Urteil des BGH vom 21.04.2004
BGH (anwendung des rechts, einstellung des verfahrens, schlussrechnung, vergütung, verwalter, umsatzsteuer, treuhänder, zpo, aufhebung, grund)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 103/04
vom
9. März 2006
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 9. März 2006
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden der Be-
schluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom
21. April 2004 und der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom
10. Februar 2004 aufgehoben.
Die Vergütung des weiteren Beteiligten wird auf 1.151,65 Euro
festgesetzt.
Die Schuldnerin trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf
158,85 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der weitere Beteiligte ist mit Beschluss vom 22. Dezember 2000 (GA I
166) zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren über das Vermögen
der Schuldnerin bestellt worden. Am 7. Oktober 2002 (GA II 300) legte er die
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Schlussrechnung, den Verteilungsvorschlag sowie das Schlussverzeichnis vor
und stellte einen Vergütungsantrag. Am 10. Dezember 2003 bestimmte das
Insolvenzgericht einen weiteren Prüfungstermin sowie den Schlusstermin auf
den 11. März 2004 (GA II 346 f). Am 28. Januar 2004 reichte der weitere Betei-
ligte eine berichtigte Schlussrechnung und einen weiteren Vergütungsantrag
ein, mit dem er – ausgehend von einer Insolvenzmasse von 4.564,59 Euro –
eine Vergütung von 684,69 Euro nebst Umsatzsteuer sowie Auslagenpauscha-
len für vier Jahre nebst Umsatzsteuer, insgesamt also einen Betrag von
1.151,65 Euro verlangte; den Vergütungsantrag vom 7. Oktober 2002 nahm er
zurück.
Mit Beschluss vom 10. Februar 2004 hat das Insolvenzgericht die Vergü-
tung in der Hauptsache antragsgemäß festgesetzt, Auslagenpauschalen jedoch
nur für zwei Jahre – für den Zeitraum von der Eröffnung des vereinfachten In-
solvenzverfahrens bis zum Eingang der ersten Schlussrechnung am 7. Oktober
2002 – bewilligt (GA II 378). Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten
ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der weitere Betei-
ligte die Festsetzung weiterer 158,85 Euro als Auslagenersatz, hilfsweise die
Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
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II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 64 Abs. 3, § 313 Abs. 1 InsO,
§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574
Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie führt zur Festsetzung der beantragten Auslagenpau-
schalen für weitere zwei Jahre nebst Umsatzsteuer (§ 8 Abs. 3, § 7 InsVV a.F.).
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1. Gemäß §§ 10, 8 Abs. 3 InsVV a.F. kann der Treuhänder im verein-
fachten Insolvenzverfahren nach seiner Wahl anstelle der tatsächlich entstan-
denen Auslagen einen Pauschsatz fordern, der im ersten Jahr 15 %, in den fol-
genden Jahren jeweils 10 % der gesetzlichen Vergütung beträgt. Das Amt des
Verwalters endet in der Regel erst mit Aufhebung oder Einstellung des Verfah-
rens. Grundsätzlich kann die Auslagenpauschale bis zu diesem Zeitpunkt ver-
langt werden (BGH, Beschl. v. 2. Februar 2006 – IX ZB 167/04, z.V.b.). Der
weitere Beteiligte ist am 22. Dezember 2000 zum Treuhänder bestellt worden.
Aufgehoben worden sein kann das Verfahren erst nach dem Schlusstermin am
11. März 2004. Der weitere Beteiligte war also mehr als drei Jahre lang als
Treuhänder tätig. Er hat damit Anspruch auf die Auslagenpauschale für insge-
samt vier Jahre. Die Grenze des § 8 Abs. 3 InsVV a.F. – höchstens 250 Euro
pro angefangenen Monat – wird auch für das vierte Jahr der Tätigkeit des wei-
teren Beteiligten nicht erreicht.
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2. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein
Verwalter die Auslagenpauschale allerdings nur für denjenigen Zeitraum for-
dern, in dem er insolvenzrechtlich notwendige Tätigkeiten erbracht hat (BGH,
Beschl. v. 23. Juli 2004 – IX ZB 255/03, WM 2004, 1881, 1882; Beschl. v.
2. Februar 2006 – IX ZB 167/04, z.V.b.). Entgegen der Ansicht der Vorinstan-
zen endet dieser Zeitraum jedoch nicht zwingend bereits mit der Vorlage der
Schlussrechnung. Bis zum Schlusstermin können weitere Aufgaben anfallen,
die der Verwalter zu erledigen hat. Das zeigt gerade der vorliegende Fall. Als
die Schlussrechnung schon vorlag, hat das Insolvenzgericht noch einen Termin
zur Prüfung angemeldeter Forderungen angesetzt. Die Schlussrechnung muss-
te überarbeitet werden, nachdem eine Forderungsanmeldung nachträglich kor-
rigiert worden war. Wegen der langen Verfahrensdauer hat der weitere Beteilig-
te schließlich alle Gläubiger schriftlich zur Aktualisierung ihrer Bankverbindung
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aufgefordert; er hatte außerdem die Veröffentlichung der Summe der Forderun-
gen und des für die Verteilung verfügbaren Betrages aus der Insolvenzmasse
zu veranlassen (§ 188 Satz 3 InsO). Im Schlusstermin am 11. März 2004 hat er
den Schlussbericht erstattet und die Schlussrechnung erläutert.
3. Keine zusätzliche Auslagenpauschale kann ein Verwalter allerdings
dann verlangen, wenn er das Verfahren ohne sachlichen Grund verzögert hat.
Maßgebend ist dann derjenige Zeitpunkt, bis zu dem das Insolvenzverfahren
bei angemessener, zügiger Bearbeitung durch den Verwalter abgeschlossen
worden wäre (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004, aaO; Beschl. v. 2. Februar 2006
– IX ZB 167/04, z.V.b.). Im vorliegenden Fall ist das Verfahren mehr als ein
Jahr lang – zwischen dem 7. Oktober 2002 und dem 10. Oktober 2003 – ohne
erkennbaren Grund nicht betrieben worden. Dass der weitere Beteiligte diese
Verzögerung verursacht hätte, haben die Vorinstanzen jedoch nicht festgestellt;
dafür gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte. Anlass, die Abrechnung der Ausla-
gen gemäß § 8 Abs. 3 InsVV a.F. einzuschränken, besteht daher nicht.
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III.
Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen erfolgt nur wegen
Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachver-
hältnis (§ 577 Abs. 5 ZPO). Die Sache ist zur Endentscheidung reif. Für das
dritte und das vierte Jahr der Treuhänderschaft kann der weitere Beteiligte je-
weils die Pauschale gemäß § 8 Abs. 3 InsVV a.F. in Höhe von 10 % der Netto-
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vergütung von 684,69 Euro abrechnen. Zuzüglich der Umsatzsteuer (§ 7 InsVV)
ergibt sich ein zusätzlich festzusetzender Betrag von 158,85 Euro.
Fischer
Raebel
Kayser
Cierniak
Lohmann
Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 10.02.2004 - 1317 IK 1728/00 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 21.04.2004 - 3 T 868/04 -