Urteil des BGH vom 02.04.2009

BGH (genehmigung, ablauf der frist, agb, leistung, zeitpunkt, konto, braunschweig, beurteilung, erlass, rückzahlung)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 171/07
Verkündet
am:
2. April 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Braunschweig vom 18. September 2007 wird auf Kosten
des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter die Rückzahlung von im Last-
schriftverfahren eingezogenen Leasingraten.
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Die B. mbH (künftig: Schuldnerin) hatte bei
der Beklagten mehrere Kraftfahrzeuge geleast. Zu Beginn der Monate Juli, Au-
gust, September und Oktober 2005 zog die Beklagte aufgrund einer erteilten
Einzugsermächtigung die vereinbarten Leasingraten in Höhe von monatlich ins-
gesamt 8.038,80 € im Lastschriftverfahren ein. Am 2. November 2005 beantrag-
te die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen.
Der Kläger wurde am selben Tag zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zu-
stimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Fall 2, § 22 Abs. 2 In-
sO) bestellt. Am 30. Dezember 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und
der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 23. Januar 2006
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focht der Kläger die Abbuchung der Leasingraten an. Da die Beklagte nicht
zahlte, erhob er Klage auf Rückzahlung des Gesamtbetrags von 32.155,20 €,
gestützt auf den Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung (§ 130 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 InsO). Dabei ging er auf der Grundlage der im Streitfall maßgeblichen
Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken von einer Genehmigung der Lastschriften infolge
Zeitablaufs (sechs Wochen nach Rechnungsabschluss zum Quartalsende) aus.
Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Rückzahlungsanspruch wei-
ter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
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I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die
nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken fingierte Genehmigung des Lastschrifteinzugs
der Leasingraten eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO darstel-
le und ob durch die Abbuchung von einem debitorisch geführten Konto der
Schuldnerin eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten sei. Jedenfalls scheitere
ein Rückgewähranspruch aufgrund der erklärten Insolvenzanfechtung (§ 143
Abs. 1 InsO), weil die Lastschriftbuchungen der Leasingraten ein sogenanntes
Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO darstellten und der Kläger selbst nicht
von einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung ausgehe (§ 133 Abs. 1 InsO).
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Der für ein Bargeschäft erforderliche enge zeitliche Zusammenhang der ge-
schuldeten Leistungen liege vor. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrach-
tung müsse für die Leistung des Schuldners auf den Zeitpunkt des vorbehaltlo-
sen Eingangs der Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers und nicht auf den
späteren Zeitpunkt der (fingierten) Genehmigung durch den Schuldner abge-
stellt werden.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
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1. Die geltend gemachte Insolvenzanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 InsO scheitert nach der Rechtsprechung des Senats bezüglich der im
Rechnungsabschluss für das dritte Quartal 2005 enthaltenen Belastungsbu-
chungen für die Monate Juli, August und September 2005 bereits daran, dass
weder Schuldnerin noch Insolvenzverwalter den Lastschrifteinzug genehmigt
haben. Damit fehlt es insoweit an einer anfechtbaren Rechtshandlung im maß-
geblichen Zeitraum zwischen dem Eröffnungsantrag und der Eröffnung des In-
solvenzverfahrens.
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a) Das Berufungsgericht hat weder eine ausdrückliche Genehmigung
festgestellt noch Umstände, die den Schluss auf eine konkludente Genehmi-
gung erlauben würden.
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b) Eine nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken fingierte Genehmigung kann be-
züglich der Belastungsbuchungen für Juli bis September 2005 nicht angenom-
men werden. Nach dieser Bestimmung hat der Kunde Einwendungen gegen
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eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine
Einzugsermächtigung erteilt hat, spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach
Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben, in dem die Belastungsbu-
chung enthalten ist, sofern er sie nicht zuvor schon genehmigt hat. Das Unter-
lassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Der
Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass ein "schwacher"
vorläufiger Insolvenzverwalter, dem die Zustimmung zu Verfügungen des
Schuldners vorbehalten ist (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO), anders als ein "star-
ker" vorläufiger Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 InsO) und ein end-
gültiger Insolvenzverwalter die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-
Banken nicht gegen sich gelten lassen muss, weil er auch eine ausdrückliche
Genehmigung nicht selbst erteilen könnte (BGHZ 174, 84, 93 f, Rn. 23 f). Da
die Sechs-Wochen-Frist der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken für den am 30. Septem-
ber 2005 ergangenen Rechnungsabschluss am 15. November 2005, also im
Zeitraum der "schwachen" Insolvenzverwaltung, endete, scheidet eine fingierte
Genehmigung der in diesem Rechnungsabschluss enthaltenen Lastschriftbu-
chungen für die Monate Juli bis September 2005 aus.
2. Soweit für die vorstehend genannten Belastungsbuchungen mit dem
XI. Zivilsenat (Urt. v. 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07, NJW 2008, 3348, 3351 ff,
Rn. 30-38, zur Veröffentlichung in BGHZ 177, 69 bestimmt) eine Genehmigung
des Lastschrifteinzugs bejaht würde, scheiterte eine Anfechtung nach § 130
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO daran, dass ein Bargeschäft nach § 142 InsO vorliegt.
Deshalb wird die Divergenz zu dem Urteil des XI. Zivilsenats nicht entschei-
dungserheblich.
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a) Der erkennende Senat hat - ebenfalls nach Erlass des Berufungsur-
teils - entschieden (Urt. v. 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, ZIP 2008, 1241), dass
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bei der Beurteilung, ob eine Bardeckung im Sinne von § 142 InsO vorliegt, auf
den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs und nicht auf den Zeitpunkt der späteren
Genehmigung abzustellen ist, wenn ein Verkäufer im unmittelbaren Anschluss
an eine von ihm erbrachte Leistung den Kaufpreis aufgrund einer Einziehungs-
ermächtigung von dem Konto des Schuldners einzieht und der Lastschrifteinzug
nachfolgend genehmigt wird (zustimmend Berger LMK 2008, 265854; Achs-
nick/Krüger NZI 2008, 483, 484; ablehnend Wagner NZI 2008, 721 f.; Werres
ZInsO 2008, 1065, 1067 f; vgl. ferner HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 142 Rn. 5). Unter
Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs reicht
- unbeschadet des § 140 Abs. 1 InsO - bereits der zeitnahe tatsächliche Leis-
tungsaustausch für eine anfechtungsrechtliche Privilegierung aus.
b) Diese für einen Kaufvertrag getroffene Beurteilung gilt für den hier in
Rede stehenden Leasingvertrag in gleicher Weise, da die Lastschrifteinzüge
zeitnah zum entsprechenden Zeitraum der Gebrauchsüberlassung erfolgten (so
auch BGH, Urt. v. 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07 aaO, Rn. 41 bis 47).
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3. Die Lastschriftbuchung vom Oktober, die erst im Rechnungsabschluss
für das vierte Quartal 2005 enthalten war, gilt als genehmigt, weil der Ablauf der
Frist nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken in die Zeit der endgültigen Insolvenzver-
waltung fiel. Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters sind jedoch nicht an-
fechtbar.
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4. Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der Leasingraten ist
auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung
(§ 812 Abs. 1 BGB) begründet. Soweit eine Genehmigung der Lastschriftbu-
chung durch die Schuldnerin oder den Insolvenzverwalter fehlt, hat die Beklagte
nichts auf Kosten der Schuldnerin erlangt. Die Lastschrift wurde durch die Bank
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der Schuldnerin (Zahlstelle) eingelöst. Diese Belastungsbuchung auf dem Konto
der Schuldnerin muss rückgängig gemacht werden, weil die Bank gegen die
Schuldnerin keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) hat. Soweit
eine Genehmigung angenommen wird, liegt zwar eine Leistung der Schuldnerin
an die Beklagte vor. Diese Leistung erfolgte jedoch mit Rechtsgrund, weil hier-
durch der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der fälligen Leasingraten aus
dem Leasingvertrag erfüllt wurde.
III.
Die Klage kann entgegen der Auffassung der Revision auch nicht auf
§ 816 Abs. 2 BGB gestützt werden.
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Der Kläger hatte seinen Anspruch in den Tatsacheninstanzen aus-
schließlich mit einer Insolvenzanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO
begründet. Er war dabei - entgegen der nach Erlass des Berufungsurteils er-
gangenen Senatsentscheidung vom 25. Oktober 2007 (BGHZ 174, 84, 93 f) -
von einer nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken fingierten Genehmigung der Last-
schriftbuchungen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter ausgegangen.
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Erstmals im Revisionsverfahren hat der Kläger seine Forderung zusätz-
lich mit einer entsprechenden Anwendung von § 816 Abs. 2 BGB begründet. Er
meint, die Beklagte habe durch den Lastschrifteinzug eine vermögenswerte
Buchposition erlangt. Die Erlangung dieser Buchposition könne er genehmigen
und Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB) verlangen. Die Geltendmachung des berei-
cherungsrechtlichen Wertersatzanspruchs führe nicht zur Genehmigung der
von der Schuldnerbank vorgenommenen Belastungsbuchung. Hinnehmen müs-
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se die Schuldnerin diese Buchung erst mit Erfüllung des Bereicherungsan-
spruchs durch den Lastschriftgläubiger.
Ob diese rechtliche Konstruktion tragfähig ist, kann dahinstehen. Sie
setzt jedenfalls eine besondere Genehmigung der Buchposition der Lastschrift-
gläubigerin durch den Kläger voraus. Eine solche wurde vom Kläger in den Tat-
sacheninstanzen nicht behauptet und demzufolge vom Berufungsgericht auch
nicht festgestellt. Sie kann deshalb auch nicht der Beurteilung durch das Revi-
sionsgericht zugrunde gelegt werden (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BGH,
Beschl. v. 16. September 2008 - IX ZR 172/07, NJW 2008, 3570 f, Rn. 10).
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Ganter Gehrlein Vill
Fischer
Grupp
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 22.11.2006 - 7 O 457/06 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 18.09.2007 - 7 U 176/06 -