Urteil des BGH vom 01.06.2010
BGH (verurteilung, geldstrafe, umfang, stpo, person, verfolgung, erziehung, gewicht, sachbeschädigung, hof)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 208/10
vom
1. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. Juni 2010 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Rostock vom 18. Dezember 2009 im Straf-
ausspruch aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Land-
gerichts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs ei-
ner widerstandsunfähigen Person zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und
vier Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der
Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der
Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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II.
1. Die gegen den Angeklagten verhängte Einheitsjugendstrafe hat keinen
Bestand, weil das Landgericht § 31 Abs. 2 und 3 JGG nicht beachtet hat.
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a) Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG ist bei der Ahndung von Straftaten
nach Jugendstrafrecht, wenn eine anderweitig bereits rechtskräftig verhängte
Jugendstrafe noch nicht erledigt ist, grundsätzlich auf eine einheitliche Rechts-
folge zu erkennen. Von der Einbeziehung der früheren Verurteilung darf nur
ausnahmsweise abgesehen werden, wenn dies aus erzieherischen Gründen
zweckmäßig ist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 JGG). Ein Absehen von der Einbeziehung
erfordert Gründe, die unter dem Gesichtspunkt der Erziehung von ganz beson-
derem Gewicht sind und zur Verfolgung dieses Zwecks über die üblichen Straf-
zumessungsgesichtspunkte hinaus das Nebeneinander zweier Jugendstrafen
notwendig erscheinen lassen (vgl. BGHSt 36, 37, 42 ff.; BGH, Beschluss vom
9. Juli 2004 - 2 StR 150/04, StraFo 2004, 394 m.w.N.).
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b) Der Angeklagte wurde durch Urteil des Landgerichts Rostock vom
16. September 2009 rechtskräftig der gefährlichen Körperverletzung in Tatein-
heit mit Sachbeschädigung für schuldig befunden (§ 27 JGG). Dieses Urteil ist
noch nicht erledigt im Sinne des § 31 Abs. 2 JGG, so dass das Landgericht hät-
te prüfen müssen, ob es in die neue Verurteilung einzubeziehen oder ob - aus-
nahmsweise - aus erzieherischen Gründen nach § 31 Abs. 3 JGG von einer
Einbeziehung abzusehen war. Da diese Prüfung rechtsfehlerhaft unterblieben
ist, muss über die Frage der Einbeziehung und die Bildung einer Einheitsju-
gendstrafe neu entschieden werden.
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2. Der Generalbundesanwalt weist zutreffend darauf hin, dass die zur
neuen Entscheidung berufene Jugendkammer des Landgerichts auch zu prüfen
haben wird, ob die Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hof vom 1. Sep-
tember 2008 bereits erledigt ist. Anderenfalls wäre insoweit eine Entscheidung
gemäß § 105 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 JGG zu treffen. Sollte die
Verurteilung inzwischen erledigt sein, wäre zu prüfen, ob die Zahlung einer
Geldstrafe nach der hier zu ahndenden Tat bei der nach erzieherischen Grün-
den zu bemessenden Jugendstrafe zu berücksichtigen ist.
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Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer