Urteil des BGH vom 22.08.2012

BGH: auszahlung, überweisungsbeschluss, drittschuldner, einziehung, pfändung, zustellung, kreditinstitut, geheimhaltung, herausgabepflicht, veröffentlichung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZB 68/11
vom
22. August 2012
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Halfmeier,
Prof. Leupertz und Dr. Kartzke
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Gläubigers wird der Beschluss der
2. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 15. September
2011 (2 T 487/11) im Kostenpunkt und, ebenso wie der Beschluss
des Amtsgerichts Bremen vom 19. Juli 2011 (248 M 480520/11),
insoweit aufgehoben, als die Anordnung an die Schuldnerin zur
Herausgabe der jeweiligen aktuellen Kontoauszüge abgelehnt
worden ist.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts
Bremen vom 19. Juli 2011 (248 M 480520/11) wird um die Anord-
nung ergänzt, dass die Schuldnerin an den Gläubiger die Konto-
auszüge seit Zustellung der Pfändung herauszugeben hat.
Die Schuldnerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat wegen einer titulierten Forderung des Gläubigers
über 1.314,53
€ einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen. Ge-
pfändet und zur Einziehung überwiesen worden sind u.a. alle angeblichen For-
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derungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin, eine Sparkasse, auf Ein-
ziehung und Überweisung des gegenwärtigen und gesamten künftigen Gutha-
bens, das der Schuldnerin bei Saldoziehung aus dem Kontokorrentverhältnis
zukommt, und alle angeblichen Ansprüche und Forderungen der Schuldnerin
an die Drittschuldnerin aus Giroverträgen und allen weiteren Konten, auf Gut-
schrift aller künftigen Eingänge und auf fortlaufende Auszahlung der Guthaben,
sowie das Recht der Schuldnerin zur Vornahme von Überweisungen zugunsten
Dritter und der Anspruch auf Auszahlung des zugesagten, aber noch nicht aus-
bezahlten Darlehens/Kredites, soweit die Schuldnerin diesen abruft.
Unter anderem den Antrag des Gläubigers, die Schuldnerin zur Heraus-
gabe der Kontoauszüge zu verpflichten, hat das Amtsgericht zurückgewiesen.
Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Landge-
richt zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der hiergegen
gerichteten Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger sein Begehren weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Gläubiger könne nicht
ohne weiteres gemäß § 836 Abs. 3 ZPO die Herausgabe der Kontoauszüge
verlangen. Der Gläubiger müsse zunächst gegenüber dem Schuldner und dem
Drittschuldner seinen Anspruch auf Auskunft geltend machen. Erst wenn dies
nicht ausreiche, komme unter Umständen die Pflicht zur Herausgabe bestimm-
ter Kontoauszüge in Betracht.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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Der Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Be-
schlüssen vom 9. Februar 2012 (VII ZB 49/10, NJW 2012, 1081, zur Veröffentli-
chung in BGHZ bestimmt) und vom 23. Februar 2012 (VII ZB 59/09, NJW 2012,
1223) entschieden, dass auf Antrag des Gläubigers die Pflicht zur Herausgabe
sämtlicher Kontoauszüge in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf-
genommen werden muss, wenn der Gläubiger Ansprüche des Schuldners ge-
gen ein Kreditinstitut gepfändet hat, die sowohl auf Auszahlung der positiven
Salden gerichtet sind als auch auf Auszahlung des dem Schuldner eingeräum-
ten Kredits. So liegt es hier.
Nach den Beschlüssen vom 9. Februar 2012 und 23. Februar 2012, auf
die hinsichtlich der Begründung Bezug genommen wird, sind die Urkunden zum
Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Pfändungs- und Überweisungsbeschlus-
ses, also seiner Zustellung an den Drittschuldner, erfasst. Eine etwaige Verlet-
zung des Rechts des Schuldners auf Geheimhaltung oder informationelle
Selbstbestimmung durch Preisgabe der in den Kontoauszügen enthaltenen In-
formation muss der Schuldner im Wege der Erinnerung geltend machen. Da die
Schuldnerin keinen Vortrag gehalten hat, aus dem sich Hinweise auf ein Ge-
heimhaltungsinteresse oder eine Einschränkung der Herausgabepflicht wegen
ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ergeben, war - wie bean-
tragt - die Herausgabe der Kontoauszüge ab dem Zeitpunkt der Pfändung an-
zuordnen.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Kniffka
Eick
Halfmeier
Leupertz
Kartzke
Vorinstanzen:
AG Bremen, Entscheidung vom 19.07.2011 - 248 M 480520/11 -
LG Bremen, Entscheidung vom 15.09.2011 - 2 T 487/11 -
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