Urteil des BGH vom 13.04.2010

BGH (virgin islands, recht der europäischen union, gesellschaft, cassis de dijon, gegenstand des verfahrens, vertrag von lissabon, strafrechtliche verantwortlichkeit, stgb, hamburg, eugh)

5 StR 428/09
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 13. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Ap-
ril 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als
beisitzende
Richter,
Staatsanwältin
als
Vertreterin
der
Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin D. ,
Rechtsanwalt R.
als
Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 13. März 2009 mit den Feststel-
lungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirt-
schaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen –
G r ü n d e
I.
Dem Freispruch liegt eine Anklage wegen Untreue zugrunde. Dem
Angeklagten wird vorgeworfen, als sogenannter „Director“ der TV S.
Limited (im Folgenden: „Limited“), einer Gesellschaft nach dem Recht der
British Virgin Islands, am 12. November 2007 von seinem Wohnsitz in Ham-
burg aus im Wege des Onlinebankings eine Überweisung von einem Konto
der Gesellschaft zu seinen Gunsten vorgenommen zu haben, ohne dazu be-
rechtigt gewesen zu sein.
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II.
Das Landgericht hat hierzu im Wesentlichen folgende Feststellungen
und Wertungen getroffen:
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1. Der Angeklagte, ein studierter Ingenieur und gelernter Groß- und
Außenhandelskaufmann, und der Zeuge T. kamen im Laufe des
Jahres 2002 überein, hochwertige Unterhaltungselektronik des dänischen
Herstellers Bang & Olufsen (im Folgenden „B&O“) aus Deutschland nach
Russland und in andere Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion unter
Umgehung dortiger Einfuhr-, Umsatz- sowie Ertragssteuern zu exportieren
(UA S. 9, 16). Zur Umsetzung dieses Tatplans und zur Verschleierung der
tatsächlichen Unternehmensstrukturen gründeten sie mit Hilfe eines in Bel-
gien ansässigen Agenten die Limited mit Sitz in Tortola nach dem Recht der
British Virgin Islands. Die Gesellschaft „besaß umfangreiche Statuten mit
zahlreichen Klauseln“ und wurde in das dortige Handelsregister eingetragen.
Der Angeklagte und T. waren jedenfalls seit August 2003 zu glei-
chen Anteilen deren Gesellschafter und „Directors“ (UA S. 15). Die Limited
war von Beginn an Vertragspartner von B&O. Über ihre von der Da.
Bank in Kopenhagen und Hamburg geführten Konten wurden die Geschäfte
jeweils abgewickelt. Der Angeklagte bestellte regelmäßig die Ware über das
Internet bei B&O und kontrollierte ihren Versand nach Hamburg sowie den
anschließenden Export insbesondere nach Russland (UA S. 19).
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2. Eine weitere vom Angeklagten und T. gehaltene Gesell-
schaft betrieb den Verkauf in Russland (UA S. 22). Von deren Umsätzen
wurden in der Folgezeit nur etwa 40 % verbucht. Die darüber hinausgehen-
den erheblichen „Schwarzeinnahmen“ wurden „in bar gesammelt“ und in
Plastiktüten in angemieteten Bankschließfächern in Moskau verwahrt. Diese
Beträge, die sich im Jahre 2007 auf 10 Mio. € beliefen, sollten später unter
den „gleichberechtigten Partnern“ (UA S. 20, 79) aufgeteilt werden.
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3. Im Jahre 2007 kam es zwischen dem Angeklagten und T.
zu einem Zerwürfnis. Letzterer hatte in den vorangegangenen Mo-
naten dem Angeklagten die Kontrolle über die gemeinsam „erwirtschafteten“
Einnahmen namentlich durch Änderung der Verkaufsorganisation und Neu-
besetzung wichtiger Positionen mit Mitarbeitern seines Vertrauens erschwert
(UA S. 28/29).
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Im Sommer 2007 begann T. damit, Bargelder in Höhe von
mehreren Millionen Euro aus den „gemeinsamen Töpfen des Firmenkon-
struktes“ (UA S. 30) für eigene Zwecke zu verwenden, ohne den Angeklag-
ten zu informieren. Nachdem der Angeklagte von Dritten in Kenntnis gesetzt
worden war und T. ihn vergeblich aufgefordert hatte, gegen Zah-
lung von 500.000 € aus dem „Unternehmen“ auszuscheiden, entschloss er
sich, Transaktionen zu seinen Gunsten von den Konten der Limited bei der
Da. Bank vorzunehmen. So überwies er am 12. November 2007 von
Hamburg aus insgesamt etwa 1,8 Mio. € von den Konten der Limited auf sei-
ne privaten Konten in Österreich. Weitere angewiesene Beträge konnten am
Folgetag auf Intervention T. s zurückgebucht werden.
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4. Die Strafkammer vermochte sich nicht von einer Vermögensbetreu-
ungspflicht des Angeklagten gegenüber der Limited zu überzeugen. Deren
„Statuten konnten nämlich keine Treuepflicht begründen, weil sie niemals
echte Rechte zwischen der Gesellschaft TV S. Limited und deren Ge-
schäftsführern und Gesellschaftern sowie der Gesellschafter untereinander
begründen sollten“ (UA S. 4). Die Gesellschaft sei vielmehr „ein pseudolega-
les Scheinkonstrukt“ gewesen, dem „keinerlei Bedeutung im Sinne eines
echten kaufmännischen Betriebes zukommen sollte“ (UA S. 16, 88). Weiter
stehe der Verurteilung die fehlende Rechtsfähigkeit der Limited entgegen, die
als „Off-Shore-Firma“ keinen Sitz in der Europäischen Union unterhalte und
deren Überweisungen an B&O von Moskau aus veranlasst worden seien (UA
S. 89).
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Jedenfalls sei das Handeln des Angeklagten aber durch Notwehr ge-
rechtfertigt gewesen (UA S. 89). T. habe sich das erwirtschaftete
und zur Hälfte dem Angeklagten zustehende Vermögen „zugeeignet“ und sei
unmittelbar davor gewesen, dem Angeklagten den Zugriff auf das Konto der
Limited bei der Da. Bank zu entziehen.
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III.
Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Untreue hält einer
sachlichrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen sind lücken-
haft und ermöglichen nicht die revisionsgerichtliche Überprüfung, ob dem
Angeklagten als „Director“ der Limited eine Vermögensbetreuungspflicht ob-
lag.
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1. Die Strafkammer geht zutreffend davon aus, dass die Tathandlung
des Angeklagten der deutschen Strafgerichtsbarkeit untersteht. Es liegt ein
inländischer Handlungsort vor (§ 9 Abs. 1 StGB). Die Überweisungen wurden
durch den Angeklagten in Hamburg vorgenommen.
2. Die Feststellungen zum Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft
als möglicher Vermögensinhaberin und dem Angeklagten als möglichem Be-
treuer dieser fremden Vermögensinteressen sind unvollständig.
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a) Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB setzt für den Missbrauchs- wie für
den Treubruchtatbestand voraus, dass der Täter fremde Vermögens-
interessen von einiger Bedeutung zu betreuen hat (vgl. BGHSt 24, 386, 387;
33, 244, 250). Das Treueverhältnis kann insbesondere auf Gesetz, behördli-
chem Auftrag oder Rechtsgeschäft beruhen (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl.
§ 266 Rdn. 39). Der nähere Inhalt und damit auch die Bestimmung einer
möglichen Verletzung von Vermögensbetreuungspflichten ergeben sich re-
gelmäßig aus allgemeinem Zivil- oder auch Gesellschaftsrecht. Eine konkrete
Pflichtenstellung des Organs einer Gesellschaft kann namentlich aus der
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Satzung wie auch aus gesellschaftsrechtlichen Regelungen zum Schutz des
Gesellschaftsvermögens abzuleiten sein.
b) Hierzu verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Es fehlt jede Dar-
stellung und Würdigung der Gesellschaftsverhältnisse und der Satzung am
International Business Companies Act der British Virgin Islands (im Folgen-
den: „IBC Act“). Davon durfte das Landgericht auch nicht etwa deshalb ab-
sehen, weil es sich bei der Limited um eine Gesellschaft handelte, die nach
dem Recht der British Virgin Islands gegründet worden und nach den Urteils-
feststellungen dazu bestimmt war, als Teil eines auf Hinterziehung russischer
Einfuhrabgaben gerichteten Unternehmensgeflechts zu agieren.
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aa) Die nach den Urteilsfeststellungen wirksam nach den Vorgaben
des maßgebenden IBC Act gegründete Limited war entgegen der Annahme
des Landgerichts rechtsfähig.
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Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts-
hofs haben sich die Zivilsenate des Bundesgerichtshofs für diejenigen Aus-
landsgesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder
des EWR oder in einem mit diesen aufgrund Staatsvertrages in Bezug auf
die Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat gegründet wurden, der so-
genannten Gründungstheorie angeschlossen (vgl. BGHZ 154, 185; 164, 148,
151; 178, 192, 196; vgl. EuGH NJW 2002, 3614 [Überseering]; EuGH, Urteil
vom 30. September 2003 – C-167/01 [Inspire Art]). Danach ist die Rechtsfä-
higkeit einer Gesellschaft unabhängig von ihrem Verwaltungssitz nach dem
Recht zu beurteilen, nach dem sie gegründet wurde; dies gilt auch für soge-
nannte Briefkastengesellschaften (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Septem-
ber 2003 – C-167/01 [Inspire Art] Tz. 139; Bittmann ZGR 2009, 930, 950).
Die British Virgin Islands sind gemäß Artt. 198, 199 Nr. 5, Art. 203 des Ver-
trags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Verbindung mit An-
hang II (ABl. 2008, C 115/47, 137 – AEUV) in den Geltungsbereich der inso-
weit für die Überseeischen Gebiete assoziationsrechtlich modifizierten Nie-
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derlassungsfreiheit nach Artt. 49, 54 AEUV einbezogen (vgl. BGH
NJW 2004, 3706, 3707; zu den insoweit durch den Vertrag von Lissabon
vom 13. Dezember 2007 inhaltlich unveränderten Bestimmungen, BGBl 2008
II S. 1038, 1060).
bb) Die Feststellungen der Strafkammer tragen die angenommene
Nichtigkeit der Gesellschaft nicht. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen rechtli-
chen Vorgaben – dem Gründungs- oder dem Sitzstatut – sich die Nichtigkeit
ergeben sollte. Sie liegt angesichts der beschränkten Möglichkeiten, einer
EU-Auslandsgesellschaft wegen eines Missbrauchsvorwurfs – zumal ohne
vorangehende gerichtliche Entscheidung – die formale Existenz abzuspre-
chen, auch unter Beachtung assoziationsrechtlicher Besonderheiten nach
Art. 203 AEUV ohnehin fern (vgl. die Vorgaben der für Mitgliedstaaten der
Europäischen Union geltenden Artt. 11, 12 der Richtlinie 2009/101/EG vom
16. September 2009, ABl. 2009, L 258/11 – [Publizitätsrichtlinie]; dazu auch
Schön in Festschrift für Wiedemann 2002 S. 1271, 1293).
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cc) Überdies belegen die Feststellungen keine missbräuchliche Aus-
nutzung der hier assoziationsrechtlich modifizierten Niederlassungsfreiheit
durch Umgehung mitgliedstaatlicher Bestimmungen oder Erschleichen einer
Rechtsstellung (vgl. zum Missbrauch von Grundfreiheiten EuGH, Urteil vom
9. März 1999 – C-212/97 [Centros] Tz. 38; Urteil vom 30. September 2003
[Inspire Art] Tz. 132 ff.; Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf, Das Recht der
Europäischen Union [18. EL Mai 2001] EGV vor Art. 39-55 Rdn. 122 ff.;
Schön aaO S. 1289 ff.; Hirte in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesell-
schaften, 2005 S. 16 Rdn. 31; Eidenmüller/Rehm ZGR 2004, 159, 178 ff.).
Die Limited war zwischen 2002 und 2007 Vertragspartnerin der in Dänemark
ansässigen B&O und übte durch das von ihr von Deutschland aus betriebene
Handelsgeschäft eine effektive wirtschaftliche Geschäftstätigkeit aus (vgl.
UA S. 15, 23, 43). Überdies verfügte sie über ein erhebliches Gesellschafts-
vermögen (etwa 3,2 Mio. US-Dollar, vgl. UA S. 37). Dass durch den Ange-
klagten jedenfalls auch beabsichtigt war, nach Auslieferung der Waren in
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Deutschland die Exporte nach Russland nicht ordnungsgemäß zu fakturieren
und dadurch russische Einfuhrabgaben zu verkürzen (UA S. 14), legt für sich
keine Umgehung gemeinschaftsrechtlicher oder deutscher Regelungen nahe
(vgl. zum anerkannten Schutzanliegen der Steueraufsicht der Mitgliedstaaten
EuGH, Urteil vom 15. Mai 1997 – C-250/95 [Futura], Slg. 1997 I-2473, 2501
Tz. 31; Urteil vom 20. Februar 1979 – C-120/78 [Cassis de Dijon], Slg. 1979
I-649, 662 Tz. 8).
3. Im Falle einer Limited als EU-Auslandsgesellschaft ist zur Bestim-
mung der Pflichten des „Director“ im Rahmen des § 266 Abs. 1 StGB auf das
ausländische Gesellschaftsrecht zurückzugreifen (vgl. Tiedemann in Scholz,
GmbHG 10. Aufl. Vor § 82 Rdn. 67; Bittmann aaO S. 952; Mankowski/Bock
ZStW 2008, 704, 757; Radtke GmbHR 2008, 729, 734; Ransiek/Hüls
ZGR 2009, 157, 175; Richter in Festschrift für Tiedemann 2008 S. 1023,
1034; Rönnau ZGR 2005, 832, 854; ZStW 2006, 887, 905; Schmitz in Joer-
den/Szwarc, Europäisierung des Strafrechts in Polen und Deutschland 2007
S. 199; Pattberg, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Directors einer
Limited in Krise und Insolvenz 2010 S. 262, 287; Worm, Die Strafbarkeit ei-
nes Directors einer englischen Limited nach deutschem Strafrecht 2009
S. 108 f.).
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a) Eine entsprechende Anwendung deutschen Gesellschaftsrechts
kommt nicht in Betracht (a.A. Hoffmann in Sandrock/Wetzler, Deutsches Ge-
sellschaftsrecht im Wettbewerb der Rechtsordnungen 2004 S. 227, 258 ff.).
Abgesehen davon, dass einer solchen Interpretation das strafrechtliche Ana-
logieverbot widerstreiten könnte, stehen ihr die Rechtsprechung des Europä-
ischen Gerichtshofs, welche die Anwendung des Gründungsrechts der Ge-
sellschaft vorschreibt, der eindeutige Wortlaut der relevanten Vorschriften
(vgl. nur § 84 GmbHG) sowie das Fehlen einer Regelungslücke entgegen
(vgl. auch Rönnau ZGR 2005, 832, 855 Fn. 111; Worm aaO S. 103 f., 106 f.).
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b) Die gebotene Anwendung des Gründungsstatuts einer EU-
Auslandsgesellschaft bei der Bestimmung pflichtwidrigen Handelns ihres „Di-
rector“ ist auch mit dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsge-
bot vereinbar (Art. 103 Abs. 2 GG).
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Aus dem Untreuetatbestand lassen sich für beide Tatbestandsalterna-
tiven noch vollständige abstrakt-generelle Verhaltensnormen ableiten (vgl.
zum Vermögensnachteil auch BVerfG [Kammer] NStZ 2009, 560). Welches
Verhalten in Bezug auf die Betreuung fremden Vermögens pflichtwidrig ist,
regelt die Strafbestimmung zwar nicht selbst; sie eröffnet aber über das nor-
mative Tatbestandsmerkmal der Pflichtwidrigkeit die Möglichkeit einer ein-
fachgesetzlichen oder auch privatautonomen Konkretisierung, namentlich
durch Satzung oder Vertrag (vgl. BGHR StGB § 266 Pflichtwidrigkeit 4; BGH
NStZ 2006, 214, 217, insoweit in BGHSt 50, 331 nicht abgedruckt). Diese
außerstrafrechtlichen Regelungen – gegebenenfalls auch ausländischen
Rechts – entscheiden damit nicht selbst über den tatbestandsmäßigen Erfolg
und die ihn herbeiführende Handlung, sondern schaffen lediglich die – für
sich genommen strafrechtlich wertungsfreie und ihrerseits nicht dem Be-
stimmtheitsgebot unterstehende – Grundlage für eine anschließende un-
treuespezifische Präzisierung (vgl. BVerfGE 78, 205, 213; BGHSt 37, 266,
272; Dannecker in LK 12. Aufl. § 1 Rdn. 149, 217; Hoyer in SK StGB 26. Lfg.
Vor § 3 Rdn. 42; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG [48. EL Dezem-
ber 1992] Art. 103 Abs. 2 Rdn. 200; Pattberg aaO S. 293).
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Bedenken unter dem Aspekt der Vorhersehbarkeit des Strafbarkeitsri-
sikos bestehen nicht. Für die Bestimmung der Fremdheit einer Sache ist die
Anwendung ausländischen Rechts anerkannt (vgl. RGSt 27, 135, 136 f.;
Dannecker aaO Rdn. 149; Werle/Jeßberger in LK 12. Aufl. Vor § 3 Rdn. 335;
Hoyer aaO; Liebelt NStZ 1989, 182; Mankowski/Bock aaO S. 744 f.). Eine
Anwendung des ausländischen Gesellschaftsrechts im Rahmen des § 266
Abs. 1 StGB greift über diese anerkannten Grundsätze nicht hinaus. Der Se-
nat teilt insoweit nicht die von Teilen der Literatur mit Blick auf das Demokra-
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tieprinzip erhobenen Bedenken (vgl. Rönnau ZGR 2005, 832, 856; Alten-
hain/Wietz NZG 2008, 569, 572; Mosiek StV 2008, 94, 98). Denn Bedeutung
und Tragweite der hinreichend bestimmten Strafvorschrift bleiben durch die-
sen zur Pflichtenbestimmung heranzuziehenden Maßstab unberührt (vgl.
Pattberg aaO S. 293; Worm aaO S. 115).
4. Aus alledem folgt, dass die Strafkammer die maßgeblichen Vor-
schriften des ausländischen Rechts, insbesondere den IBC Act, sowie die
Satzungen, gegebenenfalls auch weitere Abreden berücksichtigen und an-
hand dieses Maßstabs Feststellungen hätte treffen müssen. Vor diesem Hin-
tergrund hätte das Landgericht – auch im Blick auf mögliche Ansprüche Drit-
ter gegen die Limited – einen „Durchgriffsanspruch“ gegen die Gesellschaft
unmittelbar prüfen müssen, der sich aus einem möglichen Auseinanderset-
zungsanspruch gegen seinen Mitgesellschafter ableiten und einen Vermö-
gensnachteil in Frage stellen könnte.
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5. Der vom Landgericht bemühte Rechtfertigungsgrund der Notwehr
(§ 32 StGB) liegt ebenso fern wie die Rechtfertigungsgründe des Notstands
oder der Selbsthilfe. Von der Limited ging zu keiner Zeit ein unmittelbarer
Angriff auf Rechtsgüter des Angeklagten aus. Abgesehen von einem Vertei-
digungswillen fehlte es auch an einer Erforderlichkeit der Verteidigungshand-
lung. Es ist nicht ersichtlich, dass mildere, insbesondere zivilprozessuale
Maßnahmen vom Angeklagten zuvor ausgeschöpft worden wären.
6. Die Sache wird an eine Wirtschaftsstrafkammer zurückverwiesen.
Diese ist als Gericht höherer Ordnung (vgl. § 74e Nr. 2, § 74c Abs. 1 Satz 1
Nr. 6 lit. a GVG) angesichts des vom Angeklagten eingesetzten grenzüber-
schreitenden Unternehmensgeflechts zuständig (vgl. zur gleichgelagerten
Frage der Rückverweisung an das Schwurgericht RGSt 10, 192, 195; 14, 19,
28; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 355 Rdn. 2, 7). Der gegen-
teilige Eröffnungsbeschluss interpretiert das Kriterium besonderer Kenntnisse
des Wirtschaftslebens fallbezogen zu eng.
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IV.
Gegenstand des Verfahrens ist eine eigenmächtig vorgenommene
Beuteteilung unter ausländischen Straftätern nahezu ohne Inlandsbezug.
Dieser Hintergrund lässt einen überaus schonenden Einsatz justizieller Res-
sourcen durch die Strafverfolgungsbehörden angezeigt erscheinen. Dement-
sprechend werden alsbaldige Einstellungsmöglichkeiten zu erwägen sein.
Für eine gleichwohl etwa erforderliche Hauptverhandlung weist der Senat
höchstvorsorglich auf Folgendes hin:
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Stellt sich der Sachverhalt der Wirtschaftsstrafkammer zur objektiven
Tatseite in seinen wesentlichen Elementen so dar, wie er im angefochtenen
Urteil festgestellt ist, und sollten – was hier keinesfalls fern liegt – ergänzen-
de, ein pflichtwidriges Handeln des Angeklagten tragende Feststellungen
getroffen und ein Vermögensnachteil angenommen werden können, so wird
die Strafbarkeit des Angeklagten von der subjektiven Tatseite abhängen. Be-
legen die durch das Tatgericht festzustellenden Umstände auch weiterhin ein
internationales Handelsgeschäft erfahrener Kaufleute in nicht nur geringem
Umfang über einen längeren Zeitraum hinweg und deren bewusste Unter-
werfung unter fremdes Recht, müssen Zweifel am Wissen um die durch aus-
ländisches Recht konstituierten Pflichten nicht aufkommen (vgl. dazu Worm
aaO S. 112; Rönnau ZGR 2005, 832, 856).
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Basdorf Schaal Schneider
König Bellay