Urteil des BGH vom 13.10.2004
il Padrone/Il Portone Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 4/02
vom
13. Oktober 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 395 22 732
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
il Padrone/Il Portone
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2
a) In die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit der kollidierenden Marken "il
Padrone" und "Il Portone" ist auch der jeweilige Wortbestandteil "il" einzube-
ziehen, bei dem es sich um den bestimmten Artikel der italienischen Sprache
in maskuliner Form handelt.
b) Liegen die Voraussetzungen der Gefahr der Verwechslung der Marken hin-
sichtlich eines Teils der unter einen weiten Oberbegriff fallenden Waren vor,
für die die angegriffene Marke Schutz beansprucht, ist die Marke nicht be-
schränkt auf diesen Teil der Waren, sondern hinsichtlich der durch den wei-
ten Oberbegriff bezeichneten Waren zu löschen.
BGH, Beschl. v. 13. Oktober 2004 - I ZB 4/02 - Bundespatentgericht
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-
Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 26. Senats (Mar-
ken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 12. Sep-
tember 2001 wird auf Kosten der Markeninhaberin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 €
festgesetzt.
Gründe:
I. Gegen die am 31. Mai 1995 angemeldete und am 3. Mai 1996 für
"Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" eingetragene Wortmarke
Nr. 395 22 732
"Il Portone"
hat die Widersprechende Widerspruch erhoben aus der am 15. Juli 1980 für
"Weine aus Italien" eingetragenen Wortmarke
"il Padrone".
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Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat
die Löschung der Marke beschlossen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin hat das Bun-
despatentgericht zurückgewiesen (BPatGE 44, 216).
Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der (zugelassenen)
Rechtsbeschwerde. Die Widersprechende beantragt, die Rechtsbeschwerde
zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1
Nr. 2 MarkenG bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
Zwischen den Marken bestehe die Gefahr klanglicher Verwechslungen.
Die Ware "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)", für die die angegrif-
fene Marke Schutz beanspruche, umfasse auch die Ware "Weine aus Italien",
für die die Widerspruchsmarke eingetragen sei. Es sei deshalb von der Mög-
lichkeit einer Benutzung der Marken für identische Waren auszugehen. Im Hin-
blick darauf und auf die von Hause aus normale Kennzeichnungskraft der Wi-
derspruchsmarke müßten die Marken einen deutlichen Abstand einhalten, um
eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Davon könne wegen der klangli-
chen Ähnlichkeit der Marken nicht ausgegangen werden. Der Gesamteindruck
der kollidierenden Marken werde nicht nur durch die Wörter "Padrone" bzw.
"Portone", sondern in gleicher Weise auch durch die weiteren Wortbestandteile
"il" in Groß- und Kleinschreibung geprägt. Dabei handele es sich in der italieni-
schen Sprache um den bestimmten Artikel in männlicher Form. Diesem fremd-
sprachigen Artikel, der den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt sei,
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komme in den kombinierten Wortmarken die Funktion zu, die sprachliche Her-
kunft der Marke und regelmäßig auch die geographische Herkunft des angebo-
tenen Produkts einzuordnen. Auf dem hier in Rede stehenden Warengebiet sei
die geographische Herkunft der Ware für den inländischen Verkehr von beson-
derer Bedeutung für den Kaufentschluß. Dagegen seien die weiteren Marken-
wörter "Padrone" und "Portone" den deutschen Verkehrskreisen nicht in glei-
cher Weise bekannt. Die Gesamtbezeichnungen "il Padrone" und "Il Portone"
wiesen im Klangbild eine große Ähnlichkeit auf. Gegenüber den Übereinstim-
mungen träten die bestehenden Unterschiede zurück. Die Marken verfügten
auch über keinen unterschiedlichen Begriffsinhalt, der die klangliche Verwechs-
lungsgefahr entscheidend reduziere. Die Wörter "Padrone" und "Portone" seien
nicht Bestandteil der deutschen Sprache.
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zutreffend hat das Bundespatentgericht entschieden, daß die nach § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu beurteilende Gefahr der Verwechslung zwischen der
prioritätsälteren Widerspruchsmarke "il Padrone" und der angegriffenen Marke
"Il Portone" besteht und diese Marke daher gem. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 43 Abs. 2
Satz 1 MarkenG zu Recht gelöscht worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Fra-
ge einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Mar-
kenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurtei-
len. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der
Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder
-ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise
auszugehen, daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienst-
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leistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umge-
kehrt (BGH, Beschl. v. 8.6.2000 - I ZB 12/98, GRUR 2000, 1031 = WRP 2000,
1155 - Carl Link; Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP
2004, 1281 - Mustang).
1. Das Bundespatentgericht hat eine Identität der Waren angenommen,
für die die Kollisionsmarken geschützt sind. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden. Durch die Eintragung der angegriffenen Marke für den Oberbe-
griff "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" wird Schutz auch für Weine
aus Italien und damit für diejenigen Waren beansprucht, für die die Wider-
spruchsmarke eingetragen ist (vgl. hierzu: BGH, Beschl. v. 12.2.1998
- I ZB 32/95, GRUR 1998, 924, 925 = WRP 1998, 875 - salvent/Salventerol).
2. Die Widerspruchsmarke "il Padrone" verfügt für die Waren, für die der
Markenschutz besteht, von Hause aus über normale Kennzeichnungskraft. Da-
von ist das Bundespatentgericht ohne Rechtsfehler ausgegangen. Die Rechts-
beschwerde erinnert hiergegen auch nichts.
3. Das Bundespatentgericht hat eine hohe Zeichenähnlichkeit in klangli-
cher Hinsicht zwischen den Kollisionsmarken festgestellt. Das ist aus Rechts-
gründen nicht zu beanstanden.
a) Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand ihres Klangs, ihres
Schriftbilds und ihres Sinngehalts zu ermitteln, wobei regelmäßig die hinrei-
chende Übereinstimmung in einer Hinsicht ausreicht (EuGH, Urt. v. 22.6.1999
- C-342/97, Slg 1999, I - 3819 Tz. 27 f. = GRUR Int 1999, 734 = WRP 1999,
806 - Lloyd; BGHZ 28, 320, 324 - Quick/Glück; 139, 340, 347 - Lions). Entge-
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gen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt der Zeichenähnlichkeit in klang-
licher Hinsicht im Streitfall auch nicht deshalb eine geringere Bedeutung zu,
weil die in Rede stehenden Waren im Lebensmittelsektor auf Sicht gekauft wer-
den. Der Ähnlichkeit der Zeichen im Klang kommt wegen der Bestellung von
Weinen in gastronomischen Betrieben durchaus Gewicht zu.
b) Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit hat das Bundespatentge-
richt in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofs auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden
Marken abgestellt (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 597
= WRP 2004, 909 - Ferrari-Pferd; Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 130/01, GRUR 2004,
775, 776 = WRP 2004, 1037 - EURO 2000).
Das Bundespatentgericht hat angenommen, daß der Gesamteindruck
der Kollisionsmarken auch von dem Bestandteil "il" in Groß- und Kleinschrei-
bung mitgeprägt wird. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg
mit der Begründung, diesem Zeichenbestandteil fehle jede Unterscheidungs-
kraft, weshalb er schutzunfähig sei.
Der Beurteilung des Gesamteindrucks der Marken sind bei der Prüfung
der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG sowohl bei der älteren Wi-
derspruchsmarke als auch bei der angegriffenen Marke die Zeichen in ihrer
eingetragenen Form zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschl. v. 8.5.2002
- I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1070 = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV; Fezer,
Markenrecht, 3. Aufl., § 9 Rdn. 4; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz,
7. Aufl., § 9 Rdn. 369). Allerdings kann der Gesamteindruck einer mehrgliedri-
gen Marke durch einzelne Bestandteile geprägt werden. Voraussetzung hierfür
ist, daß die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den
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Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (BGH, Urt. v. 13.3.2003
- I ZR 122/00, GRUR 2003, 880, 881 = WRP 2003, 1228 - City Plus; Urt. v.
25.3.2004 - I ZR 289/01, GRUR 2004, 598, 599 = WRP 2004, 907 - Kleiner
Feigling). Davon kann bei dem Bestandteil "il" (in Groß- und Kleinschreibung)
der Kollisionszeichen nicht ausgegangen werden. Es besteht kein Anlaß anzu-
nehmen, dieser Wortbestandteil werde vom Verkehr bei der Beurteilung des
Gesamteindrucks vernachlässigt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verkehr
erkennt, daß es sich bei "il" um den bestimmten Artikel der italienischen Spra-
che in maskuliner Form handelt. Das Bundespatentgericht hat daher zu Recht
der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit auch diesen Wortbestandteil der Marke
zugrunde gelegt.
c) Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist danach von den Mar-
ken "il Padrone" und "Il Portone" in vollständiger Form auszugehen. Diese wei-
sen, wie das Bundespatentgericht zu Recht angenommen hat, im Klang eine
große Ähnlichkeit auf. Zum klanglich ähnlichen Gesamteindruck der Marken
trägt der gleiche Wortbestandteil "il" bei. Der Anfangsbuchstabe "P" und das
Wortende "one" der weiteren Wortbestandteile sind identisch. Dies gilt auch für
die Silbenzahl. Die Vokalfolge der Wörter "Padrone" und "Portone" weist mit a -
o - e und o - o - e eine nicht unerhebliche Ähnlichkeit auf. Die jeweils ersten
Vokale "a" bzw. "o" weisen keine so deutlichen Unterschiede auf, daß sie zu
einer wesentlichen Unterscheidung des Gesamteindrucks der Marken führen.
Entsprechendes gilt für den mittleren Teil der Wörter "dr" und "rt" der Marken-
wörter "Padrone" und "Portone".
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, wird die klangliche Ähnlichkeit
auch nicht durch einen ohne weiteres erkennbaren abweichenden Bedeutungs-
inhalt der Markenwörter aufgehoben oder reduziert (vgl. hierzu BGH, Urt. v.
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28.8.2003 - I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1048 = WRP 2003, 1439
- Kellogg`s/Kelly´s; BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling). Das Bun-
despatentgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Bedeutung der Mar-
kenwörter "Padrone" (Eigentümer, Besitzer, Arbeitgeber, Herrscher) und "Por-
tone" (Tor, Eingang, Toreinfahrt) den inländischen Verkehrskreisen weitgehend
nicht geläufig sind und auch keine so große Nähe zu deutschen Begriffen auf-
weisen, daß rechtserhebliche Teile des Verkehrs ihnen ohne weiteres einen
bestimmten Begriffsinhalt zuordnen.
Da wegen der bestehenden Warenidentität und normaler Kennzeich-
nungskraft der Widerspruchsmarke von Hause aus ohnehin strenge Anforde-
rungen an den Abstand der Kollisionsmarken zu stellen sind (vgl. BGH, Beschl.
v. 2.7.1998 - I ZB 36/95, GRUR 1998, 1014 f. = WRP 1998, 988 - ECCO II;
BGHZ 139, 340, 344 - Lions), reicht die bestehende Zeichenähnlichkeit aus, um
eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu begrün-
den.
d) Die Vorinstanzen haben zu Recht die Löschung der Marke auch nicht
auf den Teil der Waren beschränkt, bei dem Warenidentität gegeben ist (Weine
aus Italien). Denn liegen die Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr hin-
sichtlich eines Teils der unter einen weiten Oberbegriff fallenden Waren vor, ist
die angegriffene Marke vollständig zu löschen, weil die entscheidenden Instan-
zen nicht berechtigt sind, von sich aus eine Beschränkung des Warenverzeich-
nisses auf einen Teil der Waren vorzunehmen, die unter den Oberbegriff fallen
(vgl. BPatG GRUR 1998, 725, 727; Mitt. 1998, 75, 76; Ingerl/Rohnke, Marken-
gesetz, 2. Aufl. § 43 Rdn. 49; Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 43 Rdn. 108;
zur Prüfung der Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Mar-
kenG bei einem weiten Waren- oder Dienstleistungsoberbegriff: BGH, Beschl.
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v. 5.7.2001 - I ZB 8/99, GRUR 2002, 261, 262 = WRP 2002, 91 - AC; Beschl. v.
17.7.2003 - I ZB 42/00, Mitt. 2004, 225; a.A. Fezer aaO, § 42 Rdn. 62). Das
Bundespatentgericht konnte daher bei der Beurteilung der Verwechslungsge-
fahr ausschließlich von Warenidentität ausgehen und brauchte die Vorausset-
zungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht auch insoweit festzustellen, als für
einen Teil der unter den weiten Oberbegriff ("alkoholische Getränke, ausge-
nommen Biere") fallenden Waren im Verhältnis zu den Waren, für die die Wi-
derspruchsmarke geschützt ist, nur Warenähnlichkeit vorliegt.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Pokrant
Büscher
Bergmann