Urteil des BGH vom 03.05.2000

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 42/98
Verkündet am:
3. Mai 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 571 Abs. 1; ZPO §§ 1029 Abs. 1, 1032 Abs. 1;
Haben die Parteien eines Mietvertrages für Ansprüche aus dem Mietverhältnis eine
Schiedsvereinbarung getroffen und tritt ein Erwerber des vermieteten Hausgrund-
stücks nach § 571 Abs. 1 BGB an Stelle des Vermieters in die sich aus dem Miet-
verhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, so bleibt die Schiedsvereinbarung
auch im Verhältnis zwischen dem Erwerber und dem Mieter wirksam.
BGH, Urteil vom 3. Mai 2000 - XII ZR 42/98 - OLG München
LG München II
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts München vom 11. November 1997 wird auf Kosten des
Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die V. GmbH vermietete im Jahre 1987 ein Geschäftshaus an den
eingetragenen Verein G. . Nach dem schriftlichen Mietvertrag hatte der
Mieter als Mietsicherheit eine Bankbürgschaft zu stellen. Weiter heißt es in
dem Mietvertrag, alle Streitigkeiten aus dem Mietverhältnis sollten unter Aus-
schluß des ordentlichen Rechtswegs entsprechend einem in der Anlage bei-
gefügten Schiedsvertrag durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Den in
dem Mietvertrag bezeichneten Schiedsvertrag haben die Parteien in geson-
derter Urkunde abgeschlossen.
Anfang 1993 veräußerte die V. GmbH das Anwesen an die Beklagte
und übergab ihr die Bankbürgschaftsurkunde. In den folgenden Monaten kam
der Mieter mit der Zahlung von Mietzins und Nebenkostenvorauszahlungen in
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Verzug. Am 31. Juli 1993 wurde über das Vermögen des Mieters das Konkurs-
verfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestimmt.
Die Beklagte befriedigte sich wegen ihrer offenstehenden Forderungen
gegen den Gemeinschuldner aus der Bankbürgschaft. Da der Nachfolgemieter
jedoch anschließend den Mietzins für einige Monate nachzahlte, ergab sich,
daß die Beklagte aus der Bankbürgschaft mehr erhalten hatte, als sie zur Be-
friedigung ihrer Forderungen benötigte. Von dem überschießenden Betrag
überwies sie 10.703,27 DM an die V. GmbH, weil - unbestritten - der V.
GmbH noch ein Zahlungsanspruch in dieser Höhe aus der Nebenkostenab-
rechnung für das Jahr 1992 zustand. Nur den Rest des überschießenden Be-
trages überwies die Beklagte an den Kläger.
Der Kläger ist der Ansicht, bei dem Anspruch der V. GmbH auf Zah-
lung der noch offenstehenden Nebenkosten für das Jahr 1992 handele es sich
um eine nichtbevorrechtigte Konkursforderung. Die Beklagte habe nicht mit
befreiender Wirkung an die V. GmbH zahlen können. Mit der Klage verlangt
er von der Beklagten die Zahlung von 10.703,27 DM zuzüglich Zinsen.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, die zwischen den ursprünglichen
Mietparteien vereinbarte Schiedsgerichtsabrede sei auch zwischen den Partei-
en des vorliegenden Rechtsstreits wirksam.
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, die Berufung
des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt er
den geltendgemachten Zahlungsanspruch weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision ist aufgrund der Zulassung statthaft und auch sonst zuläs-
sig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu
Recht als unzulässig abgewiesen und das Oberlandesgericht hat die Berufung
gegen dieses Urteil zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unzulässig, weil
zwischen den Parteien bezüglich des mit der Klage geltendgemachten An-
spruchs eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, auf die sich die Beklagte
rechtzeitig berufen hat (§ 1032 Abs. 1 ZPO; bis zum 31. Dezember 1997
§ 1027 a ZPO a.F.).
1. Das Berufungsgericht führt aus, bei Abschluß des Mietvertrages sei
zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien wirksam eine Schiedsvereinba-
rung getroffen worden, die den Weg zu den ordentlichen Gerichten ausschlie-
ße und auch den mit der vorliegenden Klage geltendgemachten Anspruch er-
fasse. An eine von dem Gemeinschuldner getroffene Schiedsabrede sei auch
der Konkursverwalter gebunden. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu
beanstanden (vgl. zur Bindung des Konkursverwalters BGHZ 24, 15, 18) und
werden auch von der Revision nicht angegriffen.
Weiter führt das Berufungsgericht aus, die Beklagte sei nach § 571 BGB
mit dem Erwerb des Eigentums an dem Hausgrundstück auf Vermieterseite in
das Mietverhältnis eingetreten. Es handele sich um einen "gesetzlich normier-
ten Fall einer Vertragsübernahme", der zu beurteilen sei wie eine Vertrags-
übernahme kraft Vereinbarung. Es entspreche aber ständiger Rechtsprechung,
daß der Rechtsnachfolger sowohl bei der Abtretung einzelner Rechte aus ei-
nem Vertrag als auch bei einer Vertragsübernahme an eine von dem Rechts-
vorgänger getroffene Schiedsvereinbarung gebunden sei. Es sei nicht ge-
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rechtfertigt, bei einem Rechtsübergang nach § 571 BGB von diesen Grundsät-
zen eine Ausnahme zu machen.
Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Re-
vision im Ergebnis ohne Erfolg.
2. Es ist zutreffend, daß sowohl bei einer Einzelzession als auch bei ei-
ner Vertragsübernahme eine Schiedsvereinbarung auf den Rechtsnachfolger
übergeht (BGHZ 71, 162, 165; 77, 33, 35; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997
- III ZR 2/96 - NJW 1998, 371). Das ergibt sich aus § 401 Abs. 1 BGB, der be-
stimmt, daß mit einer abgetretenen Forderung alle Nebenrechte auf den neuen
Gläubiger übergehen. Richtig ist auch, daß nach § 412 BGB grundsätzlich die
Regelung des § 401 BGB auf einen gesetzlichen Forderungsübergang an-
wendbar ist (BGHZ 46, 14, 15; BGH, Urteil vom 24. November 1971 - IV ZR
71/70 - NJW 1972, 437, 439).
Bei dem Eintritt des Erwerbers eines vermieteten Hausgrundstücks in
den Mietvertrag nach § 571 BGB handelt es sich allerdings nicht um eine "ge-
setzliche normierte Vertragsübernahme". Der Erwerber ist nicht Rechtsnachfol-
ger des ursprünglichen Eigentümers und Vermieters. Die Wirkung des § 571
BGB besteht vielmehr darin, daß im Augenblick des Eigentumsübergangs kraft
Gesetzes ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks
und dem Mieter entsteht, allerdings mit uneingeschränkt demselben Inhalt, mit
dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hat (BGH, Urteil vom 30. Mai
1962 - VIII ZR 173/61 - NJW 1962, 1388, 1390; Staudinger/Busche, BGB Be-
arb. 1999, § 412 Rdn. 13; Staudinger/Emmerich, BGB Bearb. 1997, § 571
Rdn. 9, jeweils m.w.N.). Das hat zum Beispiel zur Folge, daß der Mieter dem
Erwerber des Grundstücks Einwendungen, die vor dem Eigentumsübergang
entstanden sind, nur entgegenhalten kann, wenn sie sich aus dem Inhalt des
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Mietverhältnisses ergeben, während der Schuldner dem Rechtsnachfolger sei-
nes Gläubigers nach § 404 BGB solche Einwendungen auch entgegenhalten
kann, wenn sie unabhängig von dem abgetretenen Recht entstanden sind
(BGH, Urteil vom 30. Mai 1962 aaO; Staudinger/Emmerich aaO Rdn. 72 f.).
3. Dieser Unterschied zwischen einer Rechtsnachfolge und dem Entste-
hen eines neuen Vertrages zu den alten Bedingungen wirkt sich für die hier zu
entscheidende Frage aber nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat die Entschei-
dung, eine Schiedsvereinbarung gehe im Falle der Rechtsnachfolge auf den
Rechtsnachfolger über, ausdrücklich damit begründet, daß die Schiedsklausel
eine Eigenschaft des abgetretenen Rechts selbst darstelle (BGHZ 71, aaO).
Das bedeutet, daß die Schiedsvereinbarung allen sich aus dem Mietverhältnis
ergebenden Ansprüchen als eine untrennbare Eigenschaft anhaftet. Zu den
Regelungen des alten Mietverhältnisses im Augenblick des Eigentumswech-
sels, mit denen nach § 571 BGB das neue Mietverhältnis zwischen dem Erwer-
ber und dem Mieter zustande kommt, gehört deshalb auch die Schiedsverein-
barung.
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4. Da die Klage somit zu Recht als unzulässig abgewiesen worden ist,
war die Revision zurückzuweisen.
Blumenröhr Krohn Gerber
Sprick Weber-Monecke