, unter § 13 Abs. 3 Nds. FischG subsumiert würden, so wäre das
1978 in Kraft getretene Niedersächsische Fischereigesetz insoweit unverhält-
nismäßig und verfassungswidrig. Es nähme den Inhabern solcher Fischerei-
rechte ohne einen ersichtlichen Grund für eine solche Verschärfung der
Rechtslage zu ihren Lasten ein Recht auf intensive fischereiwirtschaftliche
Nutzung, das ihnen nach der davor bestehenden Rechtslage zugestanden ha-
be. Der niedersächsische Gesetzgeber sei sich im übrigen einer eigentumsein-
schränkenden Wirkung des § 13 Abs. 3 Nds. FischG überhaupt nicht bewußt
gewesen; er habe die im Gebiet des früheren Landes Hannover (nach preußi-
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schem Fischereirecht) geltende Rechtslage insoweit lediglich auf ganz Nieder-
sachsen ausdehnen wollen, ohne sie zu verändern.
2.
Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Dem Berufungsgericht ist zunächst darin beizupflichten, daß sich aus
der den Fischereipachtvertrag betreffenden Regelung des niedersächsischen
Fischereirechts als solcher (§ 11 Nds. FischG) kein Hindernis für eine Verpach-
tung des Rechts des Beklagten zu 1 ergibt. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nds. FischG
bestimmt allgemein, daß der Fischereiberechtigte "die Fischerei" verpachten,
das heißt die Ausübung seines Fischereirechts einem anderen durch Vertrag in
vollem Umfang gegen Entgelt übertragen kann. Da auch das vorliegende be-
schränkte Fischereirecht ein selbständiges Fischereirecht ist (vgl. § 8 Abs. 1
Nds. FischG), steht an sich - begrifflich - der grundsätzlichen Verpachtbarkeit
(auch) eines beschränkten selbständigen Fischereirechts nichts entgegen. Für
"Fischereirechte für den häuslichen Gebrauch" (Fischereirecht zu Tisches Not-
durft, Küchenfischereirecht usw.) nach § 5 des Preußischen Fischereigesetzes
(Preuß. FischG) war allerdings anerkannt, daß der Berechtigte es nicht ver-
pachten durfte (Schlegelberger, in v. Brauchitsch, Verwaltungsgesetze für
Preußen 3. Bd. 19. Aufl. § 5 FischG Anm. 1); dies entspricht im übrigen der
Rechtslage in den früher zu Preußen gehörenden Bundesländern Berlin und
Brandenburg, wo die Verpachtung von Küchenfischereirechten ausdrücklich
verboten ist (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 des Berliner Landesfi-
schereigesetzes vom 19. Juni 1995, GVBl. S. 358 und § 11 Abs. 2 i.V.m. § 7
Abs. 2 des Fischereigesetzes für das Land Brandenburg vom 13. Mai 1993,
GVBl. I S. 178). Es gibt jedoch keinen Grund für die Annahme, daß auch die
nur in anderer Weise, etwa hinsichtlich der Art der Fanggeräte, beschränkten
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Fischereirechte
von
einem derartigen Verbot einer Verpachtung erfaßt waren; das Preußische
Fischereigesetz sagt dazu nichts.
b) Die Verpachtbarkeit eines beschränkten selbständigen Fischerei-
rechts kann daher in Niedersachsen nicht generell in Frage gestellt werden (so
aber Tesmer/Messal Nds. FischG 3. Aufl. § 11 Erl. 4; § 13 Erl. 6), sondern nur
- im Zusammenhang mit § 13 Abs. 3 Nds. FischG - hinsichtlich der Übertragung
der Ausübung des Rechts an mehrere Personen und hinsichtlich der Berechti-
gung, dritten Personen Fischereierlaubnisse zu erteilen, bzw. der Übertragbar-
keit einer solchen Berechtigung im Wege der Unterverpachtung. Im Ergebnis
unterliegt dieses Recht unbeschadet seiner "Beschränkung" in diesen Punkten
keiner Einschränkung.
aa) Während nach § 13 Abs. 1 Nds. FischG der unbeschränkt Fische-
reiberechtigte "und der Fischereipächter" Dritten die nicht ausschließliche Er-
laubnis zum Fischfang in dem Gewässer erteilen können, an dem ihr Fischerei-
recht oder Fischereipachtrecht besteht ("Fischereierlaubnis"), schreibt Absatz 3
dieser Bestimmung vor, daß der Inhaber eines "beschränkten Fischereirechts
(§ 8)" - gemeint ist ersichtlich: nur - einer natürlichen Person erlauben kann,
sein Recht an seiner Stelle auszuüben. Nimmt man den reinen Wortlaut der
Vorschrift, so fällt unter § 13 Abs. 3 Nds. FischG auch ein selbständiges Fi-
schereirecht, das - wie hier - (nur) das Fischen mit näher bezeichneten Fang-
geräten erlaubt: Nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nds. FischG
zählen zu den beschränkten Fischereirechten ausdrücklich auch diejenigen
selbständigen Fischereirechte, die auf die Benutzung bestimmter Fanggeräte
beschränkt sind. Der Gesetzgeber hat dies anscheinend auch so gewollt: Nach
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dem Entwurf des Gesetzes sollte zwar die Regelung in § 8 Abs. 1 unmittelbar
nur das selbständige Fischereirecht für den häuslichen Gebrauch (Küchenfi-
schereirecht) betreffen; nach dem ursprünglich vorgesehenen Absatz 2 sollte
jedoch Absatz 1 auf Fischereirechte entsprechend anzuwenden sein, die auf
den Fang einzelner Fischarten, die Benutzung einzelner Fanggeräte oder auf
ähnliche Weise beschränkt sind.
bb) Die Gesetzesgeschichte läßt aber zugleich auch erkennen, daß
- wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - der niedersächsische
Gesetzgeber sich bei der Fassung des § 13 Abs. 3 (§ 15 Abs. 3 des Entwurfs)
in Verbindung mit § 8 Abs. 1 (§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 des Entwurfs) wohl nicht
der rechtseinschränkenden Wirkung, d.h. der Relevanz dieser Regelung in Be-
zug auf Eigentum i.S. des Art. 14 GG, bewußt war. In der Begründung zu § 15
des Entwurfs (jetzt § 13) heißt es, diese Vorschrift entspreche "dem geltenden
Recht" (LT-Drucks. 8/183 S. 34). Der Gesetzentwurf zu dieser Vorschrift hatte
ersichtlich auch die Vorschrift des § 98 Abs. 4 Preuß. FischG zum Hintergrund,
wonach derjenige, der nur berechtigt war, "zum häuslichen Gebrauche zu fi-
schen", nur mit Genehmigung der Fischereibehörde Erlaubnisscheine in Aus-
übung dieses Rechts ausstellen durfte, aber dann, wenn er einen Schein aus-
stellte, während dessen Geltung nicht selbst Fische fangen durfte. Andererseits
war es gerade dieses "Küchenfischereirecht", das in erster Linie Gegenstand
der Neuregelung nach § 8 (ursprünglich § 8 Abs. 1 und Abs. 2 des Entwurfs)
sein sollte. Es fehlt in der Begründung des Gesetzes eine Auseinandersetzung
mit den rechtlichen Einschnitten, die sich aus § 13 Abs. 3 FischG für die Inha-
ber aller sonstigen beschränkten Fischereirechte außer den Küchenfischerei-
rechten ergeben konnten. Nicht angesprochen worden ist, daß bezüglich die-
ser anderen beschränkten Fischereirechte die vorgesehene Vorschrift nicht
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dem bisher (hier: in Preußen) geltenden Recht entsprach: Aus dem Umkehr-
schluß zu § 98 Abs. 4 Preuß. FischG ist zu entnehmen, daß nach preußischem
Recht die Inhaber der in anderer Weise als "auf den häuslichen Gebrauch"
beschränkten Fischereirechte als "Fischereiberechtigte" durchaus auch befugt
waren, Fischereierlaubnisscheine in vom Gesetz nicht bestimmter - allerdings
durch die zuständige Behörde regulierbarer (vgl. § 98 Abs. 7 Preuß. FischG) -
Zahl auszustellen. Zudem war jeder Fischereiberechtigte befugt, die Ausübung
des Rechts auf andere im Wege der Verpachtung zu übertragen, soweit dies
nicht dem Inhalt des Fischereirechts widersprach (§§ 28, 29 Preuß. FischG).
cc) Der Senat tritt dem Berufungsgericht darin bei, daß die auf diese
Weise entstandene, anscheinend eindeutige, aber letztlich - was den Eingriff in
das "Eigentum" der Inhaber solcher beschränkter Fischereirechte in ihrer un-
terschiedlichen Ausgestaltung und wirtschaftlichen Bedeutung angeht - nicht
hinreichend "durchdachte" Regelung in § 13 Abs. 3 Nds. FischG einer (ein-
schränkenden) verfassungskonformen Auslegung bedarf. Sie geht dahin, daß
jedenfalls selbständige Fischereirechte der Art, wie es der Beklagte zu 1 inne-
hat (beschränkt nur hinsichtlich der Fanggeräte), nicht von § 13 Abs. 3 Nds.
FischG erfaßt werden.
(1) Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von
mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen,
teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die
mit dem Grundgesetz in Einklang steht (BVerfGE 32, 373, 384 f). Vorliegend
wäre, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, § 13 Abs. 3 Nds.
FischG bei buchstabengetreuer Geltung verfassungswidrig. In der gesetzlichen
Gestaltung liegt zwar keine nach Art. 14 Abs. 3 GG zu beurteilende Enteig-
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nung, sondern nur eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums
im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG im Rahmen der Neuordnung des - bis
dahin stark zersplitterten - Fischereirechts in Niedersachsen. Der Gesetzgeber
muß allerdings bei der Wahrnehmung seines Auftrags, den Inhalt und die
Schranken des Eigentums zu bestimmen, sowohl die grundgesetzliche Aner-
kennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch das So-
zialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG beachten und sich im Einklang mit allen ande-
ren Verfassungsnormen halten, insbesondere ist er an den verfassungsrechtli-
chen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 GG gebunden (BVerfGE 70, 191, 200). Die Grenzen der Gestaltungsbe-
fugnis des Gesetzgebers sind nicht für alle Sachbereiche gleich und auch nicht
ein für allemal starr festgelegt. Der Gesetzgeber steht bei der Neuordnung ei-
nes Rechtsgebiets auch nicht schlechthin vor der Alternative, alte Rechtsposi-
tionen zu konservieren oder gegen Entschädigung zu entziehen. Er kann im
Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch angemessene und zumutbare
Überleitungsregelungen individuelle Rechtspositionen umgestalten. Er kann
insbesondere, ohne seinen Gestaltungsspielraum zu überschreiten, bestim-
men, daß die neuen Vorschriften mit ihrem Inkrafttreten für die bisherigen
Rechte und Rechtsverhältnisse gelten, wenn dies durch Gründe des öffentli-
chen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßig-
keit gerechtfertigt ist (BVerfGE aaO S. 201 f m.w.N.). An dieser Voraussetzung
fehlt es hier, soweit die Regelung in § 13 Abs. 3 Nds. FischG auch diejenigen
Fischereirechte erfaßt, die nur hinsichtlich der Fanggeräte beschränkt sind.
(2) Der niedersächsische Gesetzgeber verstand das selbständige Fi-
schereirecht als eine irreguläre Form gegenüber der Normalform des unselb-
ständigen, mit dem Gewässereigentum verbundenen Fischereirechts, in der
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das Fischereirecht nicht isoliert übertragbar ist (Entwurfsbegründung LT-
Drucks. 8/183 S. 30). Hiermit steht in Einklang, daß nach dem neuen Nieder-
sächsischen Fischereigesetz die (dingliche) Übertragbarkeit des selbständigen
Fischereirechts entfallen sollte (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nds. FischG; Entwurfs-
begründung aaO). Es hat auch eine gewisse Folgerichtigkeit, wenn das neue
Gesetz - was das Verhältnis zwischen einem beschränkten (selbständigen)
Fischereirecht und einem dasselbe Gewässer betreffenden unbeschränkten
selbständigen Fischereirecht angeht - in § 8 Abs. 2 vorsieht, daß beide Seiten
- wenn auch unter unterschiedlichen Voraussetzungen - voneinander die Auf-
hebung und Ablösung des beschränkten Fischereirechts verlangen können.
Das neue Gesetz zielte also durchaus auf die Verringerung der existierenden
beschränkten Fischereirechte ab. Hervorzuheben ist an dieser Regelung je-
doch zum einen, daß die in § 8 vorgesehene "Ablösung" beschränkter Fische-
reirechte nur gegen Entschädigung erfolgen kann. Zum anderen hat der Ge-
setzgeber diese Regelung ausdrücklich nur für die "Küchenfischereirechte"
näher begründet: Diese stammten aus Epochen, in denen noch weitgehend
Naturalwirtschaft herrschte, und hätten damals der Regelung eines hauswirt-
schaftlichen Bedürfnisses gedient. Sie hätten diesen Sinn verloren, da die
ständige Versorgung eines Haushalts mit Flußfischen heute kein dringendes
Bedürfnis mehr sei. Darüber hinaus erschwerten Küchenfischereirechte gera-
dezu die sinnvolle Bewirtschaftung und Hege der Fischbestände. Über die an-
deren beschränkten Fischereirechte, für die nach dem Willen des Gesetzge-
bers entsprechende Regeln gelten sollen (LT-Drucks. 8/183 S. 32), verhält sich
die Gesetzesbegründung nicht näher.
(3) Vor dem Hintergrund der Ziele des Gesetzes und der in § 8 getroffe-
nen Regelung wäre es unverhältnismäßig - und beinhaltete auch eine sachlich
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nicht gerechtfertigte Bevorzugung der unbeschränkten Fischereirechte -, wenn
über den Weg des § 13 Abs. 3 Nds. FischG selbständige Fischereirechte, die,
wie hier, bisher lediglich hinsichtlich der Fanggeräte beschränkt waren, ohne
einen Ausgleich ihres eigentlichen wirtschaftlichen Werts, der Nutzungsmög-
lichkeiten durch Abschluß von Pacht- und Unterpachtverträgen mit einzelnen
oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen sowie die Ausgabe von
Fischereierlaubnisscheinen, verlustig gehen würden.
(4) Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist andererseits
der vom Gesetzgeber mit seiner Regelung verfolgte Zweck - was gerade die
Erfassung der nicht zu den "Küchenfischereirechten" zählenden selbständigen
beschränkten Fischereirechte durch § 13 Abs. 3 Nds. FischG angeht - keines-
wegs so eindeutig, daß die hier im Anschluß an das Berufungsgericht vertrete-
ne einschränkende verfassungskonforme Auslegung damit unvereinbar wäre
(zu dieser Schranke der verfassungskonformen Auslegung vgl. Senatsurteil
vom 11. Juli 2002 - III ZR 160/01 - NJW 2003, 63, 64).
Schlick
Streck
Dörr
Galke
Herrmann