Urteil des BGH vom 13.12.2012

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 298/11
Verkündet am:
13. Dezember 2012
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2, § 242 Cb
Die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Beratungsfehler eines An-
lageberaters lässt sich nicht schon daraus herleiten, dass der Ehegatte des An-
legers den Anlageprospekt nach Einstellung der prospektierten Ausschüttungen
"genau durchgelesen" hat. Die bei der Lektüre des Prospekts gewonnenen Er-
kenntnisse muss sich der Anleger nur dann zurechnen lassen, wenn der Ehe-
gatte als Wissensvertreter des Anlegers tätig geworden ist. Dies setzt insbe-
sondere voraus, dass ihm im Zusammenhang mit der Verfolgung des Scha-
densersatzanspruchs gegen den Berater die Kenntnisnahme von bestimmten
Tatsachen oder die Vornahme der erforderlichen Tatsachenfeststellungen über-
tragen worden ist. Letzteres darf auch bei Ehegatten nicht schlicht vermutet,
sondern muss vom Tatrichter auf der Grundlage hinreichend tragfähiger An-
haltspunkte festgestellt werden.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - III ZR 298/11 - OLG Dresden
LG Dresden
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 5. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. November 2011 aufge-
hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit seiner im Jahre 2009 eingereichten Klage nimmt der Kläger den Be-
klagten unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Scha-
densersatz in Anspruch.
Auf Empfehlung des Beklagten zeichnete der Kläger im Jahre 1995 für eine
Mindestvertragsdauer von zwölf Jahren eine Beteiligung als atypisch stiller Ge-
sellschafter an der G. AG mit einem Umfang von
insgesamt 62.880 DM (nebst 5 % Agio). Die Zeichnungssumme war (unter Ein-
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schluss des Agios) durch eine Einmalzahlung von 25.200 DM sowie in 144 Mo-
natsraten von jeweils 283,50 DM zu entrichten. Die Einmalzahlung finanzierte
der Kläger in Höhe von 10.500 DM durch ein Darlehen der S. AG,
das er bis 2004 vollständig tilgte. Der Kläger erbrachte für seine Beteiligung
insgesamt Zahlungen in Höhe von 27.836,21 €. Die Ratenzahlung für seine Ein-
lage stellte er im Februar 2002 ein, nachdem die regelmäßigen monatlichen
Ausschüttungen aus der Beteiligung im Jahre 2001 geendet hatten. Im Juni
2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Anlagegesellschaf-
ten der G. Gruppe eröffnet.
Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte habe als Anlageberater
gehandelt und die Beteiligung fehlerhaft als eine sichere und risikolose Kapital-
anlage für die Altersvorsorge dargestellt. Zudem habe er nicht über die Nachtei-
le und Risiken (insbesondere Totalverlustrisiko, fehlende Fungibilität und Ren-
tabilität, eventuelle Nachschusspflicht) aufgeklärt und auch nicht darauf hinge-
wiesen, dass er, der Beklagte, die Plausibilität der Kapitalanlage nicht geprüft
habe.
Der Beklagte hat seine Passivlegitimation in Abrede gestellt. Er hat wei-
ter geltend gemacht, dass er gegenüber dem Kläger allenfalls als Anlagever-
mittler aufgetreten sei. Unter Hinweis auf die Anlegerinformationen in den
Zeichnungsscheinen und im Anlageprospekt hat er sich darauf berufen, dass er
die einen Anlagevermittler treffenden Aufklärungspflichten nicht verletzt habe.
Darüber hinaus hat er die Einrede der Verjährung erhoben.
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Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das
Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers durch
Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-
führt, dem Grunde nach gegebene Schadensersatzansprüche des Klägers sei-
en mit Ablauf des 31. Dezember 2005 verjährt.
Die erforderlichen subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Ver-
jährungsfrist hätten spätestens im Jahre 2002 vorgelegen. Die Person und der
Name des Beklagten seien dem Kläger schon seit 1995 bekannt gewesen. Es
bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass es dem Kläger nicht auf einfache Art und
Weise möglich gewesen wäre, im Jahre 2002 die aktuelle Wohnanschrift des
Beklagten herauszufinden, wenn er diese nicht ohnehin gekannt haben sollte;
Gegenteiliges habe der Kläger nicht vorgetragen.
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Spätestens im Jahre 2002 habe der Kläger auch Kenntnis von der
Pflichtverletzung des Beklagten gehabt. Ihm könne nämlich entgegengehalten
werden, dass seine Ehefrau, die Zeugin P. Sch , ihrem eigenen Bekun-
den nach den Anlageprospekt genau durchgelesen habe, nachdem die Aus-
schüttungen im Jahre 2001 eingestellt worden seien; die hieraus gewonnene
Kenntnis seiner Ehefrau müsse sich der Kläger nach den Grundsätzen der Wis-
sensvertretung sowie nach Treu und Glauben als eigene Kenntnis zurechnen
lassen. Bei der getätigten Kapitalanlage zur Altersvorsorge habe es sich um
eine gemeinschaftliche Aufgabe des Klägers und seiner Ehefrau von einiger
Bedeutung gehandelt, und beide Ehegatten hätten sich fortan - im gemeinsa-
men Interesse - auch mit dieser Anlage beschäftigt. Nach Lage der Umstände
sei davon auszugehen, dass der Kläger seiner Ehefrau die Prospektlektüre
überlassen habe. Zudem seien beide Eheleute dem Beklagten einheitlich als
"Ehepaar Sch. ", das eine gemeinsame Altersvorsorge wünsche, gegen-
übergetreten, so dass es treuwidrig sei, wenn sich der Kläger darauf berufe, die
Kenntnis seiner Ehefrau vom Prospektinhalt sei ihm nicht zuzurechnen. Der
Kläger müsse sich daher so behandeln lassen, als habe er selbst spätestens im
Jahre 2002 den Anlageprospekt durchgelesen. Aus dessen Inhalt ergäben sich
die wesentlichen Risiken der Kapitalanlage (bis hin zum Totalverlustrisiko) und
somit auch die geltend gemachten Beratungsfehler des Beklagten, so dass der
Kläger in der Lage gewesen sei, bereits im Jahre 2002 erfolgversprechend eine
Schadensersatzklage gegen den Beklagten zu erheben.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann das Vorlie-
gen der subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist
(§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nicht angenommen werden.
a) Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungs-
gerichts, es sei davon auszugehen, dass der Kläger die aktuelle Wohnanschrift
des Beklagten im Jahre 2002 entweder gekannt habe oder auf einfache Art und
Weise habe in Erfahrung bringen können.
aa) Die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis von
der Person des Ersatzpflichtigen hat der Geschädigte nur, wenn ihm außer
dessen Name auch die (ladungsfähige) Anschrift bekannt ist (s. etwa BGH, Ur-
teile vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, NJW-RR 2003, 923, 924; vom 6. No-
vember 2007 - VI ZR 182/06, VersR 2008, 129, 130 Rn. 18; vom 23. September
2008 - XI ZR 395/07, NJW 2009, 587, 588 Rn. 12 mwN und vom 28. Februar
2012 - XI ZR 192/11, NJW 2012, 1645 Rn. 14). Von der Kenntnis beziehungs-
weise grob fahrlässigen Unkenntnis der Anschrift ist zwar auszugehen, wenn
zur Erlangung der Kenntnis nur eine einfache Anfrage oder ein Telefonge-
spräch erforderlich sind (s. BGH, Urteil vom 1. April 2003 aaO; vgl. auch BGH,
Urteil vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88, NJW 1989, 2323, 2324). Letzteres darf
aber nicht ohne Rücksicht auf die Lage des Einzelfalls vorausgesetzt, sondern
muss vom Tatrichter festgestellt werden (BGH, Urteil vom 1. April 2003 aaO;
vgl. auch BGH, Urteile vom 6. November 2007 aaO S. 131 Rn. 26 und vom
23. September 2008 aaO).
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Da der Anspruchsgegner (hier: der Beklagte) die Darlegungs- und Be-
weislast für die den Beginn und den Ablauf der Verjährung maßgeblichen Um-
stände trägt (s. etwa BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ
171, 1, 11 Rn. 32; vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576, 2578
Rn. 25; vom 23. September 2008 aaO Rn. 15 und vom 28. Februar 2012 aaO
S. 1646 Rn. 20), ist er grundsätzlich auch gehalten, zum Vorliegen aller subjek-
tiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorzutragen; erst auf Grund
eines solchen Vortrags obliegt es dann dem Anspruchsinhaber, seinerseits an
der Aufklärung mitzuwirken und etwa darzulegen, was er zur Ermittlung der er-
forderlichen Tatsachen unternommen hat (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 aaO
S. 2579 Rn. 33; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 aaO).
bb) Diesen Maßgaben wird die Würdigung des Berufungsgerichts nicht
gerecht. Das Berufungsgericht führt aus, es bestehe kein Anhaltspunkt dafür,
dass es dem Kläger nicht auf einfache Art und Weise möglich gewesen wäre,
im Jahre 2002 die aktuelle Wohnanschrift des Beklagten herauszufinden, wenn
er diese nicht ohnehin gekannt haben sollte, und Gegenteiliges habe der Kläger
auch nicht vorgetragen. Dabei beachtet es nicht, dass die Kenntnis oder grob
fahrlässige Unkenntnis des Anspruchsinhabers von der (ladungsfähigen) An-
schrift des Anspruchsgegners von Letzterem (hier also: vom Beklagten) darzu-
legen und vom Tatrichter festzustellen ist. Der Beklagte hat hierzu freilich nichts
vorgetragen. Wenn der Kläger zu diesem Punkt dann seinerseits nichts (Nähe-
res) vorbringt, sondern das Vorliegen dieser Voraussetzung schlicht in Abrede
nimmt, so genügt dies für die erforderliche Feststellung seiner Kenntnis oder
grob fahrlässigen Unkenntnis nicht.
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cc) Soweit der Beklagte in seiner Revisionserwiderung darlegt, er sei
stets polizeilich gemeldet und im Telefonbuch verzeichnet gewesen, so dass es
für den Kläger ein Leichtes gewesen sei, seine - des Beklagten - Anschrift in
Erfahrung zu bringen, ist dieser neue Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz
nicht zu berücksichtigen (§ 559 Abs. 1 ZPO).
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger müsse sich die Lek-
türe des Anlageprospekts durch seine Ehefrau und die hieraus gewonnenen
Erkenntnisse als eigene Kenntnis zurechnen lassen, ist ebenfalls von Rechtsirr-
tum beeinflusst.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es hin-
sichtlich der Kenntnis der für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden
Umstände grundsätzlich auf die Person des Anspruchsinhabers selbst an (s.
etwa Senat, Urteil vom 29. Januar 1968 - III ZR 118/67, NJW 1968, 988; BGH,
Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 652; vom
19. März 1997 - XII ZR 287/95, NJW 1997, 2049, 2050 und vom 23. Januar
2007 aaO Rn. 35).
Allerdings muss sich der Anspruchsinhaber das Wissen eines Dritten
entsprechend § 166 Abs. 1 BGB und mit Rücksicht auf Treu und Glauben
(§ 242 BGB) dann als eigenes Wissen zurechnen lassen, wenn er den Dritten
mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung be-
traut, insbesondere ihm im Zusammenhang mit der Verfolgung des Anspruchs
die Kenntnisnahme von bestimmten Tatsachen oder die Vornahme der erfor-
derlichen Tatsachenfeststellungen übertragen hat; in diesen Fällen ist der Dritte
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als "Wissensvertreter" des Anspruchsinhabers zu behandeln (s. Senatsurteil
vom 29. Januar 1968 aaO S. 988 f; BGH, Urteile vom 20. Januar 1976 - VI ZR
15/74, NJW 1976, 2344 f; vom 16. Mai 1989 aaO S. 2323 mwN; vom 15. Okto-
ber 1992 aaO; vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, NJW 1994, 1150, 1151;
vom 4. Februar 1997 - VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343, 347 f; vom 19. März
1997 aaO und vom 23. Januar 2007 aaO S. 11 f Rn. 35; vgl. auch Senatsurteil
vom 20. Oktober 2011 - III ZR 252/10, NJW 2012, 447, 448 Rn. 12; BGH, Urteil
vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296). Die hierauf gegründete
Zurechnung umfasst nicht nur das positive Wissen des Wissensvertreters, son-
dern auch seine leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis (vgl. Senatsurteil
vom 20. Oktober 2011 aaO S. 449 Rn. 21; BGH, Urteil vom 16. Mai 1989 aaO
S. 2323 f).
Diese Grundsätze erfahren keine Ausnahme, wenn und soweit es um die
Zurechnung der Kenntnis (oder einer grob fahrlässigen Unkenntnis) des Ehe-
gatten des Anspruchsinhabers geht. Die Auffassung, wonach sich Eheleute in
Bezug auf den Verjährungsbeginn etwa stets wechselseitig ihre Kenntnis oder
grobfahrlässige Unkenntnis zurechnen lassen müssten, findet im geltenden
Recht keine Grundlage; sie liefe auch auf eine verfassungsrechtlich unzulässige
Benachteiligung Verheirateter (Art. 6 Abs. 1 GG) hinaus (vgl. BVerfGE 76, 126,
129) und wird - soweit ersichtlich - weder im Schrifttum noch in der Rechtspre-
chung vertreten. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem Urteil
des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 1976 (VI ZR 15/74 aaO). Im dortigen
Fall bejahte der Bundesgerichtshof eine Wissenszurechnung unter Ehegatten
nach den Grundsätzen über den Wissensvertreter mit der Begründung, dass
die Ehefrau "die ganze Angelegenheit ihrem Ehemann überlassen hat". Dabei
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ging es um Schadensersatzansprüche des gemeinsamen minderjährigen Kin-
des der Ehegatten wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers (Strahlenscha-
den) und die diesbezüglichen Kenntnisse beider Ehegatten als gemeinsame
gesetzliche Vertreter ihres Kindes, mithin um einen Gegenstand der gemein-
schaftlichen elterlichen Sorge. Eine Abweichung von den vorgenannten Grund-
sätzen über die Zurechnung der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis
eines "Wissensvertreters" ist hiernach nicht erkennbar.
Sonach kommt es für die Frage, ob der Kläger sich die Prospektlektüre
seiner Ehefrau verjährungsrechtlich zurechnen lassen muss, maßgeblich darauf
an, ob die oben beschriebenen Voraussetzungen für die Annahme einer Wis-
sensvertretung vorliegen. Soweit das Berufungsgericht die Wissensvertretung
und den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nebeneinander gestellt
und eine parallele und "isolierte" Anwendung von § 242 BGB bejaht hat, hat es
nicht berücksichtigt, dass das Institut der Wissensvertretung seinerseits - neben
§ 166 Abs. 1 BGB - auf § 242 BGB gegründet ist. Für einen parallelen und iso-
lierten Rückgriff auf § 242 BGB besteht neben dem Institut der Wissensvertre-
tung in aller Regel - und so auch im vorliegenden Fall - weder ein Bedarf noch
ein rechtfertigender Anlass.
bb) Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands können die
Voraussetzungen einer Wissensvertretung des Klägers durch seine Ehefrau
indessen nicht bejaht werden.
Für die Annahme einer Wissensvertretung des Klägers durch seine Ehe-
frau genügt es nicht, dass die Kapitalanlage unter Mitwirkung der Ehefrau des
Klägers und im gemeinsamen Interesse der Altersvorsorge beider Ehegatten
eingegangen wurde. Erforderlich ist vielmehr, dass der Kläger seine Ehefrau im
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Zusammenhang mit der Verfolgung der hier in Rede stehenden Schadenser-
satzansprüche mit der Kenntnisnahme oder der Ermittlung von Tatsachen, hier
insbesondere der Lektüre des Anlageprospekts, betraut hatte. Die hiernach ge-
botene willentliche und bewusste Einschaltung des Ehegatten als Wissensver-
treter des Anspruchsinhabers darf nicht schlicht vermutet, sondern muss vom
Tatrichter auf der Grundlage hinreichend tragfähiger Anhaltspunkte festgestellt
werden. Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch weder aus der Aussage der
Zeugin Sch. noch aus dem Vortrag der Prozessparteien. Dass die Ehefrau
des Klägers nach ihrer Bekundung den Anlageprospekt "im Zusammenhang mit
der Einstellung der Ausschüttungen durch die G. Gruppe" - also schon in
einer gewissen "Krisenlage" - durchlas, lässt entgegen der Meinung des Beru-
fungsgerichts nicht ohne Weiteres den Schluss darauf zu, dass dies mit Wissen
und Wollen des Klägers geschehen sei, etwa in dem Sinne, dass er die Pros-
pektlektüre seiner Ehefrau übertragen habe. Letzteres hat der Kläger vielmehr
ausdrücklich in Abrede gestellt, und der - insoweit darlegungs- und beweisbe-
lastete - Beklagte hat eine entsprechende Behauptung, worauf die Revision mit
Recht hinweist, seinerseits auch gar nicht vorgetragen.
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Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO)
und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-
richt zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563
Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Zu Grund und Höhe des Schadensersatzan-
spruchs hat das Berufungsgericht, soweit ersichtlich, noch keine abschließen-
den Feststellungen getroffen. Darüber hinaus wird der Beklagte Gelegenheit
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haben, zum Vorliegen der Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist
gegebenenfalls ergänzend vorzutragen.
Schlick
Herrmann
Hucke
Tombrink
Remmert
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 26.02.2010 - 9 O 1931/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 17.11.2011 - 5 U 488/10 -