Urteil des BGH vom 12.11.2013
BGH: wartezeit, rückzahlung, satzung, form, anschlussberufung, zustellung, kartellrecht, beteiligter, fusion, umlageverfahren
BUNDESGERICHTSHOF
HINWEISBESCHLUSS
KZR 59/11
vom
12. November 2013
in dem Rechtsstreit
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. November 2013
durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Prof. Dr. Strohn,
Dr. Kirchhoff und Dr. Grüneberg
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Ur-
teil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
14. Dezember 2011 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzu-
weisen.
Gründe:
I. Die Beklagte, eine Anstalt öffentlichen Rechts, schließt mit Arbeitge-
bern des öffentlichen Dienstes (sogenannten Beteiligten) Beteiligungsvereinba-
rungen in Form von Gruppenversicherungsverträgen ab. Auf dieser Grundlage
gewährt sie den Arbeitnehmern der Beteiligten nach Maßgabe ihrer Satzung
(VBLS) eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenver-
sorgung.
Die Finanzierung der Beklagten erfolgt im Abrechnungsverband West,
dem die Klägerin angehörte, seit 1967 über ein Umlageverfahren in Form eines
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modifizierten Abschnittsdeckungsverfahrens. Der Umlagesatz ist so zu bemes-
sen, dass die für die Dauer des Deckungsabschnitts zu entrichtende Umlage
zusammen mit den übrigen zu erwartenden Einnahmen und dem verfügbaren
Vermögen ausreicht, die Aufgaben der Beklagten während des Deckungsab-
schnitts sowie der sechs folgenden Monate zu erfüllen (§ 60 Abs. 1 Satz 1, § 61
Abs. 1 VBLS). § 23 Abs. 2 VBLS verpflichtet ausscheidende Beteiligte, einen
Gegenwert zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausschei-
den zu erfüllenden Verpflichtungen zu zahlen.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die im Wege aufnehmender Ver-
schmelzung zum 31. August 2004 auf sie übergegangene S.
, war seit 1. April 1958 Beteiligte der Beklagten. Das Beteiligungsver-
hältnis der Rechtsvorgängerin der Klägerin endete aufgrund der Fusion auf die
Klägerin zum Ablauf des 30. August 2004. Die Beklagte berechnete den von
der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der S. zu zahlen-
den Gegenwert anhand eines versicherungsmathematischen Gutachtens vom
10. Mai 2005 auf 13.385.210,62
€. Die Klägerin zahlte diesen Betrag zuzüglich
Gutachterkosten in Höhe von 6.090
€ am 27. Juni 2005. Mit ihrer Klage begehrt
die Klägerin die Rückzahlung des geleisteten Gegenwerts.
Soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, hat die Klägerin
beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie
1. 13.385.210,61
€ nebst Zinsen von acht Prozentpunkten über dem Basiszins-
satz seit dem 27. Juni 2005,
2. 6.090
€ nebst Zinsen von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 27. Juni 2005
zu zahlen.
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Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattge-
geben, Zinsen aber nur in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zugesprochen. Die Berufung der Beklagten
ist ohne Erfolg geblieben. Die wegen der Abweisung des weitergehenden, auf
Kartellrecht gestützten Zinsanspruchs eingelegte Anschlussberufung der Kläge-
rin hat nur insofern Erfolg gehabt, als ihr Zinsen nach bereicherungsrechtlichen
Grundsätzen zuerkannt worden sind. Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-
nen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die
Klägerin begehrt im Wege der Anschlussrevision weiterhin höhere Zinsen.
II. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision der Beklagten
liegen nicht vor; diese hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne
von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Die von der Revision aufgeworfenen
Fragen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH, Urteil vom
10. Oktober 2012 - IV ZR 10/11, BGHZ 195, 93; Urteil vom 13. Februar 2013
- IV ZR 17/12, juris). Der Senat hat keinen Anlass, hiervon abzuweichen.
2. Die Revision der Beklagten hat auch in der Sache keine Aussicht auf
Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte zur
Rückzahlung der von der Klägerin beglichenen Gegenwertforderung zuzüglich
Zinsen in der zugesprochenen Höhe jedenfalls nach bereicherungsrechtlichen
Grundsätzen verpflichtet ist.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, § 23 Abs. 2 VBLS sei ausge-
handelt worden und unterliege deshalb nicht der Inhaltskontrolle. Wie der Bun-
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desgerichtshof bereits entschieden hat, stellt die Beklagte als Verwenderin die
Bedingungen gemäß ihrer Satzung. Der einzelne Arbeitgeber als Beteiligter hat
keine Wahl, sich ihnen zu unterwerfen oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni
1999 - IV ZR 136/98, BGHZ 142, 103, 107).
Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die in § 23 Abs. 2
VBLS geregelte volle Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit
bei der Berechnung des Gegenwerts sowie die Ausgestaltung des Gegenwerts
als Einmalzahlung eines Barwerts den ausgeschiedenen Beteiligten unange-
messen benachteiligen (BGHZ 195, 93 Rn. 37 ff. und 58 ff.). Da § 23 Abs. 2
VBLS schon deshalb unwirksam ist, kommt es auf etwaige weitere Unwirksam-
keitsgründe nicht an.
Der IV. Zivilsenat hat sich mit den gegen diese Beurteilung gerichteten
Argumenten in seinen zitierten Entscheidungen befasst und sie nicht für durch-
greifend erachtet (BGHZ 195, 93 Rn. 49 ff.; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012
- IV ZR 12/11, juris Rn. 41 ff.; Urteil vom 13. Februar 2013 - IV ZR 17/12, juris
Rn. 19). Die in dieselbe Richtung gehenden Angriffe der Revision der Beklagten
geben zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung. Entgegen der
Ansicht der Revision stellt auch hier die Einbeziehung von Versicherten ohne
erfüllte Wartezeit keinen untergeordneten Teil des Gegenwerts dar. Maßstab
der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist eine überindividuelle
generalisierende Betrachtung. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders
gegenüber denen der typischerweise beteiligten Kunden (vgl. Palandt/Grüne-
berg, BGB, 72. Aufl., § 307 Rn. 8).
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III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wo-
chen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Tolksdorf
Meier-Beck
Strohn
Kirchhoff
Grüneberg
Hinweis: Die Revision ist zurückgenommen worden.
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 09.07.2010 - 7 O 266/09 (Kart.) -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.12.2011 - 6 U 116/10 (Kart.) -
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