Urteil des BGH vom 06.06.2008
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 166/08 Verkündet
am:
17. März 2009
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 833
Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr
kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr
ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Ver-
richtungen an dem Tier vorzunehmen.
Deshalb haftet der Tierhalter, soweit die tatbestandlichen Haftungsvorausset-
zungen des § 833 Satz 1 BGB vorliegen, einem Tierarzt, der bei der Behand-
lung eines Tieres durch dessen Verhalten verletzt wird (hier: Pferdetritt beim
rektalen Fiebermessen).
Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Tierarztes kann an-
spruchsmindernd nach § 254 BGB berücksichtigt werden.
BGH, Urteil vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08 - OLG Hamm
LG Bochum
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Zoll, die
Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Juni 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurück-
verwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein Tierarzt, verlangt von der Beklagten als Halterin eines
Pferdes Ersatz materiellen und immateriellen Schadens, weil er bei der Be-
handlung des Pferdes verletzt wurde.
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Die Beklagte hatte ihr Pferd, einen 700 kg wiegenden zehnjährigen Ara-
ber, auf dem Hof des Zeugen B. abgestellt. Am 23. Oktober 2006 versuchte der
Kläger mit der linken Hand eine rektale Fiebermessung. Dabei wurde er von
dem Pferd gegen den rechten Daumen getreten und erlitt dadurch einen Trüm-
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merbruch. Die Klage richtet sich vor allem auf den Ersatz des behaupteten Ver-
dienstausfallschadens.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da das Schadensereignis
bereits nicht vom Schutzbereich des § 833 BGB umfasst sei. Die Berufung des
Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Re-
vision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus: Der Kläger habe gegen die Beklagte
keinen Anspruch aus § 833 BGB. Zwar habe sich in dem plötzlichen Tritt des
Pferdes gegen den Daumen des Klägers eine typische Tiergefahr verwirklicht.
Daraus folge aber nicht automatisch eine Bejahung des geltend gemachten An-
spruchs. Im vorliegenden Fall träfen die Tierhalterhaftung (Gefährdungshaftung)
und die berufsspezifischen Risiken eines Tierarztes aufeinander, so dass sich
die Frage nach einem Interessenausgleich stelle. Dabei gehe es letztlich um
eine "gerechte Zuweisung des Zufallsschadens". Von den unterschiedlichen
Ansätzen, die gegebenenfalls zu einer Einschränkung der Haftung des Tierhal-
ters führen könnten, sei die vom Landgericht für den Streitfall vertretene Ein-
schränkung der Tierhalterhaftung aufgrund von Normzwecküberlegungen abzu-
lehnen. Den Schutzbereich der Norm des § 833 BGB schon dann zu verneinen,
wenn ein Anspruchsteller an einer im Zusammenhang mit dem Tier übernom-
menen Verpflichtung Geld verdiene, würde zu einer nicht vertretbaren Aufwei-
chung der Gefährdungshaftung aus § 833 BGB führen, zumal der Tritt eines
Pferdes - wie hier - geradezu die typische Verwirklichung der spezifischen Tier-
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gefahr sei. Auch der Ansicht, im Rahmen der vom Verletzten übernommenen
"eigenen Herrschaft" über das Tier komme es darauf an, ob der Tierhalter noch
die Möglichkeit eigener Einflussnahme hatte, sei nicht zu folgen. Das Abgren-
zungskriterium der Möglichkeit eigener Einflussnahme als Maßstab für eine
Haftungsbeschränkung im Rahmen des § 833 BGB sei insgesamt untauglich,
weil es in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig gänzlich irrelevant sei, ob der
Tierhalter bzw. wer auch immer an seiner Stelle zugegen war. Abzulehnen sei
auch die Ansicht, wonach eine in Fällen der vorliegenden Art als notwendig an-
gesehene Haftungsbeschränkung im Rahmen der Beweislast derart zu erfolgen
habe, dass der Tierarzt darlegen und beweisen müsse, was sich in seinem
Herrschaftsbereich zugetragen habe. Bei der Frage eines eventuellen Sorg-
faltsverstoßes des Tierarztes im Rahmen der von ihm durchgeführten Behand-
lung handele es sich der Sache nach um einen Mitverschuldenseinwand (§ 254
BGB), für den derjenige darlegungs- und beweisbelastet sei, der sich auf ein
Mitverschulden berufe, also gerade nicht der Tierarzt, sondern sein Anspruchs-
gegner. Schließlich könne auch die Berücksichtigung des Behandlungsvertra-
ges im Rahmen der Tierhalterhaftung im vorliegenden Fall nicht zu einer Haf-
tungsbeschränkung führen. Zwar sei es rechtlich grundsätzlich möglich, dass
eine vertragliche Haftungsbeschränkung auch auf außervertragliche Ansprüche
durchschlagen könne. Jedoch werde man nicht davon ausgehen können, dass
jedem entgeltlichen Vertrag über eine Tätigkeit an einem Tier von vornherein
ein vertraglicher Haftungsausschluss zugunsten des Tierhalters innewohne. Die
Annahme eines solchen generellen, gleichsam vertragsimmanenten Haftungs-
ausschlusses sei auch nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB wegen
eines wirtschaftlichen Gefälles zwischen Tierarzt und Tierhalter geboten. Für
eine ausdrücklich vereinbarte oder zumindest im Wege der ergänzenden Ver-
tragsauslegung begründbare vertragliche Haftungsbeschränkung sei im konkre-
ten Fall nichts ersichtlich.
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Indes sei eine Haftung der Beklagten aus § 833 BGB hier ausgeschlos-
sen, weil der Kläger auf eigene Gefahr gehandelt habe. Bei der Tierhalterhaf-
tung komme eine vollständige Haftungsfreistellung des Tierhalters unter dem
Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr in eng begrenzten Ausnahme-
fällen in Betracht, wenn beispielsweise der Geschädigte sich mit der Übernah-
me des Pferdes oder der Annäherung an ein solches bewusst einer besonderen
Gefahr aussetze. So liege es, wenn - wie hier - die mit der Nähe zu einem Pferd
verbundene übliche Gefahr durch die Tätigkeit des Geschädigten gesteigert
oder gar erst provoziert werde. Der Kläger habe als dem Pferd zumindest relativ
fremde Person ein Fieberthermometer in dessen After einführen wollen. Dazu
habe er von der Kruppe her, also im kritischen Bereich der Hinterläufe zunächst
den Schweif erreichen müssen, um den After für die Einführung des Thermo-
meters zugänglich zu machen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Pferde darauf
abwehrend und dabei auch noch schreckhaft reagieren könnten, weil die natür-
liche Scheu ein derartiges auch instinkthaftes Verhalten begünstige. Deshalb
sei das Prozedere des Klägers besonders geeignet gewesen, die mit dem Um-
gang mit Pferden verbundene gewöhnliche Gefahr herauszufordern. Dass diese
sich dann in einem spontanen Tritt nach hinten äußern mochte, habe auf der
Hand gelegen und dem Kläger als ambulant auf dem Lande tätigen, also viel-
fach mit der Tierhaltung konfrontierten Tierarzt nicht verborgen geblieben sein
können. Wenn er sich unter solchen Umständen zur Behandlung des Pferdes
entschlossen habe, habe er damit auch das mit der Ausübung seines Berufes
typische Risiko übernommen. Dann aber müsse er für die daraus resultieren-
den Folgen selbst einstehen, zumal er der von ihm selbst aktualisierten Tierge-
fahr durch entsprechende tatsächliche wie finanzielle Vorsorge, etwa durch Ab-
schluss einer entsprechenden Versicherung, hätte begegnen können.
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II.
Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg.
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1. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht den aufgrund der tatsächli-
chen Gegebenheiten an sich zu bejahenden Anspruch des Klägers aus § 833
BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr. Bei der Tier-
halterhaftung hat der erkennende Senat eine vollständige Haftungsfreistellung
des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur
in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen, wobei ohnehin der Umstand, dass
sich der Geschädigte der Gefahr selbst ausgesetzt hat, regelmäßig erst bei der
Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile nach § 254 BGB Be-
rücksichtigung finden kann und lediglich Ausnahmefälle denkbar sind, bei de-
nen die Tierhalterhaftung bereits im Anwendungsbereich ausgeschlossen ist,
weil deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstieße (Senatsurteil
vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - VersR 2006, 416, 418 m.w.N.).
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Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Ein Ausschluss der Tierhal-
terhaftung unter Berufung auf die Rechtsfigur des Handelns auf eigene Gefahr
kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr
ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Ver-
richtungen an dem Tier vorzunehmen, wie es beim Tierarzt der Fall ist.
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a) Von einem Handeln auf eigene Gefahr im Rechtssinne kann nur dann
die Rede sein, wenn sich jemand in eine Situation drohender Eigengefährdung
begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete
Gefahrenlage begründen, ohne dass dafür ein triftiger - rechtlicher, beruflicher
oder sittlicher - Grund vorliegt (Senatsurteil BGHZ 34, 355, 358; BGB-RGRK/
Steffen, 12. Aufl., § 833 Rn. 64). Denn die Grundlage eines Haftungsausschlus-
ses wegen Handelns auf eigene Gefahr ist der Grundsatz von Treu und Glau-
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ben und das sich hieraus ergebende Verbot widersprüchlichen Handelns (Se-
natsurteile BGHZ 34, 355, 363; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - aaO,
S. 417). Von einem widersprüchlichen Verhalten kann indes erkennbar nicht die
Rede sein, wenn die vom Tierhalter veranlasste ärztliche Behandlung eines Tie-
res in Frage steht. Hier liegt ein triftiger Grund dafür vor, dass der Tierarzt sich
der Tiergefahr aussetzt.
b) Letztlich dient die Rechtsfigur des Handelns auf eigene Gefahr bei der
Gefährdungshaftung dazu, diese Haftung in solchen Fällen auszuschließen, in
denen sie nach dem Normzweck als unangemessen erscheint, weil der Scha-
den nicht der Gefahr des Tieres (oder Kraftfahrzeugs u. dergl.), sondern dem
Handeln des Geschädigten selbst zuzurechnen ist (vgl. BGB-RGRK/Steffen,
aaO; Terbille, VersR 1994, 1151, 1154).
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Dem entsprechend ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein
grundsätzlicher Ausschluss der Tierhalterhaftung gegenüber Personen, die sich
der Tiergefahr aus beruflichen Gründen vorübergehend aussetzen, ohne die
vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen, zu Recht abgelehnt wor-
den (vgl. RG, JW 1904, 57 - Tierarzt beim Kupieren eines Pferdeschweifs; JW
1912, 797 - Tierarzt beim Aufstechen einer Eiterbeule bei einem Pferd; JW
1911, 89 f. - Hufschmied; Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 - VersR
1968, 797 ff. - Hufschmied) und wird auch in der Literatur verneint (BGB-
RGRK/Steffen, 12. Aufl., § 833 Rn. 68; Erman/Schiemann, BGB, 12. Aufl.,
§ 833 Rn. 6; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 122; MünchKomm-
BGB/Stein, 3. Aufl., § 833 Rn. 25 ff.; MünchKomm-BGB/Wagner, 5. Aufl., § 833
Rn. 18, 29; Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 1961, S. 358 f.; Terbille, aaO,
S. 1152; vgl. auch Staudinger/Eberl-Borges, Neubearbeitung 2008, § 833
Rn. 189 ff.). Unsachgemäßes Verhalten solcher Personen bei der Berufsaus-
übung, welches für einen Schaden mitursächlich geworden ist, kann - sofern
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kein vertraglicher Haftungsausschluss vorliegt - nur unter dem Gesichtspunkt
des Mitverschuldens (§ 254 BGB) berücksichtigt werden.
c) Das Berufungsgericht erkennt selbst, dass ein Ausschluss der Haftung
nach § 833 BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur
ausnahmsweise in Betracht kommt, meint aber wohl, dass derjenige, der sich
einem Tier aus beruflichen Gründen nähert, insoweit keinen Schadensersatz-
anspruch hat, als er im Rahmen seiner beruflich geschuldeten Verrichtungen
besonders risikoreiche Handlungen vornimmt, wobei im Streitfall nicht einmal
festgestellt ist, dass das Fiebermessen auf andere Weise hätte bewerkstelligt
werden können, als es der Kläger getan hat.
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Dem kann schlechterdings nicht gefolgt werden. Das Handeln desjeni-
gen, der sich einem Tier aus beruflichen Gründen im Interesse des Tierhalters
und mit dessen erklärter oder anzunehmender Billigung helfend nähert, kann
nicht rechtlich in ungefährliche Handlungen auf Gefahr des Tierhalters und in
gefährliche Handlungen auf Gefahr des Handelnden aufgeteilt werden. Der
Tierarzt, der ein Pferd im Auftrag des Tierhalters medizinisch versorgt, handelt
in der Regel in keiner Phase der Behandlung auf eigene Gefahr. Vielmehr setzt
er sich der Tiergefahr mit triftigem Grund aus, ja muss sich ihr aussetzen, wenn
er seinen ärztlichen Auftrag und den Vertrag mit dem Tierhalter erfüllen will.
Von einem widersprüchlichen Handeln bei der Inanspruchnahme des Tierhal-
ters aus § 833 BGB kann bei dieser Sachlage nicht einmal ansatzweise die Re-
de sein. Dies gilt insbesondere, wenn - wovon hier revisionsrechtlich auszuge-
hen ist - die gefährlichen Handlungen erforderlich sind, um die Behandlung
fachgerecht durchzuführen, gilt aber in der Regel auch, wenn der Tierarzt bei
dem Behandlungsgeschehen unvorsichtig oder gar fehlerhaft vorgeht.
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Die Ausführungen des Landgerichts, wer bei Handlungen zu Schaden
komme, mit denen er Geld verdiene, könne nicht Schadensersatz aus § 833
BGB verlangen, sind ebenso unrichtig wie die Ausführungen des Berufungsge-
richts, wonach ein Anspruch aus der Gefährdungshaftung des § 833 BGB aus-
scheide, wenn jemand das typische Risiko seines Berufs übernehme. Beide
Standpunkte sind letztlich von Normzwecküberlegungen geprägt, denen nicht
zugestimmt werden kann. Der erkennende Senat ist einer solchen Sichtweise
bereits früher entgegen getreten. Er hat entschieden (Senatsurteil vom 28. Mai
1968 - VI ZR 35/67 - aaO, S. 798), es sei grundsätzlich davon auszugehen,
dass ein Hufschmied durch Abschluss des Werkvertrages allein noch nicht die
Gefahr einer Verletzung durch das Tier übernehme. Denn es entspreche weder
der Interessenlage noch den Erfordernissen von Treu und Glauben, dass der
Hufschmied, der sich der mit dem Hufbeschlag notwendig verbundenen Tierge-
fahr aussetzen müsse, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben, auch die durch
die Tiergefahr hervorgerufenen Schadensfolgen auf sich nehme, die das Ge-
setz dem Tierhalter als dem Urheber der Gefahr anlaste. Zum Wesen des Be-
schlagvertrages gehöre es, dass der Hufschmied sich einer erhöhten Tiergefahr
aussetze, nicht dagegen, dass er den Tierhalter, von dessen Tier die Gefahr
ausgehe, von seiner gesetzlichen Haftung für die Schadensfolgen entbinde, die
aus der Tiergefahr erwachsen könnten.
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Diese Überlegungen, an denen festzuhalten ist, treffen in vollem Umfang
auch auf den Behandlungsvertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt zu. Die von
den Vorinstanzen vertretene einschränkende Anwendung des § 833 BGB ent-
spricht in Fällen der vorliegenden Art nicht der Intention des Gesetzes und ist
auch nicht interessengerecht. Sie ist im Übrigen keinesfalls notwendig, um in
Fällen, in denen derjenige, der vertragsgemäß Verrichtungen an dem Tier vor-
zunehmen hat, besonders risikoreiche bzw. fehlerhafte Handlungen vornimmt,
zu gerechten Ergebnissen zu kommen. Abzulehnen ist hier nur ein grundsätzli-
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cher Ausschluss der Tierhalterhaftung. Das fehlerhafte Handeln des Geschä-
digten kann hingegen ohne weiteres im Rahmen einer Abwägung der verschie-
denen Verursachungsbeiträge nach § 254 BGB berücksichtigt werden. Bei ei-
nem groben Eigenverschulden des Geschädigten kann danach die Haftung des
Tierhalters auch ganz ausgeschlossen sein (so in dem dem Senatsurteil vom
28. Mai 1968 - VI ZR 35/67 -, aaO, zugrunde liegenden Fall).
d) Das Berufungsurteil beruht auf der rechtsfehlerhaften Sichtweise. Das
Berufungsgericht bejaht einen völligen Haftungsausschluss aus grundsätzlichen
Erwägungen. Es prüft deshalb - aus seiner rechtlichen Sicht konsequent - nicht,
ob dem Kläger ein Mitverursachungsbeitrag anspruchsmindernd zuzurechnen
ist oder ob er bei der Durchführung einer für die Behandlung des Pferdes not-
wendigen und aus fachlicher Sicht nicht zu beanstandenden Maßnahme ver-
letzt wurde. Diese Prüfung wird nachzuholen sein.
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2. Die vom Berufungsgericht im Ergebnis gebilligte Klageabweisung stellt
sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Ohne Rechtsfehler verneint das
Berufungsgericht einen Haftungsausschluss aus anderen Gründen. Dagegen
bringt die Revisionserwiderung auch nichts vor.
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a) Dass der Vertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt nicht von vornher-
ein einen vertraglichen Haftungsausschluss beinhaltet, ergibt sich schon aus
den vorstehenden Ausführungen. Für einen konkret im vorliegenden Einzelfall
vereinbarten Haftungsverzicht (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR
234/75 - VersR 1977, 864, 866) ist nach den Ausführungen des Berufungsge-
richts nichts ersichtlich.
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b) Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts,
den Schutzzweckerwägungen des Landgerichts zu einer Einschränkung der
Tierhalterhaftung bei dem beruflichen Umgang mit Tieren sei nicht zu folgen.
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Auch dies ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen. Damit ist
nicht gesagt, dass bei ganz besonders gelagerten Fallgestaltungen die Tierhal-
terhaftung nicht aus grundsätzlichen Erwägungen ausgeschlossen sein kann
(vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - aaO, S. 865). Unter wel-
chen Umständen dies der Fall ist (vgl. etwa OLG Nürnberg, VersR 1999, 240,
241 - Aufnahme eines Tieres in eine Tierklinik), muss hier nicht entschieden
werden.
c) Mit Recht stellt das Berufungsgericht für einen möglichen Haftungs-
ausschluss nicht darauf ab, wer in dem Zeitpunkt, als der Kläger das Pferd be-
handelte, am Behandlungsort anwesend war. Ob Fälle denkbar sind, bei denen
sich ein Haftungsausschluss daraus ergibt, dass eine andere Person als der
Tierhalter temporär die Herrschaft über das Tier ausübt, kann dahinstehen (vgl.
dazu Senatsurteil vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - aaO, S. 865 - Reiter; fer-
ner: RGZ 58, 410, 412 ff. und OLG Celle, VersR 1990, 794 f. - eigenverant-
wortliche Ausbildung eines Pferdes durch einen Trainer; OLG Nürnberg, aaO).
Keinesfalls ist die Haftung aus diesem Grund ausgeschlossen, wenn ein Tier-
arzt das Tier auf dem Hof des Tierhalters oder auf dem Hof eines Dritten, bei
dem der Tierhalter das Tier untergestellt hat, vorübergehend tierärztlich behan-
delt. Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, dass die Verwirklichung der
Tiergefahr, für die der Tierhalter haftet, in derartigen Situationen im Regelfall
nicht davon abhängt, wer sich außer dem Tierarzt noch in der Nähe des Tieres
befindet.
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d) Schließlich ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts zutreffend,
dass im Streitfall ein Ausschluss der Tierhalterhaftung nicht unter dem Ge-
sichtspunkt einer Umkehr der Beweislast bejaht werden kann. Der Ansicht,
dass der Tierhalter nicht hafte, wenn der Tierarzt nicht beweist, dass er alle
zumutbare Sorgfalt hat walten lassen (so OLG Zweibrücken, VersR 1997, 457;
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ähnlich OLG Nürnberg, aaO, S. 241 f.; dahin gehend auch die Rspr. des
Reichsgerichts, etwa RGZ 61, 54, 56; weitere Nachweise bei BGB-
RGRK/Steffen, aaO, Rn. 69), ist nicht zu folgen (MünchKomm-BGB/Stein, aaO,
Rn. 25; BGB-RGRK/Steffen, aaO, Rn. 69). Die vertragliche Beziehung zwi-
schen Tierhalter und Tierarzt bietet für eine solche Beweislastverteilung, etwa
nach dem Gedanken der im Bereich der vertraglichen Haftung geltenden ge-
setzlichen Beweislastregel des § 282 BGB a.F. und des § 280 Abs. 1 Satz 2
BGB n.F., keine Grundlage. Sofern der Tierhalter grundsätzlich nach § 833
BGB haftet, geht es nicht um die vertraglichen Pflichten des Tierarztes, sondern
darum, ob und inwieweit dessen tatsächliches Verhalten Anlass gibt, die Haf-
tung des Tierhalters zu mindern.
Ob das Verhalten desjenigen, der sich der Tiergefahr vertragsgemäß
aussetzt, ohne Tierhüter zu sein (§ 834 BGB), bei der Schadensverursachung
mitgewirkt hat, ist ausschließlich nach § 254 BGB zu beurteilen. Für ein die Haf-
tung minderndes Mitverschulden des Geschädigten ist aber regelmäßig der
Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (Senatsurteil BGHZ 175, 153, 158),
im Anwendungsbereich des § 833 BGB also der Tierhalter (vgl. Senatsurteil
vom 3. Mai 2005 - VI ZR 238/04 - VersR 2005, 1254, 1256). Dass dieser zu den
Handlungen des Geschädigten beim Umgang mit dem Tier möglicherweise
mangels Kenntnis nicht ausreichend vortragen kann, rechtfertigt keine Umkehr
der Beweislast. Der Geschädigte hat insoweit im Rahmen seiner sekundären
Darlegungslast konkret zu seinem Handeln vorzutragen, der Schädiger hat so-
dann zu beweisen, inwieweit der Vortrag des Geschädigten unrichtig ist (vgl.
dazu Senatsurteile BGHZ 100, 190, 195 f.; 163, 209, 214, jeweils m.w.N.).
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Da dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen ist, inwiefern die Parteien zu
einem etwaigen Mitverschulden des Klägers vorgetragen haben, ist für das vor-
liegende Revisionsverfahren ohnehin zu unterstellen, dass der Kläger ord-
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nungsgemäß gehandelt hat. Für das weitere Verfahren wird das Berufungsge-
richt aber davon ausgehen können, dass die Beklagte einen haftungsmindern-
den Mitverursachungsbeitrag des Klägers zu beweisen hat.
III.
Mithin ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Beru-
fungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr etwaigem
Vortrag der Parteien zu einem Mitverursachungsbeitrag des Klägers und, so-
weit danach eine Haftung der Beklagten verbleibt, dem Vortrag zur Schadens-
höhe nachzugehen haben.
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Müller Zoll
Diederichsen
Pauge
von
Pentz
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 24.09.2007 - 6 O 162/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 06.06.2008 - I-9 U 229/07 -