Urteil des BGH vom 09.10.2008
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 138/06
Verkündet
am:
9.
Oktober
2008
Preuß
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
InsO §§ 93, 139
a) Hat der persönlich haftende Gesellschafter vor Eröffnung des Insolvenzver-
fahrens über das Vermögen der Gesellschaft Leistungen an einen Gesell-
schaftsgläubiger erbracht, ist grundsätzlich der Insolvenzverwalter über das
Vermögen der Gesellschaft zur Anfechtung berechtigt.
b) Im Falle der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter steht das
Recht zur Insolvenzanfechtung dem Insolvenzverwalter über das Vermögen
des Gesellschafters zu, der von dem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch ge-
nommen worden ist. Der Anfechtungszeitraum errechnet sich in diesem Fall
nach dem früher gestellten Insolvenzantrag.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 138/06 - Kammergericht
LG
Berlin
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die
Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 7. Zivilse-
nats des Kammergerichts in Berlin vom 20. Juni 2006 und das Ur-
teil der Zivilkammer 8 des Landgerichts Berlin vom 23. Dezember
2005 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 100.987,41 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 97.668,48 € seit dem 23. Februar 2005 sowie aus weiteren
3.318,93 € seit dem 16. August 2005 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abge-
wiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 11. Februar 2004
am 25. August 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des
G. B. (fortan: Schuldner). Der Schuldner ist Komplementär der Kunst-
stofftechnik B. KG (fortan: KG), über deren Vermögen auf den am 23. Ok-
tober 2003 gestellten Insolvenzantrag am 6. Januar 2004 das Insolvenzverfah-
ren eröffnet wurde.
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Die Beklagte betrieb gegen die KG und den Schuldner aus einem rechts-
kräftigen Versäumnisurteil über 183.456,90 € nebst Zinsen die Zwangsvollstre-
ckung. Sie erwirkte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betreffend
eine Darlehensforderung des Schuldners gegen die I. Bank B.
(fortan: Drittschuldnerin), welcher dieser am 10. Oktober 2003 zugestellt wurde.
Die Drittschuldnerin zahlte aufgrund der Pfändung am 3. November 2003 einen
Teilbetrag von 3.318,93 € an die Beklagte aus. Im Juli 2004 kündigte die Dritt-
schuldnerin das Darlehen und zahlte einen weiteren Betrag von 97.668,48 € an
die Beklagte.
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Der Kläger hat sich auf die Anfechtbarkeit des Pfändungspfandrechts der
Beklagten berufen und von dieser Zahlung des von der Drittschuldnerin geleis-
teten Gesamtbetrages von 100.987,41 € nebst Zinsen begehrt. Die Vorinstan-
zen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision
verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers hat bis auf einen Teil des verfolgten Zinsan-
spruchs Erfolg und führt insoweit zur Verurteilung der Beklagten.
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I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: In der Insolvenz der Gesellschaft
stelle § 93 InsO Leistungen aus dem Gesellschaftervermögen denjenigen aus
dem Gesellschaftsvermögen dadurch gleich, dass die Leistungen an den Gläu-
biger einheitlich nur über den Insolvenzverwalter der Gesellschaft abzuwickeln
seien. Daher müssten zum Schutz der Insolvenzmasse die Anfechtungsregeln
auch für Leistungen aus dem Gesellschaftervermögen zur Anwendung gelan-
gen. Anwendbar sei hier die Vorschrift des § 131 InsO, weil die Beklagte die
Leistungen auf der Grundlage von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt
habe. Für die Berechnung des Anfechtungszeitraumes nach § 131 Abs. 1 Nr. 1
InsO komme es auf den Insolvenzantrag der Gesellschaft an, so dass die Pfän-
dung in der kritischen Zeit erfolgt sei. Der Kläger könne gleichwohl nicht anfech-
ten, weil die Geltendmachung der persönlichen Haftung des Schuldners gemäß
§ 93 InsO dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft zuge-
wiesen sei. Nur diesem stehe das Anfechtungsrecht zu. Eine Regelung für ei-
nen Übergang des Rechts aus § 93 InsO und des hieraus abgeleiteten Anfech-
tungsrechts auf den Insolvenzverwalter des Gesellschafters nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen fehle.
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- 5 -
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in dem entscheidenden
Punkt nicht stand.
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Dem klagenden Insolvenzverwalter kann die Berechtigung zur Anfech-
tung nicht abgesprochen werden. Hierbei ist zwischen der am 3. November
2003 erfolgten Zahlung (dazu unter 1.) und derjenigen im Jahr 2004 (dazu unter
2.) zu unterscheiden. Die erste Zahlung erbrachte die Drittschuldnerin noch vor
der Eröffnung der Insolvenzverfahren über die Vermögen der KG und des
Schuldners. Der genaue Zeitpunkt der zweiten Zahlung ist zwar nicht festge-
stellt; diese erfolgte jedoch nach der Kündigung des Darlehens durch die Dritt-
schuldnerin im Juli 2004 und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über das Vermögen der KG im Januar 2004.
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1. Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die vor der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft durch
den Gesellschafter erbrachte Leistung könne in entsprechender Anwendung
der §§ 93, 129 ff InsO angefochten werden. Die Auffassung des Berufungsge-
richts, das Anfechtungsrecht stehe wegen der Doppelinsolvenz allein dem In-
solvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft zu, ist indes abzulehnen.
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a) Nach § 93 InsO kann im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer
Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit die persönliche Haftung eines Gesell-
schafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, insbesondere diejenige des
Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft,
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während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur von dem Insolvenzverwalter
der Gesellschaft geltend gemacht werden.
aa) Von dieser Regelung gehen zwei Wirkungen aus, die Sperrwirkung
und die Ermächtigungswirkung (vgl. MünchKomm-InsO/Brandes, 2. Aufl. § 93
Rn. 13; Jaeger/Müller, InsO § 93 Rn. 2; HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 93 Rn. 1).
Die Sperrwirkung besteht darin, dass die Gläubiger nicht mehr gegen den per-
sönlich haftenden Gesellschafter vorgehen können und dieser nicht mehr be-
freiend an die Gläubiger der Gesellschaft leisten kann. Sie schließt den Direkt-
zugriff gegen den Gesellschafter zugunsten der Gleichbehandlung der Gläubi-
ger aus, die ihre Forderungen im Verfahren über das Vermögen der Gesell-
schaft anmelden müssen. Der Gläubiger kann also während der Dauer des Ver-
fahrens seinen Haftungsanspruch gegen den persönlich haftenden Gesellschaf-
ter weder durch Klage noch durch Zwangsvollstreckung durchsetzen (vgl.
MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 93 Rn. 13).
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Die Ermächtigungswirkung verleiht dem Insolvenzverwalter über das
Vermögen der Gesellschaft die treuhänderische Befugnis, die Forderungen der
Gesellschaftsgläubiger gegen die Gesellschaft gebündelt einzuziehen (BGHZ
27, 51, 56; 42, 192, 193 f, je zu § 171 Abs. 2 HGB; BGH, Urt. v. 9. Oktober
2006 - II ZR 193/05, ZIP 2007, 79, 80 Rn. 9; MünchKomm-InsO/Brandes, aaO
§ 93 Rn. 14; Prütting ZIP 1997, 1725, 1732). Hierbei handelt es sich wie bei
§ 171 Abs. 2 HGB nicht um einen gesetzlichen Forderungsübergang. Der in
Anspruch genommene Gesellschafter tilgt durch die Zahlung an den Insolvenz-
verwalter der Gesellschaft konkrete Gläubigerforderungen, deren Selbständig-
keit durch die Verfahrenseröffnung unangetastet geblieben ist (BGH, Urt. v.
9. Oktober 2006 aaO S. 80 Rn. 9). Zweck der Regelung des § 93 InsO ist es,
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einen Wettlauf der Gläubiger bei der Inanspruchnahme der persönlich haften-
den Gesellschafter zu verhindern, den Haftungsanspruch der Gläubiger der
Masse zuzuführen und auf diese Weise den Grundsatz der gleichmäßigen Be-
friedigung der Insolvenzgläubiger auf die Gesellschafterhaftung auszudehnen
(vgl. MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 93 Rn. 1). Zugleich wird ein Beitrag zur
Überwindung der Massearmut geleistet. Es wird verhindert, dass der Antrag auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft man-
gels Masse abgewiesen werden muss, obwohl ein persönlich haftender Gesell-
schafter über ausreichendes Vermögen verfügt (vgl. BT-Drucks. 12/2443
S. 140).
bb) Diese Zwecke ließen sich nur eingeschränkt erreichen, wenn die in
der Krise (materielle Insolvenz) der Gesellschaft, jedoch vor Eröffnung des In-
solvenzverfahrens über das Gesellschaftsvermögen durch den persönlich haf-
tenden Gesellschafter erbrachten Leistungen nicht in den Anwendungsbereich
des § 93 InsO einbezogen wären. Deshalb wird im Schrifttum allgemein gefor-
dert, die Ermächtigungswirkung auf das Anfechtungsrecht zu erstrecken
(MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 93 Rn. 30; Jaeger/Müller, aaO § 93 Rn. 50;
Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 93 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Pohlmann, 2. Aufl.
§ 93 Rn. 53; Braun/Kroth, InsO 3. Aufl. § 93 Rn. 37; Bork in Kölner Schrift zur
Insolvenzordnung, 2. Aufl. S. 1333, 1344 Rn. 27; zur vergleichbaren Regelung
des § 171 Abs. 2 HGB vgl. auch MünchKomm-HGB/K. Schmidt §§ 171, 172
Rn. 107; Häsemeyer ZHR 149 (1985), 42, 57). Dieser entsprechenden Anwen-
dung des § 93 InsO ist zuzustimmen. Die Verwirklichung der Gläubigergleich-
behandlung in der Insolvenz der Gesellschaft hängt nicht davon ab, ob ein
Gläubiger die Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen oder dem haftungs-
rechtlich gleichgestellten Vermögen des Gesellschafters erhält. Da die Rege-
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lung des § 93 InsO allgemein darauf abzielt, dass sich keiner der Gläubiger
durch einen schnellen Zugriff auf das Vermögen des persönlich haftenden Ge-
sellschafters Sondervorteile verschafft (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 140), kann
nicht auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung abgestellt und ein solcher
Gläubiger begünstigt werden, dem es noch gelungen ist, den vom Gesetz miss-
billigten Vorteil in der Krise der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter
durchzusetzen.
cc) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die entsprechende An-
wendung des § 93 InsO auch auf den hier gegebenen Fall der Doppelinsolvenz
von Gesellschaft und haftendem Gesellschafter zu erstrecken. Dagegen beste-
hen durchgreifende Bedenken. In der Insolvenz des persönlich haftenden Ge-
sellschafters steht die Ausübung der Anfechtungsbefugnisse allein dem Insol-
venzverwalter über das Gesellschaftervermögen zu (wie hier Braun/Kroth, aaO
§ 93 Rn. 37; HmbKomm-InsO/Pohlmann, aaO § 93 Rn. 53; MünchKomm-
InsO/Brandes, aaO § 93 Rn. 30; s. ferner Häsemeyer, Insolvenzrecht 4. Aufl.
Rn. 31.19; Brinkmann, Die Bedeutung der §§ 92, 93 InsO für den Umfang der
Insolvenz- und Sanierungsmasse (2001) S. 136 f; Runkel/J. M. Schmidt ZInsO
2007, 505, 509; im Ergebnis auch OLG Rostock, ZInsO 2004, 555).
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(1) Im Falle der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und persönlich haften-
dem Gesellschafter tritt der Gesichtspunkt der Ausschaltung des "schnelleren
Zugriffs" zurück. In der amtlichen Begründung wird zu der gesetzlich unmittelbar
geregelten Konstellation des § 93 InsO (Einforderung nach Verfahrenseröffnung
durch den Insolvenzverwalter der Gesellschaft) hervorgehoben, dass gegebe-
nenfalls ein besonderes Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gesell-
schafters zu eröffnen sei, an dem dessen persönliche Gläubiger gleichberech-
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tigt mit dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft teilnähmen (BT-Drucks.
12/2443 S. 140). Sieht der Gesetzgeber die Gesellschaftsinsolvenz und die Ge-
sellschafterinsolvenz danach als voneinander unabhängig an, kann nicht der
Insolvenzverwalter der Gesellschaft Anfechtungsrechte in der Person des Ge-
sellschafters wahrnehmen.
(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist unabhängig
davon, ob der Anfechtungsanspruch als obligatorischer Rückgewähranspruch
zu verstehen ist (so BGHZ 71, 296, 302; 101, 286, 288), grundsätzlich ein Aus-
sonderungsrecht des Insolvenzverwalters in der Insolvenz des Anfechtungs-
gegners anzunehmen (BGHZ 156, 350, 359). Dies hat der Senat mit der durch
das Insolvenzanfechtungsrecht bewirkten Änderung der Vermögenszuordnung
begründet. Gegenstände, die aufgrund einer in den §§ 129 ff InsO genannten
Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sind,
müssen auf die Anfechtung des Verwalters hin der den Gläubigern haftenden
Masse wieder zugeführt werden. Sie werden damit als ein dem Zugriff der Gläu-
bigergesamtheit zur Verfügung stehendes Objekt der Vermögensmasse des
insolventen Schuldners behandelt (BGHZ aaO S. 360). Dieses Ergebnis bei
anfechtbaren Deckungen von Haftungsansprüchen wiederherzustellen, gehört
zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Gesellschaf-
ters (§ 80 Abs. 1 InsO), dessen Vermögen zu Lasten der Gläubigergesamtheit
durch die Rechtshandlungen zu Gunsten einzelner Gesellschaftsgläubiger ge-
mindert worden ist (§ 129 Abs. 1 InsO). Für eine aus der treuhänderischen Ein-
ziehungsbefugnis abgeleitete Anfechtungsbefugnis des Insolvenzverwalters
über das Vermögen der Gesellschaft ist nur dort ausnahmsweise Raum, wo die
Anfechtung andernfalls gänzlich ausgeschlossen wäre, weil über das durch die
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benachteiligende Rechtshandlung geminderte Vermögen des Gesellschafters
(noch) kein Insolvenzverfahren eröffnet ist.
(3) Ist über das Vermögen des dem Haftungsanspruch ausgesetzten Ge-
sellschafters ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden, besteht auch
sonst kein sachlicher Grund, dem Insolvenzverwalter der Gesellschafterinsol-
venz die Ausübung des Anfechtungsanspruchs abzuschneiden. Der begünstig-
te Gläubiger hat das Erhaltene zur Masse der Gesellschafterinsolvenz zurück-
zugewähren und kann seine Forderung (ausschließlich) im Insolvenzverfahren
über das Gesellschaftsvermögen anmelden. Der Verwalter über das Gesell-
schaftsvermögen wird sodann den entsprechenden Haftungsanspruch gegen
den Gesellschafter geltend machen und darauf eine - durch die erfolgreiche
Anfechtung erhöhte - Quote erhalten (vgl. MünchKomm-InsO/Brandes, aaO
§ 93 Rn. 23). Im Ergebnis ist damit der Zustand wiederhergestellt, der ohne die
angefochtene Rechtshandlung bestanden hätte, wenn also der Gläubiger von
vornherein nur eine Forderung im Insolvenzverfahren der Gesellschaft hätte
anmelden können, deren Verwalter gemäß § 93 InsO den Gesellschafter hätte
in Anspruch nehmen und sich aus dessen (nicht durch die angefochtene
Rechtshandlung geminderten) Vermögen hätte befriedigen können. Es bedarf
daher, um die Ziele der §§ 93, 129 ff InsO zu erreichen, keiner Übertragung des
Anfechtungsrechts auf den Verwalter des Gesellschaftsvermögens.
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(4) Würde dem Verwalter über das Gesellschaftsvermögen in der Insol-
venz des Gesellschafters gestattet, von diesem an Gesellschaftsgläubiger er-
brachte Leistungen der Anfechtung zu unterwerfen, würde die Masse der Ge-
sellschaft zum Nachteil der Masse des Gesellschafters unzulässig begünstigt.
Die Gesellschaft kann sich dem Risiko, dass der Gesellschafter in Insolvenz
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fällt und Haftungsansprüche nicht mehr voll befriedigt werden, nicht entziehen,
indem ihr die Anfechtungsansprüche gegen die Gläubiger des Gesellschafters
zugewiesen werden.
b) Das Berufungsurteil stellt sich hinsichtlich der Zahlung vom
3. November 2003 auch nicht aus einem anderen Grunde als richtig dar (§ 561
ZPO). Insbesondere scheitert die Insolvenzanfechtung des Klägers nicht daran,
dass der Anfechtungszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO die anfechtbare
Leistung nicht erfasst. Maßgeblich ist der Insolvenzantrag vom 23. Oktober
2003 über das Vermögen der KG, nicht derjenige vom 11. Februar 2004 über
das Vermögen des Schuldners.
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aa) Die Vorschriften der § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 139 Abs. 1 und 2 Satz 1
InsO gehen allerdings davon aus, dass sich die Monatsfrist grundsätzlich nach
dem Insolvenzantrag berechnet, der zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über das Vermögen des Schuldners geführt hat. Dies ist im Streitfall der Eigen-
antrag des Schuldners vom 11. Februar 2004. Wäre dieser Antrag entschei-
dend, läge der Zeitpunkt gemäß § 140 Abs. 1 InsO (Zustellung des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses an die Drittschuldnerin gemäß § 829 Abs. 3
ZPO; vgl. BGHZ 162, 143, 146) außerhalb des durch §§ 130, 131 InsO ge-
schützten Zeitraums. Für die Maßgeblichkeit des Eigenantrags lässt sich anfüh-
ren, dass Gesellschafter- und Gesellschaftsinsolvenzverfahren rechtlich selb-
ständige Verfahren sind (vgl. MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 93 Rn. 29;
Jaeger/Müller, aaO § 93 Rn. 65), was auch dadurch unterstrichen wird, dass in
der Insolvenz des Gesellschafters die Ansprüche der Privatgläubiger mit den
Haftungsansprüchen der Gesellschaftsgläubiger konkurrieren. Im Allgemeinen
gilt deshalb auch in der Gesellschafterinsolvenz, dass bei mehreren Insolvenz-
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anträgen gegen verschiedene Personen, die zu unterschiedlichen Zeiten beim
Gericht eingegangen sind, die für die Anfechtbarkeit maßgeblichen Fristen ge-
trennt zu berechnen sind, selbst wenn die Personen gesellschaftsrechtlich oder
durch Mithaftung miteinander verbunden sind (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof,
aaO § 139 Rn. 5; Jaeger/Henckel, aaO § 139 Rn. 4).
bb) Dieser Grundsatz erfährt jedoch bei der Anfechtung von Zahlungen
des Gesellschafters an Gesellschaftsgläubiger zur Erfüllung von Haftungsan-
sprüchen, die nach Verfahrenseröffnung der Vorschrift des § 93 InsO unterfie-
len, eine Einschränkung. Im Regelfall wird der Insolvenzantrag für die Gesell-
schaft zu einem früheren Zeitpunkt gestellt werden als derjenige für den Gesell-
schafter, weil dieser gerade als Folge der sich anschließenden persönlichen
Inanspruchnahme insolvent werden wird (vgl. Uhlenbruck/Hirte, aaO § 93 Rn. 1
a.E.; OLG Rostock ZInsO 2004, 555). Selbst wenn ein aus § 93 InsO in Verbin-
dung mit §§ 130, 131 InsO analog hergeleiteter Anspruch des Insolvenzverwal-
ters der Gesellschaft im Zeitpunkt der Eröffnung der Gesellschaftsinsolvenz
ohne weiteres begründet wäre, könnte dem Rückgewähranspruch durch das
über das Vermögen des Gesellschafters eröffnete Insolvenzverfahren nachträg-
lich der Boden entzogen werden, falls der Antrag nach Ablauf der Fristen der
§§ 130, 131 InsO gestellt werden würde. Im Extremfall könnte sogar ein Gläu-
biger, der sich kurz vor der Antragsstellung über das Vermögen der Gesell-
schaft durch Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftervermögen eine Teilbe-
friedigung verschafft hat und von dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft we-
gen dieser Leistung mit Aussicht auf Erfolg im Wege der Insolvenzanfechtung in
Anspruch genommen werden könnte, sich diesem Anspruch dadurch entzie-
hen, dass er nach Ablauf der Drei-Monats-Frist wegen seiner unbefriedigt ge-
bliebenen Restforderung Insolvenzantrag gegen den Gesellschafter stellt.
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Aus der Bündelungsfunktion des § 93 InsO folgt deshalb, dass sich in der
Gesellschafterinsolvenz in Bezug auf die Haftungsansprüche die "kritische" Zeit
nach dem gemäß § 139 InsO maßgeblichen Insolvenzantrag der Gesellschaft
berechnet, falls ein solcher Antrag demjenigen über das Vermögen des Gesell-
schafters vorausgegangen ist.
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cc) Die weiteren Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung sind gege-
ben. Insbesondere liegt eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) vor.
Eine Befriedigung aufgrund eines anfechtungsfesten Absonderungsrechts (§ 50
Abs. 1 InsO) benachteiligt die Insolvenzgläubiger zwar nicht (BGHZ 157, 350,
353; BGH, Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 30/07, ZIP 2008, 183, 184
Rn. 13, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ 174, 297). Im Streitfall ist das
Pfändungspfandrecht der Beklagten jedoch anfechtbar; insoweit wird auf die
nachfolgenden Ausführungen unter 2. verwiesen.
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2. Die Zahlung der Drittschuldnerin von 97.668,48 € ist zwar nach Eröff-
nung des Verfahrens über das Vermögen der KG erfolgt, jedoch auf der Grund-
lage eines von der Beklagten vor Verfahrenseröffnung mit der Zustellung des
Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Drittschuldnerin am
10. Oktober 2003 erworbenen Pfändungspfandrechts. Der Kläger hat dieses
Pfändungspfandrecht mit der Begründung angefochten, dass es sich um eine
inkongruente Sicherungsmaßnahme im letzten Monat vor der Antragsstellung
(§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO) handele.
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Auch insoweit greift die Anfechtung durch. Nach § 131 Abs. 1 InsO sind
auch Rechtshandlungen anfechtbar, die dem Insolvenzgläubiger eine Siche-
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rung gewähren oder ermöglichen. Hierzu gehört die von der Beklagten ausge-
brachte Pfändung.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats steht der isolierten Anfechtung
der Sicherung nicht entgegen, dass die Erfüllungshandlung ihrerseits anfecht-
bar ist (vgl. BGHZ 150, 122, 125 f; BGH, Urt. v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99,
ZIP 2000, 898). Dies folgt aus dem anerkannten insolvenzrechtlichen Grund-
satz, dass jede Rechtshandlung selbständig auf ihre Ursächlichkeit für gläubi-
gerbenachteiligende Folgen zu überprüfen und gegebenenfalls in deren Anfech-
tung einzubeziehen ist, mögen sich die Rechtshandlungen auch wirtschaftlich
ergänzen (BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, WM 2006, 1731, 1733
Rn. 14; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 55).
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b) Dies gilt auch für Sicherungshandlungen zu Lasten des Vermögens
eines persönlich haftenden Gesellschafters, der von dem Gesellschaftsgläubi-
ger in dieser Eigenschaft in Anspruch genommen wird. Auch diese unterliegen
der Insolvenzanfechtung (vgl. Braun/Kroth, aaO § 93 Rn. 37; BK-InsO/Blersch/
v. Olshausen, § 93 Rn. 4; Oepen, Massefremde Masse, S. 66 f Rn. 132, 134,
jeweils für eine Anfechtbarkeit der Sicherung nach § 16 Abs. 2 AnfG in Verbin-
dung mit § 130 InsO). Die direkte Anwendung des § 93 InsO nach Eröffnung
des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft reicht allein nicht
aus, um in dieser Konstellation die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger der
Gesellschaft zu gewährleisten. Wenn die Begründung des Pfändungspfand-
rechts in der Krise der Gesellschaft nicht für anfechtbar gehalten wird, kann der
nach Verfahrenseröffnung befriedigte Gläubiger dem sich auf § 93 InsO be-
rufenden Insolvenzverwalter entgegenhalten, die vom Drittschuldner erhaltene
Leistung sei durch das - dann unanfechtbar erlangte - Pfändungspfandrecht
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gedeckt. Gegenüber einem unanfechtbaren Pfändungspfandrecht könnte sich
die Sperr- und Ermächtigungsfunktion des § 93 InsO nicht durchsetzen (vgl.
Oepen, aaO S. 99 Rn. 190). Die Rechtslage ist vergleichbar mit der bei durch
dingliche Sicherheiten unanfechtbar begründeten Absonderungsrechten, die
der Insolvenzverwalter nicht an sich ziehen kann, sondern dem Gläubiger zu
belassen hat (MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 93 Rn. 21; Häsemeyer, aaO
Rn. 31.20 a; Oepen ZInsO 2002, 162, 168 f), oder bei einer Parallelsicherheit
durch Bürgschaft des persönlich haftenden Gesellschafters, welche nicht von
§ 93 InsO erfasst wird (BGHZ 151, 245, 249 f; MünchKomm-InsO/Brandes,
aaO). Bei Unanfechtbarkeit der Sicherung stünde der Gläubiger somit besser
als in dem Fall, dass er vor der Insolvenzeröffnung nicht nur eine Sicherung,
sondern eine (teilweise) Befriedigung erhalten hat. Dies widerspricht der ge-
setzlichen Wertung der Insolvenzordnung, nach der eine Sicherung gegenüber
einer Befriedigung nicht bevorzugt wird.
III.
1. Das angefochtene Urteil kann damit nicht bestehen bleiben. Es ist auf-
zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechts-
verletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt
erfolgt und die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsge-
richts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachent-
scheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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2. Der Zinsanspruch ist nur teilweise, nämlich in Höhe von fünf Prozent-
punkten über dem Basiszinssatz ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens be-
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rechtigt (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291 ZPO;
BGHZ 171, 38, 43 Rn. 13 ff). Die Vorschrift des § 288 Abs. 2 BGB findet hinge-
gen keine Anwendung, weil keine Entgeltforderung im Sinne dieser Vorschrift
erhoben wird (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl. § 288 Rn. 19 in Verbindung
mit § 286 Rn. 75; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 288 Rn. 8 in Verbindung
mit § 286 Rn. 27). Da die Zinsen erst ab Zeitpunkten nach der Eröffnung be-
gehrt werden, sind für den Zinsbeginn jene maßgeblich (§ 308 Abs. 1 Satz 2
ZPO).
Ganter
Kayser
Gehrlein
Fischer
Grupp
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 23.12.2005 - 8 O 126/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 20.06.2006 - 7 U 13/06 -