Urteil des BGH vom 15.01.2008
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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 648/07
vom
15. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Urkundenfälschung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 15. Januar 2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Essen vom 20. August 2007, soweit es den
Angeklagten betrifft,
a)
in den die Geschädigten W. , H. , S. ,
M. , R. und Ha. betreffenden Fällen
(„Fälle“ 4 bis 21 der Liste UA 9) mit den das
Gebrauchmachen der Urkunden betreffenden Fest-
stellungen - die übrigen Feststellungen bleiben be-
stehen – sowie
b)
im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen
aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in sie-
ben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten
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verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses
Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren
beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in
dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen verschaffte sich der Angeklagte spätestens
Anfang 2006 eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle dadurch, dass er
Überweisungen von fremden Konten, bezüglich derer er die entsprechenden
Bankverbindungsdaten über einen Bankangestellten erhalten hatte, auf Konten
veranlasste, auf die er selbst unmittelbar oder mit Hilfe anderer Personen
Zugriff nehmen konnte. Zu diesem Zweck fälschte er die entsprechenden
Überweisungsträger, indem er sie mit den Namen der jeweiligen geschädigten
Kontoinhaber unterzeichnete, und reichte die so gefälschten Überweisungsträ-
ger bei den Banken ein.
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Den Feststellungen liegen insgesamt 21 von dem Angeklagten gefälsch-
te und eingereichte Überweisungsträger zu Grunde, die drei Ausstellungsdaten
(7. Februar, 8. März und 15. März 2006) tragen und die Konten von sieben Ge-
schädigten bei drei verschiedenen Bankinstituten betreffen. Hiervon ausge-
hend, hat das Landgericht "pro geschädigtem Kontoinhaber", unabhängig von
der jeweiligen Anzahl der von dem Angeklagten gefälschten Urkunden, eine Tat
des Herstellens und Gebrauchmachens einer unechten Urkunde angenommen
(UA 13) und den Angeklagten deshalb der (gewerbsmäßig begangenen) Ur-
kundenfälschung in sieben Fällen für schuldig befunden.
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2. Die Verfahrensbeschwerde nach § 338 Nr. 4 StPO versagt aus den
Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. Dezember
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2007. Dagegen hält das Urteil im Umfang der Aufhebung der sachlichen-
rechtlichen Überprüfung nicht stand. Denn die bisher zu den „Fällen“ 4 bis 21
der Liste auf UA 9 getroffenen Feststellungen zum Einreichen der gefälschten
Überweisungsträger bei den betreffenden Banken sind lückenhaft und erlauben
dem Senat nicht die Beurteilung, ob das Landgericht den Angeklagten insoweit
zu Recht wegen sechs selbständigen Taten der Urkundenfälschung verurteilt
hat.
a) Allerdings begegnet der rechtliche Ansatz des Landgerichts, wonach
alle Überweisungen von ein und demselben Konto jeweils eine Tat im Rechts-
sinne bilden, keinen rechtlichen Bedenken, zumal die Überweisungsträger be-
züglich jedes einzelnen der betroffenen Konten unter jeweils dem selben Datum
ausgestellt sind. Dass der Senat - worauf die Revision in ihrer Gegenerklärung
verweist - in dem Parallelverfahren gegen den Angeklagten, in dem der Ange-
klagte wegen gleichartiger Taten - inzwischen rechtskräftig - verurteilt worden
ist (27 KLs 31/06 Landgericht Essen; Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2007 -
4 StR 463/07), die abweichende rechtliche Würdigung der dort erkennenden
Strafkammer hingenommen hat, die die Konkurrenzfrage nicht nach Maßgabe
der Anzahl der Konten der Geschädigten, sondern nach derjenigen der Konten
der Empfänger gelöst hat, beruht allein darauf, dass den Angeklagten die recht-
liche Wertung in jener Sache nicht beschwerte. Demgegenüber kann der Senat
im vorliegenden Fall nicht ausschließen, dass der Angeklagte in den von der
Aufhebung betroffenen Fällen durch Annahme von sechs selbständigen Taten
beschwert ist.
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b) Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Herstel-
len einer falschen Urkunde und das Gebrauchmachen von der gefälschten Ur-
kunde jeweils nur eine Tat im Rechtssinne bildet (st. Rspr.; Fischer StGB 55.
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Aufl. § 267 Rdn. 44 m.N.). Dabei gebraucht der Täter die gefälschte Urkunde im
Sinne des § 267 Abs. 1 StGB, wenn er sie in einer Weise vorlegt oder übergibt,
dass der zu Täuschende in die Lage versetzt wird, von der Urkunde Kenntnis
zu nehmen (Fischer aaO Rdn. 23). Das ist bei gefälschten Überweisungsträ-
gern dann der Fall, wenn sie von dem Täter bei der Bank eingereicht werden
(vgl. BGH NStZ 2006, 100). Es fehlen hier jedoch nähere Feststellungen zu den
Umständen, insbesondere zu Zeit und Ort des Einreichens der gefälschten Ü-
berweisungsträger bei den Banken durch den Angeklagten. Darauf kommt es
aber an. Denn wenn und soweit der Angeklagte mehrere der gefälschten Über-
weisungsträger in einem einzigen Akt bei einer Bank eingereicht hat, etwa in-
dem er die Überweisungsträger „gebündelt“ in den Briefkasten der Bank ein-
warf, liegt nur eine Handlung im natürlichen Sinne und deshalb auch nur recht-
lich eine Tat des Gebrauchmachens im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB vor, und
zwar unabhängig von der Anzahl der zeitgleich eingereichten Überweisungsträ-
ger und unabhängig davon, ob diese sämtlich dasselbe Konto oder verschiede-
ne Konten bei derselben Bank betreffen (vgl. zur Tateinheit in Fällen der Steu-
erverkürzung BGHSt 33, 163, 164 f.; ferner BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung
dieselbe 18 und 25).
c) Hiervon ausgehend, kann nicht von vornherein ausgeschlossen wer-
den, dass der Angeklagte die unter dem 15. März 2006 ausgestellten Überwei-
sungsträger („Fälle“ 4 bis 12 der Liste) zeitgleich bei der Deutschen Bank einge-
reicht hat und ihm deshalb insoweit nicht drei (zum Nachteil W. , H.
und S. begangene) Taten, sondern nur eine Tat zur Last fällt, wenn auch
die unterschiedlichen Wertstellungsdaten dafür sprechen könnten, dass der
Angeklagte an mehreren Tagen tätig geworden ist.
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Auch hinsichtlich der unter dem 8. März 2006 ausgestellten Überwei-
sungsträger („Fälle“ 13 bis 21 der Liste) kommt es auf die näheren Umstände
zu Zeit und Ort des Einreichens der Urkunden bei den betreffenden Bankinstitu-
ten an. Zwar sind hier drei Geschädigte (M. , R. und Ha. ) mit Kon-
ten bei entsprechend drei verschiedenen Banken betroffen, weshalb an sich
gegen die Wertung als drei selbständige Taten nichts zu erinnern ist. Jedoch
bedarf die Sache auch insoweit weiterer Klärung; denn in dem erwähnten,
rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren 27 KLs 31/06 Landgericht Essen (Se-
nat 4 StR 463/07) ist der Angeklagte wegen der Fälschung und Einreichung
unter demselben Datum (dem 8. März 2006) ausgestellter Überweisungsträger
verurteilt worden. Jene „Fälle“ (Nr. 124 bis 133 der Liste; UA 9 jenes Urteils)
betreffen dieselben drei Banken (Deutsche Bank, Dresdner Bank und Com-
merzbank), die auch im vorliegenden Verfahren kontoführende Banken der drei
Geschädigten waren. Kann unter diesen Umständen aber nicht ausgeschlossen
werden, dass der Angeklagte insoweit die Überweisungsträger betreffend die
Konten der Geschädigten sowohl des abgeschlossenen als auch des vorliegen-
den Verfahrens jeweils zeitgleich bei der entsprechenden Bank eingereicht hat,
stünde der Verurteilung des Angeklagten hier insoweit das Verfahrenshindernis
des Strafklageverbrauchs (Art. 103 Abs. 3 GG) entgegen.
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d) Die Verurteilung des Angeklagten in dem den Geschädigten B. be-
treffenden Fall („Fälle“ 1 bis 3 der Liste des angefochtenen Urteils) zu der Ein-
zelfreiheitsstrafe von sechs Monaten ist von dem aufgezeigten Rechtsfehler
nicht berührt und kann deshalb bestehen bleiben. Denn in diesem Fall, dem
drei Überweisungsträger zu Grunde liegen, die sämtlich dasselbe Konto des
Geschädigten betreffen und unter dem selben Datum (7. Februar 2006) ausge-
stellt sind, ist der Angeklagte durch die Annahme nur einer Tat unter keinen
Umständen beschwert.
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3. Über die Sache ist deshalb in den „Fällen“ 4 bis 21 der Liste unter Be-
achtung des Zweifelsgrundsatzes neu zu entscheiden. Neuer Feststellungen
bedarf es jedoch nur zu den tatsächlichen Umständen des Gebrauchmachens
von den vom Angeklagten gefälschten Überweisungsträgern. Die übrigen Fest-
stellungen können dagegen bestehen bleiben.
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Die Aufhebung des Urteils in den genannten Fällen entzieht auch dem
Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Auch insoweit bedarf es deshalb einer
neuen tatrichterlichen Entscheidung.
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Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible